Année politique Suisse 2011 : Bildung, Kultur und Medien / Bildung und Forschung
Hochschulen
In der Sommersession begann der Nationalrat als Zweitrat mit der Beratung des
Bundesgesetzes über die Förderung der Hochschulen und die Koordination im Schweizerischen Hochschulbereich (HFKG). Nach dem Willen des Bundesrats soll das neue, auf Art. 63a BV abgestützte Gesetz einheitliche Rahmenbedingungen schaffen, die Bund und Kantonen die Entwicklung eines gemeinsamen, wettbewerbsfähigen Hochschulraums (gebildet durch die kantonalen Universitäten, die eidgenössischen Technischen Hochschulen, die Fachhochschulen und die Pädagogischen Hochschulen) ermöglichen. Es soll das bestehende Universitätsförderungsgesetz und das Fachhochschulgesetz ersetzen (nicht aber das ETH-Gesetz) und mit dem sich in Totalrevision befindlichen Forschungs- und Innovationsförderungsgesetz (FIFG) abgestimmt werden. Dazu soll erstens die Hochschulkonferenz als gemeinsames hochschulpolitisches Organ die gemeinsamen Steuerungsaufgaben von Bund und Kantonen im Hochschulbereich schweizweit koordinieren. Die Hochschulkonferenz tagt in zwei unterschiedlichen Besetzungen, einerseits als eine den Bund und alle Kantone umfassende Plenarversammlung, andererseits als Hochschulrat, in dem neben dem Bund die Trägerkantone von Universitäten, Fachhochschulen und pädagogischen Hochschulen vertreten sind. Zweitens sollen gemeinsame Rahmenbedingungen (vergleichbare Studienordnungen) und ein gemeinsames Akkreditierungssystem (Qualitätssicherung) geschaffen, drittens in kostenintensiven Bereichen eine Aufgabenteilung unter den verschiedenen Hochschulinstitutionen vorgesehen und viertens gemeinsame Grundsätze der Hochschulfinanzierung festgelegt werden. Neben einem Nichteintretensantrag Föhn (svp, SZ) hatte die Grosse Kammer auch über einen Minderheitsantrag des St. Galler SVP-Vertreters Theophil Pfister (darin wurden insbesondere die Vorbehalte des Schweizerischen Gewerbeverbands zum HFKG ins Parlament eingebracht) zu befinden. Letzterer wollte das Geschäft mit der Auflage an den Bundesrat zurückweisen, die Fragen des Wettbewerbs, der Autonomie (Verhältnis subsidiäre Bundeskompetenz – kantonale bzw. universitäre Autonomie) und des Bedarfs eingehender zu prüfen. Nach einer animierten Eintretensdebatte wurden – zweimal gegen den beinahe geschlossenen Widerstand der SVP-Fraktion – der Nichteintretensantrag Föhn mit 110 zu 51, der Rückweisungsantrag Pfister mit 95 zu 57 Stimmen abgelehnt
[27].
Analog zum Ständerat stellte der Nationalrat die Koordination des Hochschulwesens unter gleichberechtigen Partnern (Bund und Kantone) und nicht dessen Planung in den Mittelpunkt des HFKG. Damit suchte auch der Zweitrat den Ausgleich zwischen der insbesondere von rechtsbürgerlichen Kreisen befürchteten Zentralisierung des Hochschulwesens und der vom Bundesrat angestrebten gesamtschweizerischen Strategie. Hatte der Ständerat dem Bund in den Zweckbestimmungen noch einen aktiven Part in der Koordination des Hochschulwesens zugewiesen, schwächte der Nationalrat den Passus ab. So sollte der Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen nur noch geeignete Rahmenbedingungen für den Wettbewerb unter den Hochschulen schaffen. Allfällige Investitionsbeiträge des Bundes an die Hochschulen wurden auf besonders kostenintensive Bereiche beschränkt (siehe unten). In der Differenzbereinigung hielt der Ständerat an seiner Version der Zweckbestimmungen fest. Mit einer aktiveren Rolle des Bundes in der Hochschulkoordination und seinem allgemeiner gehaltenen Finanzierungsgrundsatz befände sich die Version der Kleinen Kammer näher am Verfassungsartikel, wurde betont. Er beharrte auch auf seiner weit vorsichtigeren Annäherung an das Wettbewerbsprinzip und verteidigte hier den Grundsatz der Profilbildung. In seiner Differenzberatung schwenkte der Nationalrat schliesslich auf die Linie der Kleinen Kammer um.
Der vom Ständerat gestützte Bundesratsentwurf strebte die Verankerung der grundlagenorientierten Universitäten und praxisorientierten Fachhochschulen als gleichwertige, sich in ihren Aufgaben ergänzende Institutionen der tertiären Bildung an. Minderheitsanträge aus dem bürgerlichen Lager des Nationalrats hingegen zielten auf die Betonung des Wettbewerbselements unter den Hochschulen und auf eine Schwächung der vom Bundesrat anvisierten und den übrigen Parteien gestützten strategischen Gesamtverantwortung des Bundes für einen international wettbewerbsfähigen Hochschulraum. Unter anderem mit dem Stichentscheid des Ratspräsidenten sprach sich das Grosse Ratsplenum für die Abschwächung der vorgesehenen Bundesregulierung aus. In der Differenzbereinigung hielt der Ständerat aber an seiner Version der Zweckbestimmung für das HFKG fest. Mit einer aktiveren Rolle des Bundes in der Hochschulkoordination und seinem allgemeiner gehaltenen Finanzierungsgrundsatz befände sich die Version der Kleinen Kammer näher am Verfassungsartikel, wurde betont. Diese beharrte auch auf ihrer weit vorsichtigeren Annäherung an das Wettbewerbsprinzip und verteidigte hier den Grundsatz der Profilbildung. Auch in diesem Punkt schloss sich der Nationalrat schliesslich dem Ständerat an.
Die künftige Organisationsform der Hochschulkonferenz gab einiges zu reden. Nicht mehrheitsfähig war die Minderheit Malama (fdp, BS), die neben dem Bundesrat und allen Kantonen auch vom Bundesrat zu bestimmende Vertreter aus der Arbeitswelt als stimmberechtigte Mitglieder in der Plenarversammlung vertreten wissen wollte. Angesichts der Referendumsdrohung des Gewerbeverbands und der Gewerkschaften wurde den Sozialpartnern aber eine beratende Rolle in den Gremien der Hochschulkonferenz zugestanden. Der Ständerat hatte dem Hochschulrat zusätzliche Kompetenzen zur Vereinheitlichung der Titelstrukturen gegeben, in Bezug auf die Kompetenzverteilung zwischen den beiden Tagungsformen der Hochschulkonferenz ansonsten aber keine materiellen Änderungen zum Bundesratsentwurf eingebaut. Auf Vorschlag der Kommissionsmehrheit nahm der Nationalrat dann aber eine gewichtige Kompetenzverschiebung von der Plenarversammlung an den kleineren Hochschulrat vor. So übertrug er die Verantwortung für die Festlegung von Hochschultypen und der kostenintensiven Bereiche sowie das Vorschlagsrecht für Studiengebühren von der Plenarversammlung an den Hochschulrat. Nachdem sich die beiden Kammern in der ersten Beratung der Differenzen zu keiner Einigung gefunden hatten, akzeptierte der Ständerat schliesslich die Position des Nationalrats.
In der Zulassungsregelung für die verschiedenen Hochschultypen hatte der Ständerat den schlanken, allgemeingültigen Bundesratsvorschlag verabschiedet. Dem Prinzip der Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung folgend, war die Kompetenz zur Festlegung von Richtlinien und Grundsätzen für die Zulassung für alle Hochschultypen dem Hochschulrat zugewiesen worden. Zudem sollte dieser aber auch Grundsätze für das Studienangebot der Fachhochschulen beschliessen können, was der postulierten Gleichbehandlung aller Hochschultypen wiederum entgegenstand. Der Nationalrat entschied sich für eine differenzierte Gesetzgebung, indem er für die Universitäten, Pädagogischen Hochschulen und die Fachhochschulen je eigene Zulassungsbestimmungen formulierte und die Kompetenzen des Hochschulrats zurückband. Gleichzeitig korrigierte er aber den im Bundesratsentwurf vorgesehenen und vom Ständerat gutgeheissenen Einfluss des Hochschulrats allein auf das Studienangebot der Fachhochschulen und die Ausgestaltung ihrer Studiengänge und gab nur noch die Praxisorientierung ihres Studien- und Forschungsbetriebs vor. Zusätzlich zu den verschiedenen Maturitätsabschlüssen akzeptierte der Nationalrat eine sogenannt gleichwertige Vorbildung als Zulassungsvoraussetzung für Fachhochschulen. Daneben lehnte er es äusserst knapp, mit einer Stimme Unterschied ab, eine von den ehemaligen Konservatorien in den Diskurs eingebrachte Sonderregelung für die musischen und künstlerischen Fachhochschullehrgänge vorzusehen. Er war nicht bereit, für Absolventen dieser Studienrichtungen zwingend einen Masterstudiengang vorzuschreiben. Nachdem beide Räte bezüglich der Differenzierung der Zulassungsbestimmungen an ihren Positionen festgehalten hatten, schloss sich der Ständerat schliesslich der differenzierteren Auslegung des Nationalrat an.
Das im Ständerat gescheiterte Anliegen, die Akkreditierung einer (Fach-)hochschule an die Beschäftigungs- bzw. Arbeitsmarktfähigkeit ihrer Absolventinnen und Absolventen zu binden, wurde im Nationalrat erneut diskutiert. Ein Minderheitsantrag Riklin (cvp, ZH) forderte die regelmässige Evaluation der Beschäftigungssituation der Absolventen durch ihre Hochschulen. Ein Minderheitsantrag Malama (fdp, BS) verlangte gar die subventions- bzw. akkreditierungswirksame Überprüfung der Arbeitsmarktfähigkeit von Hochschulabgängern. Der Minderheitsantrag Riklin vermochte sich in der Variantenabstimmung gegen die Minderheit Malama, dann auch gegen die nur durch die BDP und Grünen klar unterstützte Kommissionsmehrheit durchzusetzen. Die SP und die FDP waren in der zweiten Abstimmung gespalten, wobei eine klare FDP-Mehrheit für die unterlegene Kommissionsmehrheit votierte, eine ebenso klare SP-Mehrheit den obsiegenden Minderheitsantrag Riklin unterstützte. In der Akkreditierungsfrage hielt der Ständerat in der Differenzbereinigung an seiner ablehnenden Haltung fest, worauf der Nationalrat das Ansinnen fallen liess.
Der vom Bundesrat vorgeschlagene Finanzierungsgrundsatz (der Bund trägt bei den Fachhochschulen knapp ein Drittel, bei den Universitäten ein Fünftel der Gesamtkosten) sowie der Modus zur Ermittlung des Finanzbedarfs waren auch im Zweitrat nicht umstritten. Zwei durch weitere SVP-Abgeordnete unterstützte Minderheitsanträge Theophil Pfister (svp, SG) zur Wahrung der Hochschulautonomie und zur Verteidigung der in dieser Lesart gefährdeten Budgethoheit des Parlaments (das Gesetz verlangt die zwingende Sicherstellung ausreichender Finanzmittel für die darin verankerten Aufgaben) waren chancenlos. Weitere Minderheitsanträge der SVP zu den im Entwurf festgehaltenen Grund- und Projektbeiträgen sowie den Bauinvestitions- und Nutzungsbeiträgen, mit denen sie konsequent ihr Autonomieanliegen einzubringen suchte, scheiterten. Links-Grün störte sich daran, dass der Ständerat die Ausbildungsqualität als Berechnungskriterium für die Referenzkosten der Lehre und damit die Bemessung der Grundbeiträge ergänzt hatte. Ein Minderheitsantrag auf Streichung des entsprechenden Absatzes wurde vom Ratsplenum jedoch deutlich abgelehnt.
Beim Bezeichnungs- und Titelschutz übernahm die Grosse Kammer eine Ergänzung des Ständerats, die festhält, dass die Entscheide des Akkreditierungsrats nicht angefochten werden können. Damit sollen langwierige Rechtsstreitigkeiten mit unseriösen privaten Bildungsanbietern vermieden werden. Ein Antrag Egger (cvp, AG), das Gesetz aufgrund der vielen Vorbehalte zu Zielsetzung und beabsichtigter wie unbeabsichtigter Wirkung auf acht Jahre zu befristen, wurde zurückgezogen, nachdem die Vorgaben zum verlangten Wirksamkeitsbericht detaillierter ausgestaltet worden waren.
Das durchberatende HFKG passierte die Schlussabstimmung im Ständerat mit 41 Zustimmungen bei drei Enthaltungen. Im Nationalrat wurde das Gesetz gegen den geschlossenen Widerstand der SVP-Fraktion, welche die Vorlage als wettbewerbs- und innovationsfeindlich taxierte und die Autonomieeinbussen der Hochschulen beklagte, angenommen. Aufgrund der hohen Komplexität des Gesetzes gaben Economiesuisse und der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) bekannt, das Referendum nicht zu ergreifen, ein solches aber gegebenenfalls zu unterstützen. Die Inkraftsetzung des HFKG ist für 2014 geplant. Zuvor müssen die Kantone die Zusammenarbeitsgrundlage mit dem Bund in Form eines Konkordats schaffen und verabschieden
[28].
Mit dem HFKG entfällt die eidgenössische
Anerkennung von Weiterbildungsabschlüssen der Fachhochschulen, die über das aufzuhebende Fachhochschulgesetz noch gewährleistet worden waren. Die Bewilligungsverfahren, die Qualitätskontrolle und die Subventionierung waren bereits 2005 im Rahmen einer Teilrevision des Fachhochschulgesetzes eingestellt worden. Eine Motion Bischofberger (cvp, AI) nahm das Unbehagen darüber aus Wirtschafts- und Fachhochschulkreisen auf und verlangte die Wiedereinführung eines bundesrechtlich verankerten Titelschutzes. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion. Er wies darauf hin, dass mit dem Label „eidgenössisch anerkannt“ die Abschlüsse der höheren Berufsbildung, deren Titel eidgenössisch geprüft und akkreditiert sind, unlauter konkurriert würden und es dies zu verhindern gelte. Im Weiteren würden die Weiterbildungsabschlüsse der universitären Hochschulen durch die Kantone auch nicht geregelt oder anerkannt. Er schlug aber vor, den verlangten Titelschutz im Rahmen der BFI-Botschaft 2013–2016 zu prüfen. Mit 24 zu 7 Stimmen stellte sich die Kleine Kammer in der Dezembersession auf die Seite des Motionärs
[29].
Die zunehmende internationale Mobilität Studierender und des Wissenschaftsnachwuchses beschäftigte die Räte und die Öffentlichkeit im Berichtsjahr in verschiedenen Fragestellungen. Im August präsentierte die Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten ein Gutachten. Dieses hält fest, dass sowohl
Zulassungsquoten als auch
leistungsorientierte Zulassungsbeschränkungen und
höhere Studiengebühren für
ausländische Studierende rechtmässig seien und nicht gegen internationale Abkommen oder bilaterale Verträge verstossen
[30].
Mit einer Interpellation und einem Postulat brachte der Zuger CVP-Nationalrat Gerhard Pfister die Besorgnis verschiedener Akteure über die unzureichende Betreuungssituation, die Infrastrukturengpässe und die befürchteten Qualitätseinbussen an den Schweizerischen Hochschulen in den Rat ein. Mit Hinweis auf die Verdoppelung der Anzahl ausländischer Studierender in den vergangenen 20 Jahren auf einen Gesamtanteil von knapp einem Fünftel stellte er die Frage nach dem
Finanzierungsmodus der Studienplätze. Zudem verlangte er Auskunft über allfällige
Unterschiede zwischen Schweizern und Ausländern in Bezug auf die finanzielle Beteiligung der Studierenden selbst sowie der öffentlichen Hand. Das Postulat forderte den Bundesrat auf zu prüfen, wie die durch ausländische Studierende besetzten Studienplätze durch ihre Herkunftsstaaten mitfinanziert werden könnten. In seiner Antwort verwies der Bundesrat auf das grosse wissenschaftliche und wirtschaftliche Potenzial internationaler Mobilität und er schlug vor, die Abgeltungsmodalitäten im Rahmen der Schweizerischen Hochschulkonferenz zu klären. Sie kann im Rahmen des neuen HFKG Empfehlungen zu den Studiengebühren abgeben. Zudem steht es ihr zu, den Zulauf ausländischer Studierender über Planungsinstrumente wie die Finanzplanung zu steuern. Der Nationalrat nahm das Postulat in der Dezembersession stillschweigend an, verschob hingegen die Diskussion zur Interpellation
[31].
Ein Postulat Bieri (cvp, ZG) beschäftigte sich mit der vergleichsweise
tiefen Quote an eigenem Wissenschaftsnachwuchs an Schweizer Universitäten. Dieser ist halb so hoch wie an skandinavischen Hochschulen. Der Ständerat nahm das Postulat in der Sommersession an. Es fordert den Bundesrat dazu auf, im Rahmen der BFI-Botschaft 2013–2016 zu prüfen, mit welchen Strukturmassnahmen die Attraktivität der Schweizer Hochschulen für eigene Forschungskräfte gesteigert werden könnte um den Anteil der Schweizer Forschenden am universitären Mittelbau landesweit zu erhöhen
[32].
Da die seit längerem laufenden Verhandlungen zwischen
Basel-Landschaft und dem EDI als zuständigem Bundesdepartement zur
Anerkennung des Halbkantons
als Universitätskanton bis anhin erfolglos verliefen, reichte Letzterer, der die Universität Basel seit 2007 paritätisch mitträgt und weitere Hochschulinstitutionen (Fachhochschule Nordwestschweiz, Basler ETH-Bereich usw.) mitfinanziert, im Februar des Berichtsjahrs eine Standesinitiative ein. Darin wurde der Bundesrat ersucht, den Kanton Basel-Landschaft in der Verordnung zum (auslaufenden) Universitätsförderungsgesetz (UFG) unter den Universitätskantonen aufzuführen. Obschon sie dem Ansinnen günstig gesinnt waren, gaben beide Räte der Initiative aus formalen Gründen – die Verordnung steht in der Kompetenz des Bundesrats – keine Folge. Hingegen nahm der Ständerat mit Zustimmung des Bundesrats eine Motion Janiak (sp, BL) ähnlicher Stossrichtung an, die dieser als Reaktion auf die negative Haltung seines Rats zur Standesinitiative lanciert hatte. Die Motion will dem im neuen HFKG vorgezeichneten Prozess (Bestimmung der Kantonsvertretungen im Hochschulrat über ein entsprechendes Konkordat) vorgreifen und die Anerkennung von Basel-Landschaft als Hochschulkanton über eine eigens dafür geschaffene Gesetzesgrundlage erreichen. Der Nationalrat hat den Vorstoss noch nicht behandelt. Der Bundesrat seinerseits wäre bereit, im Rahmen seiner rechtlichen Kompetenzen auf ein Anerkennungsgesuch einzutreten
[33].
Eine Motion Maissen (cvp, GR) zur Sicherstellung mindestens einer
ordentlichen universitären rätoromanischen Hochschulprofessur wurde zur Klärung offener Fragen (Ordnungsantrag Brändli, svp, GR), an die WBK-SR zur Vorprüfung zurückgewiesen. Der Bundesrat hatte den Vorstoss mit Hinweis auf seine fehlende Weisungskompetenz abgelehnt. Er betonte, das bestehende Lehrangebot an drei Universitäten aufgrund der kantonalen Autonomie nicht direkt beeinflussen zu können. Zudem wies er darauf hin, dass die Förderungsmöglichkeiten des Bundes gemäss dem seit 2010 gültigen Sprachengesetz auf die angewandte Forschung und auf Aspekte der Mehrsprachigkeit beschränkt sind. In der Folge reichte die WBK-SR eine offener formulierte Motion ein, die den Bund auf Basis des Sprachenartikels (Art. 70 Abs. 5 BV) dazu verpflichten will, die
rätoromanische Sprache und Kultur in Zusammenarbeit mit den Kantonen zu
erhalten und ein entsprechendes Bildungsangebot an den Hochschulen zu fördern. Die Motion Maissen wurde nach seinem Ausscheiden aus dem Rat nicht übernommen. Der Ständerat nahm die Kommissionsmotion in der Dezembersession des Berichtsjahrs an
[34].
Zur Verhinderung des sich abzeichnenden
Ärztemangels, insbesondere im Bereich der Hausarztmedizin hatten die Räte 2008 eine Motion Jacqueline Fehr (sp, ZH) überwiesen, die vom Bundesrat die Erarbeitung von Grundlagen für eine
Bedarfsplanung für Studienplätze an den medizinischen Fakultäten forderte. Eine Parlamentarische Initiative Neirynck (cvp, VD) verlangte zudem die Ausarbeitung einer Gesetzesvorlage, welche die bundesweite Koordination der Zulassung an die medizinischen Fakultäten erlaubt. Anlässlich der Vorprüfung der Initiative lancierte die WBK-NR eine Motion, welche die Schaffung der rechtlichen Grundlagen verlangt, die dem Bund die Festlegung einer Mindestanzahl medizinischer Studienplätze erlauben würden. Die Parlamentarische Initiative wurde daraufhin zurückgezogen. In seiner positiven Stellungnahme zur Motion WBK-NR verwies der Bundesrat auf seine Empfehlung an die Universitätskantone, die Studienplatzkapazitäten zu erweitern, der diese in beschränktem Umfang nachgekommen seien. Gleichzeitig erwähnte er die Schaffung der
Plattform Zukunft ärztliche Bildung, die 2010 erfolgte und alle betroffenen Akteure inklusive Bund und Kantone in die Erarbeitung einer tragfähigen, die geltende Kompetenzordnung berücksichtigenden Lösung einbezieht. Währendem der Nationalrat die Motion deutlich annahm, lehnte sie der Ständerat mit Hinweis auf die Regelungsmöglichkeiten im neuen HFKG knapp ab
[35].
Nachdem der Nationalrat der Solothurner
Standesinitiative für ein Stipendienrahmengesetz 2010 Folge gegeben hatte, entschied der Ständerat mit Hinweis auf das Stipendienkonkordat der EDK im Sommer des Berichtsjahrs mit 22 zu acht Stimmen erneut und definitiv dagegen. Das Konkordat zur Harmonisierung der kantonalen Ausbildungsbeiträge war bis Ende 2011 durch acht Kantone (BS, FR, GR, NE, TG, VD, BE, TI) ratifiziert worden. Folgerichtig und mit der gleichen Anzahl ablehnender Stimmen stellte sich die Kleine Kammer auch gegen eine Stipendieninitiative der WBK-NR. Damit waren beide Vorstösse endgültig vom Tisch. Die Sammelfrist für die
eidgenössische „Stipendieninitiative“ läuft Anfang 2012 ab
[36].
[27] BRG 09.057:
BBl, 2009, S. 4561 ff.;
AB NR, 2011, S. 1101 ff.;
NZZ, 17.1., 12.4., 5.5., 7.5., 30.5.11;
LT, 10.5.11;
BaZ, 14.6.11;
SPJ 2010, S. 281 f.
[28] BRG 09.057:
BBl, 2011, S. 7455;
AB NR, 2011, S. 1626 ff., 1867;
AB SR, 2011, S. 736 ff.; 1020 f., 1035;
NZZ, 31.3., 2.4. und 12.4.;
WW, 28.4.1; Presse vom 17.6.11;
TA und
NZZ, 14.9.11
; NZZ und
QJ, 23.9.11.
[29] Mo. 11.3921:
AB NR, 2011, S. 1067;
NZZ, 1.7.11;
SPJ 2004, S. 228 f.
[30]
Lib., 5.5.11,
NZZ, 6.6. und 22.8.11;
Lib. und
LN, 2.8.11; Presse vom 22.8.11;
AZ, 7.9.11;
SPJ 2010, S. 282.
[31] Ip. 11.4023; Mo. 11.4024:
AB NR, 2011, S. 2264;
TA, 4.7.11;
NLZ, 13.12.11.
[32] Po. 11.3064:
AB SR, 2011, S. 626 f.;
TA, 28.4. und 8.5.11 (Arbeitsbedingungen und Karriereperspektiven des universitären Mittelbaus);
TA, 24.1.11;
24H und
TG, 16.2.11;
NZZ, 11.5. und 12.5.11;
NLZ, 14.11.11.
[33] Kt. Iv. 11.302, Mo. 11.3798:
AB SR, 2011, S. 762 f., 1221 (Mo. 11.3798);
AB NR, 2011, S. 2256;
BaZ, 29.10.11.
[34] Mo. 10.3049 (Maissen), Mo. 10.4036 (WBK-SR):
AB SR, 2011, S. 615 f., 1219 f.
[35] Mo. 08.3608 (Fehr), Pa.Iv. 10.454, Mo. 10.3886 (WBK-NR):
AB NR, 2011, S. 156 f.;
AB SR, 2011, S. 753 ff.;
Exp. und
LN, 4.3.11
; SPJ 2008, S. 201 f.
[36] Kt.Iv. 07.308, Pa.Iv. 09.497:
AB SR, 2011, S. 629 f.; Medienmitteilung EDK vom 20.1.12;
AZ, 24.2.11;
NZZ, 31.3.und 16.6.11
; SPJ 2010, S. 284.
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