Année politique Suisse 2012 : Grundlagen der Staatsordnung / Wahlen / Wahlen in kantonale Regierungen
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Aargau
Erstmals fanden im Kanton Aargau die Regierungsratswahlen gleichzeitig mit den Parlamentswahlen statt. Vier der fünf bisherigen Regierungsräte kandidierten wieder: Susanne Hochuli (gp), Roland Brogli (cvp), Urs Hofmann (sp) und Alex Hürzeler (svp). Seinen Rücktritt hatte Peter C. Beyeler (fdp) eingereicht, der seit 2000 im Amt gewesen war. Rasch war klar, dass der Stadtammann von Baden und Grossrat Stephan Attiger den Sitz der Freisinnigen verteidigen sollte. Bereits Anfang 2012 kündigte die SVP an, den Sitz der Grünen angreifen zu wollen und neben dem bisherigen Hürzeler einen weiteren Kandidierenden ins Rennen zu schicken. Sie begründete dies einerseits mit ihrer Stärke im Parlament und andererseits mit der aus ihrer Perspektive zu wenig harten Militär- und Sozialpolitik von Susanne Hochuli. Diese war mit ihrer Unterstützung der bundesrätlichen Pläne, in der Gemeinde Bettwil 140 Asylbewerber unterzubringen, sowie mit ihrer in einer Rede am Eidgenössischen Schützenfest getätigten Werbung für die Waffenschutzinitiative angeeckt. Die SVP tat sich allerdings in der Kandidatensuche sehr schwer. Ende April stellte sich schliesslich der neu gekürte Kantonalparteipräsident Thomas Burgherr zur Verfügung, der mit markigen Worten gegen die Asylpolitik der Regierung punkten wollte. Zuvor hatten nicht weniger als zwölf potenzielle Kandidaten und Kandidatinnen – eigentlich wollte die SVP einen Frauenbonus ausspielen – abgesagt. Als Aussenseiter traten der Kantonalparteipräsident der Schweizer Demokraten und Grossrat René Kunz sowie der Mitbegründer der Sozial-Liberalen Bewegung (SLB) und ehemalige EDU-Politiker Samuel Schmid an. Komplettiert wurde das Karussell durch den parteilosen Pius Lischer, der für straffreien Cannabiskonsum und ein bedingungsloses Grundeinkommen eintreten wollte. Da er in einem Fernsehinterview angab, dass er gelegentlich Cannabis an Jugendliche verkaufe, führte die Polizei kurz vor den Wahlen eine Hausdurchsuchung bei Lischer durch. Laut einer Umfrage der AZ bei den Kandidierenden beliefen sich die Wahlkampfbudgets zwischen CHF 3500 (Schmid) und CHF 220 000 Franken für Hürzeler und Burgherr, wobei die Partei 140 000 CHF und die beiden Kandidierenden selber bzw. durch Spenden jeweils 80 000-90 000 CHF aufbrachten. Umfragen einen Monat vor den Wahlen zeigten Zustimmungsraten von über 50% für die vier Bisherigen; Attiger folgte mit 36% Unterstützung während Burgherr (28%) bereits etwas abgeschlagen war.
Bei den Wahlen vom 21. Oktober wurde dieser in Befragungen ermittelte Trend bestätigt. Die vier Bisherigen und Stephan Attiger erreichten das absolute Mehr (51 409) bereits im ersten Umgang. Am meisten Stimmen erhielt der amtsälteste Roland Brogli (92 645 Stimmen) gefolgt von Alex Hürzeler (88 845 Stimmen) und Urs Hofmann (87 542 Stimmen). Der neu antretende Stephan Attiger (75 336) erhielt gar noch mehr Stimmen als die Bisherige Susanne Hochuli (73 359), die damit aber immer noch fast 25 000 Stimmen vor dem nicht gewählten Thomas Burgherr (49 385 Stimmen) lag. Schmid (15 021 Stimmen), Kunz (12 880 Stimmen) und Lischer (7 465 Stimmen) waren weit abgeschlagen. Die Stimmbürgerschaft – 31.8% nahmen ihr Wahlrecht wahr – sprach sich damit für eine Weiterführung der Fünf-Parteien-Koalition aus. Auch die Departementsverteilung blieb bestehen. Attiger übernahm das Baudepartement von seinem Vorgänger [10].
 
[10] Wahlen vom 21.10.12: Presse vom 22. und 23.10.12; AZ, 8.11.12; Wahlkampf: AZ, 2.2., 3.2. und 18.2.12; NZZ, 2.3. und 30.4.12; AZ, 23.8. und 3.9. bis 8.9.12; 19.9., 22.9.12; NZZ, 3.10.12; NLZ, 10.10.12; TA, 18.10.12.