Année politique Suisse 2012 : Wirtschaft / Geld, Währung und Kredit / Geld- und Währungspolitik
Zu Jahresbeginn war der
Präsident des SNB-Direktoriums, Hildebrand, harscher Kritik ausgesetzt. Dem Direktoriumspräsidenten wurde vorgeworfen, die Einführung der Kursuntergrenze des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro zur persönlichen finanziellen Bereicherung genutzt zu haben. Konkret ging es um einen von Hildebrands Privatkonto ausgeführten USD-Kauf Mitte August 2011, der beim Kurs von rund CHF 0.80 pro Dollar getätigt wurde. Nur rund zwei Monate später, und nach zwischenzeitlich erfolgter Aufwertung des Schweizer Frankens um rund 15%, die hauptsächlich auf die Intervention der SNB zurückzuführen war, kaufte das Ehepaar Hildebrand Schweizer Franken mit US-Dollars. Der Vorwurf des Insiderhandels war erstmals von der Weltwoche in der Altjahrwoche 2011 vorgebracht worden und stützten sich auf entwendete Bankkundendaten der Familie Hildebrand. Auch National- und Alt-Bundesrat Blocher (svp, ZH) war im Besitz der Dokumente. Diese überreichte Blocher im Dezember 2011 dem Bundesrat, der eine Überprüfung veranlasse. Weil die Transaktionen als regelkonform einstuft wurden, hielt die Regierung am SNB-Präsidenten fest. Aufgrund der grossen öffentlichen Diskussion entschied sich der Beschuldigte am 9. Januar trotzdem zum Rücktritt. Die Glaubwürdigkeit und Handlungsfähigkeit der Nationalbank stünden auf dem Spiel, so seine Begründung. Er erklärte wiederholt und dezidiert, dass er von dem Dollar-Kauf nichts gewusst habe, weil der Auftrag von seiner Frau erteilt worden sei. Allerdings sei es ihm unmöglich, seine Unschuld zu beweisen. Kurz vor dem Dollar-Kauf hatte Hildebrand seinem Bankberater mitgeteilt, dass seine Frau den Dollar-Bestand erhöhen dürfe. Weil der Kaufauftrag mündlich erteilt worden war, konnten jedoch weder Hildebrand noch seine Kritiker beweisen, wer den Auftrag gegeben hatte. Eine externe Revisionsgesellschaft bestätigte später lediglich, dass das SNB-Reglement, das die Mindesthaltedauer von Devisen und anderen Anlagen regelt, nicht verletzt worden war. Hildebrand wurde im April durch den Vizepräsidenten Thomas Jordan ersetzt; neu ins SNB-Direktorium aufgenommen wurde Fritz Zurbrügg
[9].
Die Nationalbank verbuchte im Berichtsjahr einen
Konzerngewinn von CHF 6,9 Mia. (Vorjahr: CHF 13,5 Mia.). Zins- und Kursgewinnen auf in- und ausländischen Zinsinstrumenten erwirtschafteten dabei den Hauptanteil des Ergebnisses. Der SNB StabFund (Stabilisierungsfonds) steuerte etwas unter CHF 1 Mia. zum Ergebnis bei. Auf den Fremdwährungsbeständen musste hingegen ein Buchverlust von CHF 10,6 Mia. hingenommen werden. Trotzdem konnte die Ausschüttung von CHF 1 Mia. an die öffentlich Hand vereinbarungsgemäss vorgenommen werden. Die Devisenanlagen beliefen sich zum Jahresende auf CHF 432,2 Mia. (Vorjahr: CHF 257,5 Mia.). Damit waren sie mit Abstand der grösste und am stärksten gestiegene Aktivposten und hauptverantwortlich für die Verlängerung der SNB-Bilanz von CHF 349 Mia. (Ende 2011) auf CHF 499,4 Mia. (Ende 2012). Das Darlehen an den SNB StabFund (Stabilisierungsfonds) nahm erneut ab und betrug zum Jahresende noch CHF 4,3 Mia. (Vorjahr: CHF 7.6 Mia.)
[10].
Die
Volksinitiative „Unsere Nationalbank gehört uns allen“ scheiterte im Juli am Unterschriftenquorum. Das Volksbegehren wollte die Unabhängigkeit der Zentralbank beschneiden. Noch immer im Sammelstadium befand sich am Jahresende das von SVP-Exponenten getragene und 2011 lancierte
Volksbegehren „Rettet unser Schweizer Gold (Gold-Initiative)“. Das Begehren wollte der Nationalbank vorschreiben, mindestens 20% ihrer Aktiva in Gold zu halten
[11].
[9] SNB Medienmitteilungen vom 23.12.11 und 9.1.12;
WW, 4.1.12;
SGT, 5.1.12; Presse vom 10.1.12;
NZZ, 19.4.12.
[10] SNB,
105. Geschäftsbericht 2012, S. 121 f. und 129; vgl.
SPJ 2011, S. 195 f.
[11]
BBl, 2011, S. 719 ff., 6841 ff.;
BBl, 2012, S. 7507;
NZZ und
SGT, 21.9.11; vgl.
SPJ 2011, S. 196.
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