Année politique Suisse 2011 : Allgemeine Chronik / Landesverteidigung
Internationale Einsätze
Der Ständerat überwies am 1. Juni ein Postulat seiner Sicherheitspolitischen Kommission, in welchem der Bundesrat beauftragt wird, bis Ende 2013 einen Bericht vorzulegen, in dem er die Möglichkeiten und seine Strategie der künftigen
sicherheitspolitischen Kooperation mit Europa darlegen soll. Die Schwerpunkte sollen dabei sein: Wie sich die Schweiz ausserhalb eines NATO- und EU-Beitrittes verstärkt an der Sicherheitsproduktion im europäischen Rahmen beteiligen könnte, in welche Richtung sich die Neutralitätspolitik weiter entwickeln sollte, wie eine weitergehende Kooperation konkret ausgestaltet werden könnte und welcher Mehrwert sich damit für die schweizerische und europäische Sicherheit ergeben würde. Der Kommissionssprecher Bruno Frick (cvp, SZ) merkte in seiner Rede an, dass im Armeebericht 2010 eine Perspektive für die zukünftige Gestaltung der Sicherheitspolitik fehle und deshalb ein neuer Bericht in Auftrag gegeben werden müsse. Der Bundesrat anerkannte dieses Anliegen
[7].
Der Bundesrat unterbreitete den Räten am 29. Juni 2011 den Entwurf eines Bundesbeschlusses für einen Rahmenkredit für die
Weiterführung von Massnahmen zur Förderung des Friedens und der menschlichen Sicherheit. Vorgesehen war ein Rahmenkredit über 310 Mio. CHF. mit einer Laufzeit von mindestens vier Jahren (2012-2016). Dabei beantragte der Bundesrat eine Erhöhung um 50 Mio. CHF, die einem Spezialprogramm für Nordafrika und den Mittleren Osten zur Konsolidierung der Demokratisierungsprozesse zufliessen sollen. Durch den neuen Rahmenkredit würden zudem sechs Ziele finanziell gefördert: Prävention und Beilegung von Konflikten durch aktive Vermittlung und Fazilitation in Friedensprozessen; die Umsetzung von wirkungsvollen Programmen der zivilen Friedensförderung; Stärkung des Menschenrechtsschutzes durch eine verstärkte und neu ausgerichtete Menschenrechtspolitik; Unterstützung von Friedensmissionen und Wahlbeobachtungen durch Entsendung von Expertinnen und Experten des Schweizerischen Expertenpools für zivile Friedensförderung; Voranbringen der Diskussion und der Festlegung globaler und regionaler Politiken in der UNO und in anderen internationalen Organisationen durch diplomatische Initiativen, die von Massnahmen begleitet werden sowie die Förderung der Reflexion und Bündelung von Wissen, Erfahrungen und operativen Kapazitäten dank Partnerschaften mit internationalen Organisationen, gleichgesinnten Ländern und Institutionen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Der Fokus liegt dabei auf Regionen und Ländern in Europa, Asien, Afrika, im Nahen und Mittleren Osten sowie in Lateinamerika, die für die Schweiz von grossem Interesse sind. Die Räte stimmten dem Entwurf Ende September (Nationalrat) bzw. Ende Dezember (Ständerat) zu
[8].
Dem Bundesbeschluss über einen Rahmenkredit zur Weiterführung der drei Genfer Zentren (Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik; Genfer Internationales Zentrum für Humanitäre Minenräumung; Genfer Zentrum für die Demokratische Kontrolle der Streitkräfte) stimmten die Räte im Berichtsjahr ebenfalls zu
[9].
Ebenso verabschiedete die Bundesversammlung den Bundesbeschluss über einen Rahmenkredit über 23.4 Mio. CHF zur Weiterführung der Unterstützung der Forschungsstelle für Sicherheitspolitik an der ETH Zürich und der Kooperationsprojekte des VBS [10].
Die im November 2010 vom Bundesrat erlassene Botschaft über die
Verlängerung der Schweizer Beteiligung an der multinationalen Kosovo Force (KFOR) wurde in der ersten Jahreshälfte in den Räten behandelt. Im Ständerat war das Eintreten unbestritten und der Bundesbeschluss wurde ohne Gegenstimme angenommen. Im Nationalrat hingegen beantragte eine Kommissionsminderheit Lachenmeier-Thürig (gp, BS) mit Unterstützung der Grünen- und SVP-Fraktion Nichteintreten. Es wurde argumentiert, dass es nicht Soldaten, sondern Polizisten aus dem entsprechenden Land brauche, um Sicherheit zu gewährleisten. Die Mehrheit der SiK-NR vertrat hingegen die Ansicht, dass militärische Präsenz im Kosovo unerlässlich sei und empfahl, am Entwurf des Bundesrates festzuhalten. Eine zivile Friedensförderung könne erst angestrebt werden, wenn die Sicherheit der Lage im Kosovo gewährleistet sei. Mit 93 zu 71 Stimmen wurde schliesslich Eintreten auf die Vorlage beschlossen. Die Kommissionsminderheit konnte sich auch mit dem Vorschlag, die Aufstockung des Kontingents von 50 auf 80 Armeeangehörige abzulehnen, nicht durchsetzen. In der Detailberatung scheiterte zudem der Antrag, den Bundesrat zu beauftragen, bis Ende 2012 ein Szenario zum Abzug aus dem Kosovo per Ende 2014 zu erarbeiten. Zum Ständeratsbeschluss wurde lediglich eine Differenz geschaffen: Im Nationalrat wurde präzisiert, dass der Swisscoy Einsatz jederzeit reduziert oder abgebrochen werden könne. Dem schloss sich der Ständerat diskussionslos an
[11].
[7] Po. 11.3469:
AB SR, 2011, S. 417.
[8] BRG 11.040:
BBl, 2011, S. 6311 ff.
[9] BRG 10.095:
BBl, 2011. S. 5491 f.; siehe
SPJ 2010, S. 99.
[10] BRG 10.099:
BBl, 2010, S. 8599;
BBl, 2011, S. 5873; siehe
SPJ
2010, S. 99.
[11] BRG 10.098:
AB SR, 2011, S. 247 ff.;
AB NR, 2011, S. 902 ff.;
BBl, 2011, S. 8425 ff.; siehe
SPJ
2010, S. 100.
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