Année politique Suisse 2012 : Grundlagen der Staatsordnung / Institutionen und Volksrechte / Regierung
Das seit 2005 geltende, revidierte Bundesgesetz über das Vernehmlassungsverfahren war seit einiger Zeit Gegenstand wiederholter Kritik wegen zu kurzer Fristen, intransparenter Auswahl der Adressaten oder fehlender Nachvollziehbarkeit der Auswertung der verschiedenen Stellungnahmen. Nicht nur die Parteien hatten einen schriftlichen Protest beim Bundesrat eingereicht, sondern auch die Staatschreiberkonferenz der Kantone intervenierte bei der Bundeskanzlei. Aufgrund dieser Kritik hatten die GPK beider Räte bereits 2010 beschlossen, eine
Evaluation der Anhörungs- und Vernehmlassungspraxis durchführen zu lassen. Aus dem Evaluationsbericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle leitete die GPK-N verschiedene Empfehlungen ab, denen sie mit drei Postulaten Nachdruck verleihen wollte. Das erste Postulat fordert den Bundesrat auf, Möglichkeiten für mehr Transparenz bei der Kommunikation der Ergebnisse einer Vernehmlassung aufzuzeigen. Mit dem zweiten Postulat erhält der Bundesrat den Auftrag, eine Abschaffung konferenzieller Anhörungen zu prüfen. Mit dem dritten Vorstoss soll der Bundesrat die Unterschiede zwischen Anhörung und Vernehmlassung aufzeigen und prüfen, ob es weiterhin zweckmässig sei, beide Instrumente beizubehalten. Der Nationalrat überwies die Postulate in der Herbstsession. Noch hängig ist eine im Berichtsjahr von der SVP-Fraktion eingereichte Motion, die den Bundesrat zusätzlich beauftragen möchte, die Rolle und die Kompetenzen der Bundeskanzlei im Vernehmlassungsverfahren zu klären und eine Begründungspflicht bei verkürzten Antwortfristen einzuführen. Darüber hinaus will die Motion das konferenzielle Verfahren ganz abschaffen
[11].
[11] Po. 12.3649, Po. 12.3650 und Po. 12.3651:
AB NR, 2012, S. 1561 ff.; Mo. 12.3759; Evaluation der Anhörungs- und Vernehmlassungspraxis des Bundes, Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle vom 9.6.11;
NZZ, 14. und 15.11.12.