Année politique Suisse 2012 : Bildung, Kultur und Medien / Kultur, Sprache, Kirchen
 
Sprachen
Obwohl der Bündner Grosse Rat bereits im Dezember 2011 einen wegweisenden Entscheid traf, erhitzte der Bündner Sprachenstreit auch im Berichtsjahr weiterhin die Gemüter. Der Entscheid, dass die obligatorischen Lehrmittel an Schulen künftig auch in den fünf Idiomen gedruckt werden dürfen – also nicht zwingend in der Einheitssprache Rumantsch Grischun verfasst sein müssen – stand im Zentrum der Debatte. Dieses Koexistenzmodell sah vor, dass die Gemeinden die Alphabetisierungssprache selber wählen können, jedoch auch passive Kenntnisse in der jeweils anderen Sprache vermitteln müssen. Bis zum Ende des Berichtjahres blieben Fragen rund um die konkrete Umsetzung dieser Pläne offen und umstritten [10].
Für viel Gesprächsstoff sorgte die Diskussion um die Förderung der lateinischen Sprachen in der Schweiz. Im Rahmen einer Bestandsaufnahme zur Situation der italienischen Sprache als Maturitätsfach kam die Schweizerische Maturitätskommission (SMK) zum Schluss, dass Italienisch zwar in den meisten Kantonen angeboten werde, durchschnittlich aber nur 13 Prozent der Schüler Italienisch als Grundlagen-, Frei- oder Schwerpunktfach besuchen. Ebenfalls kritisch diskutiert wurde der Entscheid der Zürcher Regierung, Mathematik auf Kosten des Französisch stärker zu gewichten sowie der Entscheid der Obwaldner Behörden, Italienisch aus dem gymnasialen Lehrplan zu streichen [11].
Um dem Bedeutungsverlust des Italienischen entgegenzuwirken, wurde im Oktober ein Forum für den Schutz der italienischen Sprache in der Schweiz gegründet. Ziel des Forums ist es, die Kräfte zu bündeln und eine gemeinsame Strategie zu entwickeln, um den Stellenwert des Italienischen als Landessprache zu stärken. Eine erste geplante Massnahme des Forums ist die Erhöhung des Prozentsatzes an italienischsprachigen Bundesangestellten. Vgl. oben, Teil I, 1c (Verwaltung) [12].
Für Unmut – insbesondere in der Romandie – sorgte im Frühjahr ein Artikel der Weltwoche, in welchem die Welschen als die Griechen der Schweiz bezeichnet wurden. Die Romands lägen in jeder Negativ-Statistik wie beispielsweise in Bezug auf Arbeitslosenquoten vorne und würden sich darüber hinaus oft beklagen, so die Weltwoche. Die teils heftigen Reaktionen auf diesen Artikel sahen den nationalen Zusammenhalt durch solch provokative Äusserungen gefährdet [13].
 
[10] TA, 10.2. und 3.7.12; NZZ, 12.12.12.
[11] NZZ, 21.3., 11.4. und 31.7.12.
[12] BaZ, SGT, 30.11.12; AZ, 3.12.12.
[13] Ww, 1.3. und 8.3.12; TA, 3.1.12; 24H, 10.3.12.