Année politique Suisse 2011 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung / Strafrecht
Eine Motion Amherd (cvp, VS) fordert die Unterzeichnung des
Übereinkommens des Europarates zum Schutz vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch sowie die notwendigen gesetzgeberischen Massnahmen zu treffen, damit die Inanspruchnahme der Prostitution von Minderjährigen unter Strafe gestellt wird. Die Motion wurde nach der Zustimmung beider Kammern an den Bundesrat überwiesen. Mit der Annahme der Motion wurde dem Anliegen der Standesinitiativen aus Wallis und Genf entsprochen, weshalb den beiden keine Folge gegeben wurde.Das EJPD gab infolge die Genehmigung und den Vorentwurf der Umsetzung des Übereinkommens bis Ende November in die Vernehmlassung.Der Vorentwurf sieht vor, dass künftig die Indienstnahme von sexuellen Diensten von unter 18-jährigen aber über 16-jährigen unter Strafe gestellt wird. Der Minderjährige bleibt hingegen straflos. Auch am Alter der sexuellen Mündigkeit von 16 Jahren wird nichts geändert
[70].
In Umsetzung einer Motion Sommaruga (sp, GE), schickte der Bundesrat eine Vorlage in die Vernehmlassung, welche eine Ausweitung des
Berufsverbotes für Pädokriminelle vorsieht. Neu sollen auch ausserberufliche Tätigkeiten wie beispielsweise das Leiten von Pfadfindern verboten werden können. Weiter soll ein Pädokrimineller auch dann nicht mehr als Lehrer arbeiten dürfen, wenn er sich in der Freizeit und nicht während der Arbeit an Kindern vergangen hat. Jede Person, die eine Tätigkeit mit unmündigen oder anders schutzbedürftigen Personen ausüben will, soll einen Strafregisterauszug vorlegen. Für den Verein Marche Blanche gingen diese Massnahmen allerdings zu wenig weit. Mit seiner 2009 lancierten Volksinitiative „
Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen“, die in diesem Jahr zustande gekommen ist fordert der Verein ein automatisches Berufsverbot
[71].
Das Parlament überwies eine Motion Amherd (cvp, VS), die den Bundesrat beauftragt, an der im Januar 2012 tagenden, intergouvernementalen Expertengruppe der UNO zu Cyber Crime die Bekämpfung des
virtuellen Kindesmissbrauchs zu thematisieren
[72].
Die letztes Jahr eingereichte parlamentarische Initiative Schmid-Federer (cvp, ZH), welche die
Effektivität und Effizienz in den Bereichen Jugendmedienschutz und Internetkriminalität sicherstellen wollte, wurde im Mai von der Initiantin zurückgezogen
[73].
Um die bessere Verfolgung von Pädophilen zu ermöglichen, sollen Internetanbieter verpflichtet werden, die Protokolle über die
Zuteilung von IP-Adressen, die Kundinnen und Kunden zur Verfügung gestellt werden, mindestens ein ganzes statt wie bisher ein halbes Jahr aufzubewahren. Dies fordert eine von beiden Kammern überwiesene Motion Barthassat (cvp, GE)
[74].
Eine Motion Aubert (sp, VD) beauftragte den Bundesrat, eine Grundlage zu schaffen, mit der eine allgemeine
Meldepflicht gegenüber Kinderschutzbehörden in allen Kantonen eingeführt werden kann. Nach der Zustimmung der grossen Kammer schuf der Ständerat eine Differenz, welche gewisse Ausnahmen von der Meldepflicht gestatten will. Diese Ausnahmen betreffen beispielsweise Ärzte. Der Nationalrat übernahm diese Modifikation
[75].
[70] Mo. 10.3143; Kt.Iv. 10.320 (VS); Kt.Iv. 10.311 (GE); AB SR, 2011, S. 486; BBl 2011, S. 6553; NZZ, 19.8.11; vgl. SPJ 2010, S. 32.
[71] Mo. 08.3373; BaZ, 24.2.11; Initiative: BBl 2011, S. 4435 f.
[73] Parl. Iv. 10.473, vgl. SPJ 2010, S. 305.
[74] Mo. 10.4148: AB NR, 2011, S. 529; AB SR, 2011, S. 855.
[75] Mo. 08.3790: AB NR, 2011, S. 106; vgl. SPJ 2010, S. 32.
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