Année politique Suisse 2012 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung / Strafrecht
Nach dem Nationalrat überwies auch der Ständerat mit 20 zu 15 Stimmen eine Motion der EVP/EVP/glp –Fraktion, welche mit einer
Revision des Asylgesetzes den Vollzug im Asylwesen verbessern will. Konkret soll der Bund den Kantonen die Haftgestehungskosten vollumfänglich erstatten. Im Gegenzug muss der Vollzug dringend stattfinden und wird vom Bund überprüft. Des Weitern fordert die Motion, dass Rekursverfahren gegen abgelehnte Asylgesuche nicht länger als ein Jahr dauern dürfen, dass verstärkt Personenkontrollen im Inland und an den Grenzen durchgeführt werden sowie dass der Vollzug der Strafe im Herkunftsland des Delinquenten gefördert werden soll. Die Gegner der Motion waren zum einen der Meinung, dass die bestehenden Vollzugsfragen nicht auf gesetzlicher Ebene behoben werden können. Zum andern sahen sie in der Vorschreibung einer Behandlungsfrist von abgelehnten Gesuchen einen Verstoss gegen die verfassungsmässige vorgeschriebene gerichtliche Unabhängigkeit
[60].
Um die Umsetzung ihrer 2010 in der Volksabstimmung angenommen
Ausschaffungsinitiative sicherzustellen, lancierte die SVP im Berichtjahr die Folgeinitiative „Zur Durchsetzung der Ausschaffung krimineller Ausländer (Durchsetzungsinitiative)“.
[61] Diese enthält eine detaillierte Liste mit Delikten, für welche ein Ausländer aus der Schweiz ausgewiesen werden muss sowie eine zweite Aufzählung von Straftaten, welche zu einer Ausschaffung führen, wenn der Delinquent innerhalb der letzten zehn Jahren bereits zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Der Initiativtext hält auch fest, dass die Bestimmungen nur dem zwingenden Völkerrecht, d.h. dem Verbot der Folter, des Völkermords, des Angriffskrieges, der Sklaverei sowie dem Verbot der Rückschiebung in einen Staat, in dem Tod oder Folter drohen, nachgeordnet sei. Die Initianten konnten die Initiative nur fünf Monate nach Sammelbeginn bei der Bundeskanzlei einreichen
[62].
Der Bundesrat hat im Mai zwei
Varianten zur Umsetzung der Ausschaffungsinitative in die Vernehmlassung geschickt. Dabei bevorzugt er jene Variante, die eine Konkretisierung des in der neuen Verfassungsbestimmung enthaltenen Deliktkatalogs vorsieht. Ein Landesverweis soll grundsätzlich dann ausgesprochen werden, wenn einer Person aufgrund eines aufgelisteten Delikts eine Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten verhängt wird. Dadurch werden die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen weitgehend eingehalten. Nicht eingehalten werden jedoch Verpflichtungen, die sich aus den Freizügigkeitsabkommen ergeben. Die zweite Variante sähe hingegen eine zwingende Ausweisung auch bei Bagatelldelikten vor
[63].
[60] Mo. 10.3066:
AB SR, 2012, S. 74 ff.
[61]
BBl, 2012, S. 7371 ff.
[62]
BBl, 2012, S. 7371 ff.; BaZ, 18.4.12.
[63] Medienmitteilunge Bundesrat vom 23.05.12.
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