Année politique Suisse 2010 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung / Strafrecht
Der Nationalrat befasste sich in der Sommersession als Erstrat mit der im Februar 2009 mit 106 037 gültigen Unterschriften eingereichten
Waffenschutzinitiative. Die Initiative fordert, dass Waffenbesitz nur mit einem Bedarfs- und Fähigkeitsausweis gestattet ist, dass die Armeewaffen im Zeughaus statt zu Hause aufbewahrt werden und dass ein zentrales Waffenregister erstellt wird. Der Bundesrat hatte die Initiative bereits Ende 2009 zur Ablehnung empfohlen. In der Ratsdebatte wurden von den die Initiative befürwortenden Vertretern der SP und der Grünen insbesondere Sicherheitsaspekte vorgebracht. Es wurde argumentiert, dass ein Verbot der Aufbewahrung von (Armee-)Waffen zu Hause vor allem Tötungsdelikte aus dem Affekt, häusliche Gewalt oder Suizide vorbeugen könne. Darüber hinaus könne ein zentrales Waffenregister der Verbrechensbekämpfung dienen. Die Ratsmehrheit empfahl die Initiative allerdings mit dem Hinweis auf das aktuell genügende Waffengesetz zur Ablehnung. Krimineller Waffenmissbrauch könne mit einem Fähigkeitsausweis nicht verhindert werden und das Schützen- und Jagdwesen würden unnötig eingeschränkt. Den Initianten wurde von der Ratsrechten zudem vorgeworfen, mit ihrem Vorhaben eine Abschaffung der Armee auf Raten anzustreben. Die gleichen Argumente wurden auch im Ständerat diskutiert. Beide Räte empfahlen den Bürgern, die Initiative abzulehnen. Die geschlossen stimmende SP, die Grünen und die Grünliberalen unterlagen bei den Schlussabstimmungen rechtsbürgerlichen Mehrheiten, im Nationalrat mit 119 zu 69 und im Ständerat mit 30 zu 11 Stimmen. Lanciert wurde der Abstimmungskampf im Dezember des Berichtsjahrs. Bundesrätin Sommaruga musste gegen die Initiative und auch gegen ihre eigene Partei antreten, obwohl sie selbst als Ständerätin das Begehren noch unterstützt hatte
[61].
Im Juli wies eine an der Universität Zürich durchgeführte Studie auf einen engen Zusammenhang zwischen
Suizid und Verfügbarkeit von Waffen hin. Im Dezember wies das BFS Zahlen aus, die zeigten, dass Todesfälle durch Schusswaffen zwischen 2007 und 2008 von 291 auf 259 gesunken waren
[62].
Eine parlamentarische Initiative Reymond (svp, GE) wollte die im Rahmen der Schengen-Anpassung übernommene
EU-Waffenrichtlinie vereinfachen. Die Richtlinie sieht vor, dass alle ausländischen Personen, die in der Schweiz (und in allen anderen Schengen-Staaten) eine Waffe erwerben wollen, eine Wohnsitzbestätigung vorweisen müssen. Die Initiative Reymond wollte diese Regelung nur für Staatsangehörige von Schengen-Ländern, nicht aber für Ausländer anderer Staaten anwenden. Er scheiterte im Nationalrat allerdings mit seinem Vorhaben
[63].
[61]
AB NR, 2010, S. 1090 ff. und 1674;
AB SR, 2010, S. 757 ff. und 2009;
BBl 2010, S. 137 ff. und 6553 ff.; siehe
SPJ 2009, S. 29; Presse vom 29.7.10; zum militärischen Aspekt siehe unten, Teil I, 3 (Armement).
[62] Lit: Ajdacic-Gross und Presse vom 1.8. bis 6.8.10; BFS: Presse vom 29.12.10.
[63]
AB NR, 2010, S. 254 ff.; siehe
SPJ 2009, S. 30.
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