Année politique Suisse 2011 : Infrastruktur und Lebensraum / Boden- und Wohnwirtschaft
Mietwesen
Die SP Schweiz machte die
Forderung nach erschwinglichem Wohnraum für alle zu einem ihrer Wahlkampfthemen. In einer Pressekonferenz Ende Februar sagte Parteipräsident Christian Levrat den steigenden Mietkosten in der Schweiz den Kampf an und sprach dabei sogar von einer drohenden „Sozial-Apartheid“ auf dem Wohnungsmarkt, wenn dieses Problem nicht aktiv angegangen würde. Neben verschiedenen Vorstössen auf kantonaler und städtischer Ebene wollte die SP mit einer im Frühjahr eingereichten dringlichen Interpellation im Bundesparlament auf die prekäre Lage am Schweizerischen Immobilienmarkt hinweisen, welche sich insbesondere für Familien und Personen mit tiefem und mittlerem Einkommen negativ auswirke. Die Partei bewertete in ihrer Interpellation die Zuwanderung von hochqualifizierten Arbeitskräften aus dem EU-Raum zwar als „Erfolgsmodell“, erachtete als Folge davon jedoch zusätzliche flankierende Massnahmen zum Schutz des Wohnungsmarktes als zwingend. Anders sah dies der Bundesrat. In seiner Antwort zur Interpellation befand er die vorhandenen Mittel zur Wohnraumförderung als ausreichend
[14].
Ende Oktober beschloss der Bundesrat eine Änderung der Verordnung zum Mietrecht. Neu soll der
Referenzzinssatz durch kaufmännische Rundung auf den nächsten Viertelprozentwert des Durchschnittszinssatzes für inländische Hypothekarforderungen angepasst werden. Damit löst die neue Regelung die seit 2008 geltende, und von der breiten Öffentlichkeit als kompliziert und bürokratisch wahrgenommene Methode ab, die erst eine Mietzinsanpassung vorsah, wenn sich der Durchschnittszinssatz um mindestens 0,25 Prozentpunkte (oder ein Mehrfaches davon) vom erstmalig gemessenen Wert im Jahr 2008 von 3,43 Prozent wegbewegte. Diese Regelung war ursprünglich als Zwischenlösung bis zur Verabschiedung der Mietrechtsrevision gedacht gewesen. Angesichts des Scheiterns der Revision im Jahr 2010 forderte der Schweizerische Mieterverband im Berichtsjahr eine Anpassung, da sich die geltende Rundungsregel aufgrund des seit der Einführung im 2008 stark gesunkenen Zinsniveaus für die Mieter nachteilig auswirke. Die Neuregelung trat per 1.12.11 in Kraft und führte sogleich zu einer ersten Zinssenkung im 2011 von 2,75 auf 2,5 Prozent
[15].
[14] Ip. 11.3029:
AB NR, 2011, S. 1281 und 1486 ff.;
NZZ, 1.3.11; Medienmitteilung der SP vom 28.2.11; vgl. auch
Lit. Jans e.a. Zur Frage der staatlichen Wohneigentumsförderung vgl. auch
Lit. Baur e.a.
[15] Medienmitteilung des Bundesrates und des EVD vom 26.10.11;
NZZ, 20.8., 27.10. und 2.12.11.
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