Année politique Suisse 2010 : Grundlagen der Staatsordnung / Institutionen und Volksrechte
Verwaltung
Eine Studie, die im Rahmen des Nationalen Forschungsprogrammes „Sprachenvielfalt und Sprachenkompetenz in der Schweiz“ erstellt wurde, zeigte auf, dass die deutsche Sprache in der Bundesverwaltung überproportional häufig verwendet, Italienisch als
Amtssprache hingegen praktisch vernachlässigt werde
[23].
Der Bundesrat verabschiedete Anfang Juni eine Verordnung, in der Sollwerte für die
angemessene Vertretung der Landessprachen festgelegt werden. Zwar seien die Sprachregionen in der gesamten Verwaltung proportional vertreten, dies gelte aber nicht für Kaderpositionen, in denen Deutschschweizer 80% des Stellentotals halten. Die Verordnung, die am 1. Juli in Kraft trat, setzt das Sprachengesetz um. Es handle sich hier aber nicht um gesetzliche Quoten und es würden auch keine Fristen gesetzt, innerhalb derer die Sollwerte erreicht werden müssten, betonte Bundesrat Burkhalter. Eine Aufstockung der Mittel für Sprachförderung, mehr Übersetzerstellen, die Gleichbehandlung der italienischen Sprache bei Publikationen und die Forderung, dass Kader über aktive Kenntnisse einer zweiten und passiv einer dritten Landessprache verfügen müssen, sind die wichtigsten Mittel, mit denen die Ziele erreicht werden sollen
[24].
Um dem Anliegen der
proportionalen Vertretung der Sprachregionen in der Bundesverwaltung Nachdruck zu verleihen, nahmen National- und Ständerat eine Motion de Buman (cvp, FR) an, welche die Dreisprachigkeit von Kadermitgliedern der Bundesverwaltung fordert. Die Motion verlangt, dass Kadermitglieder neben ihrer Muttersprache eine zweite Amtssprache beherrschen und eine dritte mindestens verstehen. Bei Anstellungen soll die Dreisprachigkeit zur Bedingung gemacht werden. Beide Kammern nahmen darüber hinaus eine Motion Lombardi (cvp, TI) an, die eine Ombudsperson verlangt, welche für die Förderung der italienischen Sprache und eine adäquate Vertretung italienischsprachiger Beamter in der Verwaltung zuständig sein soll. Der Bundesrat unterstützte die Motion und erweiterte sie dahingehend, dass nicht nur die italienische, sondern auch die französische Sprache darunter fallen solle. Auch die Anregung von Ständerat Maissen (cvp, GR), die rätoromanische Sprache aufzunehmen, wurde entgegengenommen. Per 1. Juli 2010 wurde bereits ein Ombudsmann eingestellt, dessen Aufgaben aber noch präzisiert werden müssen
[25].
Nachdem der Bundesrat in einem Anhang zur Staatsrechnung die Gesamtkosten für
Öffentlichkeitsarbeit beziffert hatte (76.4 Mio. im Jahr 2009), reichte die FDP ein Postulat ein, das eine periodische Berichterstattung der Landesregierung zur Vergabe von PR-Mandaten fordert. Die FDP-Fraktion monierte, dass hier kaum Transparenz herrsche. Im Berichtsjahr wurde der Vorstoss noch nicht behandelt
[26].
Die Räte nahmen vom Bericht zur
Führung mit Leistungsauftrag und Globalbudget (Flag) Kenntnis. In beiden Kammern wurde der Bericht sehr wohlwollend aufgenommen. Im Nationalrat wurde allerdings auch angemahnt, bei der Weiterentwicklung darauf zu achten, dass die Einflussmöglichkeiten des Parlaments bestehen bleiben
[27].
Mit der 2008 in die Vernehmlassung geschickten
Revision des Bundespersonalgesetzes sollte eine Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse der Bundesangestellten anvisiert werden. Aufgrund der Kritik der Personalverbände insbesondere am Abbau des Kündigungsschutzes und aufgrund der Empfehlung der GPK des Nationalrats vom Oktober 2009, beschloss der Bundesrat, die Revision auf Eis zu legen. Zuerst sollte die
Personalstrategie 2011-2015 ausgearbeitet werden. Diese legte die Regierung im Dezember des Berichtsjahrs vor. Mit klaren Pflichtenheften, Leistungslöhnen und Massnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben soll das Bundespersonal leistungsfähiger und am Arbeitsmarkt optimaler positioniert werden
[28].
Der Bundesrat nahm den alljährlichen
Personalpolitik-Bericht zur Kenntnis. Zufrieden zeigte er sich mit dem Anteil an Lehrlingsstellen am Total der Anstellungsverhältnisse. Das Soll nicht ganz erreicht hat der Bund allerdings beim Frauenanteil. Zwar liegt die Frauenquote bei 30 Prozent, allerdings sind
Frauen in Kaderpositionen nach wie vor massiv untervertreten. Auch die Vertretung der Landessprachen sei noch nicht adäquat (vgl. oben)
[29].
[23]
Lit. Kübler;
NZZ 8.1.10.
[24] Presse vom 5.6.10; vgl. auch unten Teil I, 8b (Sprachen).
[25] Mo. De Buman:
AB NR, 2010: 1129;
AB SR, 2010, S. 809 f.; Mo. Lombardi:
AB SR, 2010, S. 296 f.;
AB NR, 2010, S. 1312 ff.
[26] Zum Anhang Staatsrechnung:
SoS, 1.5.10; zum Postulat FDP:
TA, 2.6.10.
[27]
AB SR, 2010, S. 168 ff.;
AB NR, 2010, S. 1304 ff.;
BBl. 2009, S. 7915. Siehe
SPJ, 2002, S. 37.
[28] Zur Revision:
NZZ, 13.3. und
BZ, 20.3.10;
SPJ 2009, S. 35; zur Personalstrategie: Presse vom 11.12.10.
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