Année politique Suisse 2012 : Grundlagen der Staatsordnung / Wahlen / Wahlen in kantonale Parlamente
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Thurgau
Im Kanton Thurgau hatte eine Bezirksreorganisation zu einer Verringerung der Anzahl an Wahldistrikten geführt. Statt in acht wurden nur noch in fünf Bezirken die total 130 Sitze vergeben, für die sich im Berichtjahr 917 Personen (30,5% Frauen) für elf unterschiedliche Parteien und Gruppierungen bewarben. Das war rund ein Achtel mehr als 2008. Von den Bisherigen traten 108 Personen erneut an. Die Linke trat in allen Wahlkreisen geeint auf: SP (bisher: 17 Sitze) und GP (11 Sitze) gingen überall Listenverbindungen ein. Die EDU (3 Sitze) und die EVP (6 Sitze) verbanden sich ebenfalls überall ausser im Bezirk Frauenfeld. Obwohl die FDP (18 Sitze) und die SVP (51 Sitze) einen bürgerlichen Schulterschluss propagierten, präsentierten sie nur in drei Bezirken eine gemeinsame Liste. Auch die neue Mitte – die erstmals antretende BDP und die noch kleine GLP (2 Sitze) – trat in allen Bezirken gemeinsam auf, zweimal zusammen mit der CVP (22 Sitze). In Frauenfeld verband sich die CVP zudem mit der EVP. Neben den arrivierten Parteien traten auch die Junge CVP und die JUSO in einzelnen Bezirken an.
Bei den Wahlen wurde der jahrzehntelange Aufstieg der SVP gestoppt. Die Partei hatte seit 1992 ihren Wähleranteil von 21.7% auf 36.4% und die Sitzzahl von 32 auf 51 Sitze gesteigert. Die Wahlen 2012 bedeuteten jedoch für die Volkspartei eine eigentliche Zäsur, verlor sie doch nicht weniger als zehn Sitze (neu 41 Sitze) und fast 6 Prozentpunkte an Parteistärke (neu: 30,5%). Die Verantwortlichen suchten die Gründe für das schlechte Abschneiden im aggressiven Stil der nationalen Partei, der nicht zur kantonalen SVP passe, im Rücktritt zahlreicher Zugpferde, in der Wahlkreisreform und im erstmaligen Antritt der neuen Mitte. Tatsächlich hatte die BDP auf Anhieb fünf Mandate gewonnen (4,8%) und die GLP konnte ihre Sitzzahl auf sechs verdreifachen (5,9%). Auch die EDU, die drei Mandate hinzugewinnen konnte (neu: 6 Sitze, 4,6%) dürfte der SVP Wählerinnen und Wähler abgegraben haben. Die beiden Sitzverluste der GP (neu: 9 Sitze, 7,7%) dürften hingegen auch auf die Gewinne der GLP zurückzuführen sein. Allerdings blieb das linke Lager dank dem doppelten Sitzgewinn der SP (neu: 19 Sitze, 13,4%) gleich gross wie vor den Wahlen. Während die FDP bei leichten Wählerverlusten ihre 18 Sitze halten konnte (neu: 14,2%), musste die CVP einen Sitz abgeben (neu: 21 Sitze, 14,2%). Ebenfalls einen Sitzverlust hatte die EVP zu beklagen (neu: 5 Sitze, 4,7%). Da neu alle neun Parteien im Grossen Rat Fraktionsstärke hatten, wurden längere Ratssitzungen befürchtet. Zudem wurde die noch wenig klare Positionierung der BDP debattiert. Prognostiziert wurden lebhaftere und längere Diskussionen, aber auch breiter abgestützte Entscheide. Zum zweiten Mal in Folge ging der Frauenanteil im Thurgauer Parlament zurück. Nach den Wahlen 2012 sassen noch 35 Frauen (26,9%) im Grossen Rat (2008: 27,7%). Das Parlament wurde hingegen leicht verjüngt. Mit 30,8% Wahlbeteiligung wurde ein neuer Negativrekord verzeichnet (2008: 33,9%). Die geringe Partizipationsrate wurde mit der Häufung von Wahlen – sechs Monate vorher fanden die Nationalrats- und fünf Wochen vorher die Regierungsratswahlen statt – aber auch mit dem ungünstigen Termin in den Frühlingsferien zu erklären versucht [7].
 
[7] Wahlen vom 15.4.12: SGT, 17.4. und 27.6.12; www.tg.ch; Wahlkampf: SGT, 3.3.12.