Année politique Suisse 2010 : Bildung, Kultur und Medien / Medien / Radio und Fernsehen
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SRG
Das 2009 in Angriff genommene Konvergenzprojekt SRG wurde in der Westschweiz mit der Inbetriebnahme von Radio Télévision Suisse (RTS) am 1.1.2010 unter der Leitung von Gilles Marchand abgeschlossen. Nach der Produktionsaufnahme am gemeinsamen Standort für Radio und Fernsehen in Comano gilt auch die Konvergenz der Radiotelevisione svizzera (RSI; Leitung Dino Ballestra) in ihren Grundzügen als umgesetzt. In der Deutschschweiz wurde das Projekt mit der Bestimmung der Verantwortlichen für die neuen Unternehmensteile sowie des neuen Verwaltungsrats zur definitiven Umsetzung auf den 1.1.2011 vorbereitet. Mit der Wahl von Roger de Weck zum Generaldirektor der SRG, der den Ende Jahr zurücktretenden Armin Walpen ersetzte, sowie von Rudolf Matter zum Direktor von Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) waren die zentralen Köpfe der neuen Unternehmensleitung, welcher auch der Direktor von Radio Televisiun Rumantscha (RTR) Mariano Tschuor angehört, festgelegt. Im Sommer erhielt die SRG-Konvergenz mit der Kindersendung Zambo ein publizistisches Gesicht. Sie wird von Radio und Fernsehen gemeinsam produziert und ist über ihr Internetangebot auch auf die neuen sozialen Medien ausgerichtet [18].
Im Februar gab die SRG den Abbau von 100 Vollzeitstellen bis 2014 im Supportbereich bekannt. Die Massnahme soll über natürliche Fluktuationen erreicht werden und v.a. Mittel für Eigenproduktionen und das Konvergenzprojekt freimachen. Ende April informierte die SRG-Spitze über das fünfte Defizit in Folge und verlangte mit Hinweis auf eingebrochene Werbeeinnahmen zusätzliche Finanzmittel (u.a. mehr Zuwendungen aus dem Gebührentopf) zur Deckung des Fehlbetrags. Insbesondere die seit Jahren von Umstrukturierungen und Sparübungen betroffene Zunft der Printjournalisten stellte sich offen gegen das Ansinnen der SRG, die finanzielle Schieflage über eine Erhöhung der Gebührengelder oder eine Lockerung der Werbe- und Sponsoringvorschriften korrigieren zu wollen. Im Nationalrat meldeten sich Stimmen, die v.a. in einem Abbau des regionalen Service-public-Angebots Sparpotenzial orteten. Im Juni beschied der Bundesrat der SRG, dass sie ihr Defizit mit weiteren Sparmassnahmen anzugehen habe und beschloss ein Einfrieren der Gebührenhöhe über die Dauer der Gebührenperiode 2011–2014. Gleichzeitig anerkannte der Bundesrat den erhöhten Finanzbedarf der SRG und traf verschiedene Massnahmen zu ihrer finanziellen Stabilisierung: Das Gebühreninkasso der Billag wurde v.a. bei den Unternehmungen intensiviert sowie per 2011 auf eine Jahresrechnung umgestellt. Zudem lockerte er die Werbevorschriften, indem er sowohl die Erhöhung der Werbedauer als auch des Rhythmus für Unterbrecherwerbung zuliess. Dazu signalisierte der Bundesrat sein grundsätzliches Einverständnis zur Onlinewerbung durch die SRG, unter dem Vorbehalt ihrer Einigung mit den Verlagshäusern über die Schaffung fairer Rahmenbedingungen für die kommerzielle Tätigkeit beider Akteure im Internet [19].
Zugunsten der SRG fordert eine im Juni im Nationalrat eingereichte Motion von Evi Allemann (sp, BE) den Abbau regulatorischer Schranken bei der Verbreitung von TV-Sendungen über das Internet. Die derzeit gültige Konzession erlaubt der SRG die Erstausstrahlung von Sendungen über das Internet, das sogenannte Live-Streaming, nur bei deren parallelen Ausstrahlung über einen der drei SF-Kanäle und bei Vorliegen einer vorgängig eingereichten Bewilligung. Die in der Herbstsession vorgesehene Behandlung der Motion wurde verschoben, da sie im Rat bekämpft wurde [20].
Im Berichtsjahr feierte Swissinfo, neu unter dem Namen Internetdienst über die Schweiz für das Ausland laufend, sein 75-jähriges Bestehen. Nachdem der Dienst in den vergangenen zwölf Jahren zwei Fünftel seines Budgets eingebüsst hatte, gab der Bundesrat im Rahmen seiner Botschaft zu einem „Bundesgesetz über das Konsolidierungsprogramm 2012-2013“ das Ansinnen bekannt, die Bundesmittel zugunsten von Swissinfo (rund die Hälfte des jährlichen Gesamtbudgets von 26 Mio. Fr.) auf Mitte 2012 zu streichen und die Finanzierung des Angebots ganz der SRG zu überlassen, die ihrerseits 7 Mio. Fr. einzusparen gedenkt. Falls die Bundesversammlung dem Konsolidierungsprogramm und einer entsprechenden Revision des Radio- und Fernsehgesetzes zustimmt, wird dies voraussichtlich eine weitere Redimensionierung von Swissinfo oder die Schaffung einer Ersatzlösung im Rahmen der SRG-Konzession zur Folge haben [21].
Zwei Motionen bemängelten, dass die SRG ihrem Integrationsauftrag zwischen den Kultur- und Sprachräumen der Schweiz gemäss Art. 69 f. und 93 BV sowie Art. 24 f. RTVG 24 f. nur ungenügend nachkomme. Um das Verständigungspotenzial des Fernsehens effektiver zu nutzen, forderte Ständerat Theo Maissen (cvp, GR) die Einrichtung eines entsprechend ausgerichteten Spartenkanals. Der Nationalrat änderte im Dezember die vom Ständerat angenommene Vorlage dahingehend ab, dass die SRG nicht zur Einrichtung eines neuen Kanals verpflichtet, sondern diese dazu angehalten werden soll, ihre Beiträge im Bereich der Sprach- und Kulturverständigung auf den bestehenden Kanälen zu verstärken. Die Vorlage wird voraussichtlich 2011 bereinigt und an den Bundesrat überwiesen werden. Um die Annahme der durch die zweite Kammer abgeänderten Ständeratsmotion zu befördern, hatte Hans Stöckli (sp, BE) seine inhaltlich ähnlich ausgerichtete Eingabe während der Beratung im Nationalrat zurückgezogen [22].
 
[18]Bakom, Medienmitteilung, 18.6.10; NZZ, 19.5.10, 19.6.10; TA 27.5.10; WW 27.5.10; CdT, 4.6.10; TdG, 21.6.10; NLZ, 14.10.10; LT, 27.12.10.
[19] Tagespresse vom 26.2.10; CdT, 28.4.10 und 5.5.10; TA, 4.5. und 5.5.10; TdG 15./16.5.10.
[20] AB NR 2010, S. 1649.
[21] BBl 2010, S. 7172 f., NZZ, 31.7.10; 24H; TdG, 6./7.3.10.
[22] AB SR, 2010, S. 445 f; AB NR, 2010, S. 2059 f.