Année politique Suisse 2012 : Grundlagen der Staatsordnung / Institutionen und Volksrechte / Verwaltung
Ende 2012 legte das Eidgenössische Personalamt (EPA) den vierjährlich zu erstellenden Evaluationsbericht zur Förderung der
Mehrsprachigkeit in der Bundesverwaltung vor. Der Bericht zeigt auf, dass der Anteil französischsprachiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den letzten vier Jahren leicht zugenommen hat und mit 21,2% dem Sollwert von 22% immer näher kommt. Ebenfalls noch nicht beim Sollwert angelangt ist der Anteil italienischsprachiger (6,7%; Soll: 7%) und rätoromanischsprachiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (0,3%; Soll 1%). In der Bundesverwaltung übervertreten ist entsprechend die deutsche Sprache (71,8%; Soll: 70%). Obwohl mit Artikel 9 des Sprachengesetzes Bundesangestellte das Anrecht auf die Muttersprache als Arbeitssprache haben, zeigte die Befragung des Personals im Jahr 2011, dass lediglich 73% in ihrer bevorzugten Amtssprache arbeiten. Das EPA wies zudem verschiedene unternommene Massnahmen zur Förderung der Mehrsprachigkeit aus, wie etwa eine zentralisierte Sprachausbildung, Marketinganstrengungen, um den Bund als Arbeitgeber auch in der französischen und italienischen Schweiz bekannt zu machen oder die Erarbeitung von Massnahmenkatalogen durch die Bundeskanzlei und die Departemente. Die Räte waren mit dem Erreichten noch nicht zufrieden und forderten in einer Motion der staatspolitischen Kommission SR eine Zentralisierung der strategischen Steuerung für die Förderung der Mehrsprachigkeit beim EFD. Weiter beauftragten sie den Bundesrat dafür zu sorgen, dass Führungskräfte zwei Amtssprachen aktiv und eine dritte passiv beherrschen, wobei die Ausbildung vom Arbeitgeber zu bezahlen sei. Für die Umsetzung dieser Massnahmen solle die Regierung einen Mehrsprachigkeitsbeauftragten ernennen. Zwei noch nicht behandelte Postulate Romano (cvp, TI) und Cassis (fdp, TI) verlangen zudem einen vertieften Bericht zur Mehrsprachigkeit in der Bundesverwaltung
[21].
Ende November trat der
Delegierte für Mehrsprachigkeit in der Bundesverwaltung, Vasco Dumartheray, zurück. Der Delegierte soll gemäss Sprachenverordnung die italienische und französische Sprache in der Verwaltung fördern und die Verwaltungseinheiten bei der Personalrekrutierung unterstützen. Aufgrund der Motion „Förderung der Mehrsprachigkeit“ (vgl. oben) und auf der Basis der im Berichtsjahr erst vom Nationalrat angenommenen Motion Maire (sp, NE) bestimmte neu der Bundesrat den Delegierten, der zudem nicht mehr beim Eidgenössischen Personalamt, sondern beim EFD angesiedelt werden soll. Ein Nachfolger von Dumartheray wurde2012 noch nicht bestimmt
[22].
Im Bericht über die Förderung der
Chancengleichheit von Frau und Mann in der Bundesverwaltung von 2008 bis 2011, den der Bundesrat Ende Jahr genehmigte, wurde eine leichte Zunahme des Frauenanteils um 1,2 Prozentpunkte auf 42% in der Bundesverwaltung ausgewiesen. Eine recht grosse Zunahme von Frauen um 3,7 Prozentpunkte konnte dabei im höheren Kader nachgezeichnet werden; allerdings ist in den hohen Lohnklassen der Frauenanteil mit 14,3% auch nach dieser Zunahme noch gering. Die Verbesserung der Chancengleichheit wurde unter anderem auf die Einführung von Massnahmen zur familienergänzenden Kinderbetreuung und den Lohngleichheitsdialog zurückgeführt
[23].
Die im März präsentierte Berichterstattung über das
Personalmanagement (2011) zeigte erfreuliche Resultate. Der Stellenbestand war im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken (32 179 Vollzeitstellen bzw. 35 618 Mitarbeitende) und der Anteil an Lernenden (5%; Soll: zwischen 4 und 5%) und an Menschen mit Behinderungen (1,2%; Soll: zwischen 1 und 2%) lagen in den von der Personalstrategie 2011-2015 festgelegten Zielbändern. Die regelmässig durchgeführten Personalbefragungen zeigten zudem eine hohe Arbeitszufriedenheit. Optimierungspotenzial bestehe allerdings hinsichtlich der Zufriedenheit mit der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben
[24].
Im Berichtjahr wurden im Nationalrat drei Postulate und zwei Motionen gemeinsam debattiert, die auf eine bessere
Steuerung der Personalpolitik abzielten. Die Vorstösse basierten auf einem GPK-Bericht zur Personalpolitik des Bundes aus dem Jahr 2009 bzw. der Stellungnahme des Bundesrates zu diesem Bericht aus dem Jahr 2010, der Nachkontrolle der GPK von 2011 und der entsprechenden Reaktion des Bundesrates von 2012. Mit den sechs Vorstössen soll den Empfehlungen der GPK, denen die Regierung laut der Kommission noch nicht genügend nachgekommen sei, Nachdruck verliehen werden. Unzufrieden war die GPK insbesondere mit der internen Organisation der Personalpolitik, die noch zu wenig auf einer Prozess- und Leistungsanalyse beruhe. Zudem gäbe es noch einige Kohärenzmängel und identische Aufgaben würden auf unterschiedlichen Hierarchiestufen angesiedelt. Das erste Postulat und die eine Motion forderten entsprechend eine zentraler gesteuerte Personalpolitik und eine Stärkung des Eidgenössischen Personalamtes (EPA). Die beiden weiteren Postulate und die zweite Motion wurden zum Thema Vertrauensarbeitszeitmodell eingereicht. Der Bundesrat soll in einem Bericht aufzeigen, ob Vertrauensarbeitszeit funktions- statt lohnklassenabhängig anwendbar sei und wie dies zu organisieren wäre. Die Motion forderte die Einführung eines entsprechenden Kontrollkonzeptes. Der Nationalrat überwies die drei Postulate und die erste Motion einstimmig und die zweite Motion mit lediglich einer Gegenstimme. Im Ständerat wurde die Stärkung des EPA diskussionslos angenommen. Die Motion zum Kontrollkonzept wurde hingegen der eigenen GPK und den Argumenten des Bundesrates folgend verworfen: ein Vertrauensverhältnis, dem die Idee der Vertrauensarbeitszeit unterliege, dürfe nicht auf einem flächendeckenden Kontrollinstrument beruhen. Die Beurteilung, ob Vertrauensarbeitszeit gewährt würde oder nicht, sei eine dem jeweiligen spezifischen Verhältnis angemessene Führungsaufgabe
[25].
Mit der
Revision des Bundespersonalgesetzes wollte der Bundesrat die Attraktivität der Bundesverwaltung als Arbeitgeberin steigern und das Personalrecht dem für die Privatwirtschaft geltenden Obligationenrecht weiter annähern. Ziele der Änderung des seit 2002 geltenden Rahmengesetzes waren unter anderem eine grössere Flexibilität bei der Auflösung von Arbeitsverhältnissen und bessere Regelungen der Unterstützung bei unverschuldeter Kündigung. Der Ständerat brachte als Erstrat neben ein paar sprachlichen Detailkorrekturen einen zusätzlichen Passus ein, mit dem geeignete Massnahmen zur Sicherstellung einer adäquaten Vertretung der Landessprachen in der Verwaltung sowie zur Förderung der Sprachkenntnisse einer zweiten Amtssprache und passiver Kenntnisse einer dritten Amtssprache bei den höheren Kadern gefordert werden. Darüber hinaus präzisierte die kleine Kammer den Übergang von befristeten zu unbefristeten Anstellungsverhältnissen, setzte der Kündigungsfrist eine maximale Obergrenze von sechs Monaten und legte die maximale Entschädigung bei einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses zwischen einem Monats- und einem Jahreslohn fest. Die Vorschläge von Thomas Minder (parteilos, SH) Abgangsentschädigungen als grundsätzlich unzulässig zu erklären und die Kündigungsfristen statt auf Verordnungs- auf Gesetzesstufe zu regeln, blieben chancenlos. Im Nationalrat scheiterte ein gleich begründeter Antrag der SVP-Fraktion auf Nichteintreten. Auch die SVP plädierte erfolglos für konkrete gesetzliche Bestimmungen für Kündigungsfristen, Arbeitszeiten und Ferien. Auch in der grossen Kammer waren die Abgangsentschädigungen ein Diskussionsthema. Aber auch hier hatte der SVP-Vorschlag, grundsätzlich auf Abgangsentschädigungen zu verzichten, keine Chance. Der Nationalrat schuf einige Differenzen zum Ständerat, die allerdings lediglich sprachliche Präzisierungen waren und von der kleinen Kammer in der zweiten Lesung alle gutgeheissen wurden. Ausnahme bildete einzig eine Präzisierung der Abgangsentschädigung bei Kündigungen ohne eigenes Verschulden, auf die der Ständerat verzichten wollte. Der Nationalrat folgte diesem Wunsch und hiess das revidierte Bundespersonalgesetz bei der Schlussabstimmung in der Wintersession mit 177 zu 12 Stimmen zu. Der Ständerat sprach sich einstimmig (40 Stimmen) bei zwei Enthaltungen für die Revision aus
[26].
Eine Motion der Finanzkommission des Nationalrates wollte der Verwaltung ein
flexibleres Lohnsystem verschaffen, das ungenügende Leistungen weniger stark und überdurchschnittliche Leistungen stärker belohnen sollte. Obwohl der Bundesrat in seiner Ablehnungsempfehlung geltend machte, dass es sich beim Lohnsystem in der Bundesverwaltung um ein austariertes Gesamtsystem handle und dass der Bundesrat eine grössere Flexibilisierung der Lohnentwicklung im Rahmen der Personalstrategie prüfe, nahm der Nationalrat die Motion gegen den Widerstand von SP und GP an. Der Ständerat folgte hingegen der Argumentation der Regierung und versenkte den Vorstoss
[27].
[21] Evaluationsbericht: Medienmitteilung BR vom 30.11.12; Mo. 12.3009:
AB SR, 2012, S. 209 ff.;
AB NR, 2012, S. 1450; Po. 12.4050 (Romano); Po. 12.4265 (Cassis);
NZZ, 1. und 27.12.12.
[22] Medienmitteilung EFD vom 31.8.12; Mo. 12.3009 (vgl. oben); Mo. 12.3828 (Maire):
AB NR, 2012, S. 2251.
[23] Medienmitteilung BR vom 30.11.12;
NZZ, 1.12.12.
[24] Medienmitteilung BR vom 28.03.12.
[25] Po. 12.3644, Po. 12.3645, Po. 12.3646:
AB NR, 2012, S. 1483 ff.; Mo. 12.3647, Mo. 12.3648:
AB NR, 2012, S. 1483 ff;
AB SR, 2012, S. 1123;
NZZ, 13.7.12;
SPJ 2011, S. 46 f.
[26] BRG 11.049:
AB SR, 2012, S. 191 ff., 1036 ff. und 1260;
AB NR, 2012, S. 1436 ff., 2051 und 2282;
TA, 4.2.12;
NZZ, 18.9.12; vgl.
SPJ 2011, S. 47.
[27] Mo. 11.4049:
AB NR, 2012, S. 369 f.;
AB SR, 2012, S. 789 f.
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