Année politique Suisse 2012 : Bildung, Kultur und Medien / Kultur, Sprache, Kirchen / Kulturpolitik
Im März des Berichtjahres stimmte die Schweizer Bevölkerung über die
Wiedereinführung der 2007 abgeschafften Buchpreisbindung ab, weil ein Komitee im Juli 2011 bestehend aus JFDP, JSVP, JGLP das Referendum ergriffen hatte. Ein überparteiliches, bürgerliches Komitee lancierte den Abstimmungskampf unter dem Motto „Buchpreisdiktat Nein“. Im Zentrum der Kampagne der Gegner standen die Argumente, eine Buchpreisbindung führe zu höheren Preisen für die Konsumenten und nütze nur ausländischen Verlegern. Auf der Seite der Befürworter kämpften Buchhändler, Autoren und Verleger für die Wiedereinführung der festen Ladenpreise. Eine staatliche Regulierung sichere die Vielfalt und stärke kleinere Schweizer Verlage und unbekannte Autoren, so die Hauptargumente. Bis zuletzt unklar blieben die Fragen, ob auch der private Online-Buchkauf im Ausland der Preisbindung unterstehe und wie die Kontrolle der Preise aussehen sollte. Dies war mit ein Grund, so die Vox-Analyse, weshalb die öffentliche Meinung im Verlauf der Kampagne in Richtung Nein kippte. Am 11. März 2012 wurde die Buchpreisbindung an der Urne recht deutlich mit 56,1 Prozent der Stimmen verworfen. Besonders auffällig war der Unterschied zwischen der Deutschschweiz – welche geschlossen auf den Markt setzte – und der Romandie – welche geschlossen für die staatliche Regulierung votierte. So fand die Vorlage die grösste Zustimmung im Kanton Jura (71.2%), in Genf (66.6%), in Neuenburg (63.0%), im Waadtland (60.6%), im Wallis (57.7%) und in Freiburg (57.5%). Ausserdem spielte auch die Parteigebundenheit eine gewisse Rolle beim Stimmentscheid. Parteisympathisanten von SP und den Grünen sagten deutlich Ja zur Vorlage, während die Anhänger der bürgerlichen Parteien sowie die Parteiungebundenen die Vorlage grösstenteils ablehnten. Schliesslich wies die Vox-Analyse auch darauf hin, dass insgesamt 13 Kantonalparteien der CVP von der Meinung der nationalen Delegiertenversammlung abwichen und ins gegnerische Lager wechselten. Dies stellte einen weiteren Unsicherheitsfaktor dar, welcher zur Ablehnung der Vorlage führte
[5].
Fakultatives Referendum „Bundesgesetz über die Buchpreisbindung“
Abstimmung vom 11. März 2012
Beteiligung: 44,9%
Ja: 966 633 (43,9%) / 6 Stände
Nein: 1 234 222 (56,1%) / 14 6/2 Stände
Parolen:
– Ja: CVP (13), EVP, Grüne, SP, CSP (1), EDU, SGB, TravS.
– Nein: FDP, BDP (1), SVP, GLP, eco, SGV.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
Kurz nach dem Nein zur Buchpreisbindung überwies der Ständerat
zwei Postulate zum Thema Buch an den Bundesrat. Das Postulat Savary (sp, VD) verlangt von der Regierung die Ausarbeitung eines Berichts zur Situation des Buchmarktes. Die Abstimmung habe zu grosse Unterschiede zwischen den Sprachregionen gezeigt und ganz allgemein würden verlässliche Daten zum Buchmarkt fehlen. Gleichzeitig wurde auch das Postulat Recordon (gp, VD) angenommen, welches den Bundesrat damit beauftragte, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie die schwierige Situation der Schweizer Literatur zumindest gelindert werden könnte. Der Bundesrat beauftragte das Bundesamt für Kultur damit, die Sachlage zu evaluieren und allenfalls mögliche Ergänzungen zu bereits bestehenden Massnahmen aufzuzeigen
[6].
[5] Presse von Januar bis März 2012; Greuter, Nicole / Milic, Thomas / Widmer, Thomas, Vox – Analyse der eidgenössischen Abstimmung vom 11. März 2012, Bern 2012.
[6] Po. 12.3195 und
Po. 12.3327
: AB SR, 2012, S. 399 f.
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