Année politique Suisse 2010 : Parteien, Verbände und Interessengruppen / Parteien
Andere Parteien
Die aus der PdA und verschiedenen linksalternativen Bewegungen hervorgegangene Linke Alternative (La Gauche, La Sinistra), die sich 2009 in Schaffhausen konstituiert hatte, hielt im Mai des Berichtsjahrs in Lausanne ihren ersten Parteitag ab. Rund 200 Personen aus über 20 Kantonen verabschiedeten ein Parteiprogramm, das ein antikapitalistisches, ökosozialistisches, demokratisches und feministisches Engagement vorgibt. Hauptsächliches Ziel sei aber eine Bündelung der zersplitterten linken Kräfte. Die Delegierten entschieden sich gegen ein an die Parteimitglieder gerichtetes Verbot, an Exekutivwahlen zu partizipieren. Zudem wurde den Mitgliedern der Linken Alternativen die Zugehörigkeit auch zu anderen Parteien zugestanden. Im Juni wurde die erste kantonale Sektion im Kanton Wallis gegründet. Im Mai waren kommunale Sektionen in den Kantonen Waadt, Genf und Freiburg geplant. Folgen sollen weitere in Jura und Neuenburg. Aber auch in den Städten Zürich, Schaffhausen und Bern sollen kommunale Sektionen entstehen. Treibende Kräfte hinter der Linken Alternativen sind neben Nationalrat Josef Zisyadis (VD) der ehemalige Bern-Jurassische SP-Präsident Frédéric Charpié
[88].
Die Partei der Arbeit besteht in den Kantonen Jura, Neuenburg und Waadt weiterhin unter dem Namen Parti Ouvrier Populaire (POP). Nach dem Abgang ihres ehemaligen Zugpferdes Josef Zisyadis zur Linken Alternativen zeigte aber insbesondere die POP im Kanton Waadt erste Auflösungserscheinungen. In einzelnen Gemeinden fusionierten die unterschiedlichen linken Gruppierungen zusammen mit kommunalen POP-Sektionen zur Linken Alternativen
[89].
An der Delegiertenversammlung vom 3. Oktober in Zürich wurde Marius Achermann zum
neuen Präsidenten der CSP gewählt. Der Freiburger ersetzte die Gemeinderätin der Stadt Zürich Monika Bloch Süss, die zehn Jahre an der Spitze der Partei gestanden hatte. Bei den
Regierungsratswahlen im Kanton Jura verlor die Partei ihren Regierungsratssitz an die SP. Laurent Schaffter wurde nicht wiedergewählt. Auch bei den kantonalen Parlamentswahlen in den Kantonen Jura und Obwalden musste die CSP leichte Wählerverluste hinnehmen. In Obwalden hat sie noch einen Wähleranteil von 15.5%, im Jura von 13.2% (je 8 Sitze)
[90].
Die Schweizer Demokraten machten mit der geplanten Lancierung einer Initiative zur Kündigung der Personenfreizügigkeit auf sich aufmerksam. Der ehemalige Nationalrat der SD Rudolf Keller (BL) plante ein politisches Comeback. Er will wieder für den Basler Landrat kandidieren. In Zürich wurde ein Postulat der SD abgelehnt, das eine Strasse nach James Schwarzenbach benennen wollte. Schwarzenbach hatte sich in den 1970er Jahren einen Namen als Vater der Überfremdungsinitiative gemacht
[91].
Der Erfolg des rechtspopulistischen „Mouvement citoyens genevois“ (MCG) bei den Parlamentswahlen im Kanton Genf 2009, bei denen die Bewegung mit einer Kampagne gegen französische Grenzgänger 17 Sitze errungen hatte, wirkte über die Kantonsgrenzen hinaus. Sowohl im Kanton Neuenburg als auch im Kanton Waadt wurden Sektionen des MCG gegründet (Mouvement citoyen vaudois und Mouvement citoyen neuchâtelois). Der ehemalige SVP-Kantonspräsident Soli Pardo (GE) trat zum Mouvement über, da ihm die SVP zu wenig pointiert politisierte. Ein von Christoph Blocher vorgeschlagenes Zusammengehen des MCG mit der Genfer SVP stiess auf Widerstand
[92].
Die PNOS formierte sich in Langenthal neu. An der Generalversammlung wurde Dominic Lüthard (BE) zum Präsidenten der nationalen Partei gewählt. Ein Exponent der Partei wurde wegen Verstosses gegen den Antirassismusartikel verurteilt, weil er die Echtheit des Tagebuchs von Anne Franck leugnete
[93].
Das Kampfblatt der Lega, der „Mattino della domenica“ feierte im Berichtsjahr sein 20-jähriges Jubiläum. Die von Guiliano Bignasca gegründete Zeitung dient der Lega als Sprachrohr mit dem sie – häufig unter der Gürtellinie – ihre provokanten Ideen publik macht
[94].
Die im Juli 2009 gegründete Piratenpartei, die ihren programmatischen Schwerpunkt beim Thema Internet ansiedelt, freien Musikdownload und ein verbotsfreies Internet fordert, hat im Berichtsjahr an Mitgliedern gewonnen und trat in Bern erstmals auch bei kantonalen Parlamentswahlen an. Die elf Kandidaten – durchwegs Männer – hatten allerdings keine Chance auf einen Sitzgewinn. In vier Kantonen wurden kantonale Sektionen gegründet: In Zürich, in Bern, in den beiden Basel und im Aargau. Einen Erfolg konnte die Partei auf lokaler Ebene verzeichnen. Die Winterthurer Stimmbürger wählten Marc Wäckerlin ins Stadtparlament
[95].
Im Juli wurde in Zürich die Tierpartei Schweiz gegründet. Hauptsächliches Thema ist der „verantwortungs- und würdevolle Umgang mit allem Leben“. Die Partei stehe dem grünliberalen Gedankengut nahe. Die Tierpartei will bereits bei den Wahlen 2011 mit eigenen Kandidaten antreten. Im Zusammenhang mit der Tieranwalt-Initiative hatte sich die Gruppierung mit Hilfe des Internet-Netzwerkes Facebook ins Leben gerufen
[96].
[88]
TG, 28.5.10;
QJ, 31.5.10;
LT, 2.6.10;
NF, 15.6.10;
Woz 3.6.10.
[89]
24h, 28. und 31.7.10.
[90]
NZZ 4.10.10; zu den Wahlen vgl. Teil I, 1 e (Wahlen).
[91]
BaZ 23.3 und 7.9.10;
TA, 4.11.10.
[92]
LT, 1.2. und 2.2.10;
Express, 11.3. und 5.6.10; Pardo:
TG, 25.10.10; Blocher:
LT, 6.2.10.
[94]
NZZ, 6.4.10;
SGT, 16.4.10.
[95]
NZZ, 11.1.10;
Bund, 25.2. und 1.11.10;
SGT, 10.4.10;
TA, 19.10.10;
BAZ, 9.11.10;
AZ, 31.12.10.
[96]
AZ,
TA und
24h 26.7.10;
TG, 23.8.10.
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