Année politique Suisse 2011 : Infrastruktur und Lebensraum / Verkehr und Kommunikation / Telekommunikation und Post
Mit Bekanntwerden von Unzulänglichkeiten in der
Informatikprojektführung des VBS ab 2009 vermochten sich jene Stimmen stärkeres politisches Gehör zu verschaffen, die eine effiziente und effektive, möglichst synergieschaffende Steuerung der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in und zwischen den Bundesämtern sowie verwaltungsnahen Organisationen forderten. Ende 2009 war eine Task Force Informatik VBS mit der Untersuchung der konkreten Schwierigkeiten im Verteidigungsdepartement beauftragt worden. Ihre Erkenntnis floss teilweise in den Armeebericht 2010, der eine strategische Neuausrichtung der VBS-IKT vorsah. Dabei war geplant, die militärische und zivile IKT zusammenzuführen und departementsintern zu zentralisieren. Dies hätte zum Schutz der militärischen Systeme die Abkoppelung der VBS-Informations- und Kommunikationstechnik vom Rest der Bundes-IKT bedeutet. Damit wurden jene Kräfte auf den Plan gerufen, die eine zentrale, verwaltungsumfassende IKT-Steuerung verlangt hatten und denen der Bundesrat mit der Überarbeitung der Bundesinformatikverordnung (BinfV) und der IKT-Strategie ebendiese versprochen hatte
[60].
Im Verlauf des Vorjahres hatte die FK-NR die Kritik an den teuren und intransparenten SAP-Sonderlösungen des VBS sowie die Koordinationsanliegen für die Bundes-IKT in zwei Motionen aufgenommen. Die eine forderte die Überprüfung des verwaltungsumfassenden Steuerungsmechanismus für die
Informatiklösung SAP, die zum einen durch das Kompetenzzentrum SAP des Eidgenössischen Finanzdepartement, zum anderen – insofern die Waffen- sowie die Führungs- und Einsatzsysteme der Armee betroffen sind – aber auch dezentral im VBS erfolgen. Die Kleine Kammer überwies die Motion in der Sommersession als Zweitrat diskussionslos. Ebenso nahm der Ständerat die zweite Motion an, die eine Klärung zwischen Art. 2, Abs. 3 BinfV und der koordinierten IKT-Steuerung der Bundesverwaltung verlangte, wie sie in ebendieser, Anfang 2012 in Kraft gesetzten, revidierten Verordnung festgelegt ist
[61].
Im Dezember des Berichtsjahrs publizierte das Informatiksteuerungsorgan des Bundes (ISB) die „IKT-Strategie des Bundes 2012–2015“, die in Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Finanzverwaltung auf Basis der BinfV erarbeitet worden war. Unter der Maxime der Wirtschaftlichkeit, Interoperabilität und Sicherheit sieht die Strategie das Nebeneinander zentraler und dezentraler Planungsfelder und Steuerungsinstrumente vor. Dabei sollen insbesondere Supportprozesse und Grundleistungen (Standardisierung der Büroautomation, der Datenkommunikation, der internen Kommunikation und Zusammenarbeit, Infrastruktur und Netzsicherheit) sowie das E-Government (siehe auch oben Teil I, 1c Institutionen und Volksrechte) departements- bzw. organisationsübergreifend (horizontal und vertikal) angegangen werden. Fachspezifische Anwendungen können unter Berücksichtigung der Gesamtstrategie einer dezentralen Lösung zugeführt werden. Mit der Festlegung dieses Grundsatzes liess sich der monierte Widerspruch zwischen der departementsinternen IKT-Strategie des VBS und den ihr übergeordneten Bundesvorgaben ausräumen.
In der Frühlings- und in der Dezembersession nahm der Nationalrat stillschweigend zwei Postulate an, die den
Schutz der digitalen Infrastruktur einerseits und den
Schutz ihrer Nutzer andererseits forderten. Ein Postulat Darbellay (cvp, VS) wünschte – unter Einbezug aller Sicherheitskräfte, einschliesslich der Armee – die Erarbeitung eines Konzepts zum Schutz der digitalen Infrastrukturen der Schweiz. Das Postulat Schmid-Federer (cvp, ZH) verlangte vom Bundesrat die Prüfung eines umfassenden Grundlagengesetzes für die Datenverkehrsnetze (IKT-Grundlagengesetz)
[62].
[60]
AS, 2011, S. 6093 (Verordnung vom 9. Dezember 2011 über die Informatik und Telekommunikation in der Bundesverwaltung).
[61] Mo. 10.3641 (SAP und Bundesverwaltung), Mo. 10.3640 (Art. 3, Abs. 2 BinfV):
AB NR, 2010, S. 1777;
AB SR, S. 654.
[62] Po. 10.4102 (Darbellay), Po. 11.3906 (Schmid-Federer):
AB NR, 2011, S. 531, 2266.
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