Année politique Suisse 2012 : Infrastruktur und Lebensraum / Verkehr und Kommunikation
Verkehrspolitik
Im Vorfeld der FABI-Debatte im Ständerat bemühten sich Städte, Regionen und Kantone, ihre eigenen Interessen bezüglich Ausbaus der Bahninfrastruktur zu positionieren. Da die in der bundesrätlichen Botschaft vorgesehenen 3,5 Mia. CHF nicht alle Wünsche finanzieren können, war das Berichtjahr geprägt von Manövern und Allianzen der verschiedenen Akteure. Der Ständerat nahm weitere Projekte in das Ausbaupaket der Bahninfrastruktur auf und erhöhte die Mittel auf über 6 Mia. CHF. Die ständerätlichen Ergänzungen sind zumindest teilweise als Kompromiss zwischen den Landesteilen zu deuten. FABI geht 2013 in den Nationalrat – das Ringen um Anteile am Bahnausbaupaket dürfte damit auch im Folgejahr die Verkehrspolitik bestimmen.
Ein weiteres zentrales Thema in der Verkehrspolitik war die Sanierung des Gotthard-Strassentunnels. Im Parlament wurden dazu verschiedene Vorschläge eingebracht und auch private Stimmen meldeten sich in der öffentlichen Diskussion zu Wort. Mit der Wahl der Variante „2. Röhre ohne Kapazitätserweiterung“ vollzog der Bundesrat eine Kehrtwende, von der viele Akteure überrascht wurden. Die bundesrätliche Absicht dürfte im Folgejahr bekämpft werden.
Auch der Staatsvertrag der Schweiz mit Deutschland zur Beilegung des Fluglärmstreits war 2012 ein grosses Thema, welches über die betroffenen Regionen hinaus kontrovers diskutiert wurde. Da die Ratifizierung in Deutschland ausgesetzt worden ist, bleibt der Fluglärmstreit weiterhin eine Baustelle in der schweizerischen Verkehrspolitik.
Die Zahl schwerer Güterfahrzeuge im
alpenquerenden Güterverkehr nahm 2012 um 4.0% ab: Nach 1.25 Mio. Lastwagenfahrten im Jahr 2011 wurden 2012 noch 1.209 Mio. Fahrten registriert. Gegenüber dem Referenzjahr 2000 liegt die Zahl der schweren Güterfahrzeuge damit zwar um 13.9% tiefer, aber noch 559 000 Fahrten über dem Zielwert des Güterverlagerungsgesetzes. Ohne die mehrwöchige Totalsperrung der Gotthardschienenachse infolge eines Felssturzes bei Gurtnellen im Juni 2012 und ohne die Totalsperre der Simplonschienenachse aufgrund Sanierungsarbeiten im August 2012 wäre die Zahl der Fahrten um ca. 13 000 tiefer ausgefallen, was ein Minus von 5.0% (statt 4.0%) gegenüber dem Vorjahr ausgemacht hätte. Im alpenquerenden Schienengüterverkehr resultierte gemessen am Vorjahr ein Rückgang um 7.5%. Die oben erwähnte Streckensperrung am Gotthard dürfte allein für einen Viertel des Rückganges verantwortlich sein. Neben der Sperrung der Simplonstrecke im August war der Schienengüterverkehr auch von Streiks in Italien und im Hafen von Rotterdam betroffen
[1].
Im Juni des Berichtjahres verhandelten die eidgenössischen Räte den
Bericht zur Verkehrsverlagerung 2011 des Bundesrates. Mit zwei gleichlautenden Motionen reagierten die Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) beider Räte und beauftragten den Bundesrat mit der Konkretisierung der Umsetzung der Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene in der kommenden Berichtsperiode. Neben der Umsetzung der im Verlagerungsbericht 2011 aufgeführten Massnahmen sollen der Ausbau der Gotthardachse zwischen Basel und Chiasso zu einem durchgängigen 4-Meter-Korridor beschleunigt sowie zusätzliche Umschlagkapazitäten für den kombinierten Verkehr (vor allem auf der Alpensüdseite) geschaffen werden. Im September gab der Bundesrat ein Massnahmenpaket in die Vernehmlassung, in welchem er die Profil-Erweiterung der Gotthardachse für den durchgängigen 4-Meter-Korridor präzisiert. Für rund 710 Mio. CHF sollen die Strecken in der Schweiz und für 230 Mio. CHF Anschlüsse in Italien aufgerüstet werden. Grösster Brocken im Paket ist der Neubau des Bözbergtunnels – ein Ausbau des bestehenden würde die Eröffnung des durchgängigen 4-Meter-Korridors um bis zu fünf Jahre verzögern. Finanziert werden könnte das Paket aus Finöv und FABI. Die Reaktionen auf die im Dezember beendete Vernehmlassung fielen grösstenteils positiv aus. Vorbehalte äusserte die SVP. Sie störte sich hauptsächlich an der Finanzierung aus dem Bahninfrastrukturfonds, welcher unter anderem mit Einnahmen aus dem Strassenverkehr alimentiert wird. Die KVF-Motionen verlangen weiter einen Bundesbeschluss über die Verlängerung und Erhöhung des Zahlungsrahmens zur Förderung des alpenquerenden Schienengüterverkehrs, damit die Planungssicherheit im Schienengüterverkehr zunehme. Zudem sollen Massnahmen ergriffen werden, welche die Ausschöpfung der gemäss Landverkehrsabkommen zulässigen Höchstbeträge der Gebühren für den Schwerverkehr erlauben. Der Bundesrat beantragte die Annahme dieser Forderungen, empfahl aber weitere Punkte der Motionen zur Ablehnung: Diese verlangen eine Vereinheitlichung der Emissionsgrenzwerte, die Statuierung eines gemeinsamen Verlagerungszieles, die Entwicklung eines gemeinsamen Reduktionzieles sowie Verhandlungen über die Einführung einer Alpentransitbörse oder eines anderen marktwirtschaftlichen Instruments zur Verkehrsverlagerung mit den anderen Alpenländern und der EU. Der Bundesrat hielt diese Forderungen für unrealistisch. Mehrheiten in beiden Räten nahmen die Motionen vollumfänglich an, wobei die Punkte betreffend Verhandlungen und Vereinheitlichungen mit der EU umstritten waren. Abgelehnt wurde die Motion im Nationalrat von der FDP/Liberalen- und der SVP-Fraktion. Im Zuge der Diskussion des Verlagerungsberichts wurde von Vertretern der SVP das Verlagerungsziel an sich angegriffen: Dieses sei unsinnig, da nicht zu erreichen. Diesen Voten wurde von verschiedener Seite entgegengehalten, dass die Verkehrsverlagerung dem Volkswillen entspräche und deshalb zu respektieren sei. Der Verlagerungsbericht selber wurde von den Räten zur Kenntnis genommen. Das von der KVF-NR eingereichte Postulat zur Stärkung der Verlagerungsanreize für den alpenquerenden Schwerverkehr durch Innovation im Schienengüterverkehr wurde in derselben Debatte überwiesen. Das Postulat der KVF-SR zur Gleichbehandlung aller Güterverkehrsarten bei Betriebsabgeltungen zur Güterverkehrsverlagerung wurde vom Ständerat ebenfalls in der Debatte um den Verlagerungsbericht 2011 verhandelt und überwiesen. Beide Kammern schrieben zudem zwei Standesinitiativen der Kantone Tessin und Uri ab, da alle mehrheitsfähigen Anliegen in die Motionen aufgenommen worden seien und die darin verlangten Fristen (Umsetzung der Verlagerung auf die Schiene bis 2012) zum Zeitpunkt der Abschreibung hinfällig geworden waren
[2].
Die Alptransit AG meldete im September des Berichtjahres, dass der Vortrieb im
Ceneri-Basistunnel wegen Störzonen im Gestein langsamer vorankomme, als geplant. Der Rückstand auf den Bauplan betrage 7 Monate. Die Inbetriebnahme soll trotzdem 2019 möglich sein. Auch das Gesamtbudget der Gotthardachse soll eingehalten werden können
[3].
Das im Mai des Berichtjahres im Ständerat eingereichte Postulat Abate (fdp, TI) fordert vom Bundesrat einen Bericht zur strategischen Vision der
Entwicklung der Nord-Süd-Verbindung der Bahn, speziell der Gotthardachse. Von mehreren Sprechern wurde in der Debatte auf die Notwendigkeit einer Gesamtschau über die strategische Entwicklung hingewiesen. Bundesrätin Leuthard betonte in ihrer Antwort, dass sich strategisch seit der Neat-Strategie nichts geändert habe und man nun in der Umsetzungsphase stehe, in welcher neben der Schweiz auch Deutschland und Italien halten müssten, was abgemacht worden sei. Der Ständerat überwies das Postulat entgegen dem Antrag des Bundesrates mit 29 zu 3 Stimmen
[4].
Die informelle Gesprächsplattform
Suivi de Zurich bzw.
Follow up Zurich führte zu einem Ergebnis: Die Verkehrsminister der beteiligten Alpenländer Schweiz, Frankreich, Deutschland, Italien, Österreich und Slowenien (sowie der EU im Beobachterstatus) einigten sich am 2. Mai des Berichtjahres in Leipzig unter der Leitung von Bundesrätin Leuthard auf ein verkehrspolitisches Dokument. Die „Schlussfolgerungen von Leipzig“ enthalten eine Würdigung der bisherigen Arbeit, die Absichtserklärung zur Schaffung einer Informationswebsite zum Ereignismanagement bei Unfällen, Staus und anderen Störungen der Transitachsen, sowie den Beschluss, das Konzept des Toll+-Systems (Einführung von nachfrageabhängigen Strassengebühren) zu vertiefen. Ein limitierendes Schwerverkehrsmanagement-Instrument soll erst 2025/2030 für den gesamten Alpenraum eingeführt werden. Mit dem Ende der Konferenz übergab Bundesrätin Leuthard den Vorsitz turnusgemäss an den deutschen Verkehrsminister Ramsauer
[5].
Als Reaktion auf die Konferenz der Verkehrsminister der Alpenländer in Leipzig und insbesondere auf deren Ankündigung, frühestens per 2025 ein Verkehrsmanagement-Instrument einzuführen, verabschiedete der Verein
Alpen-Initiative eine Resolution. Darin wird der Bundesrat aufgefordert, eine neue Verhandlungsstrategie zu entwickeln, um die Verkehrsverlagerung gemäss Verlagerungsgesetz bis 2018 zu erfüllen. Die betroffenen Regionen seien direkt an den Verhandlungen zu beteiligen. Eine zweite Forderung betrifft die Sanierung des Gotthard-Strassentunnels: Diese sei ohne den Bau einer zweiten Röhre vorzunehmen. Die Begrenzung der Strassenkapazität sei das bislang einzige wirksame Instrument, um die Lastwagenflut aus der EU abzuhalten
[6].
Der Verband öffentlicher Verkehr (VöV) teilte im Juli des Berichtjahres mit, dass der Preisüberwacher die auf Dezember 2012 angekündigten
Tariferhöhungen im öffentlichen Verkehr nach Verhandlungen mit dem VöV grösstenteils akzeptiert habe. Die volle Überwälzung der Kosten der vom Bundesrat erhöhten Trassenpreise auf die Kundschaft hätte laut VöV zu Tariferhöhungen von rund 7 Prozent geführt. VöV und Preisüberwacher einigten sich in Verhandlungen auf eine durchschnittliche Erhöhung der Tarife von 5,2 Prozent. Normaltarife für Billetts zweiter Klasse werden um 3% erhöht, jene erster Klasse um 6,5%. Auch die Generalabonnemente werden 5 bis 8% teurer. Von Tariferhöhungen nicht betroffen sind Gleis 7, Junior- und Enkel-Karte sowie der Gepäcktransport. Die Kosten der höheren Trassenpreise werden also nicht vollumfänglich weitergegeben. Die Transportunternehmen des öffentlichen Verkehrs erzielen so geringere Einnahmen, die Ausfälle betragen rund 17 Mio. CHF pro Jahr. Die Transportunternehmen sollen die Ausfälle mit weiteren Effizienzsteigerungen kompensieren
[7].
Der parlamentarischen Initiative Maire (sp, NE) zur Beschränkung der Transportkosten für Lernende, welche einen kostengünstigen
Pauschaltarif für Lernende zur Benützung des öffentlichen Verkehrs forderte, wurde von der nationalrätlichen Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur zwar Folge gegeben, der Nationalrat stimmte Ende November aber gegen die Initiative. Zuvor hatte schon die ständerätliche Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur der Initiative die Folge verweigert
[8].
In seiner Botschaft zur Volksinitiative „Für den öffentlichen Verkehr“ und zum direkten Gegenentwurf (Bundesbeschluss über
Finanzierung und Ausbau der Eisenbahninfrastruktur FABI) vom Januar 2012 beantragte der Bundesrat dem Parlament, die Volksinitiative Volk und Ständen zur Ablehnung und den direkten Gegenentwurf zur Annahme zu empfehlen. Der Bundesrat wies in der Botschaft auf die Finanzierungslücke von bis zu 500 Mio. CHF pro Jahr hin, welche durch den notwendigen Ausbau, die Inbetriebnahme von neuen Projekten (Durchmesserlinie Zürich, NEAT Gotthard und Ceneri, CEVA Genf) sowie durch den Unterhalt der immer stärker belasteten Infrastruktur anfalle. Neue Ausbauvorhaben wurden auf weitere 500 Mio. CHF pro Jahr geschätzt und der mittelfristige finanzielle Bedarf auf rund eine Milliarde CHF pro Jahr veranschlagt. Zudem verursachten Verzinsung und Rückzahlung des FinöV-Fonds ab 2019 jährlich Kosten von 600-700 Mio. CHF. Der befristete FinöV-Fonds solle in den neuen, unbefristeten Bahninfrastrukturfonds BIF überführt werden. Der BIF solle künftig Betrieb, Unterhalt und Ausbau des Bahn- und Agglomerationsverkehrs finanziell tragen. Zu den Finanzierungsinstrumenten des BIF gehören die Quellen des FinöV (zwei Drittel der LSVA-Erträge, ein Mehrwertsteuerpromille sowie befristete Mittel aus der Mineralölsteuer), die ordentlichen Mittel des Bundeshaushalts für Betrieb und Erhaltung der Bahninfrastruktur sowie drei neue Instrumente: Mehreinnahmen aus der direkten Bundessteuer (aus dem verkleinerten Fahrkostenabzug), Mittel aus der Erhöhung der Trassenpreise und eine Neuregelung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Kantonen, welche die Kantone zur Finanzierung der Publikumsanlagen der Bahn verpflichtet. Auch das strategische Entwicklungsprogramm Bahninfrastruktur „STEP“
war Teil der bundesrätlichen Botschaft. Akzente in der Langfristperspektive setzte der Bundesrat mit der Kapazitätssteigerung bei Schiene, Zügen und Bahnhöfen. Im Personenverkehr soll auf Strecken mit grosser Nachfrage der Viertelstundentakt eingeführt und der Güterverkehr gestärkt werden. STEP soll in mehreren Ausbauschritten erfolgen, wobei der Bundesrat diese dem Parlament alle vier oder acht Jahre unterbreiten will. Der Ausbauschritt 2025 beinhaltet die Einführung des Halbstundentaktes auf den Strecken Locarno–Lugano, Zürich–Chur, Zürich–Lugano und Bern–Luzern, den Ausbau der letzten eingleisigen Strecke für den Güterverkehr (Ligerz-Twann), sowie Massnahmen und Investitionen in betriebsnotwendige Anlagen bei Privatbahnen und auf dem gesamten Eisenbahnnetz. Die Diskussion der Vorlage wurde im November des Berichtjahres im Ständerat aufgenommen. Anfang Dezember 2012 fasste der Ständerat sowohl im Entwurf 2 (direkter Gegenentwurf zur Volksinitiative „Für den öffentlichen Verkehr“) als auch in den Entwürfen 3 (FABI) und 4 (Ausbauschritt 2025 der Eisenbahninfrastruktur) vom Entwurf des Bundesrates abweichende Beschlüsse. Der Ständerat folgte geschlossen seiner Kommission, welche aus taktischen Gründen so viele weitere Projekte aufnahm, dass das Investitionsvolumen mit 6,4 Mia. CHF fast doppelt so hoch ausfiel, wie vom Bundesrat vorgesehen (3,5 Mia.). Eingang in das Ausbaupaket fand im Ständerat die erste Etappe des sogenannten Bahn-Y (Bodensee-Rheintal-Verbindung bis Chur), was die Verbindung St. Gallen-Chur verbessern soll. Das Bahn-Y war von den St. Galler Standesvertretern Rechsteiner (sp) und Keller-Sutter (fdp) lanciert und mit geschicktem Lobbying in die Vorlage eingebracht worden. Da das Programm des Bundesrates den überwiegenden Teil der Investitionen in der Westschweiz bzw. im westlichen Mittelland vorsah, verbündeten sich die Ostschweizer Kantone, um mit dem Bahn-Y auch vom Ausbauprogramm zu profitieren. Folgende weiteren Projekte wurden vom Ständerat aufgenommen: Ein drittes Gleis zwischen Gümligen und Münsingen, der Ausbau des Bahnhofs Genf Cornavin, eine Überwerfung im Knotenpunkt Pratteln, Massnahmen zur Reisezeitverkürzung zwischen Bern und Lausanne sowie Ausbauten in Aarau. Um die Nordwestschweiz, Zürich und Luzern ins Boot zu holen, sah der Ständerat 300 Mio. CHF für Projektierungsarbeiten für den Brüttenertunnel (Zürich), den dritten Jura-Durchstich (Nordwestschweiz) und den Luzerner Tiefbahnhof vor. Nach dem Entscheid des Ständerates kommentierten kritische Stimmen in den Medien, das Paket sei überladen und bringe langfristig untragbare Unterhaltskosten mit sich. Der Nationalrat wird die Vorlage 2013 behandeln. Beide Räte verlängerten zudem die Behandlungsfrist der VCS-Initiative um ein Jahr (bis März 2014)
[9].
Mit neuen S-Bahn-Projekten und dem Ausbau des Regionalverkehrs wurden die Gelder für den regionalen Bahnverkehr knapp. Die Ausbauwünsche waren grösser als die verfügbaren Mittel von Bund und Kantonen. Das BAV kündigte deshalb an, dass die
Rentabilität von Regionalverkehrsstrecken untersucht würde und gab bekannt, dass über einen minimal notwendigen Kostendeckungsgrad diskutiert werde. Strecken mit einem tieferen Kostendeckungsgrad könnten mittelfristig geschlossen und durch Busse ersetzt werden
[10].
2011 hatte die KVF-SR die Geltung der Motion Germanier (fdp, VS) bezüglich
Investitionssicherheit für Nutzfahrzeuge (Beibehaltung der LSVA-Kategorie für sieben Jahre) auf die günstigste und emissionsärmste Fahrzeugkategorie beschränkt, um einen Anreiz für emissionsarme Fahrzeuge zu schaffen und die Einnahmen des Bundes aus der LSVA nicht zu gefährden. Die so veränderte Motion wurde im März des Berichtsjahres auch vom Nationalrat angenommen
[11].
Zu Jahresbeginn unterbreitete der Bundesrat dem Parlament seine Botschaft zur Anpassung des Bundesbeschlusses über das
Nationalstrassennetz und zu dessen Finanzierung. Die Vorlage umfasst die Übernahme von rund 376 Kilometern bestehender Strassen ins Nationalstrassennetz, Finanzierungsmassnahmen für die damit verbundenen Mehrausgaben des Bundes und die Aufnahme von zwei Netzergänzungen zur Engpassbeseitigung. 387 Kilometer bestehende Strassenverbindungen in Agglomerationen und peripheren Landesteilen sollen aufgenommen werden, die 11 Kilometer lange Verbindung zwischen Bargen und Schaffhausen soll hingegen aus dem Nationalstrassennetz entlassen werden, da sie nicht mehr von nationaler Bedeutung sei. Für Betrieb und Unterhalt der dem Nationalstrassennetz zugeschlagenen Strassen rechnet der Bund mit jährlichen Mehraufwendungen von 305 Mio. CHF. Rund 30 Mio. CHF will der Bund an Beiträgen sparen, welche die Kantone nicht mehr als Beiträge an die vom Bund übernommenen Strassen erhalten. Mit der Erhöhung des Preises für die Autobahnvignette von 40 auf neu 100 CHF pro Jahr sollen die fehlenden 275 Mio. CHF finanziert werden. Die Erhöhung des Vignettenpreises war sehr umstritten: So stellte die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates mit 8 gegen 8 Stimmen bei 8 Enthaltungen und mit Stichentscheid des Präsidenten den Antrag, den Preis der Autobahnvignette nicht auf 100, sondern nur auf 70 CHF zu erhöhen. Im Plenum des Nationalrats wurden weitere Anträge diskutiert: Der Antrag Baader (svp, BL) forderte Nichteintreten auf die Vorlage 2 (Finanzierung), da der Preis für die Autobahnvignette nicht erhöht werden dürfe. Das Plenum folgte dem Antrag nicht und trat auf alle vier Teile der Vorlage ein. Die SVP-Fraktion vertrat in der Debatte den Minderheitenantrag II Wobmann (svp, SO), der eine Erhöhung des Vignettenpreises generell ablehnt und bei 40 CHF bleiben will. Die SP-Fraktion unterstützte den Kommissionsantrag, den Vignettenpreis nur auf 70 statt auf 100 CHF zu erhöhen. Die Grünen und die Grünliberalen votierten ebenfalls für 70 CHF. Der Minderheitenantrag Teuscher (gp, BE) sieht unabhängig vom Preis der Vignette vor, dass dieser alle fünf Jahre an die Teuerung angepasst wird. Dieser Antrag blieb jedoch chancenlos, da die Anpassung an die Teuerung zu unerwünscht ungeraden Beträgen führen würde. Die FDP-, CVP/EVP- und BDP-Fraktionen unterstützten den Minderheitenantrag I Amherd (cvp, VS) bzw. die Kommissionsminderheit, welche dem bundesrätlichen Vorschlag folgen und die Preiserhöhung auf 100 CHF festsetzen wollte. Im Plenum setzte sich schliesslich die Erhöhung des Vignettenpreises auf 70 CHF durch. Der Ständerat folgte hingegen dem bundesrätlichen Entwurf und stimmte mit grosser Mehrheit für einen Vignettenpreis von 100 CHF. In der Differenzbereinigung blieben sich die Räte treu, der Nationalrat beharrte weiterhin auf einem Preis von 70 CHF, der Ständerat hiess die Erhöhung auf 100 CHF erneut gut. Das Geschäft wird 2013 im Nationalrat weiterverhandelt
[12].
Einer parlamentarischen Initiative Schmidt (cvp, VS) zur Verwendung der Mineralölsteuererträge für die Finanzierung des Strassenverkehrs, wurde vom Nationalrat Mitte März Folge gegeben. Der Ständerat folgte hingegen im Herbst seiner Kommission, die schon 2011 der Initiative die Zustimmung verweigert hatte. Die parlamentarische Initiative hätte verlangt, dass neu 60% statt wie bisher 50% der Mineralölsteuererträge für die Finanzierung des Strassenverkehrs aufgewendet werden. Als Begründung wurde die ab 2016 zu erwartende Finanzierungslücke im Strassenunterhalt und die angespannte Lage der Bundesfinanzen angegeben. Als Argument gegen die Initiative wurde im SR vor allem der Umstand angegeben, dass die rund 300 Mio. CHF zwar dem Strassenverkehr zu Gute kämen, aber anderswo fehlen würden
[13].
[1] 2. Semesterbericht Monitoring Flankierende Massnahmen,
BAV ASTRA BAFU, März 2013.
[2]. Mo. 12.3330 (KVF-NR):
AB NR, 2012, S. 1055; BRG 12.043:
AB SR, 2012, S. 583 und 587,
AB NR, 2012, S. 1048; Po. 12.3331 (KVF-NR) und Po. 12.3402 (KVF-SR): beide verhandelt in BRG 12.043,
NZZ, 22.9. und 20.12. (Reaktionen Bahninfrastrukturfonds); Kt.Iv. 08.304 und Kt.Iv. 08.305:
AB NR, 2012, S. 1202;
AB SR, 2012, S. 1033.
[4] Po. 12.3261:
AB SR, 2012, S. 508.
[5] Medienmitteilung UVEK vom 2.5.
[6] Resolution der
Alpen-Initiative, 5.5.
[7] Medienmitteilung
VöV, 13.7.
[8] Pa.Iv 11.471:
AB NR, 2012, S. 1849 f0.
[9] BRG 12.016:
BBI, 2012, S. 1577 ff.;
AB NR, 2012, S. 1024 ff.
; AB NR, 2012, S. 2116 ff.; Presse vom 4.12.12.
[10]
TA, 15.10.,
SGT, 19.12.
[11] Mo. 09.3133:
AB NR, 2012, S. 150.
[12] BRG 12.018:
BBI 2012, S. 745 ff.,
AB NR, 2012, S. 788 ff
. und 2107 ff.
AB SR, 2012, S. 808 ff.; und 1224.
[13] Pa.Iv. 11.424:
AB NR, 2012, S. 461 f.,
AB SR, 2012, S. 833 f.
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