Année politique Suisse 2011 : Grundlagen der Staatsordnung / Föderativer Aufbau / Territorialfragen
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Jura
Der neue Präsident der Assemblée interjurassienne AIJ, der Tessiner Ständerat Dick Marty (fdp), galt bei seiner Wahl als umstritten, weil er kein Romand ist. Er übernahm die interjurassische Versammlung, bestehend aus einem 25- köpfigen Gremium, welche vor bald 20 Jahren vom Bund als Dialogplattform zwischen den Kantonen Bern und Jura eingerichtet wurde und in der die beiden Kantone je die Hälfte der Sitze innehaben [12].
Marty übernahm die AIJ in einer heiklen Phase, denn 2011 wurde intensiv über die Zukunft des Berner Juras diskutiert. Zur Debatte standen zwei vom AIJ erarbeitete Modelle. Ein grösserer Kanton Jura, welcher den exportstarken Berner Jura und den defizitären Kanton Jura vereinigen sollte oder der „Status quo plus“, der den Berner Jura stärken würde, ihn aber im Kanton Bern belässt [13].
Eine Untersuchung des Kantons Bern schätzte die Folgen eines Zusammenschlusses des Berner Juras mit dem Kanton Jura negativ ein, da die Romands in Biel benachteiligt wären. Laut der Studie würde sich die französischsprachige Minderheit in Biel bei einer Verschiebung der Kantonsgrenze frappant verringern, was es für den Kanton schwierig machen könnte, die zweisprachige Struktur zu erhalten[14].
Im Mai entschied die Berner Regierung, dass sie den Jurakonflikt mit einer regionalen Volksabstimmung lösen will. Voraussichtlich 2013 soll die Bevölkerung des Berner Juras darüber befinden können, ob sie mit dem Kanton Jura fusionieren will oder nicht. Zuvor müssten die Regierungen der Kantone Bern und Jura Vereinbarungen unterzeichnen, damit das Abstimmungsergebnis auch anerkannt würde. Dies würde bedeuten, dass beide Kantone sich verpflichten, den Jurakonflikt nach der Abstimmung als beigelegt zu betrachten. Bisher fehlt es jedoch an der nötigen Rechtsgrundlage, um eine solche Vereinbarung zu unterzeichnen oder eine regionale Abstimmung durchzuführen [15].
Die jurassische Regierung und das jurassische Parlament wiesen in einer Stellungnahme die Pläne aus Bern zurück und sprachen sich dafür aus, dass die Gemeinden im Berner Jura allein und einzeln entscheiden sollen, ob sie einem andern Kanton angehören wollen. Mit Ausnahme der SVP sprachen sich alle Fraktionen für eine kommunale und regionale Abstimmung aus. Stein des Anstosses scheint das Städtchen Moutier zu sein, welches bereits seit 25 Jahren den Anschluss an den Kanton Jura wünscht, während sich die Gesamtbevölkerung im Südjura bislang eher für den Verbleib im Kanton Bern ausgesprochen hat [16].
Der Bernjurassischen Rat (Conseil du jura bernois, CJB), ein mit dem Sonderstatutsgesetz geschaffenes Gremium, das mithelfen soll, die sprachliche und kulturelle Identität der bernjurassischen Bevölkerung zu wahren, fühlte sich im Berichtsjahr zunehmend von der Berner Regierung übergangen [17].
 
[12] BZ, 22.01.11.
[13] BZ, 22.01.11.
[14] BZ, 16.04.11; Lit. Schuler.
[15] Presse vom 28.05.11.
[16] Tagespresse vom 9.6.11.
[17] BaZ, 15.07.11.