Année politique Suisse 2011 : Bildung, Kultur und Medien / Medien / Radio und Fernsehen
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Radio- und Fernsehgesetz
Das Thema der Empfangsgebühren bewegte. So wurde im Juli mit der Unterschriftensammlung für die Volksinitiative „Radio und TV – der Bund erhebt keine Empfangsgebühren“ begonnen [20].
Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats (KVF-N) hatte im Februar 2010 eine Motion für ein „Neues System für die Erhebung der Radio- und Fernsehgebühren“ eingereicht. Nachdem der Nationalrat diese im September 2010 angenommen hatte, überwies sie der Ständerat mit dem Vorbehalt, die Kleinbetriebe von der für sie unzumutbaren Gebührenpflicht zu befreien. Damit wurde dem Vorbehalt des Schweizerischen Gewerbeverbands Rechnung getragen, der die Motion publizistisch massiv bekämpft hatte. Die Motionen Fournier (cvp, VS) und Luginbühl (bdp, BE), deren Anliegen zuvor in die Kommissionsmotion integriert worden waren, wurden zurückgezogen [21].
Ein wesentlicher Teil der anstehenden Teilrevision des Radio- und Fernsehgesetzes betrifft die Ablösung des heutigen Gebührensystems für den Radio- und Fernsehempfang durch eine geräteunabhängige Abgabe (siehe oben). Da der Ständerat als Zweitrat die entsprechende Kommissionsmotion erst 2011 überwies, musste die im selben Jahr geplante Vernehmlassung um ein Jahr verschoben werden [22].
Peter Bieri (cvp, ZG) hatte im Dezember 2010 das Postulat zur Änderung des RTVG eingereicht. Es will, nichtausbezahlte Gebührengelder zur Förderung journalistischer Qualität sowie gemeinsamer Initiativen der Branche verwenden. Bieri will, dass der Bundesrat im Rahmen der geplanten Teilrevision RTVG gesetzliche Grundlagen prüft, die es ermöglichen, die angesammelten, nicht ausbezahlten Gebührengelder .einer anerkannten schweizerischen Ausbildungsinstitutionen für Journalismus und Medienmanagement zukommen zu lassen. Der Ständerat nahm das Postulat an [23].
Natalie Rickli (svp, ZH) reichte im Dezember 2010 eine Motion ein, welche die Einsparungen der Billag, die durch die Umstellung auf die jährliche Gebührenerhebung seit Anfang 2011 entstanden sind, den Gebührenzahlern zukommen lassen will. Die Motion wurde vom Nationalrat jedoch nicht angenommen. Im Mai reichte Rickli zusammen mit Francisca Brechbühler (parteilos) eine Petition „200 Franken sind genug“ ein, welche die Gebühren von Radio und Fernsehen von 462 Fr. auf 200 Fr. senken und die nichtausbezahlten Gebühren an die Gebührenzahler zurückerstatten wollte. Das politische Anliegen war im sozialen Medium „Facebook“ entstanden, als Reaktion auf den Vorschlag des Bundesrats, die Gebühren in Zukunft jedem Haushalt aufzuerlegen. Nachdem in kürzester Zeit 30 000 Anhänger gefunden waren, schloss sich Rickli dem Vorhaben an. Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen prüfte die Petition im Juni, gab ihr jedoch keine Folge. [24]
Weiter reichte Rickli (svp, ZH) im September des Berichtsjahres eine Motion ein, in der sie sich auf dieselben nichtausbezahlten 67 Millionen Franken Gebührengelder, welche im oben beschriebenen Postulat Bieri erwähnt werden und sich auf einem Bakom-Sperrkonto befinden, bezieht. Dieser Motion gab der Nationalrat ebenfalls keine Folge. Ricklis Feldzug, wie er in den Medien genannt wurde, gegen das staatliche Radio- und Fernsehen SRG oder deren Gebühreneintreiberin Billag stiess auch auf Kritik. So wurde ihr in den Medien vorgeworfen, im hohen Ausmass Politik für ihren Arbeitgeber, dem grössten Schweizer Vermarkter von TV- und Radiowerbung Goldbach Media, zu machen [25].
 
[20] BBI 2011, S.6157.
[21] Mo. 10.3014: AB SR, 2011, S.1360 ff.; NZZ, 14.9.11; vgl. SPJ 2010, S. 301; Mo. 10.3133 (Fournier), Mo. 10.3258 (Luginbühl).
[22] BRG 12.001: Geschäftsbericht des Bundesrates Band 2 2011, S. 59;
[23] Po. 10.4032: AB SR, 2011, S. 274 f.
[24] Mo. 10.3943; AB SR, 2010, S. 405 f., S. 1347; AB NR, 2010, 857; Petition 11.2015, SGT, 18.05.11, BaZ, 14.9.11.
[25] Mo. 11.3839, AB NR, 2011, S .2221; zu Ricklis Feldzug: AZ, 17.05.11.