Année politique Suisse 2012 : Bildung, Kultur und Medien / Kultur, Sprache, Kirchen / Kirchen und religionspolitische Fragen
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Andere Religionen
Für Irritation – nicht nur bei Islamkritikern – sorgte zu Beginn des Berichtjahres der Plan der beiden grössten muslimischen Organisationen des Landes eine Art muslimisches Parlament zu schaffen. Die „Umma Schweiz“ sollte sich in gesellschaftspolitischen Fragen, welche die Muslime betreffen, einigen, um danach mit einer Stimme sprechen zu können. Kritisiert wurde, dass die Schaffung eines solchen Parlaments die Situation nicht verbessere, sondern im Gegenteil die Tendenz zur Abschottung der konservativen Muslime fördere [21].
In Reaktion auf ein umstrittenes Urteil des Kölner Landgerichts entschied das Zürcher Kinderspital, vorerst keine Wunschbeschneidungen mehr durchzuführen. Das Kölner Landgericht hatte die Beschneidung als Körperverletzung definiert, was Chirurgen und Politiker auch in der Schweiz verunsicherte. In jüdischen und muslimischen Glaubensgemeinschaften löste das Moratorium von Beschneidungen Entsetzen aus, da dieses ein schwerwiegender Eingriff in die Glaubensfreiheit sei. Auch in der Medienberichterstattung herrschte breiter Konsens darüber, dass die Infragestellung der Beschneidung von Knaben unnötig und unsensibel sei. Uneinig waren sich hingegen Strafrechtler, ob die rituelle Beschneidung in der Schweiz strafbar sei oder nicht. Das Zürcher Kinderspital hob knapp einen Monat später den Beschneidungsstopp wieder auf. Allerdings wird der behandelnde Arzt künftig neu dazu verpflichtet, nach dem Motiv für den Eingriff zu fragen und die Unterschrift beider Elternteile einzuholen [22].
Eine Studie des Zentrums für Religionsforschung der Universität Luzern erforschte während zwei Jahren die muslimischen Jugendgruppen in der Schweiz. Die Studie kam zum Schluss, dass die religiöse Orientierung der Jugendlichen nicht desintegrativ wirke, sondern im Gegenteil den Austausch mit der Gesellschaft fördere. Vermehrt würden die von den Jugendlichen selbst organisierten Gruppen ethnische, nationale und sprachliche Grenzen überschreiten [23].
 
[21] AZ, 9.2.12; BaZ, 11.2.12.
[22] TA, 20.7., 21.7., 24.7. und 11.8.12; NZZ, 21.7., 25.2., 27.7. und 24.8.; SGT, 21.7.12; SoZ, 22.7.12; AZ, 23.7.und 26.7.12; BaZ, 23.7.12; Bund, 24.7.12; NLZ, 28.7.12.
[23] TA, NLZ, 28.11.12.