Année politique Suisse 2011 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung
Zivilrecht
Für Diskussion sorgte eine parlamentarische Initiative Leutenegger-Oberholzer (sp, BL), welche durch eine Änderung des ZGB eine
Gleichstellung im Namen- und Bürgerrecht erreichen wollte. Der 2003 eingereichten Initiative war 2004 im Nationalrat Folge gegeben worden. Die zweijährige Frist zur Ausarbeitung eines Vorentwurfs wurde dann 2006 bis 2008 verlängert. Der 2009 vorgelegte Entwurf war von der grossen Kammer dann allerdings an die Kommission zurückgewiesen worden. Diese legte bereits 2009 einen neuen Entwurf vor, den die grosse Kammer billigte. Diese überarbeitete Fassung sah vor, dass der Ehemann wie die Ehefrau das Recht haben soll, seinen bisherigen Familienamen dem Nachnamen der Frau voranzustellen, wenn letzterer von den Brautleuten als Familienname gewählt wird. Der Ständerat schuf 2011 jedoch eine Differenz, indem er beschloss, dass nach der Eheschliessung grundsätzlich beide Ehegatten ihren Familienamen behalten können, wenn sie sich nicht für einen gemeinsamen Familiennamen entscheiden. Trotz Widerstands vor allem aus den Reihen der SVP wurde die Modifikation im Nationalrat angenommen. In der Schlussabstimmung wurde das Bundesgesetz im Nationalrat mit 117 zu 72 Stimmen bei 6 Enthaltungen und im Ständerat mit 32 zu 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen angenommen
[91].
Die Motion Gutzwiller (fdp, ZH) beauftragte den Bundesrat, das
Erb-/Pflichtteilsrecht flexibler auszugestalten und es den stark geänderten demografischen, familiären und gesellschaftlichen Lebensrealitäten anzupassen. Nachdem die Motion bereits 2009 vom Ständerat angenommen worden war, modifizierte der Nationalrat nach Vorschlag seiner Kommission für Rechtsfragen den Motionstext, indem er eine Klammer einfügte mit dem Wortlaut: "keine erbrechtliche Gleichstellung der Konkubinatspaare mit den Ehepaaren". Damit soll sichergestellt werden, dass die Institution der Ehe und die Rolle der Familie nicht grundlegend in Frage gestellt werden. Die kleine Kammer nahm auch die veränderte Motion an
[92].
Die staatspolitische Kommission des Nationalrats beriet über die Vorschläge des Bundesrates bezüglich der Massnahmen gegen
Zwangsheiraten. Künftig sollen unter Zwang geschlossene Ehen ein eigener Strafbestand sein und mit ein bis fünf Jahren Gefängnis bestraft werden. Ehen mit Minderjährigen werden nicht mehr toleriert. Zudem sollen ausländische Frauen im Fall der Auflösung einer erzwungenen Ehe nicht gleich auch die Aufenthaltsgenehmigung in der Schweiz verlieren. Kritiker wollen die Regelung auf Ehen ausweiten, die nur noch unter Zwang aufrechterhalten werden
[93].
[91] Parl. Iv. 03.428: AB SR, 2011, S. 477 ff. und 1035; AB NR, 2011, S. 1756 ff. und 1865; AZ, 8.6.11.
[92] Mo. 10.3524: AB NR, 2011, S. 108-112; AB SR, 2011, S. 490.
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