Année politique Suisse 2011 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung / Bürgerrecht und Stimmrecht
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Bürgerrecht
Nachdem der Entwurf zur Totalrevision des Bundesgesetzes über das Schweizer Bürgerrecht letztes Jahr in die Vernehmlassung gegeben worden war, unterbreitete der Bundesrat dem Parlament die Botschaft zur Gesetzesänderung. Die Änderungen betrafen die Angleichung des Integrationsbegriffs an das Ausländerrecht, die Niederlassungsbewilligung als Voraussetzung für die ordentliche Einbürgerung, die Reduktion der Aufenthaltsdauer von zwölf auf acht Jahre sowie die Harmonisierung der kantonalen und kommunalen Wohnsitzfristen. Der Vorschlag des Bundesrats kam bei SVP- und FDP-Politikern nicht gut an. Während die verkürzte Aufenthaltsdauer für die SVP inakzeptabel war, wurde sie von der SP begrüsst. Eine Allianz aus SP, Grünen und SVP innerhalb der SPK des Nationalrats beantragte, Nichteintreten. Der Nationalrat wird sich voraussichtlich in der nächsten Frühjahrsession damit beschäftigen [36].
2010 hatte die Nationalratsfraktion von CVP, EVP und GLP die Einführung einer Einbürgerungscharta gefordert. Demnach sollen einbürgerungswillige Personen eine Charta unterzeichnen, in der sie bekunden, die Werte der Verfassung wie Rechtsstaat, Demokratie oder Grundrechte zu respektieren. Bei einer Nichteinhaltung der Charta kann die Einbürgerung nochmals überprüft werden. Diese Motion wurde vom Nationalrat in der Herbstsession mit 97 zu 89 Stimmen angenommen [37].
Eine aktive Einbürgerungspolitik wurde von Swiss-Re-Präsident Walter Kienholz gefordert. Während die Wirtschaft seine Vorschläge positiv aufnahm, forderten Vertreter von SVP, FDP und CVP eine Verschärfung der Regeln. So arbeitet etwa SVP-Nationalrat Walter Wobmann an einer Volksinitiative, die eine Einbürgerung auf Probe vorsieht, d.h. Eingebürgerten soll das Bürgerrecht wieder entzogen werden, wenn sie in der Probezeit straffällig werden. Für den Bundesrat wäre eine solche Regelung völkerrechtswidrig. Zudem gilt bereits seit dem 1.3.2011 eine schärfere Bestimmung, wonach aufgrund falscher Angaben bei der Einbürgerung neu nach acht statt fünf Jahren das Bürgerrecht wieder entzogen werden kann [38].
Das Bundesgericht entschied, dass die Gemeinden nicht die Freiheit haben, die Sprachkenntnisse von Einbürgerungskandidaten nach ihrem Gutdünken zu überprüfen [39].
Im Kanton Basel-Stadt hat die GLP eine Motion eingereicht, die verlangt, dass in der Schweiz geborene und ständig in der Schweiz lebende Ausländer in Basel-Stadt kostenlos und automatisch eingebürgert werden sollen, sofern die übrigen Kriterien erfüllt sind [40].
 
[36] BRG 11.022: BBl 2011, S. 2825 ff.; NZZ, 20.5.11.
[37] Mo. 10.3067: AB NR, 2011, S. 1725.
[38] TA, 26.2.11.
[39] TG, 5.5.11.
[40] NZZ, 7.4.11.