Année politique Suisse 2012 : Grundlagen der Staatsordnung / Wahlen / Ständeratswahlen
Die Wahl von Alain Berset zum Bundesrat im Dezember 2011 machte eine Ersatzwahl für den Freiburger Ständeratssitz nötig. Die Ersatzwahl wurde auf den 11. März angesetzt. Bereits Anfang Januar meldete Nationalrat und SP-Parteipräsident Christian Levrat seine Ambitionen an. Er kündigte dabei an, bei einer allfälligen Wahl die Parteipräsidentschaft auch als Ständerat zu behalten. Konkurrenz erhielt der SP-Chef von Nationalrat Jacques Bourgois (fdp), seines Zeichen Direktor des Schweizerischen Bauernverbandes. Im Gegensatz zu seinem Widersacher kündigte Bourgois an, den Posten als Verbandschef zugunsten der nationalen Politik aufzugeben. Die FDP wollte den 2003 an die SP verlorenen Sitz zurückerobern. Obwohl er bei den regulären Wahlen bereits zweimal angetreten war, verzichtete Jean-François Rime (svp) auf eine Kandidatur. Auch die CVP und die CSP wollten keine Kandidaturen stellen. Während die SVP keine Empfehlung abgab, unterstützte die CVP, die mit Urs Schwaller den zweiten Freiburger Ständeratssitz hielt und die bürgerliche Allianz wiederbeleben wollte, die FDP. Während die GP, die CSP und die EVP Levrat die Stange hielten, empfahlen die GLP und die BDP, leer einzulegen. Levrat galt als Favorit, hatte er doch bei den Nationalratswahlen im Herbst 2011 das beste Resultat im Kanton Freiburg erzielt. Rund 40% seiner 37 000 Stimmen kamen damals von ausserhalb seiner Partei. Allerdings waren auch bei Bourgois 57% seiner rund 18 000 Stimmen panaschiert. Zudem war die Wahrscheinlichkeit gross, dass am 11. März aufgrund der nationalen Abstimmungen die bürgerliche Wählerschaft relativ zahlreich an die Urne gehen würde und dem gelegentlich etwas polternd auftretenden Levrat die Unterstützung, die dem eher geschliffen auftretenden Berset für das Ständeratsamt noch entgegengebracht worden war, entziehen könnte. Keine Chancen wurden den beiden weiteren Kandidaten attestiert: Charly Pache von der Piratenpartei und der unabhängige Francis Fasel hatten schon früher erfolglos für verschiedene Ämter kandidiert. Der Wahlkampf war von vielen polemischen Spitzen der beiden Favoriten geprägt. Erwartet wurde ein Fotofinish und eventuell gar ein zweiter Wahlgang, da die SP im Kanton zwar etwa doppelt so stark war wie die FDP, die Sozialdemokraten aber gegenüber einem bürgerlichen Block in der Minderheit waren. Zudem sei Levrat nicht Berset, ecke als Parteipräsident mehr an und dürfte nicht auf viele Stimmen aus dem Mittelager zählen, hiess es aus bürgerlichen Kreisen. Bei einer Wahlbeteiligung von 45,8% war der Ausgang der Nachfolgewahlen dann aber überraschend deutlich. Mit 45 012 Stimmen lag
Levrat nicht nur klar über dem absoluten Mehr (41 516 Stimmen), sondern auch mehr als 12 000 Stimmen vor Bourgois (32 658 Stimmen). Pache (3 268 Stimmen) und Fasel (2 092 Stimmen) hatten wie erwartet nichts mit dem Wahlausgang zu tun. Levrat erhielt in allen Wahlkreisen die Mehrheit der Stimmen
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[31] Wahlen vom 11.3.12: Presse vom 12.3.12; Wahlkampf:
Lib., 4.1. und 5.1.12; Presse vom 6.1.12;
Lib., 10.1. und 11.1.12; Presse vom 12.1. und 17.1.12;
Lib., 28.1. und 2.2.12;
NZZ, 4.2.12;
Lib., 17.2., 23.2. und 24.2.12;
LT und
AZ, 7.3.12;
NZZ, 9.3.12.