Année politique Suisse 2011 : Allgemeine Chronik / Schweizerische Aussenpolitik / Internationale Organisationen
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Internationaler Währungsfonds (IWF)
Der Nationalrat diskutierte im Berichtsjahr den IWF-Sonderhilfebeschluss, zu welchem der Ständerat 2009 seine Zustimmung erteilt hatte. Die bilaterale Kreditvereinbarung sah vor, dass die Schweiz USD 10 Mia. an der Mittelaufstockung des IWF trägt. Dieser Kredit wird im Ziehungsfall von der SNB gesprochen. Diese Kreditlinie sollte durch eine Bundesgarantie von maximal CHF 12.5 Mia. gesichert werden. Das Geschäft wurde sowohl von linker als auch von rechter Seite bekämpft. Während die SVP Nichteintreten forderte und sich an der potenziellen Unterstützung der Euroländer durch diese Gelder störte, versuchte die Grüne Fraktion die Zustimmung zu diesem Bundesbeschluss an die Erhöhung der Entwicklungshilfe zu knüpfen (siehe unten). Beide Seiten scheiterten mit ihren Vorhaben und in der Schlussabstimmung wurde das Geschäft trotz Opposition von SVP, Teilen der CVP und Teilen der Grünen Fraktion mit 93 zu 68 Stimmen gutgeheissen. Ebenfalls zur Debatte standen die beiden Geschäfte Beitritt zu den geänderten Neuen Kreditvereinbarungen (NKV) des IWF und Garantieverpflichtung für ein Darlehen an den IWF-Treuhandfonds. Der Ständerat hatte diesen beiden Anliegen Ende Dezember 2010 zugestimmt. Ersteres forderte den Schweizer Beitritt zu den NKV, welche dem IWF Devisen zu Verfügung stellen könnte, wenn die Mittel des IWF aus dem regulären Budget für Massnahmen zur Krisenbekämpfung nicht ausreichen würden. Das zweite Geschäft betraf die Aufstockung des Schweizer Beitrages an den IWF-Treuhandfonds zur Armutsbekämpfung. Beide Anliegen wurden vom Nationalrat gutgeheissen. Eine detaillierte Analyse dieser Geschäfte ist in Teil I, Kapitel 4b (Internationale Organisationen) zu finden [73].
In der Frühjahrssession debattierte die grosse Kammer eine Motion Schlüer (svp, ZH) über den Austritt der Schweiz aus dem IWF. Der Motionär kritisierte die Institution insbesondere für ihr Vorgehen in der Finanzierung der offenen Forderungen hochverschuldeter Länder. Die Motion wurde mit 104 zu 45 Stimmen abgelehnt. Unterstützung erhielt Nationalrat Schlüer aus seiner eigenen Fraktion sowie von drei Politikern des linken Lagers [74].
Bei der Frühjahrstagung des IWF im April stand die Wirtschaftskrise im Zentrum der Diskussionen. Einig waren sich die Mitgliedsländer, dass eine vertiefte Zusammenarbeit zukünftig nötig sei, um solche Krisen abzuwenden. Die globale Machtverschiebung hin zu aufstrebenden Ländern und damit das Bedürfnis einer IWF-Reform liess auch die zukünftige Sitzverteilung im Exekutivrat des IWF ungewiss werden. Der Sitz der Schweiz im 24-köpfigen Exekutivrat des IWF war schon länger umstritten, da die Schwellen- und Entwicklungsländer mehr Einfluss im Gremium verlangten. Sowohl Bundesrätin Widmer-Schlumpf als auch Nationalbankpräsident Hildebrand erklärten aber bei der Tagung, dass die Grösse des Finanzplatzes Schweiz deren Sitz rechtfertige. Unterstützt wurde der Schweizer Sitz von den Mitgliedern der Schweizer Stimmrechtsgruppe, zu der neben Polen auch Aserbaidschan, Kasachstan, Kirgisistan, Serbien, Tadschikistan und Turkmenistan gehören [75].
Der Bundesrat veröffentlichte die Botschaft zur Genehmigung der Quoten- und Gouvernanzreform des IWF. Diese Reformbemühungen würden einerseits zu einer Verdoppelung der ordentlichen Ressourcen des IWF und andererseits durch die Anpassung der Quoten zu einer angemesseneren Repräsentation der Schwellenländer führen. Dadurch würde aber auch die Quote der Schweiz sinken, welche aber innerhalb ihrer Stimmrechtsgruppe das grösste Gewicht behalten würde (vgl. dazu die Ausführungen in Teil I, Kapitel 4b, Internationale Organisationen) [76].
 
[73] BRG 09.039, 10.079, 10.080: AB NR, 2011, S. 33 f. und 44 f.; BBl, 2011, S. 2929 f.; TA, 2.3.11; vgl. SPJ 2010, S. 80 f.
[74] Mo. 09.3438: AB NR, 2011, S. 220.
[75] SN, 18.4.11; NZZ, 14.12.11.
[76] BBl, 2011, S. 9121 ff.