Année politique Suisse 2011 : Bildung, Kultur und Medien / Kultur, Sprache, Kirchen / Kulturpolitik
Im Februar richtete der Bundesrat die
Botschaft zur Förderung der Kultur in den Jahren 2012–2015 an die Räte, die diese in der Herbstsession des Berichtsjahrs verabschiedeten. Beantragt wurden acht Kredite über eine Gesamthöhe von 637,9 Mio. CHF zugunsten des Heimatschutzes und der Denkmalpflege, des Kulturgütertransfers, des Films, der Landessprachen, des Bundesamts für Kultur (BAK), der Stiftung Pro Helvetia, der Nationalmuseumsgruppe und der Nationalphonothek. Beide Räte beschlossen Eintreten ohne Gegenantrag. Die Kommission für Bildung und Wissenschaft (WBK-SR) schlug dem Ständerat als Erstrat einstimmig weitere Ausgaben in der Höhe von 50,6 Mio. CHF vor. Begründet wurde diese Empfehlung unter anderem mit dem Hinweis, dass die Ausgaben der öffentlichen Hand für die Kulturförderung mit total 2,24 Mio. CHF nur 0,43% des BIP betragen und an Bundesmitteln lediglich 0,4 Prozent aus dem Gesamthaushalt in die Kultur fliessen. Die zusätzlichen Mittel sollten dabei an den Heimatschutz und die Denkmalpflege, die Filmförderung, das BAK sowie die Stiftung Pro Helvetia gehen. Die Hälfte der Kredite, die knapp 3 Mio. CHF für den Kulturgütertransfer sowie die Mittel zugunsten der Sprachförderung, der Schweizerischen Landesphonothek und die Institutionen des Schweizerischen Nationalmuseums, wurden problemlos gesprochen. Die restlichen vier Kulturkreditvorlagen, tangiert durch die zusätzlich beantragte Mittelerhöhung, erfuhren Abänderungen, die im Folgenden besprochen werden
[1].
Für den
Heimatschutz und die Denkmalpflege, die der Bund und die Kantone gemäss NFA (Neuer Finanzausgleich) als Verbundaufgabe wahrnehmen, hatte der Bundesrat einen Rahmenkredit von 85 Mio. CHF vorgeschlagen. Die ständerätliche WBK machte eine grosse Differenz zwischen dem Mittelbedarf für den Denkmalschutz und den nach Einführung des NFA dafür budgetierten Bundesgeldern aus. Da diese sich in den letzten Jahren regelmässig als ungenügend erwiesen hätten, veranschlagte sie eine Erhöhung des Etats um 20 Mio. CHF, vor allem zugunsten der Denkmalpflege. Einstimmig winkte die Kleine Kammer den erhöhten Rahmenkredit durch. Im Nationalrat veranlasste eine starke links-grüne Kommissionsminderheit gar die Aufstockung um 30 Mio. auf insgesamt 125 Mio. CHF. Auf Betreiben seiner Fiko widersetzte sich der Ständerat dem Nationalrat in der Differenzbereinigung. Worauf Letzterer die bescheidenere Mittelerhöhung knapp akzeptierte
[2].
Für die
Filmförderung wollte die WBK-SR den vom Bundesrat vorgesehenen Rahmenbetrag um weitere 10 Mio. auf 158 Mio. CHF aufstocken. Den zusätzlichen Mittelbedarf sah sie durch die Übertragung der projektbezogenen Filmförderung von Pro Helvetia an das BAK, durch steigende Ausgaben bei der erfolgsabhängigen Filmförderung (
Succès cinéma) und die geplanten Unterstützungsleistungen für die Umstellung kleiner Kinos auf die digitalisierte Projektion begründet. Widerspruch erfuhr das Ansinnen erneut von Mitgliedern der Fiko. Es wurde darauf hingewiesen, dass das Wachstum der Bundesausgaben unter Beachtung der Schuldenbremse derzeit höchstens drei Prozent betragen dürfte, sich die diskutierten Ausgaben für den Kulturbereich aber im Rahmen von acht Prozent bewegten, ohne in anderen Ausgabenbereichen kompensiert zu werden. Mit 26 zu 13 Stimmen bei einer Enthaltung wurde die Teilvorlage aber im Sinn der WBK-SR angenommen. Auf Antrag einer linksgrünen Kommissionsminderheit, die durch jeweils starke CVP- und FDP-Mehrheiten unterstützt wurde, folgte der National- dem Ständerat
[3].
Zum Zahlungsrahmen für die vom
BAK ausgerichteten
Finanzhilfen, den die WBK-SR um weitere 12 Mio. auf 112 Mio. CHF erhöhen wollte, lagen dem Erstrat drei Minderheitsanträge vor. Dabei waren die Ständeräte sich sowohl uneinig über die Höhe allfälliger Mehrausgaben als auch über deren potenzielle Adressaten. Keiner der Vorschläge, darunter ein Unterstützung des Alpinen Museums in Bern, war mehrheitsfähig. Dem Zweitrat lagen zum BAK-Zahlungsrahmen sechs Minderheitsanträge vor. Zu den bereits im Ständerat vorgebrachten Anliegen gesellte sich neben weiteren ein Finanzierungsbegehren für die in Basel domizilierte Stiftung Sportmuseum Schweiz. Durchzusetzen vermochten sich mit deutlicher Unterstützung auch des bürgerlichen Lagers die Anträge zugunsten des Sport- sowie des Alpinen Museums. Das dermassen abgeänderte Teilgeschäft wurde schliesslich auch vom Ständerat deutlich angenommen
[4].
Mit der Aufgabenverschiebung zwischen dem BAK und
Pro Helvetia übernahm letztere mit der Fotografie- und Nachwuchsförderung sowie der Kulturvermittlung zusätzliche Pflichten in der Kulturförderung. Deshalb beantragte die WBK-SR ihrem Rat die Erhöhung des vom Bundesrat vorgesehenen Zahlungsrahmens um 8,6 Mio. auf 149 Mio. CHF. Der Kommissionsantrag setzte sich denkbar knapp, mit 19 zu 18 Stimmen, gegen den Vorschlag des Bundesrats durch. Der Nationalrat hingegen bevorzugte den moderateren Zahlungsrahmen des Bundesrats. In der Differenzbereinigung entschied der Ständerat erneut äusserst knapp. Er schloss sich nun aber mit 18 zu 17 gegen seine Kommission, die Festhalten empfohlen hatte, dem Nationalrat an. Angenommen wurde die Teilvorlage schliesslich mit 23 zu zehn Stimmen bei vier Enthaltungen
[5].
Was im Umfeld der Zentralschweizer Regierungskonferenz (ZH, LU, SZ, ZG, UR) im Vorjahr als umstrittener bildungspolitischer Entscheid des Kantons Luzern begonnen hatte, setzte sich im Berichtsjahr mit kulturpolitischen Retaliationsmassnahmen aus dem Kanton Schwyz fort. Auf die Aufkündigung des Konkordats über die Pädagogische Hochschule Zentralschweiz durch Luzern (siehe auch Teil I, 8b, Fachhochschulen) reagierte der Schwyzer Kantonsrat gegen den Willen des Regierungsrats mit dem Ausstieg aus dem
interkantonalen Kulturlastenausgleich, an dem sich auch die Kantone Zürich, Zug, Aargau, Uri sowie Luzern – und freiwillig Nid- und Obwalden – beteiligen. Über den Kulturlastenausgleich gelangen sogenannte Abgeltungszahlungen der umliegenden Kantone an bedeutende Kulturinstitutionen Zürichs (Opernhaus, Tonhalle, Schauspielhaus) und Luzerns (Kultur- und Kongresszentrum, Luzerner Theater, Luzerner Sinfonieorchester). Mit der Schwyzer Kündigung entgehen dem Kanton Luzern rund 0,8 Mio. CHF, dem Kanton Zürich gegen 1,3 Mio. CHF
[6].
[1]BRG 11.020:
BBl, 2011, S. 2971, 7603 ff;
AB SR, 2011, S. 600 ff., 607 ff.;
AB NR, 2011, S. 1649 ff, 1656 ff.;
NZZ und
TA, 24.2.11;
NZZ, 19.5., 16.6., 28.7., 10.9., 27.9. und 1.12.11;
BZ, 29.6.11;
24h, 29.6.11;
Bund, 27.9. und 1.12.11;
SGT, 14.10.11;
SPJ 2010, S. 288.
[2] BRG 11.020:
BBl, 2011, S. 7601;
AB SR, 2011, S. 605 f. und 1016 f.,
AB NR, 2011, S. 1654 ff. und 1826 f.;
NZZ, 26.1.11.
[3] BRG 11.020:
BBl, 2011, S. 7605;
AB SR, 2011, S. 607 ff.;
AB NR, 2011, S. 1656 ff.;
TA, 12.1.11 (digitaler Film);
NZZ, 17.6., 10.8. (erfolgsabhängige Filmförderung) und 22.8.11, Presse vom 5.8.11; zur digitalisierten Produktion vgl. BAK, Sektion Film, Newsletter vom 28.7.11.
[4] BRG 11.020:
BBl, 2011, S. 7609;
AB SR, 2011, S. 610 ff., 1017;
AB NR, 2011, S. 1659;
Bund, 23.9., 25.9. und 27.9.11;
BZ, 30.9.11 (alle zur Finanzlage des SAM);
SPJ 2010, S. 289.
[5] BRG 11.020:
BBl, 2011, S. 7611;
AB SR, 2011, S. 613 f.;
AB NR, 2011, S. 1666;
TA, 23.2. und 30.9.11;
LT, 1.4.11;
Bund, 24.9.11;
NZZ, 5.9.11.
[6] Regierungsrat des Kantons Schwyz. Beschluss Nr. 547/2011, Beantwortung der Motion Pfister/Bolfing, 31.5.11; Kantonsrat Kanton Schwyz. Ausserordentliche Sitzung, Summarisches Protokoll, 14.9.11:
Bote der Urschweiz, 10.6.11;
NZZ, 14.9.11; NLZ, 15.9. bis 17.9.11.
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