Année politique Suisse 2011 : Bildung, Kultur und Medien / Medien / Presse
Alle sechs vom Bakom veröffentlichten Studien sind sich einig, dass der Konzentrationsprozess im Zeitungswesen voranschreitet.
Die Medienwirtschaftsstudie zeigt die veränderten Besitzverhältnisse der meistgelesenen Kauf- und Gratis-Tageszeitungen auf. Die Zahl der Kaufzeitungen sank zwischen 1960 und 2009 von 368 auf 198. Im gleichen Zeitraum ging die Anzahl ausgebauter Redaktionen von 45 auf 32 zurück und die fünf grössten Verlage haben in der Deutschschweiz mittlerweile einen Marktanteil von über 90%. Die verbleibenden vier Verlage in der französischsprachigen Schweiz beherrschen sogar 100% des Marktes. Hatten vor zehn Jahren noch drei von vier Personen regelmässig eine Kaufzeitung gelesen, waren es im Berichtsjahr noch zwei von drei. Personen unter 30 Jahren lesen gemäss der Studie häufiger die Gratispresse als gekaufte Zeitungen
[15].
Die Studie zur
Meinungsvielfalt
in ausgewählten Regionen kommt zum Schluss, dass ein dominantes Medienunternehmen pro Region die Regel ist. Die demokratierelevante Berichterstattung, insbesondere über den lokalen politischen Entscheidungsprozess werde unterschiedlich umfassend gewährleistet und beschränke sich oft auf kritiklose gesellschaftspolitische Ereignisberichterstattung. Gemäss den befragten Medienschaffenden wirkt sich die mangelnde publizistische Konkurrenz nachteilig aus
[16].
In der Ostschweiz und in der Region Zürich setzte sich die
Pressekonzentration in besonders grossem Ausmass fort. Die „Thurgauer Zeitung“ wurde von der NZZ-Gruppe zum Kopfblatt des „St. Galler Tagblatts“ mit eigenem Kantons- und Regionalteil umgebaut. Der Mantelteil und das Layout werden neu aus St. Gallen übernommen. Gleichzeitig erschienen der „Landbote“, der „Zürcher Oberländer“, die „Zürichsee-Zeitung“ und der „Zürcher Unterländer“ neu mit einer gemeinsamen überregionalen Berichterstattung. Dieser Zürcher Regionalzeitungsverbund war entstanden, nachdem die Tamedia-Mediengruppe 2010 bei der Zürichsee-Zeitung und dem Zürcher Unterländer die Mehrheitsbeteiligung übernommen hatte
[17].
Im Zusammenhang mit den undurchsichtigen Besitzerwechseln bei der BaZ sowie der unklaren Rolle Christoph Blochers war es 2010 zur Kündigung von über 1600 Abonnementen und zu Protestaktionen auf der Redaktion gekommen. Im Februar des Berichtsjahres wurde bekannt, dass der derzeitige Besitzer Moritz Suter die BaZ für nur CHF 1 Mio. übernommen hatte. Suter war nicht bereit offenzulegen, wer seine Übernahme mitfinanziert hatte. Es wurde spekuliert, dass Christoph Blocher hinter dem BaZ-Deal stecke. Im Sommer forderte der Presserat eine Offenlegung der Besitzverhältnisse. Mitte Dezember schliesslich, übernahm abermals der Tessiner Tito Tettamanti mit einer „MedienVielfalt Holding AG“ die BaZ, die zwei Tage zuvor von Moritz Sutter an die Familie Blocher gegangen war. Diese gab bekannt, dass sich ihr finanzielles Engagement auf eine Defizitgarantie zugunsten des Druckgeschäfts der BaZ beschränkt habe
[18].
[15]
BaZ, 11.2.11,
Lit. Kradolfer et al.
[17]
NZZ und
TA, 4.1.11; vgl.
SPJ 2010, S. 299.
[18]
SGT und
Blick, 7.2.11;
TA, 9.2.11; Stellungnahme des Schweizer Presserates vom 13.7.11; Presse vom 07.9.11; Presse vom 12. und 15.12.11.
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