Année politique Suisse 2011 : Allgemeine Chronik / Schweizerische Aussenpolitik
Europa: andere Organisationen
In Erfüllung des Postulats Sommaruga (sp, BE) vom Vorjahr präsentierte der Bundesrat den Bericht über die
„Optionen für die Zusammenarbeit der Schweiz mit dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB)“. Darin sprach sich die Regierung für eine informelle und unverbindliche Zusammenarbeit mit dem ESRB aus, da diese gegenwärtig am besten dem Interesse der Schweiz entsprechen würde. Eine formalisierte Kooperation mit dem ESRB hielt der Bundesrat für verfrüht
[53].
Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Protokolls Nr. 3 zum
Europäischen Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften oder Behörden betreffend Verbünde für euroregionale Zusammenarbeit stand im Berichtsjahr in beiden Räten zur Debatte. Das Protokoll betraf vornehmlich die Kantone, welche sich im Vorfeld wohlwollend zum genannten Rahmenübereinkommen geäussert hatten. Durch das Dokument entsteht grössere Rechtssicherheit und ein breiter rechtlicher Rahmen für die Zusammenarbeit mit ausländischen Akteuren. In der Schlussabstimmung wurde der Bundesbeschluss vom Ständerat mit 40 Stimmen bei 2 Enthaltungen gutgeheissen, im Nationalrat stimmten 162 Parlamentarier dafür, während 20 Parlamentarier aus dem SVP-Lager dagegen votierten
[54].
Das Parlament hiess eine Motion der nationalrätlichen Aussenpolitischen Kommission (APK) gut, welche den Bundesrat aufforderte, sich für eine rasche und umfassende Umsetzung der vom Parlament des Europarats verabschiedeten Resolution einzusetzen, die aufgrund der mutmasslichen
Menschenrechtsverletzungen und des illegalen Organhandels im Kosovo erarbeitet worden war. Der Bundesrat, der die Annahme der Motion beantragt hatte, wollte den schweizerischen Einsatz für die Resolution insbesondere durch regelmässigen Kontakt und die Unterstützung der Eulex (Justiz- und Polizeimission der Europäischen Union in Kosovo) erbringen
[55].
Im Juni diskutierte die kleine Kammer als Erstrat den
Bundesbeschluss über das Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels. Für die innerstaatliche und internationale Bekämpfung des Menschenhandels würden durch dieses Übereinkommen rechtliche Leitlinien in den Bereichen Strafrecht, Opferhilfe, Ausländerrecht und Zeugenschutz geschaffen und die Prävention verbessert. Der Ständerat stimmte dem Bundesbeschluss einstimmig zu. Bei den Beratungen im Nationalrat stellte eine Minderheit Schwander (svp, SZ) den Antrag auf Nichteintreten mit dem Argument, dass die Schweiz bereits die grosse Mehrheit aller Punkte der Konvention erfülle und die Unterzeichnung somit kaum einen Nutzen bringen würde. Trotz dieser Einwände wurde mit 126 zu 33 Stimmen Eintreten beschlossen und der Nationalrat stimmte mit grosser Mehrheit für die Annahme des Bundesbeschlusses
[56].
Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement gab im Berichtsjahr das
Übereinkommen des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (Lanzarote-Konvention) in die Vernehmlassung. Eine Umsetzung würde in der Schweiz verschiedene Änderungen am Strafgesetzbuch verlangen
[57].
Der
Vorsitz der Schweiz im Ministerkomitee des Europarates von Mitte November 2009 bis Mitte Mai 2010 war Gegenstand einer Evaluation der ständerätlichen Geschäftsprüfungskommission (GPK-SR), welche das Engagement der Schweiz insgesamt als Erfolg bewertete und insbesondere die Erklärung von Interlaken für die Reform des EGMR als erfolgreich einschätzte. Der Bericht kritisierte jedoch die verwaltungsinterne Zusammenarbeit beim Bund und forderte eine klarere Zuteilung der Kompetenzen
[58].
Der
Bericht der
Schweizer Parlamentarierdelegation beim Europarat vom 31. Dezember 2009 wurde von beiden Kammern zur Kenntnis genommen
[59].
Der Bundesbeschluss über die Genehmigung und Umsetzung des
Übereinkommens des Europarats über die Cyberkriminalität wurde von beiden Räten gutgeheissen. Das Übereinkommen wird detailliert im Teil I, Kapitel 1b (Ermittlungsmethoden) behandelt
[60].
Der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg lehnte zwei Beschwerden gegen das in der Volksabstimmung 2009 gutgeheissene Minarettverbot mit der Begründung ab, die beiden Beschwerdeführer hätten nicht geltend gemacht, direkt vom Bauverbot betroffen zu sein. Dieser Entscheid ist endgültig. Laut Ausführungen der Richter sind Gerichte in der Schweiz für die Beurteilung zuständig, ob das Minarettverbot gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verstosse
[61].
Im Februar publizierte der Bundesrat seine Botschaft zum
Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Ukraine sowie zum Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und der Ukraine
[62].
Der Nationalrat
genehmigte im Dezember den Bundesbeschluss über das
Freihandelsabkommen und das Abkommen über Arbeitsstandards zwischen den EFTA-Staaten und
Hongkong (Volksrepublik China) sowie das Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Hongkong (Volksrepublik China). Das Geschäft war am Ende des Berichtsjahres noch beim Ständerat pendent
[63].
Ebenso genehmigte die grosse Kammer das
Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten mit
Peru sowie das Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Peru. Der Ständerat hatte den Abkommen bereits im Vorjahr zugestimmt
[64].
Volkswirtschaftsminister Schneider-Ammann unterzeichnete im Rahmen der EFTA-Staaten im Dezember ein
Freihandelsabkommen mit Montenegro. Der Handel mit Landwirtschafts-, Meeres- und Industrieprodukten wird damit nach der Ratifikation des Abkommens liberalisiert
[65].
[53] Medienmitteilung EVD vom 30.3.11; vgl.
SPJ 2010, S. 79 f.
[54] BRG 10.096:
AB SR,
2011, S. 53 f. und 711;
AB NR, 2011, S. 1062 f. und 1292;
NZZ, 10.6.11.
[55] Mo. 11.3005:
AB NR, 2011, S. 522 ff.;
AB SR, 2011, S. 816 ff.;
LT, 16.9.11.
[56] BRG 10.097:
AB SR,
2011, S. 472 ff.;
AB NR,
2011, S. 2087 ff.
[57]
BBl, 2011, S. 6553 ff.
[58]
BBl, 2011, S. 7217 ff.;
SGT, 1.4.11.
[59] BRG 10.023:
AB SR,
2011, S. 57 ff.;
AB NR,
2011, S. 515 ff.
[60] BRG 10.058:
BBl, 2011, S. 2765 ff.;
QJ, 3.3.11.
[61]
AZ, 9.7.11; vgl.
SPJ 2010, S. 80 und 292 f.
[62]
BBl, 2011, S. 1517 ff.
[63]BRG 11.061:
AB NR, 2011, S. 2056 ff.;
BBl, 2011 S. 7865 ff.
[64] BRG 10.082:
AB NR,
2011, S. 747 ff.
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