Année politique Suisse 2012 : Wirtschaft / Allgemeine Wirtschaftspolitik / Strukturpolitik
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Tourismus
Im Gegensatz zum Nationalrat im Vorjahr lehnte der Ständerat in der Frühjahrssession des Berichtsjahrs eine Motion Graber (svp, BE) ab, die mittels eines dringlichen Bundesbeschlusses die Befreiung von Beherbergungsdienstleistungen von der Mehrwertsteuerpflicht für das Jahr 2012 forderte. Mit 26 zu 15 Stimmen folgte die kleine Kammer der Empfehlung des Bundesrats. Ebenfalls in der Frühjahrssession stellte sich das Parlament im Rahmen der Vereinfachungs-Vorlage der Mehrwertsteuer gegen eine einjährige Befreiung der Beherbergungsleistungen von der Mehrwertsteuer. Mit 92 zu 88 Stimmen lehnte es der Nationalrat im Februar ab, auf entsprechende Beratungen einzutreten. In der grossen Kammer setzten sich die Fraktionen der SVP, der BDP, eine Mehrheit der CVP sowie eine Minderheit der FDP vergeblich für diese Massnahme ein, die Steuerausfälle in der Höhe von mindestens 160 Millionen Franken zur Folge gehabt hätte. Die Befürworter argumentierten, dass aufgrund des starken Schweizer Frankens die Konkurrenzfähigkeit der hiesigen Hotellerie auf dem Spiel stand. Die Gegner waren ihrerseits der Ansicht, dass die Befreiung rechtlich problematisch war, da die Verfassung für Beherbergungsleistungen eine intermediäre Besteuerung vorsah, die zwischen dem reduzierten Satz von 2,5% und dem Normalsatz von 8% zu liegen hatte. Zudem wandten sie sich gegen eine Subventionierung nach dem Giesskannenprinzip. Im März folgte die kleine Kammer dem Beschluss des Nationalrats. Der Nichteintretensentscheid fiel im Ständerat mit 24 zu 14 Stimmen weit deutlicher aus. Der Verband Hotelleriesuisse zeigte sich über das Scheitern der befristeten Mehrwertsteuerbefreiung enttäuscht und forderte die Politik auf, andere Massnahmen zu ergreifen, um den Tourismus zu unterstützen [18].
Für zahlreiche Touristen – insbesondere für jene aus den aufstrebenden Schwellenländern und dem arabischen Raum – zählte das Einkaufen zu den wichtigsten Motiven für eine Reise in die Schweiz. Das Arbeitsgesetz sah Sonderbestimmungen für Betriebe vor, die den Bedürfnissen des Fremdenverkehrs dienten. Um den Erfordernissen des modernen Fremdenverkehrs Rechnung zu tragen und den Schweizer Tourismus zu stärken, verlangte eine Motion Abate (fdp, TI) eine Anpassung der Verordnung 2 zum Arbeitsgesetz an die Bedürfnisse des Fremdenverkehrs. Der Motionär hielt insbesondere die Begriffe „Fremdenverkehrsgebiete“, „spezifische Bedürfnisse der Touristen“ und „Saison“ für überholt. Als Erstrat stimmte der Ständerat der Motion mit 24 zu 11 Stimmen zu [19].
Das Parlament überwies zudem zwei Motionen der Finanzkommissionen beider Räte, welche den Bundesrat dazu aufforderte, gleichzeitig mit dem von Schweiz Tourismus für Sommer 2013 angekündigten Bericht über die Evaluation der drei ersten Unterstützungsprogramme (Impulsprogramme 2009/10, 2011/12 und 2012/13) einen Bericht über die strukturelle Situation des Schweizer Tourismus und die künftige Tourismusstrategie des Bundesrates vorzulegen [20].
Mit der Annahme eines Postulates Baumann (cvp, UR) im Ständerat wurde der Bundesrat beauftragt, dem Parlament bis Ende 2012 einen Bericht über den Aufbau einer Tourismusbank nach österreichischem Vorbild vorzulegen. Der Vorstoss erhielt in der Herbstsession eine deutliche Mehrheit von 24 zu 4 Stimmen. Dieser Entscheid wurde mit der schwierigen Finanzierungssituation der Schweizerischen Tourismusbranche begründet [21].
 
[18] Mo. 11.3950; SPJ 2012, S. 189; BRG: 08.053: AB NR, 2012, S. 7ff.; AB SR, 2012, S. 181ff.
[19] Mo. 12.3791: AB SR, 2012, S. 1052ff.
[20] Mo. 12.3985 und 12.3989: AB NR, 2012, S. 2041; AB SR, 2012, S. 1054f.
[21] Po. 12.3495: AB SR, 2012, S. 753f.