Année politique Suisse 2012 : Wirtschaft / Landwirtschaft
 
Forstwirtschaft
Die beiden Kammern verabschiedeten im Berichtsjahr die parlamentarische Initiative der ständerätlichen Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie zur Flexibilisierung der Waldflächenpolitik, nachdem sie vom Nationalrat nochmals in wenigen Punkten modifiziert worden war. Demnach soll neu ein Verzicht auf den sonst obligatorischen Rodungsersatz in Gebieten mit zunehmender Waldfläche möglich sein, sowie ausnahmsweise auch in anderen Gebieten zwecks Schonung landwirtschaftlichen Kulturlands sowie ökologisch oder landschaftlich wertvoller Gebiete. Ebenfalls kein Ersatz ist nötig bei Gebieten, die innerhalb der letzten 30 Jahre eingewachsen sind und die der Landwirtschaft wieder zugänglich gemacht werden sollen. Eine noch weitergehende Lockerung des Rodungsersatzes, die von einer Minderheit Rösti (svp, BE) zugunsten landwirtschaftlicher Anbauflächen gefordert worden war, wurde von einer Koalition der Mitte-Links-Fraktionen abgelehnt. Erfolgreich war hingegen eine Minderheit Binder (svp, ZH), welche die von der Nationalratskommission vorgeschlagene Klausel, auf Ersatz könne auch zugunsten des Baus von Infrastruktur zur Produktion von erneuerbarer Energie verzichtet werden, bekämpfte: Eine aus allen Lagern zusammengesetzte Ratsmehrheit befand, dass eine so vage Formulierung zu unbeabsichtigten Konsequenzen führen könnte und man die Förderung von Alternativenergien besser im Kontext der Energiepolitik abhandeln solle. Zu einem ähnlichen Thema war zudem eine Motion der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK) des Nationalrats hängig.Weiter sollen die Kantone künftig in ihren Richtplänen feste Waldgrenzen verzeichnen können, was eine Verhinderung von Waldzunahme auch ausserhalb von designierten Bauzonen ermöglicht. Hintergrund dieser Diskussionen war die fortschreitende Ausdehnung der Waldfläche in der Schweiz, welche sich zurzeit jährlich auf eine Fläche vergleichbar zu jener des Thunersees beläuft: Da der Wald bei der Bevölkerung laut einer kürzlich durchgeführten, repräsentativen Umfrage einen hohen emotionalen Stellenwert geniesst, gleichzeitig durch seine Ausbreitung aber landwirtschaftliche Nutzflächen verdrängt, wurde nach einer umsichtigen und ausgeglichenen Gesetzgebung verlangt [51].
 
[51] Pa.Iv. 09.474: AB NR, 2012, S. 141 ff. und 553; AB SR, 2012, S. 249 ff. und 270; NZZ, 18.2. und 2.3.12; vgl. SPJ 2011, S. 216.