Année politique Suisse 2012 : Bildung, Kultur und Medien / Medien
Radio und Fernsehen
Die Diskussion um die
Empfangsgebühren warf auch im Berichtsjahr weiterhin hohe Wellen und der öffentliche Druck stieg weiter an. Eine Motion Rickli (svp, ZH) verlangte im Rahmen einer Änderung des Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) einen Systemwechsel bei der Meldepflicht und ein Verbot einer doppelten Erhebung von Gebühren durch die Billag. Die Motion wurde von beiden Räten angenommen und an den Bundesrat überwiesen. Dieser unterstützte die Motion ebenfalls, da die darin geforderten Änderungen mit der geplanten Teilrevision des RTVG einhergehen, welche im Mai in die Vernehmlassung geschickt wurde. Ziel der Teilrevision sei auch ein sachgerechtes und zweckmässiges Gebührensystem für die Sicherstellung des Service Public in der Schweiz. Neu soll eine Abgabe von jedem Haushalt und jedem Unternehmen entrichtet werden – die geräteabhängige Empfangsgebühr soll also abgeschafft werden. Begründet wurde dieser Entscheid durch den technologischen Fortschritt, aufgrund dessen heute auch via Internet und Smartphones die Leistungen der SRG-Medien konsumiert werden können. Das Gewerbe und bürgerliche Medienpolitiker kündigten ihren Widerstand an
[12].
Eine Motion von Thomas Müller (svp, SG) beschäftigte sich ebenfalls mit dem Thema Empfangsgebühren und scheiterte im Nationalrat nur äusserst knapp. Das Anliegen wollte die
Empfangsgebühren auf der aktuellen Höhe einfrieren. Statt nach neuen Geldquellen im Gebührenbereich zu suchen, sollte die SRG vielmehr ihre Kostenstruktur überprüfen, so der Motionär. Der Bundesrat verwies in seiner Stellungnahme unter anderem auf die relativ moderate Höhe der Gebührengelder und die kommende Umstellung des Systems hin zu den Haushaltsgebühren. Dies führe zu einer Reduktion der Gebühren für die Haushalte, weshalb eine Einfrierung der Empfangsgebühren auf der aktuellen Höhe sinnlos wäre. Der Nationalrat entschied sich mit nur einer Stimme Unterschied schliesslich äussert knapp gegen den Antrag Müllers
[13].
Der im vorangegangenen Jahr entflammte Streit um die Online-Werbung durch die SRG SSR fand im Berichtsjahr ein vorläufiges Ende. Aufgrund des Ausbaus der
SRG Online-Tätigkeit in den letzten Jahren hatten die Verleger ihre eigenen, nicht-gebührenfinanzierten Onlineangebote gefährdet gesehen und ein Verbot von Online-Werbung durch die SRG gefordert. Nachdem die Verleger und die SRG keine gemeinsame Lösung finden konnten, schaltete sich der Bundesrat ein und verbot der SRG die Online-Werbung. Im Gegenzug sollen ihr jedoch mehr publizistische Möglichkeiten im Internet eingeräumt werden. Ende Dezember legte das BAKOM deshalb den interessierten Kreisen einen Entwurf für Änderungen der SRG-Konzession zur Stellungnahme vor
[14].
Im Mai schloss der Bundesrat mit der SRG eine neue
vierjährige Leistungsvereinbarung über das Informationsangebot für das Ausland ab. Um die Zusammenarbeit der SRG mit internationalen Fernsehsendern zu fördern, soll der Bund künftig jedes Jahr zwischen CHF 18,6 und 20 Mio. an die Internet-Plattform "swissinfo.ch" zahlen. Im Vergleich zur vorgängigen Leistungsvereinbarung entspricht dies einer Senkung von CHF 2 bis 3 Mio. pro Jahr
[15].
Der Bericht des Bundesrates in Erfüllung der Motion Maissen (cvp, GR) bestätigte, dass die
programmlichen Leistungen der SRG SSR den Austausch und das Verständnis zwischen den vier Schweizer Sprachregionen fördern. Allerdings sollten die jeweils anderen Sprachregionen in den Informationssendungen noch stärker berücksichtigt werden, wobei der Bundesrat grosses Vertrauen in das neue Konzept der SRG zur Förderung des sprachregionalen Austausches setze, welches sich noch in Ausarbeitung befindet
[16].
Während des Berichtjahrs übernahm die Radio Medien AG den Sender „Radio 24“ von der Tamedia AG. Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) genehmigte den entsprechenden
Konzessionsübergang von Radio 24. Genehmigt wurde auch der Konzessionsübergang von Radio Sunshine, welches neu der Radio Central AG gehört
[17].
Im Rahmen der
Revision der Radio- und Fernsehverordnung (RTVV), welche am 1. August des Berichtjahrs in Kraft trat, sollen die privaten Fernsehstationen mit Gebührenunterstützung vermehrt entlastet werden, indem der Eigenfinanzierungsanteil aller regionalen Fernsehstationen mit Service-Public-Auftrag gesenkt wurde. Neu können bis zu 70% des Betriebsaufwands mit Gebührengeldern unterstützt werden. Die Verordnungsanpassung erfolgte im Hinblick auf die Veränderung des Verhältnisses zwischen Gebühren und Eigenfinanzierung und dem eingeleiteten Ausstieg aus der analogen Verbreitung von TV-Programmen im Kabelnetz. Im Rahmen der Anhörung sorgten insbesondere diese vorgesehenen Lockerungen der analogen Verbreitungspflicht in Kabelnetzen für Unstimmigkeiten. Befürchtet wurde, dass ein Abbau des analogen Angebots mit zusätzlichen Kosten für die Konsumenten verbunden sein könnte und der Ausstieg insgesamt zu früh sei, da die Versorgung sämtlicher Bevölkerungsteile und Regionen mit Digitalfernsehen noch nicht sichergestellt sei. Mit der Revision der RTVV wurde die Grundlage für einen geordneten Ausstieg aus der analogen Technologie geschaffen, indem das UVEK die Must-Carry-Pflicht im analogen Bereich schrittweise reduzieren kann, wenn ein hoher Anteil der Haushalte TV-Programme in digitaler Form nutzt
[18].
Im Auftrag der Branchenverbände und des BAKOMs untersuchte die Publicom während des Berichtjahres die
wirtschaftliche Situation der konzessionierten Privatradios und Regionalfernsehen in der Schweiz. Dabei kam zutage, dass sich die Gesamtsituation zwar verbessert hatte, aber immer noch als durchzogen bezeichnet werden kann. Zwar hänge die wirtschaftliche Situation vor allem vom unternehmerischen Geschick der Veranstalter ab, welches sich laut der Studie verbessert hätte, jedoch seien Gebühren weiterhin unverzichtbar
[19].
Eine weitere Studie der Universität Freiburg im Auftrag des BAKOM zeigte auf, dass die privaten Regionalfernsehen ihrem Publikum während der Hauptsendezeit vor allem
aktuelle lokal-regionale Nachrichten anbieten, wobei den Themen Politik und Gesellschaft der höchste Stellenwert zugeschrieben werde
[20].
[12] Mo. 11.4080:
AB NR, 2012, S. 534;
AB SR, 2012, S. 654; Medienmitteilung BAKOM vom 9.5.12; Presse vom 10.5.12.
[13] Mo. 10.3611:
AB NR, 2012, S. 962 f.;
SGT, 7.6.12
[14] Medienmitteilung BAKOM vom 14.9. und 20.12.12; Presse vom 15.9.12.
[15] Medienmitteilung BAKOM vom 16.5.12.
[16] Bericht des Bundesrates in Erfüllung der Motion Maissen (10.3055) vom 7. 12.12; vgl.
SPJ 2010, S. 303.
[17] Medienmitteilung BAKOM vom 18.5. und 27.9.12.
[18] Medienmitteilung BAKOM vom 15.6.12.
[19]
Lit. Grossenbacher et al.
[20] Medienmitteilung BAKOM vom 5.12.12.
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