Année politique Suisse 2013 : Parteien, Verbände und Interessengruppen
Parteien
Gleich drei Parteien feierten 2013 ein Jubiläum: die SP wurde 125-jährig, die GP 30-jährig und die BDP feierte ihr 5-jähriges Bestehen. – Die Familienpolitik führte in der FDP zu Auseinandersetzungen zwischen den FDP-Frauen und der Mutterpartei. – Die SVP scheiterte mit zwei Initiativen: Noch nie erhielt die SVP an der Urne so wenig Unterstützung wie für ihre Idee einer Volkswahl des Bundesrates. – Zum ersten Mal in ihrer Geschichte hatte die SVP mehr als 20 kantonale Regierungssitze inne. – Die CVP ereilte eine historische Schlappe im Kanton Wallis; mit ihrem Sitzgewinn im Kanton Neuenburg war die Partei aber erstmals in allen Kantonsparlamenten der Schweiz vertreten. – Die GLP ist die erste nicht-linke Partei, die mit dem Referendum gegen das Kampfflugzeug Gripen Opposition gegen ein Armeebeschaffungsvorhaben ausübte. – Die Protestpartei MCG feierte in Genf Erfolge, während die Lega im Tessin den Tod ihres Gründers Giuliano Bignasca verkraften musste.
Parteiensystem
Zu den Sitzanteilen der Parteien auf Exekutiv- und Legislativebene vgl. oben, Teil I, 1e (Wahlen) sowie Anhang (
Anhang_2013.pdf). Für die Parolen der Parteien zu den eidgenössischen Volksabstimmungen siehe die Tabelle
Parolen_2013.pdf und die verschiedenen Sachkapitel.
Im Berichtjahr wurden Bemühungen von bürgerlichen Parteien für einen vermehrten
bürgerlichen
Schulterschluss gegen die als taktisch geschickt und aufgrund der guten Vernetzung in linken Kreisen häufig erfolgreich wahrgenommene Allianz zwischen Links-Grün verstärkt. Dies zeigte sich etwa an Arbeitsgruppen zu Steuerthemen oder Gesundheitspolitik, denen Parlamentarier der CVP, FDP, SVP, GLP und BDP angehören, die sich während der Sessionen gelegentlich trafen. Auch die konzertierte Aktion gegen die Einheitskrankenkasse, als alle bürgerlichen Fraktionen mit Vorstössen gegen die Ausarbeitung eines Gegenvorschlags durch den Bundesrat reagierten, wurde in der Presse als Zeichen für eine stärkere bürgerliche Zusammenarbeit gewertet. Darüber hinaus koordinierten sich die bürgerlichen Parteien in Abstimmungskampagnen erfolgreich zumindest gegen linke Volksbegehren, wie etwa die 1:12-Initiative oder die Initiative zur Abschaffung der Wehrpflicht. Dabei trug auch die SVP wieder vermehrt zu bürgerlichen Kompromissen bei. Auch das gemeinsam von SVP, FDP und CVP getragene Projekt für eine Initiative zum Schutz des Bankgeheimnisses wurde als Zeichen verbesserter Zusammenarbeit interpretiert. Zu einem eigentlichen Test der Solidität des bürgerlichen Lagers dürfte spätestens nach den Wahlen 2015 die Diskussion um die Besetzung der Regierung werden. Die SP, aber auch die BDP sprachen der FDP die Berechtigung auf zwei Sitze ab, da sich die Freisinnigen immer mehr zur Juniorpartnerin der SVP entwickeln würden
[1].
Der Druck der Groupe d’Etats contre la Corruption (Greco), einem Gremium des Europarats, auf die Schweiz, in Sachen
Parteienfinanzierung mehr Transparenz zu schaffen, nahm im Berichtsjahr noch einmal zu. 2011 hatte die Greco auf der Basis eines Länderexamens die Schweiz diesbezüglich gerügt, gegen Europarats-Empfehlungen von 2003 zu verstossen. Der Bundesrat hatte noch 2012 beschlossen, das Gespräch mit der Greco zu suchen und das Gremium darauf hinzuweisen, dass Tradition und Besonderheiten des politischen Systems der Schweiz (direkte Demokratie, Föderalismus) nicht vereinbar seien mit Regelungen zur Finanzierung von Politik. Das Schweizer Parteiensystem könne nicht mit dem anderer Länder verglichen werden. Die im April des Berichtjahres geführten Gespräche fruchteten aber nicht. Die Greco anerkannte zwar die Eigenheiten der Schweiz, konnte aber die Nichtvereinbarkeit des Systems mit höherer Transparenz in der Parteienfinanzierung nicht nachvollziehen. Als Konsequenz wurde die Schweiz in ein so genanntes Nichtkonformitätsverfahren versetzt. Dies hat zwar keine rechtlichen Konsequenzen, der politische Druck auf die Schweiz, die mit ihrem 2006 erfolgten Beitritt implizit auch die Empfehlungen der Greco zur Parteienfinanzierung akzeptiert hatte, sollte aber so weit erhöht werden, bis Massnahmen eingeleitet werden. Im Berichtsjahr weiterhin hängig waren die parlamentarischen Initiativen Leutenegger Oberholzer (sp, BL) und Minder (parteilos, SH). Beide zielen auf eine Regelung der Parteispenden von Unternehmen bzw. börsenkotierten Gesellschaften ab. Immerhin hatte sich die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats Anfang Mai mit 7 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung für Folgegeben der Initiative Minder entschieden. Die Schwesterkommission hatte sich bis Ende 2013 noch nicht dazu geäussert. Die fehlenden Regelungen führten auch im Berichtjahr dazu, dass verschiedene Unternehmen von sich aus öffentlich bekannt gaben, Parteien zu finanzieren. So kündigte etwa die Fluggesellschaft Swiss an, ab 2014 die Bundesratsparteien nach einem fixen Verteilschlüssel jährlich finanziell mit total CHF 200 000 unterstützen zu wollen. Die Finanzierung wurde dabei offiziell nicht an Bedingungen geknüpft, die Swiss wünsche sich allerdings auch in Zukunft politische Unterstützung. Die SVP gab bekannt, die Spende anzunehmen, die SP kündigte an, darauf zu verzichten, um sich nicht in Abhängigkeiten zu verstricken. Keine Auskunft gaben die anderen drei Regierungsparteien. In den Kantonen Genf und Tessin kennt man kantonale Transparenzvorschriften. Eine Volksinitiative der Juso im Kanton Basel-Landschaft, die ebenfalls mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung gefordert hätte, hatte an der Urne keine Chance und wurde mit einem Ja-Anteil von 43% abgelehnt. Im Kanton Zürich wurde eine parlamentarische Initiative der SP mit dem Ziel der Offenlegung von Parteispenden von der zuständigen Kommission und dem Regierungsrat abgelehnt
[2].
Die im Vorjahr eingereichte parlamentarische Initiative der SVP-Fraktion, die eine Referendumspflicht bezüglich der Erhöhung der
Fraktionsbeiträge – ein wichtiger Bestandteil der Parteibudgets – verlangt hätte, wurde im Berichtjahr vom Nationalrat abgelehnt. Die Entschädigung der Fraktionen als Organe des Bundes ist zwar gesetzlich geregelt, nicht aber die Festlegung der Höhe, die auf Erlassstufe geregelt wird. Der Vorschlag fand in der grossen Kammer kein Gehör und wurde mit 124 zu 58 Stimmen abgelehnt
[3].
Das Korruptions-Barometer von Amnesty International, das in mehreren Ländern über 1 000 Personen nach ihrer Einschätzung zur Korruption in verschiedenen Institutionen fragt, zeigte auf, dass sowohl weltweit als auch in der Schweiz die
Parteien als die korruptesten politischen Akteure betrachtet werden. 43% der Befragten in der Schweiz denken, dass die politischen Parteien korrupt sind. Laut den Verfassern der Studie sei dieses Resultat auch auf die fehlende Transparenz hinsichtlich Parteienfinanzierung zurückzuführen
[4].
Ein von GfS Bern verfasster Trendbericht auf der Basis mehrere VOX-Nachbefragungen ging der Frage nach der
Parolentreue der Wählerschaft der verschiedenen Parteien nach. Als relativ treu erwiesen sich dabei die Anhängerinnen und Anhänger der GP (68% der Wählerinnen befolgten die Parteiparole immer), der SP (47%) und der BDP (46%). Die Parolentreue nahm im rechten Spektrum eher ab. Nur manche der Sympathisanten der bürgerlichen Parteien GLP (37%), CVP (41%) und FDP (26%) befolgten stets die Stimmempfehlung ihrer präferierten Partei. Leidglich 29% der SVP-Anhänger stimmten immer parolentreu ab; fast jeder Fünfte Wähler der SVP befolgte aber die Parole der Volkspartei bei keiner einzigen der betrachteten Abstimmungen
[5].
Anfang September regte Bundesrat Didier Burkhalter in einem Interview an, dass auch die Nichtregierungsparteien an die
Von-Wattenwyl-Gespräche eingeladen werden sollten, da sich vor allem die GP und die GLP als verantwortungsvolle Partner bei aussenpolitischen Themen erweisen würden (vgl. auch Teil I, 1c)
[6].
Sozialdemokratische Partei (SP)
Die SP feierte im Berichtjahr ihr
125-jähriges Bestehen. Die ersten kantonalen sozialdemokratischen Parteien waren bereits um 1850 gegründet worden, 1888 wurde die Landespartei aus der Taufe gehoben. Nach dem Aufruf zum Generalstreik 1918, dem Erfolg mit der Proporzinitiative 1919 und der Abspaltung der Kommunistischen Partei 1921 wurde die SP stärkste Fraktion im Nationalrat und erhielt 1943 erstmals einen Bundesratssitz, der von Ernst Nobs besetzt wurde. Nach einer kurzen Phase der Opposition von 1953 bis 1959 erlangte die SP die bis heute anhaltende Doppelbesetzung in der Regierung. Mit einem Fest Ende August in Bern begingen die Genossen das Jubiläum. Zahlreiche frühere und aktuelle Parteigrössen wie Ruth Dreifuss, Moritz Leuenberger, Helmut Hubacher oder die amtierenden Bundesräte Simonetta Sommaruga und Alain Berset feierten den Geburtstag der Sozialdemokratischen Partei. In einer Würdigung der NZZ war von drei Phasen die Rede: Die ersten 50 Jahre rang die SP um politischen Einfluss, in den zweiten 50 Jahren wurde dank der Sozialdemokraten der Sozialstaat ausgebaut und die letzten 25 Jahre hätten der Partei der Verteidigung der sozialstaatlichen Errungenschaften gedient. Mit einem opulenten Bildband wurde das Jubiläum abgerundet
[7].
In drei der vier im Berichtjahr stattfindenden
kantonalen Parlamentswahlen musste die SP Sitzverluste hinnehmen. In den Kantonen Neuenburg und Wallis gingen je drei, im Kanton Solothurn ein Sitz verlustig. Einzig im Kanton Genf konnten die Genossen an Wähleranteilen zulegen, was sich allerdings nicht in Sitzgewinne ummünzen liess; immerhin konnte man die 15 Sitze halten. Ende Berichtjahr hielt die SP nach den per Saldo 8 Sitzverlusten von den 2 559 kantonalen Legislativmandaten noch deren 452 (17,7%); das sind die viertmeisten Sitze hinter der SVP (562 Sitze), der FDP (530 Sitze) und der CVP (460 Sitze)
[8].
Einen Erfolg konnte die SP bei den
kantonalen Regierungswahlen in Neuenburg feiern, wo sie mit einem zusätzlichen Sitz die Regierungsmehrheit von drei Mandaten eroberte. Ihren jeweiligen Regierungssitz verteidigen konnten die Genossen in den Kantonen Genf, Solothurn und Wallis. Die Angriffe bei Ersatzwahlen in Basel-Landschaft und Freiburg waren jedoch jeweils sehr knapp nicht erfolgreich. Insgesamt konnte die SP damit ihren Regierungsanteil in den Kantonen leicht ausbauen. Die Genossen besetzen 33 von total 156 Exekutivsitzen. Nur die FDP (42 Sitze) und die CVP (39 Sitze) haben eine stärkere kantonale Regierungsbeteiligung
[9].
Die
SP-Frauen beschlossen aufgrund einer Online-Befragung, in Zukunft auch Männer in die Frauenorganisation aufzunehmen. Männer, die sich für Gleichstellungsthemen engagierten, würden nicht nur willkommene Inputs liefern, sondern sollen in Zukunft auch mitentscheiden können. Zudem diskutierten die Frauen öffentlich über mögliche Volksinitiativen, mit denen die Geschlechtergleichheit verbessert werden soll – etwa mit Hilfe einer nationalen Behörde, welche die Lohngleichheit überwacht, mit Hilfe von zusätzlichen Krippenplätzen oder mit verbindlichen Frauenquoten
[10].
Die Delegierten der
Juso wählten Ende Berichtjahr Dario Schai zum neuen Zentralsekretär. David Roth, der Präsident der Jungsozialisten und Vizepräsident der Mutterpartei, machte Mitte April von sich reden, als er sich via Facebook über den Tod der ehemaligen britischen Premierministerin Margaret Thatcher freute. Während die einen den Eintrag als ungeschickt bezeichneten und darauf hinwiesen, dass Jungparteien auch mal provozieren dürften, forderten andere den Rücktritt Roths aus dem Luzerner Kantonsrat. Ende September gab Roth bekannt, per März 2014 sein Amt als Juso-Präsident zur Verfügung zu stellen. Der Juso wurde im Berichtjahr wachsender Einfluss attestiert; nicht nur aufgrund erfolgreicher Lancierungen von Volksbegehren – Ende September konnte die Jungpartei nach nur 11 Monaten Sammelfrist die nötigen Unterschriften für die Initiative „keine Spekulation mit Nahrungsmitteln“ einreichen – sondern auch aufgrund der Wirkung innerhalb der eigenen Partei. Die ausgefeilte Taktik wurde dabei insbesondere mit dem bis 2011 als Juso-Präsident amtenden Vorgänger von Roth, Cédric Wermuth (AG), in Verbindung gebracht
[11].
Michael Sorg ersetzte Mitte Mai Andreas Käsermann als neuer
Mediensprecher. Käsermann verliess die Partei Ende Juni. Der Historiker und Politikwissenschafter Sorg war persönlicher Mitarbeiter des damaligen SP-Präsidenten Hans-Jürg Fehr gewesen. Die Kampagnenleitung für nationale Abstimmungen übernahm zudem neu der Berner Stefan Krattiger
[12].
Zu einer fraktionsinternen Auseinandersetzung kam es bei der Wahl des
Kommissionspräsidiums für die WAK, die einflussreiche Kommission für Wirtschaft und Abgaben, auf das die SP turnusgemäss Anspruch hat. Die Fraktionsleitung schlug Prisca Birrer-Heimo (LU) vor, doch Susanne Leutenegger Oberholzer (BL), selber seit Jahren führende Wirtschaftspolitikerin in der SP und seit zwei Jahren Vizepräsidentin der WAK, stellte ebenfalls Ansprüche auf das Amt. Bei der Kampfwahl setzte sich Leutenegger Oberholzer schliesslich durch
[13].
Nimmt man die
Parteiparolen als Gradmesser für politischen Erfolg, so schnitt die SP von den Regierungsparteien im Berichtjahr am schlechtesten ab. In fünf von elf Fällen fiel das Abstimmungsresultat anders aus als von der SP empfohlen. In vier dieser fünf Fälle handelte es sich um Anliegen, die primär den klassischen Links-Rechts-Graben aufrissen, nämlich die Asylgesetzrevision, gegen welche die Genossen an der Delegiertenversammlung am 2. März in Solothurn mit 170 zu zwei Stimmen (bei 2 Enthaltungen) ein Nein empfohlen hatten, obwohl sie im Vorjahr noch beschlossen hatten, das Referendum dagegen nicht zu unterstützen. Für die drei anderen Links-rechts-Vorlagen wurden die Parolen Ende Juni in Fribourg gefasst: die GSoA-Initiative zur Aufhebung der Wehrpflicht wurde mit 92 zu 20 Stimmen bei sechs Enthaltungen zur Annahme empfohlen, gegen die Revision des Arbeitsgesetzes (Liberalisierung der Öffnungszeiten bei Tankstellenshops) wurde einstimmig die Nein-Parole und für die 1:12-Initiative ebenso einstimmig (mit 164:0 Stimmen und 2 Enthaltungen) die Ja-Parole beschlossen. Eine dem Abstimmungsausgang entgegengesetzte Empfehlung gab die SP zudem beim Familienartikel ab. Die zwar von der Stimmbevölkerung, nicht aber von den Ständen angenommene Verfassungsänderung hatte bei den Genossen noch im Vorjahr an der Delegiertenversammlung in Thun Anfang Dezember einstimmigen Zuspruch gefunden. Bei fünf der restlichen sechs Vorlagen lagen die Sozialdemokraten mit ihrer Empfehlung auf der Linie der Stimmbevölkerung. Die Abzockerinitiative (mit 144:2 Stimmen) und die Revision des Raumplanungsgesetzes (mit 125:4 Stimmen) wurden ebenfalls noch im Vorjahr in Thun deutlich zur Annahme empfohlen. Die Delegiertenversammlung Anfang März in Solothurn entschied sich mit 153 zu 6 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) gegen die Initiative zur Volkswahl des Bundesrates und stellte sich mit 163 zu 6 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) hinter das Epidemiengesetz. Am 26. Oktober lehnten die SP-Abgeordneten an der Versammlung in Baden zudem einstimmig die Familieninitiative der SVP ab. Zu diskutieren gab in Baden vor allem die Erhöhung der Gebühr für die Autobahnvignette. Die Genossen zeigten sich in der Frage stark gespalten. Zwar wurde zuerst eine Ja-Empfehlung gefasst, diese fiel aber mit 86 zu 65 Stimmen für SP-Verhältnisse derart knapp aus, dass sich eine Stimmfreigabe aufdrängte, die schliesslich auch mit 98 zu 69 Stimmen gutgeheissen wurde. Auf der einen Seite sollten die regionalen Verkehrsprojekte mit einem Nein nicht gefährdet werden. Auf der anderen Seite wurde gewarnt, dass auch eine teurere Vignette den motorisierten Verkehr nicht einschränken werde. Im Vergleich mit der GP war dies die einzige Vorlage, in der die beiden linken Parteien nicht die gleiche Empfehlung abgaben. Hinsichtlich ihrer Parolenfassung legte die SP im Berichtjahr eine hohe Parteidisziplin an den Tag. Es kam lediglich zu zwei abweichenden Parolenfassungen in den Kantonen: die SP Graubünden beschloss Stimmfreigabe zur Abzockerinitiative und die SP Wallis empfahl für die Revision des Raumplanungsgesetzes ein Nein
[14].
Die im Vorjahr von der SP abgelehnten
Spenden von Grossbanken wurden 2013 noch einmal debattiert. Aufgrund des Anfang März von den Delegierten abgesegneten knappen Budgets von rund CHF 4,3 Mio., das nur aufgrund von Einsparungen ausgeglichen präsentiert werden konnte, fragten sich einige Delegierte, ob es nicht besser gewesen wäre, finanziellen Zustupf auch von Banken anzunehmen. Anfang Oktober lehnte die SP allerdings – getreu ihren 2012 erstellten Richtlinien – auch ein Spendenangebot der Swiss ab
[15].
Die SP setzte auch im Berichtjahr auf den Gebrauch der
Volksrechte. Die Cleantech-Initiative wurde mit Beschluss der Delegierten Ende Juni in Fribourg zurückgezogen; dank des indirekten Gegenvorschlages sei die Abschaffung der Atomwirtschaft auf gutem Weg. Die Juso-Initiative für ein Verbot der Nahrungsmittelspekulation kam gut voran und über die 1:12-Initiative der Jungpartei wurde im Berichtjahr abgestimmt. Die Genossen planten zudem weitere Volksbegehren: Auf der Basis einer internen Vernehmlassung entschied sich die Partieleitung aus rund einem Dutzend Vorschlägen für sechs mögliche Initiativprojekte, wovon schliesslich eines am Parteitag 2014 ausgewählt werden soll. Von der Familienpolitik, der Lohngleichheit von Mann und Frau, einer Offenlegung von Parteispenden über neue Steuern bis hin zu einer automatischen Einbürgerung der dritten Generation reichen die Projekte. Mit diesen geplanten Begehren machte die SP allerdings auch Werbung, wenn sich dazu Gelegenheit ergab. So war etwa der Bericht von Transparency International zur Einschätzung der Korruption von Parteien (siehe oben) Anlass für die SP, auf ihre Idee der Transparenzinitiative hinzuweisen, die die Offenlegung der Eigenmittel und Geldzuweisungen durch alle Parteien verlangen würde
[16].
Zur Legislaturhalbzeit zog die SP-Fraktion eine positive Bilanz. In zahlreichen Bereichen hätte eine informelle
Mitte-links-Allianz gespielt. Der einstmals starre Bürgerblock existiere vor allem auch im Ständerat, in dem die SP mit elf Sitzen so viele Mandate wie noch nie zuvor innehatte, nicht mehr. Beklagt wurde allerdings auch, dass die FDP anders als früher nicht mehr für eine Mitte-links-Zusammenarbeit zu gewinnen sei. Präsident Levrat bezeichnet die Freisinnigen Ende Juni als „blasse Kopie der nationalkonservativen SVP“. Bei den Wahlen 2015 müsse verhindert werden, dass die SVP und die FDP vier Regierungssitze erhalten
[17].
Auch dank ihres umtriebigen, die Öffentlichkeit nicht scheuenden Gesundheitsministers Alain Berset brachte sich die SP in der
Gesundheitspolitik in Stellung. In einer von den Genossen in Auftrag gegebenen Studie zur Einheitskrankenkasse wurde ein Sparpotenzial von etwa CHF 350 Mio. insbesondere bei den Verwaltungskosten ausgemacht. Der Plan des SP-Gesundheitsministers Berset, zum im Vorjahr eingereichten SP-Anliegen einen Gegenvorschlag auszuarbeiten, um damit auch dem Parteifrieden zu dienen, scheiterte allerdings am bürgerlichen Widerstand im Parlament
[18].
Die
Finanzpolitik war Thema der Delegiertenversammlung der Juso Mitte Dezember. Die Sparpakete, die in den Kantonen anstünden, würden auf Kosten der Bildung und der sozial Schwachen geschnürt. Die bürgerlich geprägte Finanzpolitik in diesen Kantonen sei „ruinös“
[19].
In der
Migrationspolitik hatte sich die SP bereits im Vorjahr stärker positioniert. Zu parteiinternen Auseinandersetzungen kam es dann allerdings aufgrund der Asylgesetzrevision. Die SP hatte – unter Protest der Juso – beschlossen, das Referendum nicht zu unterstützen. Freilich wurde Anfang Februar dann mit 170 zu 2 Stimmen die Nein-Parole gegen die Revision beschlossen; man müsse, obwohl die Abstimmung nicht zu gewinnen sei, mit einem möglichst hohen Nein-Stimmen-Anteil ein Zeichen setzten. Die VOX-Nachbefragung zur Asylgesetzrevision zeigte dann allerdings, dass die SP-SympathisantInnen nur in 54% der Fälle ein Ja eingelegt hatten. Die Presse argwöhnte in der Folge, dass die SP-Parteileitung in der Asylpolitik an der eigenen Basis vorbeipolitisiere. Gegen die 2014 zur Abstimmung stehende SVP-Initiative „gegen Masseneinwanderung“ wollte sich die SP laut eigener Ankündigung stärker engagieren. Die Initiative „aus der Giftküche der SVP“ tauge weder zur Bekämpfung von Lohndumping noch zur Verhinderung hoher Mieten (zu den inhaltlichen Diskussionen zu beiden Abstimmungsvorlagen vgl. Teil I, 7d)
[20].
Dank der Annahme der Abzockerinitiative stand auch die SP, die als einzige Bundesratspartei ein Ja empfohlen hatte, als Siegerin da. Bereits Anfang Februar hatte Parteipräsident Christian Levrat darauf hingewiesen, dass die SP die einzige Partei sei, die geschlossen hinter dem Begehren stehe. Umfragen würden zudem zeigen, dass rund 80% der SP-Wählerschaft die Initiative annehmen werde. Der tatsächliche Erfolg an der Urne wurde als historische Chance für soziale Initiativprojekte und als Initialzündung für weitere lohnpolitische Anliegen wie etwa die 1:12- oder die Mindestlohninitiative interpretiert. Auch die von der SP mitlancierte Erbschaftssteuerinitiative soll als Wegmarke hin zu mehr
sozialer Gleichheit betrachtet werden. Von Seiten der Wirtschaft wurde die SP scharf attackiert. Ihre Begehren seien ein Angriff auf das Erfolgsmodell Schweiz. Allerdings erlitten die Genossen aufgrund der relativ deutlichen Ablehnung der von der Juso eingereichten 1:12-Initiative noch im Berichtjahr einen ersten Dämpfer
[21].
Die Verhandlungen um die
Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien boten der SP wie schon in früheren Fällen im Zusammenhang mit den flankierenden Massnahmen Gelegenheit für Kompensationsgeschäfte. Die Genossen kündigten Mitte Januar an, nur Hand zur Ausweitung zu bieten, wenn der Wohnungsmarkt stärker reguliert werde. Die Personenfreizügigkeit sei mitverantwortlich für die hohen Preise am Wohnungsmarkt, weshalb ein besserer Mieterschutz und Massnahmen für preisgünstigere Wohnfläche insbesondere in Städten nötig seien. Zudem forderte die SP auch Anpassungen beim Lohn- und Arbeitnehmerschutz. Ein entsprechendes Positionspapier wurde an der Delegiertenversammlung Ende Oktober in Baden gutgeheissen. In der Diskussion gab es allerdings auch warnende Stimmen, dass die Verknüpfung der Forderungen an die Kroatien-Abstimmung die Beziehungen Schweiz-EU belasten könnte. Eine Kündigung der Personenfreizügigkeit dürfe nicht riskiert werden. Als proeuropäische Partei könne man nicht zusammen mit der SVP gegen die Ausdehnung auf Kroatien kämpfen
[22].
Die
Sozialpolitik hinsichtlich Sicherung der AHV rückte auch bei der SP immer stärker in den Fokus. Nicht nur, weil ihr Bundesrat Alain Berset die „Altersvorsorge 2020“ aufgleiste, sondern auch, weil die Geschäftsleitung an der Delegiertenversammlung Anfang März die Unterstützung der vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) lancierten Volksinitiative „AHVplus“ beantragte. Das Mitte März lancierte Begehren fordert eine Erhöhung sämtlicher AHV-Renten um 10%, lässt die Finanzierung allerdings offen. Das Rentenalter der Frauen soll nur dann erhöht werden, wenn damit eine ökonomische Gleichstellung der Geschlechter verknüpft wird. Die SP möchte – anders als der SGB – die AHV-Mehrausgaben mittels Erbschaftsbesteuerung finanzieren, eine Idee, die in der entsprechenden Volksinitiative ausformuliert war. Allerdings sind aufgrund der im Oktober präsentierten Pläne des SP-Bundesrates für die Rentenreform 2020 parteiinterne Konflikte vorprogrammiert. Verschiedene Parteiexponenten schlugen deshalb eine Urabstimmung vor. Nicht nur die geplante Erhöhung des Rentenalters für Frauen und die Konzentration auf beide Säulen, sondern auch die Kritik Bersets an der „AHVplus“-Initiative sorgten für parteiinterne Diskussionen
[23].
Mitte April, also rund eineinhalb Monate nach dem Scheitern des Familienartikels an der Urne, dachte die SP-Geschäftsleitung laut über ein neues Begehren nach, welches die
Familienpolitik stärken soll. Die Mehrheit der Bevölkerung sei für die Festschreibung einer Stärkung von Familien in der Verfassung gewesen. Das Hauptanliegen der am Ständemehr gescheiterten Idee, genügend Krippenplätze für Familien zu schaffen, die solche wünschten, sei ebenfalls wieder aufzunehmen. Zusätzlich wollen die Genossen die Kinderzulagen absichern und ausbauen. Geplant wurden zudem Vorstösse im Parlament, mit denen die gesellschaftliche und wirtschaftliche Stärkung von Familien gefordert werden sollen
[24].
Mit einer Zukunftswerkstatt Ende April im Bundeshaus wollte sich die SP in der
Medienpolitik positionieren und ein Diskussionspapier kommentieren lassen. Insbesondere die Medienförderung soll stark umgebaut werden, um Angebot, Qualität und Vielfalt zu stärken. In einzelnen Kantonen sei es zu einem eigentlichen Pressemonopol gekommen und die Medien nähmen ihre demokratische Kontrollfunktion immer weniger wahr. Durch Abgaben auf dem Werbe- und Internetmarkt sollen Fördergelder gewonnen werden, mit denen Journalisten aus- und weitergebildet werden sollen, um mehr journalistische Eigeninitiative zu erzielen. Das Papier wurde in den Medien eher negativ aufgenommen
[25].
Die SP ist die einzige Bundesratspartei, die in ihrem Parteiprogramm am Ziel eines EU-Beitritts festhält. Mit der Euro-Krise geriet die
Europapolitik allerdings seit einiger Zeit etwas ins Hintertreffen. Die im Juli präsentierten Pläne des Bundesrates für ein institutionelles Abkommen mit der EU hiessen die Genossen grundsätzlich gut. Auch die Idee, den Europäischen Gerichtshof in gewissen Fällen mit Deutungshoheit auszurüsten, beurteilte die SP als gangbaren Weg. Allerdings dürften die flankierenden Massnahmen nicht angetastet werden
[26].
Für parteiinterne Auseinandersetzung sorgte eine Forderung des Fraktionspräsidenten Andy Tschümperlin (SZ), Bundesparlamentarier sollten mit 65 Jahren jüngeren Genossinnen und Genossen Platz machen. Die 65-jährige Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer (BL) tat die
Forderung einer Altersregelung als „Unsinn“ und „Affront“ ab, ihre 58-jährige Kollegin Maria Bernasconi (GE) sprach gar von einer Diskriminierung: in der Politik solle nicht nur „jung und sexy“ etwas gelten
[27].
Als dritte Partei nach der SVP und der CVP gründete die SP eine
Seniorensektion. Die Sozialdemokraten wollen mit der „SP 60+“ versuchen, das Engagement und das Wissen der älteren Genossen besser einzubinden. Eine eigene Sektion, die sich auch stark für aktuelle Themen wie AHV oder Krankenkasse interessiere, sei eine gute Möglichkeit, die vorhandene Motivation einzubinden
[28].
Im Berichtjahr traten zwei nationale SP-Politikgrössen zurück. Hildegard Fässler (SG) gab im Januar ihren
Rücktritt per Anfang März bekannt. Fässler hatte die SP 16 Jahre lang im Nationalrat vertreten. Für sie rutschte Claudia Friedl nach. Hans-Jürg Fehr (SH), SP-Parteipräsident zwischen 2004 und 2008, trat nach 14 Jahren Parlamentsarbeit ebenfalls zurück. Seine Nachfolgerin für Bern wurde Martina Munz. Ihren Rücktritt vom angekündigten Rücktritt verkündete hingegen Jacqueline Fehr (ZH). Fehr unterlag im Vorjahr bei der Wahl für das Fraktionspräsidium Andy Tschümperlin (SZ) und hatte damals ihren Rücktritt aus der nationalen Politik angekündigt. In der Zwischenzeit habe sie aber gemerkt, dass die Freude an der Politik nach wie vor sehr gross sei
[29].
FDP. Die Liberalen (FDP)
Die
kantonalen
Gesamterneuerungswahlen 2013 dürften der FDP nicht in guter Erinnerung bleiben. Per Saldo verloren die Freisinnigen in den vier Kantonen, in denen Parlamentswahlen stattfanden, nicht weniger als 14 Sitze. Herbe Verluste mussten sie in der Westschweiz hinnehmen: Im Kanton Genf verlor die FDP sieben Mandate und im Kanton Neuenburg deren sechs. Auch im Kanton Solothurn büsste die FDP einen Sitz ein. Trösten konnten sich die Freisinnigen daran, dass sie in diesen drei Kantonen trotz teilweise massiver Wählerverluste noch immer die stärkste Kraft in der kantonalen Legislative blieben. Einzig im Kanton Wallis gelang es der FDP, trotz Misserfolg der deutschsprachigen FDP Oberwallis, ihre Sitze zu halten. Die Sitzverluste führten dazu, dass sich der Abstand zur SVP, die mit 562 aller 2 559 kantonalen Sitze Ende Berichtjahr nach wie vor am stärksten in den kantonalen Parlamenten vertreten war, vergrösserte. Die FDP war diesbezüglich aber mit total 530 Mandaten immer noch zweitstärkste Partei
[30].
Schwere Niederlagen musste die FDP im Berichtjahr auch bei den
kantonalen Regierungswahlen einstecken. In Genf verlor der Freisinn eines und in Neuenburg gleich zwei der jeweils ursprünglich drei Exekutivmandate. Während die FDP in Neuenburg für verschiedene politische Skandale richtiggehend abgestraft wurde, konnte der Verlust der Regierungsbeteiligung im Kanton Wallis mit der „Steinaffäre“ um Christian Varone und mit der erstarkten SVP erklärt werden. Bei Ersatzwahlen im Kanton Basel-Landschaft verzichtete die FDP darauf, ihren zurücktretenden Regierungsvertreter zu Gunsten einer Regierungsbeteiligung der SVP zu ersetzen. Einzig im Kanton Appenzell Ausserrhoden, wo die FDP eine politische Macht ist, konnte auf Kosten der SVP ein sechster von sieben Regierungssitzen erobert werden. Ohrfeigen musste die FDP auch bei kommunalen Exekutivwahlen einstecken. So wurde der langjährige FDP-Sindaco von Lugano abgewählt und durch einen Lega-Politiker ersetzt und bei Ersatzwahlen in der bereits stark links gefärbten Stadt Zürich verlor die FDP ihren Sitz an die Alternative Linke. Die Verluste bei den Exekutivwahlen wurden in der Presse auch auf einen Mangel an überzeugenden Köpfen zurückgeführt. Der Freisinn müsse mehr in den Nachwuchs investieren. Die Personalpolitik in den Kantonalsektionen wurde von Präsident Philipp Müller im Hinblick auf die Wahlen 2015 als zentrales Projekt forciert. Trotz der Niederlagen blieb die FDP Ende Berichtjahr die stärkste Regierungskraft in den Kantonen. 26,9% der Exekutivsitze (42 von total 156 Sitzen) waren in freisinniger Hand
[31].
Mitte November kürte die Bundeshausfraktion die Kandidierenden für das zweite
Vizepräsidium in beiden Parlamentskammern. 2016 wird die FDP den Vorsitz im Stände- und im Nationalrat innehaben. Die von einer Fraktion vorgeschlagenen Kandidierende werden im Normalfall gewählt und rücken vom zweiten Vize- zum ersten Vizepräsident bzw. vom ersten Vize- zum Präsidenten auf. Um das Amt im Nationalrat bewarben sich Christa Markwalder, Christian Wasserfallen und Andrea Caroni, während für die kleine Kammer einzig die Kandidatur von Raphaël Comte anstand. Das Ständeratsamt wäre eigentlich für den allerdings kurz zuvor verstorbenen Pankraz Freitag vorgesehen gewesen. Nominiert wurden schliesslich Markwalder und Comte
[32].
Rund ein Jahr nach seinem Amtsantritt als
FDP-Präsident wurde Philipp Müller parteiintern ein gutes Zeugnis ausgestellt. Die zahlreichen Bedenken hinsichtlich seiner Ausbildung oder seiner harten Haltung in der Asylpolitik unmittelbar nach seiner Präsidentschaftswahl waren verstummt. Müller nahm sein grosses Ziel der „inneren Mobilisierung“ sehr ernst, war viel unterwegs und trat bei zahlreichen Ortssektionen auf. Er konnte sich zudem in verschiedenen Auftritten als Präsident Respekt verschaffen und seine Mediengewandtheit auch mit geschickt platzierten Provokationen unter Beweis stellen. Seine Ausbildung als Gipser kam ihm dabei gelegen, weil ihm seine Idee des „Volksfreisinns“ als authentisch abgenommen wurde. Mit einfachen, hemdsärmeligen Botschaften und Präsenz im öffentlichen Raum mache er die Partei wieder zu einem Produkt und halte sie so im Gespräch. Auch die Vorwürfe, dass die FDP lediglich Juniorpartner der SVP sei, waren seit Müllers Antritt seltener zu hören. Kritik kam allerdings von den FDP-Frauen, die von Müller mehr Engagement für Frauenanliegen und Ökologie verlangten. Diese beiden Themen hatte Müller eigentlich gleich nach seiner Wahl als prioritär angekündigt. Anstoss erregte auch die von Müller ab und an wenig zimperliche Verwendung von Kraftausdrücken in der Öffentlichkeit und gegenüber politischen Gegnern. Aufgrund der Wahlniederlagen wurde zudem kritisiert, dass der Aargauer zwar Publizität, aber keine Resultate bringe
[33].
Mit ihrer Forderung nach staatlicher Förderung für Kinderkrippen, einer regulierenden Frauenquote oder ihrem Ja zum Familienartikel und zum revidierten Raumplanungsgesetz (siehe unten) hatten die
FDP-Frauen in der Partei für einigen Unmut gesorgt. Die Frauen selber prangerten in den Medien einen parteiinternen Rechtsrutsch an. Nach einer Aussprache zwischen der Mutterpartei und der Frauensektion wurde ein Verhaltenskodex vereinbart, mit dem die Koordination zwischen Mutterpartei, Jungfreisinnigen und FDP-Frauen verbessert werden soll. In einer Zukunftstagung im September debattierten die Frauen über Zukunft, Positionierung, Strukturen und politisches Programm der bereits 64-jährigen Frauensektion
[34].
Einige Mühe bekundete die FDP bei der Parolenfassung zum Familienartikel. Bereits im Parlament zeigte sich die FDP-Fraktion in dieser Frage gespalten und die FDP-Frauen hatten bereits im Dezember 2012 ein Ja empfohlen. Dass die Nein-Parole dann schliesslich durch die Parteipräsidentenkonferenz und nicht an der Delegiertenversammlung gefasst wurde, führte zu einiger Kritik. Zudem liess der erst am 1. Februar 2013, also lediglich knapp einen Monat vor der Abstimmung gefasste Entscheid kaum mehr Zeit, sich in der Kampagne zu positionieren. Via Presse forderten einige FDP-ExponentInnen, dass alle
Parolen in Zukunft von der Delegiertenversammlung gefasst werden müssen. In den FDP-Statuten ist allerdings vermerkt, dass die Präsidentenkonferenz – bestehend aus den Präsidenten der Kantonalparteien, dem FDP-Vorstand und den FDP-Bundesräten – beschliessen kann, ob eine Abstimmungsempfehlung selber getroffen oder den Delegierten vorgelegt wird. Das sei letztlich auch eine Frage der zeitlichen Machbarkeit, gab Präsident Müller zu Protokoll
[35].
Insbesondere bei den Abstimmungsvorlagen, die am 3. März des Berichtjahrs an die Urne gelangten, tat sich die FDP schwer mit der
Parolenfassung. Umstritten waren dabei nicht nur der Familienartikel, sondern auch die Beschlussfassung zum revidierten Raumplanungsgesetz (RPG). Die Nein-Parole zur Festschreibung eines Artikels zur Familienpolitik in der Verfassung war von der Präsidentenkonferenz gefällt worden, was nicht nur parteiintern Protest auslöste (siehe oben), sondern auch zu abweichenden Empfehlungen der FDP-Frauen und nicht weniger als sechs Kantonalsektionen führte: Ein Ja empfahlen die FDP-Sektionen der Romandie (GE, JU, NE, VD) sowie des Kantons Bern, während sich die FDP-Kantonalsektion Basel-Stadt für Stimmfreigabe entschloss. Das an der Delegiertenversammlung in Zürich Anfang Februar nur relativ knapp mit 185 zu 85 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) zustande gekommene Nein zum RPG, die abweichende Ja-Empfehlung der FDP-Frauen und die vier abweichenden Kantonalsektionen (AG, BE, LU, NE) waren Indikatoren für die parteiinterne Umstrittenheit in der Raumplanungspolitik. Hauptargument gegen das revidierte Gesetz war die Angst vor der extremeren Landschaftsinitiative, die bei einem Nein zum RPG an die Urne gekommen wäre. Bereits im Oktober des Vorjahres hatte sich der Freisinn mit 236 zu 8 Stimmen bei drei Enthaltungen gegen die Abzockerinitiative ausgesprochen. Hier wich die Sektion des Kantons Tessin ab, die ein Ja empfahl. In zwei der erwähnten drei umstrittenen Vorlagen traf die FDP mit ihrer Parole nicht die Mehrheitsmeinung (RPG, Abzocker). Dies passierte ihr bei den restlichen acht Vorlagen nur noch bei ihrer Ja-Empfehlung zur Erhöhung der Gebühr für die Autobahnvignette, die nach einer hitzigen Debatte Mitte Oktober in Genf mit 110 zu 58 Stimmen beschlossen wurde – gegen das vorgebrachte Argument, es handle sich um eine Zweckentfremdung fiskalischer Einnahmen aus dem Strassenverkehr. Die junge FDP beschloss hierzu auf Opposition zur Mutterpartei zu machen und ein Nein zu empfehlen. Bei den restlichen sieben Vorlagen traf die FDP mit ihrer parteiintern unbestrittenen Empfehlung jeweils den Mehrheitswillen der Stimmbevölkerung. Das Nein zur Initiative für eine Volkswahl des Bundesrates kam mit 198 zu 5 Stimmen zustande und das Ja zur Asylgesetzrevision wurde mit 207 zu einer Stimme an der Delegiertenversammlung im Mai in Baden gefasst. Ebenso deutlich waren die Abfuhren der GSoA-Initiative zur Abschaffung der Wehrpflicht (213 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen) und der 1:12-Initiative (201 zu 1 Stimme). Die Revision des Arbeitsgesetzes wurde einstimmig zur Annahme empfohlen. Während diese drei Vorlagen an der Delegiertenversammlung Ende August in Thun diskutiert wurden, beschloss die Präsidentenkonferenz bereits vorher das Ja zum Epidemiengesetz. Neben dem Beschluss zur Autobahnvignette wurde an der Delegiertenversammlung in Genf Mitte Oktober mit 146 zu 8 Stimmen auch ein deutliches Nein gegen die SVP-Familieninitiative beschlossen – Parteipräsident Müller bezeichnete das Begehren als Unsinn, der kein Privileg der Linken sei
[36].
An ihrer Versammlung in Zürich Anfang Februar stimmten die FDP-Delegierten einem von Parteipräsident Müller bereits Mitte Januar präsentierten Strategiepapier zur
Infrastrukturpolitik zu, das als Mittel gegen zunehmend überfüllte Züge und verstopfte Strassen einen starken Ausbau des Angebotes an Schienen- und Strasseninfrastruktur fordert: Viertelstundentakt der Intercity-Züge auf der Ost-West-Achse im Sinne einer „S-Bahn-Schweiz“, die Behebung von Engpässen im Schienennetz, die rasche Fertigstellung des Nationalstrassennetzes, eine zweite Gotthardröhre und ein besseres Strassenangebot für Zubringer in die Agglomerationen. Auch ein späterer Schulbeginn, um die Rushhour zu entschärfen, wurde diskutiert. Bei der Finanzierung dieses Ausbaus blieb das Papier vage, wollte aber stärker auf das Nutzerprinzip abstellen, das auf der Idee von Mobility-Pricing beruht. Zudem will die FDP eine Entflechtung der Finanzierung der Verkehrsträger, konkret einen Bahn- wie einen Strasseninfrastrukturfonds, wobei letzterer nicht mehr zur Finanzierung des öffentlichen Verkehrs beigezogen werden soll
[37].
Um die Reform der
Altersvorsorge voranzutreiben, wollte sich die FDP stärker für „flexibles Arbeiten im Alter“ einsetzen, so der Titel eines Arbeitspapiers. Die Erwerbstätigkeit im Alter soll durch altersgerechtere Umstrukturierung oder gezielter an das Alter angepasste Weiterbildungsangebote gefördert werden. Bessere Strukturen für familienexterne Kinderbetreuung sollen zudem eine Pause in der Erwerbstätigkeit von Frauen unnötig machen, was für die FDP eine Voraussetzung für den Verbleib der Frauen im Berufsleben bis ins Pensionsalter darstellt. Die Freisinnigen begrüssen ein flexibles Rentenalter und plädieren für ein Referenzrentenalter anstelle einer fixen Jahreszahl. Bei allen Massnahmen sei aber darauf zu achten, dass die Flexibilität des Arbeitsmarktes nicht eingeschränkt werde
[38].
Eine „pragmatische“
Einwanderungspolitik forderte die FDP in einem Massnahmenplan, der die Personenfreizügigkeit grundsätzlich befürwortete, die Zuwanderung aus Drittstaaten jedoch einschränken und verstärkt gegen Missbräuche vorgehen wollte, insbesondere hinsichtlich des Familiennachzugs. Dieser soll nur gewährt werden, wenn eine echte Integrationsbereitschaft bestehe und die finanziellen Verhältnisse genügend gesichert seien. Aufenthaltsbewilligungen für Einwanderer aus EU-Ländern sollen widerrufen werden können, wenn diese Sozialhilfe empfangen. Auch die Fünfjahresbewilligung und die Umwandlung in eine Niederlassungsbewilligung für EU-Bürger sollen erst erteilt werden, wenn die Sozialhilfe-Risiken als gering eingeschätzt werden können. Mit einer besseren Umsetzung der bestehenden Gesetze wollte die FDP in der Einwanderungsdebatte sowohl Angriffe von rechts auf die Personenfreizügigkeit als auch die linken, den „Wohlstand bedrohenden“ flankierenden Massnahmen kontern. Das Papier wurde an der Delegiertenversammlung Anfang Mai in Baden einstimmig angenommen. Nachdem die SP Ende Oktober ihre Zustimmung für die Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien an eine Erweiterung der flankierenden Massnahmen knüpfen wollte, trat die FDP an die Medien und sprach von linken Drohungen und Bluff. Eine Kündigung der Bilateralen könne nicht im Interesse der SP sein. Diesmal werde die FDP der SP nicht entgegenkommen. Die durch die Zuwanderung verursachten Probleme müssten vielmehr mit einer konsequenteren Umsetzung der flankierenden Massnahmen, etwa beim Schutz vor Lohndumping oder einer Vereinfachung des Arbeitsrechts gemildert werden. Ende Berichtjahr gab Parteipräsident Müller auch der SVP einen Korb, indem er die für 2014 zur Abstimmung stehende Masseneinwanderungsinitiative scharf kritisierte
[39].
Die FDP beteiligte sich an der von der SVP lancierten Debatte um das
Verhältnis zwischen Völker- und Landesrecht in Form einer Anfang August präsentierten frühen Fassung eines Positionspapiers. Die Freisinnigen schlugen darin vor, das Völkerrecht innerstaatlich abzustufen. Damit könne festgelegt werden, dass ein Bundesgesetz grösseres Gewicht habe als ein drittrangiger Staatsvertrag. Wie bei einem gleichstufigen Konflikt vorgegangen werden soll, wurde allerdings nicht erörtert. Ablehnend stand die FDP den Vorschlägen des Bundesrates gegenüber, der Einschränkungen des Initiativrechts vorsieht, um Konflikte künftig zu vermeiden. Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof, den die FDP ausdrücklich akzeptierte, dürfe sich aber nicht zu stark in nationale Angelegenheiten einmischen
[40].
An der Delegiertenversammlung in Thun Ende August verabschiedeten die Freisinnigen ein Positionspapier zur
Sicherheitspolitik, in dem sie eine Armee mit mindestens 100 000 Soldaten forderten, die über eine moderne Luftwaffe verfügen und mit CHF 5 Mrd. finanziert werden soll. Die FDP reagierte damit auf die Debatten im nationalen Parlament
[41].
Die überparteiliche Volksinitiative „Ja zum Schutz der Privatsphäre“, die das
Bankgeheimnis in der Verfassung verankern will, sorgte innerhalb der Partei für Diskussionen. Bereits Ende April hatte die Konferenz der kantonalen Parteipräsidenten ihre Unterstützung für die Unterschriftensammlung zugesagt. In der Presse wurde im Juli kolportiert, dass die FDP zwei Franken pro Unterschrift bezahle. Der Entscheid für die Unterstützung des Begehrens stiess an der Delegiertenversammlung Ende August in Thun aber auf Opposition. Man werde sich damit ein Image der Partei von Steuerhinterziehern einhandeln und bei den Wahlen abgestraft werden, so die Warner. Die Mehrheit der Delegierten fand das Projekt allerdings unterstützenswert und genehmigte den präsidialen Entscheid mit 171 zu 52 Stimmen
[42].
Die Vernehmlassungsantwort der FDP zur Energiestrategie 2050 wurde als konsolidierte Position der Freisinnigen nach mehreren Jahren des Ringens um die
Energiepolitik der Partei interpretiert. Die FDP hatte sich nach der Atomkatastrophe in Japan 2011 lange schwer getan, eine nachvollziehbare Position aufzubauen. Sie sprach sich in ihrer Stellungnahme von Anfang Februar gegen die gesetzliche Verankerung eines Atomausstiegs aus. Zwar lehne man den Bau von Reaktoren der heutigen Technologie ab, ein grundsätzliches Technologieverbot unterstütze die FDP aber nicht. Mitte Oktober dachte FDP-Parteipräsident Philipp Müller laut über die Einführung einer Ökosteuer nach, um den Energieverbrauch zu senken. Die höhere Besteuerung von Energie statt Arbeit sei sinnvoll. In einem parteiintern nicht nur auf Wohlwollen stossenden Interview in der Sonntagszeitung forderte Müller ein ökologischeres Profil für die FDP
[43].
Günstigere Rahmenbedingungen für Forschung und unternehmerisches Handeln im Sinne von Wissenschaftsfreiheit, einem ausgebauten Bildungssystem, attraktiven Steuersätzen, niedrigen bürokratischen Hürden und offenen Märkten sollen die
Innovationspolitik befördern. In ihrem Ende September präsentierten Positionspapier sprach sich die FDP zudem gegen Moratorien in der Forschung, aber für die internationale Forschungszusammenarbeit aus, ohne dabei jedoch die privatwirtschaftliche Finanzierung der Forschung aufgeben zu wollen. Um eine bessere Vernetzung zwischen Forschung und Wirtschaft zu fördern, soll nicht nur der Wissensaustausch verbessert werden, sondern auch privat finanzierte Lehrstühle eingerichtet werden. Die Freisinnigen unterstützen zudem die Idee eines nationalen Innovationsparks. Mit Hilfe eines Innovationsfonds sollen Start-Ups rascher gegründet werden können. An der Delegiertenversammlung in Genf Mitte Oktober wurde das Positionspapier verabschiedet
[44].
Innerhalb der Partei sorgte die
Familienpolitik für einigen Wirbel. Noch 2012 hatte die FDP mit einem Positionspapier für eine liberale Familienpolitik auf sich aufmerksam gemacht. Anfang Jahr hatte die Präsidentenkonferenz dann allerdings mit einem Nein zum Familienartikel einige FDP-Mitglieder und insbesondere die Frauensektion vor den Kopf gestossen (siehe oben). Die Differenzen innerhalb des Freisinns bezüglich seiner Familienpolitik kamen mit der SVP-Familieninitiative ein zweites Mal zu Tage. Mitte April sprach sich der Berner Nationalrat Christian Wasserfallen für eine Unterstützung des SVP-Begehrens aus. Es müsse ein Zeichen für die traditionelle Familie gesetzt werden. Die Partei fasste dann im Oktober allerdings eine überraschend deutliche Nein-Parole (siehe oben), was ihr prompt geharnischte Kritik seitens der SVP bescherte
[45].
Nach dem deutlichen Ja zur Abzockerinitiative hatte FDP-Nationalrat Ruedi Noser (ZH) zusammen mit Gleichgesinnten den
Verein „SuccèSuisse“ ins Leben gerufen. Ziel ist eine Verteidigung der liberalen Wirtschaftsordnung gegen Angriffe von rechts und links. Dem Verein traten relativ rasch rund 600 unternehmerisch tätige Personen bei. Man versteht sich als Ergänzung zu den bestehenden Wirtschaftsverbänden und will mit persönlichem Engagement gegen die anstehenden Volksbegehren kämpfen, die das Erfolgsmodell Schweiz bedrohten: die 1:12-Initiative, die Forderung eines Mindestlohns, die Einführung der Erbschaftssteuer, die Initiative gegen die Masseneinwanderung und das Begehren für die Abschaffung der Pauschalbesteuerung gelte es abzuwenden. Die zuerst auch parteipolitisch breit aufgestellte Gruppierung verlor allerdings die Unterstützung der SVP. Der Zuger SVP-Nationalrat Thomas Aeschi distanzierte sich, nachdem Noser Opposition gegen die Masseneinwanderungsinitiative angekündigt hatte
[46].
Auf die Ende Oktober gemachten Avancen der SVP wollte Philipp Müller nicht eingehen. Toni Brunner, der Präsident der SVP, bot der FDP via Sonntagsmedien einen
Pakt für die Nationalratswahlen 2015 an. Die Parteien sollten flächendeckend Listenverbindungen knüpfen. Müller wollte sich noch alle Optionen offen halten und gab sich irritiert, weil der SVP-Präsident nur wenige Tage vor seinem Angebot an einer Delegiertenversammlung mehrere Breitseiten gegen die FDP abgefeuert hatte. Bei den Wahlen 2011 hatte die FDP – damals noch unter Pelli – grossen Wert auf den Alleingang als „liberales Original“ gelegt. Damals waren die Freisinnigen nur in sechs Kantonen Listenverbindungen eingegangen und nur im Kanton Waadt kam es dabei zu einem Zusammengehen der FDP mit der SVP. Müller hatte sich kurz nach den nationalen Wahlen 2011 gar für ein nationales Verbot von Listenverbindungen stark gemacht. Weniger Berührungsängste zeigten die Jungparteien, die sich gegen den Vormarsch des „schleichenden Sozialismus“ verbrüderten
[47].
Im Kanton
Wallis bestanden seit den späten 1970er Jahren – getrennt durch die Sprache – zwei freisinnige Parteien. Während die französischsprachige FDP Unterwallis die grösste Fraktion im Kantonsparlament stellt und auch auf kommunaler Ebene stark verankert ist, litt die jüngere, deutschsprachige FDP Oberwallis seit einigen Jahren an der Konkurrenz durch die SVP. Befördert durch das Debakel bei den Regierungswahlen (siehe oben sowie Teil I, 1e), wurde eine Fusion der beiden Sektionen zu einer konsequent zweisprachigen Kantonalpartei beschlossen – ein Novum im Kanton Wallis. Am 12. September wurde der Zusammenschluss beschlossen. Der Aufbruch ging zudem mit einem Generationenwechsel einher. Neuer Präsident wurde der 29-jährige Xavier Mottet, dem drei Vizepräsidenten aus den Regionen Unter-, Mittel- und Oberwallis zur Seite gestellt wurden. Fortan wolle man durch volksnahere Politik in der Opposition die elektorale Basis wieder ausbauen
[48].
In der Nacht auf den 5. Oktober verstarb der Glarner FDP-Ständerat
Pankraz Freitag 60-jährig. Der ausgewiesene Finanz- und Energiepolitiker galt als besonnene und breit respektierte Persönlichkeit. Bereits zum dritten Mal in der laufenden Legislatur musste die FDP damit einen Todesfall in ihren Reihen verarbeiten. Im Vorjahr waren die Nationalräte Otto Ineichen (LU) und Peter Malama (BS) verstorben
[49].
Fulvio Pelli, der ehemalige FDP-Präsident, kündigte auf den Frühling 2014 seinen Rücktritt aus der nationalen Politik an. Seine Mandate bei der Tessiner Kantonalbank wolle er weiter verfolgen und in Lugano wieder als Anwalt tätig sein. Pelli wird als engagierter Stratege in die Geschichte der FDP eingehen, dem unter anderem die Fusion zwischen FDP und Liberalen gelungen ist
[50].
In die Schlagzeilen geriet die Zürcher FDP-Nationalrätin
Doris Fiala. Zum Abschluss ihres Master-Weiterbildungs-Studiums an der ETH hatte Fiala eine Arbeit verfasst, in der sie verschiedene formale Fehler begangen hatte. Unter anderem fehlten Zitierungen von verwendeten Quellen. Fialas Abschluss war 2010 abgenommen worden. Weil die Züricherin ihre Arbeit im Internet publizierte, geriet sie auf den Radar von Plagiatsjägern. Fiala gestand ein, unsorgfältig gearbeitet zu haben. Die ETH aberkannte ihr den Titel, gab Fiala aber eine zweite Chance. Politische Folgen hatte die Affäre keine, Rücktrittsforderungen wurden als deplatziert betrachtet
[51].
Christlichdemokratische Volkspartei (CVP)
Im Berichtjahr musste die CVP im Kanton Wallis historische Verluste hinnehmen. Nach 150 Jahren war die Vormachtstellung der katholischen Kräfte auch in der letzten Bastion gefallen. Die Niederlage wurde dabei auch der Unterstützung der nationalen Partei für das im Wallis umstrittene Raumplanungsgesetz zugeschrieben. Freilich blieb die CVP im Wallis die mit Abstand stärkste Partei, auch wenn sie ihre absolute Mehrheit preisgeben musste. Die CVP konnte auch in Solothurn, wo im Berichtjahr ebenfalls
Gesamterneuerungswahlen für kantonale Parlamente anstanden, ihren Krebsgang nicht aufhalten. Hier mussten die Christdemokraten drei Sitzverluste hinnehmen. Die Strategie der nationalen Partei, die grünen und sozialdemokratischen Themen zum Durchbruch verhelfe und die CVP lediglich zur Mehrheitsbeschafferin mache, komme bei der Stammwählerschaft nicht gut an, analysierte die Presse. Die Debatten innerhalb der Partei über die Parolen zu nationalen Abstimmungen (siehe unten) und die Ablehnung des Familienartikels in den katholischen Stammlanden können tatsächlich als Indizien für die Unzufriedenheit des konservativen Teils in der Partei betrachtet werden. Wenn die CVP wieder Erfolg haben wolle, müsse sie klare Positionen einnehmen, wurde etwa in der NZZ empfohlen. Besser erging es der Partei im Berichtjahr in der Westschweiz. Im Kanton Genf konnten die elf Sitze gehalten und der Wähleranteil leicht ausgebaut werden. Eine Überraschung gelang der CVP zudem im Kanton Neuenburg. Die hier praktisch unbedeutende Partei konnte auch dank der Listenverbindung mit FDP, BDP und GLP erstmals einen Sitz erobern. Dies hatte zur Folge, dass die CVP erstmals in allen kantonalen Parlamenten der Schweiz vertreten ist. Mit 460 von total 2 559 kantonalen Legislativmandaten (exklusive AI) war die CVP über alle Kantone hinweg betrachtet hinter der SVP und der FDP drittstärkste Partei
[52].
Erfolge konnte die CVP bei den
Erneuerungs- und Ersatzwahlen
für die kantonalen Exekutiven feiern. Zwar musste man sowohl im Kanton Wallis als auch im Kanton Solothurn in einen zweiten Wahlgang, die drei (VS) bzw. zwei (SO) kantonalen Exekutivsitze konnten aber letztlich relativ komfortabel verteidigt werden. Noch besser lief es im Kanton Genf, wo die CVP dank einer wiederbelebten Entente mit der FDP sogar einen zweiten Regierungssitz erobern konnte. Bei Ersatzwahlen in den Kantonen Basel-Landschaft und Freiburg verteidigte die CVP ihren jeweiligen Sitz gegen starke Konkurrenz. Mit den Erfolgen konnte die CVP auch ihre Stellung als wichtige Regierungspartnerin festigen. Mit 39 der total 156 kantonalen Exekutivmandaten blieb die CVP zweitstärkste Regierungskraft hinter der FDP (42 Sitze), aber noch vor der SP (33 Sitze) und deutlich vor der SVP (21 Sitze)
[53].
2014 wird die CVP mit Ruedi Lustenberger (LU) den
Nationalratspräsidenten stellen. Der dem konservativen Flügel zugeordnete, seit 1999 im Nationalrat sitzende Entlebucher wurde Ende November mit 175 von 183 gültigen Stimmen gewählt
[54].
Im Spätjahr trat eine Findungskommission unter der Leitung von Peter Bieri (ZG) in Aktion, um einen Nachfolger für den Ende Berichtjahr zurücktretenden
Fraktionspräsident Urs Schwaller zu suchen. Schwaller hatte bereits 2012 angekündigt, das Amt nicht mehr weiterführen zu wollen. Der ehemalige Freiburger Finanzdirektor Schwaller, 2003 in den Ständerat gewählt, war seit Dezember 2007 Präsident der Bundeshausfraktion. Lange wurden keine Namen von potentiellen Nachfolgern genannt. Bekannt wurde lediglich, dass sich einige von der Presse als Kronfavoriten gehandelte Parlamentarier selber aus dem Spiel nahmen, so etwa Gerhard Pfister (ZG), Elisabeth Schneider-Schneiter (BL) oder Viola Amherd (VS). Es wurde zudem gemutmasst, dass sich einige CVP-Schwergewichte – kolportiert wurden etwa auch die Namen Pirmin Bischof (SO) oder Konrad Graber (LU) – nicht zur Verfügung stellten, weil sie sich die Chance für mögliche Bundesratsweihen nicht verbauen lassen wollten, wurde doch gemunkelt, dass sich die amtierende Bundesrätin Doris Leuthard nach Ende der Legislatur eine neue Herausforderung suchen könnte. In die Offensive wagte sich Mitte Dezember schliesslich Filippo Lombardi (TI), der sich als einziger Kandidat für ein Hearing des KMU-Klubs, also des Wirtschaftsflügels der CVP-Fraktion, anmeldete. Lombardi war zwar in der Vergangenheit vor allem wegen Strassenverkehrsdelikten aufgefallen, konnte sich im Berichtsjahr als Ständeratspräsident aber rehabilitieren. Zudem durfte er auch aufgrund seiner perfekten Dreisprachigkeit auf einigen Zuspruch in der Fraktion hoffen. Die Fraktion wollte sich im Januar 2014 an ihrer Fraktionsklausur entscheiden
[55].
Im Oktober des Berichtjahres kündigte der CVP-Präsident
Christoph Darbellay seinen Rücktritt als Nationalrat und Parteipräsident auf 2015 an. Gleichzeitig bekundete er seine Absicht, 2017 einen Walliser Regierungssitz zu gewinnen. Diese Bekanntgabe stiess nicht bei allen Parteikollegen auf Gehör. Zwar ist Darbellay der amtsälteste Parteipräsident – seit 2006 hat er dieses Amt inne – es wurde ihm aber aus den eigenen Reihen vorgeworfen, dass er nicht mehr immer ganz bei der Sache sei, und dass er im Zweifel für Walliser Interessen votiere. Die Amtszeitbeschränkung der CVP-Unterwallis zwingt Darbellay nach drei Legislaturperioden zu einem Ausscheiden aus dem Nationalrat. Als Präsident wäre er aber bis 2016 gewählt. Bereits 2009 wollte Darbellay für die Walliser Regierung kandidieren, wurde jedoch damals von seiner Partei nicht nominiert. Trotz wachsender parteiinterner Kritik stand eine mögliche Neubesetzung ausser Diskussion, da eine solche im Hinblick auf die Wahlen 2015 zu spät käme. Der Präsident war zudem Anfang Jahr in die Schlagzeilen geraten, weil er zwei Bankiers im Rahmen der Wegelin-Affäre (siehe Teil I, 4b) als Verräter bezeichnet hatte
[56].
Im
Parteisekretariat kam es im Berichtjahr zu einigen personellen Wechseln. Thomas Jauch wurde Mitte September vom Parteipräsidium als neuer Kommunikationschef und in diesem Amt als Nachfolger von Marianne Binder-Keller gewählt, die im Juni ihren Rücktritt erklärt hatte, weil sie sich auf ihr Kantonsparlamentsmandat im Kanton Aargau konzentrieren wolle. Jauch hat sich um alle Kommunikationsbelange der Partei zu kümmern. Mitte August kündigte zudem Alexandra Perina-Werz nach 12-jähriger Tätigkeit ihren Rücktritt an. Perina-Werz war zweimal für kurze Zeit Generalsekretärin ad interim. Gegen Ende des Jahres gab die CVP zudem bekannt, dass die operative Leitung der künftigen Wahlen vom Generalsekretariat unter Béatrice Wertli in Zusammenarbeit mit den bestehenden Gremien übernommen werde
[57].
Die Christdemokraten bekundeten nach eigenen Aussagen zunehmend Mühe, finanzielle Unterstützung aus Wirtschaftskreisen zu finden. Die CVP sei zwar finanziell und organisatorisch auf Kurs, aufgrund mangelnder Finanzierung musste aber das
CVP-Parteiblatt „Die Politik“ sistiert werden. Das Magazin war ursprünglich als Wahlkampfvehikel lanciert worden und seit 2009 als Zeitschrift erschienen. Ein Ersatz in Form einer Parteizeitung sei aber in Planung
[58].
Auffallend häufig legten sich im Berichtjahr die
CVP-Frauen mit der nationalen Mutterpartei an. Nachdem die Fraktion und die Partei die Unterstützung der Asylreform beschlossen hatten, empfahl die Frauensektion ein Nein, und auch hinsichtlich der SVP-Familieninitiative erreichten die Frauen einen Umschwung; das Begehren wurde zur Ablehnung empfohlen. Die CVP-Frauen kündigten zudem ihren Widerstand gegen die Pläne ihrer Bundesrätin Doris Leuthard für eine zweite Gotthardröhre an. Die Differenzen wurden auf der einen Seite als innerdemokratische Meinungsvielfalt begrüsst, auf der anderen Seite auf die zu starke Unabhängigkeit der CVP-Frauen zurückgeführt – Präsidentin und Vizepräsidentin der Frauensektion gehören weder der Bundeshausfraktion an, noch sind sie Mitglieder des Präsidiums
[59].
Die CVP gehörte im Berichtjahr zusammen mit der GLP, der FDP und der BDP zu den Gewinnerinnen was die Übereinstimmung ihrer
Parolenfassung mit dem tatsächlichen Abstimmungsresultat betrifft. Bei acht der elf Vorlagen stimmte die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger wie von der CVP empfohlen. Bei den Christdemokraten fallen dabei zwei Dinge besonders ins Auge: erstens die deckungsgleiche Parolengebung mit der BDP und zweitens die relative parteiinterne Umstrittenheit bei verschiedenen Themen. Die Kongruenz der Parolenfassung von CVP und BDP bei allen elf Abstimmungsvorlagen im Berichtjahr kann auch als Indiz für die ideologische Nähe der beiden Parteien interpretiert werden (zur Fusionsdiskussion vgl. unten). Mit der GLP wies die CVP eine (Autobahnvignette) und mit der FDP zwei unterschiedliche Parolenfassungen (Familienartikel und RPG) auf. Bei fünf der elf Vorlagen kam es zu abweichenden Parolen in den Kantonen – ein Zeichen für parteiinterne Uneinigkeit. Am stärksten hatte die Partei dabei mit der Revision zum Raumplanungsgesetz zu ringen (siehe unten). An der Delegiertenversammlung Ende Januar in Olten wurde zwar mit 170 zu 89 Stimmen bei drei Enthaltungen ein Ja empfohlen, alle nicht-deutschsprachigen Kantonalsektionen (FR, GE, JU, NE, TI) und dabei insbesondere die Sektion Wallis wichen aber von der Parole der Mutterpartei ab. Fünf Kantonalparteien (FR, LU, GR, VS, VD) beschlossen in ihrer jeweiligen Parolenfassung bei der SVP-Familieninitiative vom Nein der nationalen Partei Abstand zu nehmen, das Ende Oktober in Tenero mit 114 zu 87 allerdings relativ knapp ergriffen worden war. Zum Familienartikel, für den Anfang Jahr an der Delegiertenversammlung in Olten ein deutliches Ja empfohlen wurde (243:1 Stimmen bei 1 Enthaltung) gab es wiederum keine kantonalen Abweichungen. Solche zeigten sich hingegen bei der Asylgesetzrevision, die Anfang Juni in Heiden zwar von den nationalen Delegierten mit 146 zu 28 Stimmen zur Annahme empfohlen wurde, gegen die sich aber die Sektionen Genf, Glarus und Waadt mit ihrer Nein-Parole wehrten. Schliesslich wichen die Sektionen Jura und St. Gallen bei der vom Parteivorstand zur Annahme empfohlenen Revision des Arbeitsgesetzes ab, und die CVP Waadt empfahl die Abzockerinitiative zur Annahme, obwohl für diese Anfang Jahr bei der Delegiertenversammlung in Olten noch mit 207 zu 30 Stimmen (4 Enthaltungen) national ein Nein empfohlen worden war. Weniger umstritten und ohne kantonale Abweichungen blieben die Nein-Empfehlungen zu den Initiativen zur Volkswahl des Bundesrates (172 zu 2 Stimmen für ein Nein) und für faire Löhne im Verhältnis 1:12 (160: 14 Stimmen für ein Nein). Das Nein zur Wehrpflicht und das Ja zum Epidemiengesetz – beide Parolen wurden Ende August vom Parteivorstand einstimmig gefällt – waren ebenfalls nicht umstritten. Entsprechend dem Antrag ihrer Verkehrsministerin Doris Leuthard unterstützte die CVP an der Delegiertenversammlung Ende Oktober in Tenero ziemlich deutlich die Erhöhung der Gebühren für die Autobahnvignette (mit 162 zu 19 Stimmen) und beschloss gar noch deutlicher die Ja-Parole zur Fabi-Vorlage, die 2014 zur Abstimmung kommen wird (169 zu 6 Stimmen)
[60].
Die
Familienpolitik sollte auch im Berichtjahr für die CVP ein wichtiges Thema sein. Das relativ deutliche Volksmehr für den am Ständemehr gescheiterten Familienartikel, bei dem die CVP Pate gestanden hatte, wurde als Ermunterung aufgefasst, am Thema dran zu bleiben. Dies obwohl die befürwortenden Parteien der CVP vorwarfen, sich zu wenig für den Verfassungsartikel eingesetzt zu haben. Gesellschaftspolitische Themen würden stets mehrere Anläufe brauchen, erwiderte die CVP die Vorwürfe. Die Christdemokraten selber hatten 2012 für ihre beiden Familien-Initiativen die nötigen Unterschriften eingereicht. Der Bundesrat legte Ende Oktober seine Botschaft dazu vor. Die Initiative „Für Ehe und Familie“, mit der die „Heiratsstrafe“ bei Steuern und AHV-Renten abgeschafft werden soll, empfahl die Bundesregierung zur Annahme – erst zum sechsten Mal in der Geschichte empfahl der Bundesrat ein Ja für ein Volksbegehren. Das zweite Begehren (Familien stärken), das Kinder- und Ausbildungszulagen von den Steuern befreien will, lehnte der Bundesrat hingegen ohne Gegenvorschlag ab. Gegen die Initiative gegen die Heiratsstrafe regte sich Mitte November allerdings Widerstand: Die Lesbenorganisation Schweiz und die Schwulenorganisation Pink Cross demonstrierten auf dem Bundesplatz gegen das Ansinnen, weil es die Ehe in der Verfassung explizit auf heterosexuelle Paare beschränke. Zu einem parteiinternen Konflikt führte Ende Jahr zudem die Familieninitiative der SVP. Zwar hatte die Bundeshausfraktion und das Parteipräsidium die Ja-Parole ausgegeben, Ende Oktober beschlossen die Delegierten jedoch, ein Nein zu empfehlen und folgten damit den CVP-Frauen. 19 der 25 Kantonalsektionen folgten dem Nein, in den Stammlanden Freiburg, Luzern und Wallis, wie auch in Graubünden und Waadt wurde jedoch trotzdem ein Ja empfohlen. Weil einige Exponenten der CVP sich in der Abstimmungskampagne als Befürworter einspannen liessen – Präsident Darbellay (VS) warb auf einem SVP-Flyer und auf einer Webseite mit seinem Konterfei für die Initiative und Marco Romano (TI) trat in der Arena gegen die offizielle Meinung seiner Partei an – wurde vor allem von einigen CVP-Frauen mediale Kritik geübt. Babette Sigg (ZH), die Präsidentin der CVP-Frauen, warf dem Präsidenten „mangelndes Demokratieverständnis“ vor und Nationalrätin Barbara Schmid-Federer (ZH) fand, dass Darbellay zu weit gegangen sei
[61].
Mitte Januar zog sich die CVP zu einer Retraite nach Flüeli (OW) zurück, wo über die
Europapolitik debattiert wurde. Präsident Darbellay hatte Ende 2012 laut über einen Beitritt zum EWR nachgedacht. Erst Ende Februar kündigten die Christdemokraten dann an, sich in der Europafrage klarer positionieren zu wollen. Ein EWR-Beitritt wurde jedoch nicht als Option in Erwägung gezogen. Ein Einbezug von Efta-Institutionen (z.B. Gerichtshof oder Überwachungsbehörde) könnte aber sehr wohl Bestandteil eines neuen institutionellen Arrangements mit der EU sein. Auch ein internationales Gericht für die Auslegung der zukünftigen bilateralen Verträge sei denkbar, falls die Schweiz darin mit einem Richter vertreten wäre. Die CVP rief den Bundesrat zudem auf, die Ventilklausel zu aktivieren, um ein Zeichen in der Diskussion um die Zuwanderung zu setzen. An der Delegiertenversammlung Mitte April in Heiden forderte Darbellay gar eine zeitlich unbefristete Möglichkeit für die Anrufung einer Ventilklausel, also eine dauerhafte Möglichkeit der Einschränkung der Zuwanderung aus der EU. Der Parteichef sprach von einem dauerhaften „Ventilklausel-Gesetz“, das allerdings Nachverhandlungen mit der EU hinsichtlich der Personenfreizügigkeit bedingen würde. Die Forderung weckte parteiintern Skepsis – Lucrezia Meier-Schatz (SG) sprach von einer Entfernung von den CVP-Grundwerten. Bei der SVP rief die Forderung hingegen Befriedigung hervor und wurde sogleich als Unterstützung der Masseneinwanderungsinitiative interpretiert, was von der CVP allerdings dementiert wurde, da die Personenfreizügigkeit nicht – wie mit der SVP-Initiative – abgeschafft, sondern fallweise und flexibel ausgesetzt werden solle. Bei der SP und der FDP stiess die Idee auf Unwillen
[62].
Ein potentieller Spaltpilz erwuchs der Partei in Form des revidierten
Raumplanungsgesetzes (RPG). Die Walliser Sektion hatte bereits im Vorjahr mit dem Austritt aus der Mutterpartei gedroht, falls sie die Revision unterstützen sollte. Weil Angebot (eingezontes Bauland) und Nachfrage stark auseinanderklaffen, käme es mit dem neuen Gesetz vor allem im Kanton Wallis zu bedeutenden Rückzonungen. Die Bedeutung der CVP im Wallis, die allerdings bei den kantonalen Wahlen Schaden nahm (siehe oben), der Umstand, dass der Parteipräsident Darbellay aus diesem Kanton stammt und die Vorgeschichte der Gesetzesrevision aus dem Departement Leuthard (cvp) – die CVP hatte dem Anliegen im Parlament zum Durchbruch verholfen – machten die Delegiertenversammlung Anfang Jahr in Olten, an der die Parolenfassung anstand, spannend. Die Parteileitung hatte sich mit Stichentscheid des Präsidenten kurz vor der Versammlung gegen das RPG ausgesprochen. Das zugunsten der das Dossier vertretenden CVP-Bundesrätin Doris Leuthard erwünschte Ja stellte sich mit 170 zu 89 bei drei Enthaltungen trotzdem ein. Allerdings war es nicht wie erhofft so knapp, dass es dem Parteifrieden gedient hätte. Zuvor war ein Antrag auf Stimmfreigabe mit 155 zu 89 Stimmen abgelehnt worden. Die Walliser Delegierten zeigten sich verärgert über die „Verachtung“, die ihnen entgegenschlage. Die Junge CVP lehnte das revidierte Raumplanungsgesetz an ihrer eigenen Versammlung entgegen der Parole der Mutterpartei ab, weil es zu viele Unsicherheiten aufweise
[63].
Wie bereits im Vorjahr war die
Asylpolitik auch im Berichtjahr Anlass für parteiinterne Differenzen. Für die am 9. Juni zur Abstimmung stehende Revision des Asylgesetzes hatten die Delegierten mit 146 zu 28 Stimmen zwar die Ja-Parole gefasst, die CVP-Frauen empfahlen allerdings ein Nein. Zudem engagierten sich einige CVP-Exponentinnen und Exponenten – darunter etwa die Ständerätin Anne Seydoux (JU) und die Nationalräte Jacques Neirynck (VD) und Barbara Schmid-Federer (ZH) – in einem „Grundwerte-Apell“ für mehr Augenmass und Fairness im Asylbereich. In der Zeitung „Blick“ war von der „CVP-Linken“ die Rede, die „Darbellays Rechtsdrall stoppen“ wolle. Die CVP Waadt drohte gar mit einem Austritt aus der Mutterpartei, sollte der Rechtsrutsch innerhalb der Partei noch weiter gehen. Nur kurz nach dem Urnengang im Juni, an dem die Revision angenommen wurde, präsentierte die CVP ein aktualisiertes Positionspapier, in dem neben der Gleichbehandlung der Flüchtlinge bei der Arbeitsvermittlung, weiteren Bundeszentren und unentgeltlichem Rechtsschutz für Asylsuchende auch eine Erteilung ordentlicher, jährlich zu prüfender Aufenthaltsbewilligungen gefordert wurden. Mit der Schaffung von 3 000 Stellen bei den Kantonalpolizeien und weniger Hürden für bedingte Strafen solle der Kriminaltourismus besser bekämpft werden. Die in Vorgängerpapieren geforderte DNA-Datenbank oder die Eingrenzung der Aufenthaltsorte für Personen mit negativem Asylentscheid fanden sich im neuen Papier nicht mehr
[64].
In einem Mitte August veröffentlichten Positionspapier zur
Sicherheitspolitik empfahl die CVP vier konkrete Massnahmen, die teilweise bereits im Rahmen der Asylpolitik gefordert worden waren (siehe oben). Das Strafrecht müsse durch eine Senkung der Hürden für unbedingte Strafen und die Einführung von Schnellverfahren wieder eine abschreckende Wirkung bekommen. Gewahrsamshaft soll nicht nur für 24, sondern für 72 Stunden möglich sein. Darüber hinaus sollen eine gesetzlich gestützte Ausweitung der Abhör- und Überwachungsmöglichkeiten und eine Vereinfachung der Internetfahndung gegen die Cyberkriminalität eingesetzt werden. Kriminaltourismus soll mit besserer Videoüberwachung an der Grenze eingedämmt und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung durch sichtbarere Polizeipräsenz erhöht werden. Die CVP forderte deshalb die personelle Aufstockung von Polizei und Grenzschutz um mindestens 3 000 Personen. Der schleichenden Privatisierung der Sicherheit in der Schweiz müsse hingegen ein Riegel geschoben werden
[65].
An einer als Landsgemeinde in Sempach organisierten Delegiertenversammlung verabschiedete die CVP eine Resolution mit zahlreichen Massnahmen zur
Entlastung des Mittelstandes. Der Erlass der Krankenkassenprämien für Kinder, die Förderung des genossenschaftlichen Wohnungsbaus oder die Senkung der Steuern werden gefordert. Ein Abbau der Bürokratie bei den KMU, Betreuungsgutscheine oder Steuergutschriften für Kinder sollen ebenfalls helfen, jene Gesellschaftsschichten zu entlasten, die ihren Lebensunterhalt ohne staatliche Hilfe meistern würden, sich aber nur knapp über Wasser halten könnten. Eine Erhöhung der AHV oder eine Verschiebung bei der Altersvorsorge von der ersten zur zweiten Säule lehnten die Christdemokraten hingegen ab
[66].
Die CVP beteiligte sich im Berichtjahr aktiv an der Diskussion zur
Rentenreform und präsentierte Anfang Oktober vier zentrale Vorschläge: ein technisch – also z.B. mittels Bevölkerungsstatistik auszurechnender – statt gesetzlich-politisch festzulegender Umwandlungssatz, der frühere Beginn für die Ansparung von Alterskapital, das primär der Altersvorsorge zu dienen hat und nicht mehr so einfach für Immobilien oder Unternehmensgründungen gebraucht werden kann, und eine erhöhte Transparenz der Pensionskassen bei den Vermögensverwaltungskosten. Skeptisch zeigte sich die CVP gegenüber einer Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre. Gefordert wurde eine Gesamtvorlage, die spätestens 2019 an die Urne gelangen müsse
[67].
Im Zuge der
Lex USA klärte die CVP in einem Positionspapier ihre Haltung zu Bankgeheimnis, Finanzplatz und Weissgeldstrategie. Die Christdemokraten sprachen sich gegen den automatischen Informationsaustausch mit einzelnen Staaten oder der EU aus. Es sei eine globale Lösung im Rahmen der OECD abzuwarten. Das Bankgeheimnis im Inland sei zu bewahren. Allerdings lehnte die CVP die zu diesem Zweck von SVP-nahen Kreisen lancierte Volksinitiative „Ja zum Schutz der Privatsphäre“ ab, weil diese den falschen Weg gehe. Bereits Mitte März hatte sich das Präsidium gegen die von ihrem Zuger Nationalrat Gerhard Pfister mitgetragene Initiative gestellt. Begrüsst wurde die Verschärfung des Vorgehens gegen Steuerhinterziehung durch arglistige Täuschung. Einer Weissgeldstrategie erteilte die Partei eine Absage, wenn diese den Schweizer Finanzplatz gegenüber konkurrierenden Finanzplätzen benachteilige
[68].
Einen Solidaritätspakt zwischen Wirtschaft und Gesellschaft forderte die CVP in einem Positionspapier zur
Wirtschaftspolitik. Die Partei wünscht sich weniger Egoismus und mehr Solidarität. Statt Gewinnorientierung müssten wieder echte Patrons das Steuer in der Wirtschaft übernehmen. Reiche Mitbürgerinnen und Mitbürger sollten mehr Gemeinsinn und Wohltätigkeit zeigen. Damit die Schweiz ein Erfolgsmodell bleibe, sei mehr Eigenverantwortung und Selbstverantwortung erforderlich
[69].
Ende August sorgte ein kantonaler Vorstoss der Aargauer CVP für Wirbel. Die CVP-Fraktion im Grossen Rat forderte ein
Kopftuchverbot an Volksschulen. Kleidungsstücke, die den pädagogischen Lernzielen der Volksschule widersprächen, sollten generell verboten werden. In der Sonntagspresse wurde kolportiert, dass das Anliegen von der nationalen Parteileitung mit Mustervorstössen gefördert werde. Hintergrund des Aargauer Vorstosses war ein Bundesgerichtsurteil, welches ein an einer Thurgauer Schule ausgesprochenes Verbot des Tragens eines Kopftuches wegen Fehlens einer gesetzlichen Grundlage für ungültig erklärt hatte. Mit dem von der CVP Aargau vorgeschlagenen Verbot sollen die offenen und progressiven Muslime unterstützt und Mädchen vor rigiden Kleidervorschriften geschützt werden. In anderen Kantonen wurde ein Verbot zwar diskutiert, ausser im Kanton Aargau wurde aber von keiner anderen CVP-Sektion ein Vorstoss unternommen. Verbote seien für das Ziel der Integration kontraproduktiv – so die Mehrheitsmeinungen in den meisten Kantonen
[70].
Die Zusammenarbeit zwischen
CVP und BDP war auch im Berichtjahr Diskussionsgegenstand. Von einer Fusion war zwar 2013 explizit nicht mehr die Rede, anhand institutionalisierter Treffen der Bundeshausfraktionen und gemeinsam geführter Abstimmungskampagnen sollte aber eine schrittweise Annäherung vorgenommen werden. So wurden in der Presse etwa der gemeinsame Auftritt in der Abstimmungskampagne für den Preisaufschlag der Autobahnvignette oder ein gemeinsam verfasstes Diskussionspapier zu Migration und Personenfreizügigkeit als Zeichen einer weiteren Annäherung der beiden Parteien gewertet. Die Zusammenarbeit sollte aber nicht nur inhaltlich, sondern auch praktisch intensiviert werden. BDP-Präsident Landolt (GL) kündigte an, dass eine gemeinsame Wahlkampagne, die komplementär zu den je eigenständigen Kampagnen geführt werden solle, sowie möglichst flächendeckende Listenverbindungen geplant seien
[71].
Mit einer „
CVP-Landsgemeinde“ statt einer Delegiertenversammlung versuchte die CVP Ende August in Sempach (LU) ein Experiment, mit dem mehr Volksnähe demonstriert werden sollte. Die Meinungen darüber, ob das Experiment gelungen war, gingen auseinander. Während Parteipräsident Darbellay die Landsgemeinde wiederholen möchte, wurde in der Presse gefrotzelt, dass auch das Rahmenprogramm – Schwyzerörgeli, Wurst und Kartoffelsalat sowie ein Jassturnier – zeitweise Züge eines SVP-Volksfestes angenommen habe. Das Mittelstandspapier (siehe oben) wurde zwar präsentiert aber trotz, insbesondere wegen der Art der Vorberatung des Papiers, kritischer Stimmen aus den Kantonen nicht debattiert. Die Parteispitze habe ein störungsfreies Fest gewollt und deshalb undemokratische SVP-ähnliche Methoden benutzt, liess sich ein Anwesender deshalb zitieren
[72].
Schweizerische Volkspartei (SVP)
Das im Vorjahr verzeichnete Formtief der SVP bei
kantonalen Parlamentswahlen wurde im Berichtjahr wieder gedreht. Verlor die Partei 2012 bei den in acht Kantonen stattfindenden Gesamterneuerungswahlen per Saldo noch 22 Sitze, so schlug Ende 2013 ein Gewinn von gesamthaft 18 Sitzen zu Buche. Insbesondere in den Kantonen Wallis (+9 Sitze) und Neuenburg (+ 6 Sitze) war die Ernte reich. Auch in Genf gewann die Volkspartei trotz Konkurrenz durch den MCG zwei und in Solothurn einen zusätzlichen Sitz. Insgesamt hielt die SVP mit 562 aller 2 559 kantonalen Parlamentsmandate (exklusive AI) mehr als ein Fünftel aller kantonalen Sitze
[73].
Zum ersten Mal in ihrer Geschichte hielt die SVP Ende 2013 mehr als 20 Regierungssitze. Neu konnte sie bei den
Gesamterneuerungswahlen für die Regierung in den Kantonen Wallis und Neuenburg ausgerechnet in zwei Kantonen der Westschweiz eine Regierungsbeteiligung erringen. Die Nationalräte Oskar Freysinger (VS) und Yvan Perrin (NE) holten für ihre Partei überraschend, aber letztlich relativ deutlich ein Regierungsmandat. Während Perrin auf ein Doppelmandat verzichtete, gab Freysinger bekannt, bis Ende Legislatur sowohl im Nationalrat zu bleiben, als auch den Walliser Regierungsposten zu behalten. Im Rahmen einer Bilanz nach 100 Tagen Regierungstätigkeit bezeichnete er das Doppelmandat als machbar – trotz Absenzen in den Sessionen der eidgenössischen Räte. Die Angriffe der SVP auf Regierungssitze in den Kantonen Solothurn und Genf scheiterten hingegen deutlich. Darüber hinaus musste die SVP einen Sitzverlust in der Regierung des Kantons Appenzell Ausserrhoden verkraften, wo der Rücktritt von Hans Diem nicht kompensiert werden konnte. Die SVP ist in Herisau damit nur noch mit einem Regierungsmitglied vertreten, das neu 5 FDP- und einem SP-Mandatsträger gegenübersteht. Bei Ersatzwahlen schaffte es die SVP im Kanton Basel-Landschaft, ihren Sitz zurück zu erobern. Die FDP hatte darauf verzichtet, ihre Vakanz wieder zu besetzen und der SP gelang es knapp nicht, den SVP-Kandidaten Thomas Weber zu schlagen. In der Presse wurde gemutmasst, dass die Volkspartei ihre Strategie, mit Provokation zu punkten, vermehrt durch Charmeoffensiven austausche, um sich als Regierungspartei empfehlen zu können. Mit den total 21 Regierungssitzen Ende Berichtjahr (13,5% aller 156 kantonalen Exekutivmandate) blieb die SVP allerdings hinter FDP, CVP und SP Juniorpartnerin
[74].
Mitte November wurde Hannes Germann (SH) mit einem ausgezeichneten Resultat zum
Ständeratspräsidenten für 2014 gewählt. Der als konsensual und dossiersicher geltende Politiker scheut sich nicht, auch einmal von der SVP-Parteilinie abzuweichen, was ihm gar bei politischen Gegnern offensichtlich Sympathien einbrachte
[75].
Die Bundeshausfraktion der SVP wuchs im Berichtjahr um einen Sitz auf 63 Mitglieder an. Nach der Wahl von Mauro Poggia (mcg, GE) in die Genfer Kantonsexekutive wurde der nachrutschende Roger Golay (mcg, GE) in die SVP-Gruppe aufgenommen. Dies war Poggia noch verweigert worden, weil er in wichtigen Fragen als zu links wahrgenommen worden war
[76].
Aufgrund des Ausscheidens von Peter Spuhler (TG) aus dem Nationalrat und dem Rücktritt von Natalie Rickli (ZH) als Vizepräsidentin der SVP-Fraktion waren im
Fraktionspräsidium zwei Posten vakant, die Ende Februar wieder besetzt wurden. Zu neuen Vizepräsidenten wurden die Nationalräte Thomas Aeschi (ZG) und Felix Müri (LU) bestimmt. Sie vervollständigten damit das im Vorjahr neu gewählte Fraktionspräsidium, dem auch Adrian Amstutz (BE) als Präsident und die weiteren Vizepräsidenten Guy Parmelin (VD), Alex Kuprecht (SZ) sowie die Vizepräsidentin Yvette Estermann (LU) angehören
[77].
Ende August wurde der Berner Nationalrat Albert Rösti zum Deutschschweizer
Wahlkampfleiter für die nationalen Wahlen 2015 bestimmt. Die in den beiden vorgängigen Wahlen von Präsident Toni Brunner (SG) übernommenen Aufgaben beinhalten die Formulierung einer einheitlichen Strategie und die Koordination der kantonalen Kampagnen. Rösti will mit den bewährten Themen „EU“ und „Migration“ den bei den Wahlen 2011 eingefangenen Rückgang der Wählerstärke wieder wettmachen
[78].
Bei der
jungen SVP kündigten sich Veränderungen an. Dem seit sechs Jahren als Präsident der Jungpartei amtierenden, mittlerweile 32-jährigen Erich Hess (BE) wurde vorgeworfen, dass er sich zu wenig um die Partei kümmere und diese an Einfluss verliere, wenn keine wirksamen Aktionen durchgeführt würden. Hess wurde auch von der Mutterpartei der Rücktritt nahegelegt. Bis Ende Berichtjahr hatte sich der Berner allerdings noch nicht dazu entschieden
[79].
Im Gegensatz zum Vorjahr war die Kohärenz in der Volkspartei in Bezug auf die
Parolen zu den eidgenössischen Abstimmungen wieder stärker. Äusserst schwer tat sich die SVP dabei einzig mit der Abzockerinitiative. An der Delegiertenversammlung am 26. Januar in Balsthal traten Christoph Blocher (ZH) als Gegner und der parteilose Thomas Minder (SH) als Befürworter des Begehrens – obwohl in der gleichen Fraktion – in einer Podiumsdiskussion gegeneinander an. Das Duell der beiden endete relativ eindeutig zugunsten des Zürchers, und die Delegierten sprachen sich entsprechend mit 295 zu 160 Stimmen für die Nein-Parole aus. Die Parteibasis schien allerdings weniger überzeugt. Insgesamt ganze elf kantonale Sektionen wichen von der nationalen Nein-Empfehlung ab, darunter auch die SVP-Hochburgen Zürich, Aargau und St. Gallen. Zu Abweichungen von kantonalen Sektionen kam es lediglich noch bei einer weiteren eidgenössischen Abstimmungsvorlage. Pikanterweise handelte es sich dabei um die eigene Initiative zur Volkswahl des Bundesrates, die – obwohl bei der nationalen Delegiertenversammlung in Engelberg Anfang Mai noch mit 370 zu 8 Stimmen deutlich gutgeheissen – von der SVP Thurgau und der SVP Wallis zur Ablehnung empfohlen wurde. Die Parolen zu den restlichen neun Abstimmungsvorlagen wurden in der für die Volkspartei gewohnten Deutlichkeit und ohne abweichende Kantonsempfehlungen gefasst. Der Familienartikel wurde in Balsthal mit 482 zu 1 Stimmen zur Ablehnung empfohlen, weil er unnötig sei und zu Staatskindern führe. Das revidierte Raumplanungsgesetz wurde noch im Vorjahr an der Delegiertenversammlung in Seedorf (UR) mit 321 zu 33 Stimmen verworfen. Keine Gegenstimme erhielt die Asylgesetzrevision, die mit 369 Befürwortern in Engelberg zur Annahme empfohlen wurde. Ebenfalls einstimmig abgelehnt wurden die Initiative zur Aufhebung der Wehrpflicht (mit 234 zu 0 Stimmen) und die 1:12-Initiative (mit 247 zu 0 Stimmen). Beide Parolen wurden bei der Delegiertenversammlung in Genf am 24. August gefasst. Die Ja-Parole zur Liberalisierung des Arbeitsgesetzes (einstimmig) und die Nein-Empfehlung zum Epidemiengesetz (mit 35 zu 8 Stimmen) wurden bereits zuvor vom SVP-Zentralvorstand beschlossen. In Meiringen wurde Ende Oktober schliesslich die eigene Familieninitiative einstimmig zur Annahme empfohlen. Zu mehr Diskussionen führte die Nein-Parole zur Erhöhung der Strassenabgaben (Autobahnvignette). Nicht das Resultat gab dabei zu reden – die Delegierten entschieden sich mit 319 zu 25 Stimmen gegen die Erhöhung – sondern die Vorwürfe an den Ständerat This Jenny (GL), der sich für die Vorlage stark gemacht und als Verräter der SVP-Grundsätze (keine neuen Steuern, Abgaben oder Gebühren) beschimpft worden war. Die Parolen der SVP stimmten in sechs Fällen mit dem Abstimmungsresultat überein – gleich selten wie bei der SP und der GP. Ende November stimmten sich die Delegierten zudem auf die Kampagne zur Masseneinwanderungsinitiative ein, die mit 352 zu 0 Stimmen zur Annahme empfohlen wurde. Der Zentralvorstand hatte bereits über die anderen beiden im Februar 2014 anstehenden Vorlagen getagt: mit 53 zu 2 Stimmen wurde für Fabi ein Nein und mit 50 zu 12 Stimmen für die Initiative zur privaten Finanzierung der Abtreibung ein Ja empfohlen. Die SVP-Vizepräsidentin und Präsidentin der SVP-Frauen Judith Übersax (SZ) hatte sich bereits im Oktober gegen letztere geäussert: es sei den Frauen zu überlassen, ob sie abtreiben wollen oder nicht. Eine Annahme der Initiative wäre ein Schritt zurück ins Altertum. Brisanz kam dieser Aussage auch deshalb zu, weil sowohl Übersax als auch der Co-Präsident des Initiativkomitees, SVP-Ständerat Peter Föhn, aus dem Kanton Schwyz kommen. Es wurde vermutet, dass die Parole nur im Zentralvorstand gefasst, nicht aber den Delegierten vorgelegt wurde, um parteiinternen Zwist zwischen der Frauen-Sektion und der gesamten Partei, wie er in der CVP und der FDP im Berichtjahr ausgebrochen war, zu vermeiden
[80].
Ihren Erfolg verdankt die SVP auch ihrer Fähigkeit, die
Klaviatur der direkten Demokratie zu ihren Gunsten zu nutzen. Im Berichtjahr wurde über zwei Initiativen der Volkspartei abgestimmt – sowohl die Volkswahl des Bundesrates als auch die Familieninitiative wurden allerdings abgelehnt. Für 2014 standen mit der Initiative „gegen die Masseneinwanderung“ und der von SVP-nahen Kreisen lancierten Initiative „Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache“ gleich die nächsten Begehren an. Die Kampagne für erstere wurde bereits Ende November des Berichtsjahres lanciert. Die Abstimmung wurde auf den 9. Februar 2014 angesetzt. 2013 reichte die SVP zudem ihre Durchsetzungsinitiative zur Ausschaffungsinitiative ein. Im Berichtjahr steckte die Partei schliesslich drei weitere Vorschläge in den Köcher oder überlegte sich zumindest laut, diese zu lancieren: eine Initiative zur Klärung des Verhältnisses zwischen Völker- und Landesrecht, eine Initiative zum Schutz des Bankgeheimnisses sowie eine Initiative für Ernährungssicherheit (siehe nachfolgend)
[81].
Im Juni wurde die von der SVP lancierte Initiative zur
Volkswahl des Bundesrates so deutlich wie noch kein SVP-Begehren zuvor abgelehnt. Die Partei hatte sich mit ihrem Begehren ziemlich schwer getan und die Abstimmungskampagne glich eher einem Pflichtprogramm denn einer überzeugenden Elektrisierung. Zudem wurden parteiintern Befürchtungen laut, dass sich das Begehren letztlich sogar zuungunsten der SVP auswirken könnte, weil man in Majorzwahlen selten erfolgreich sei. Mit der Ende April eingeläuteten Kampagne stellte sich die SVP als Partei dar, die als einzige dem Volk vertraue, ihm mehr Mitspracherecht geben wolle und dafür sorge, dass der Wille des Souveräns wieder ernst genommen werde. Mit der direkten Wahl müsse die Regierung wieder mehr Rücksicht auf den Volkswillen nehmen. Müsste sich etwa Bundesrätin Sommaruga der Wahl durch die Bevölkerung stellen, so würde sie die Ausschaffungsinitiative schneller umsetzen, warb Parteipräsident Brunner für das Anliegen. Gegnerische Argumente wurden mit dem Hinweis abgetan, dass die Volkswahl auf kantonaler Ebene ausgezeichnet funktioniere. Die laue parteiinterne Unterstützung und die lustlose Kampagne widerspiegelte sich nicht nur im Abstimmungsresultat, sondern auch im Umstand, dass – laut VOX-Analyse – lediglich 55% der SVP-Sympathisanten die eigene Initiative befürworteten
[82].
Bei der
Familieninitiative, über die am 24. November abgestimmt wurde, musste die SVP die zweite Niederlage im Berichtjahr einstecken. Wie schon im Juni bei der Volkswahlinitiative, lehnte auch Ende Jahr eine Mehrheit der Stimmbürgerschaft das Begehren ab. Eine Parallele bei den beiden Initiativen zeigte sich auch in der parteiinternen Kritik. Rund zwei Wochen vor der Abstimmung zur Familieninitiative kritisierten die SVP-Regierungsräte Rosmarie Widmer-Gysel (SH), Ernst Landolt (SH), Alex Hürzeler (AG), Jakob Stark (TG), Monika Knill (TG) und Köbi Frei (AR) das Begehren, weil es mit Mehrkosten verbunden sei und falsche Erwartungen wecke
[83].
Schon früh startete die SVP ihre Kampagne zur
Initiative „gegen die Masseneinwanderung“. An der Delegiertenversammlung in Reiden (LU) Ende November wurde das eigene Begehren nicht nur einstimmig zur Annahme empfohlen, sondern Parteipräsident Brunner (SG) wetterte auch gegen die Wirtschaft, der man immer die nötigen Arbeitskräfte gegeben habe, die aber masslos geworden sei. Mit der SVP-Initiative lasse sich die Zuwanderung, die Wohnraum- und Mobilitätsprobleme verursache und zudem inländische Arbeitnehmer bedrohe, wieder besser steuern. Die Personenfreizügigkeit hätte der Schweiz nicht gebracht, was versprochen worden sei. Für ein souveränes Land sei es selbstverständlich, dass es selber bestimme, wer einwandere und wer wie lange bleiben dürfe. Ende Jahr verschickte die Partei ihr Extrablatt, eine parteieigene Kampagnenpostille, in alle Schweizer Haushalte. Diese Kampagnenmassnahme scheint von der Volkspartei den klassischen Zeitungsinseraten immer stärker vorgezogen zu werden
[84].
Anfang Februar gab die Zürcher SVP bekannt, Verbündete für die Lancierung einer Initiative zu suchen, mit der das
Bankgeheimnis in der Verfassung festgeschrieben werden soll. Mit ihrer Idee eines möglichst breit abgestützten, überparteilichen bürgerlichen Komitees stiess die SVP bei der CVP vorerst auf frostige Ablehnung, bei der FDP aber auf Sympathie. Nachdem der Initiativtext CVP-kompatibler gemacht wurde, stieg auch der Support bei den Christdemokraten. Die Initiative wurde schliesslich noch Ende Berichtjahr unter dem Titel „Ja zum Schutz der Privatsphäre“ lanciert
[85].
Die Anfang Februar mit über 150 000 Unterschriften zustande gekommene
Durchsetzungsinitiative wurde Ende November vom Bundesrat für teilungültig erklärt. Die Regierung erklärte, dass die im Begehren festgeschriebene Definition von zwingendem Völkerrecht selber gegen zwingendes Völkerrecht verstosse und deshalb nicht als gültig akzeptiert werden könne. Die SVP wollte als zwingendes Völkerrecht „ausschliesslich das Verbot der Folter, des Völkermords, des Angriffskrieges, der Sklaverei sowie das Verbot der Rückschiebung in einen Staat, in dem Tod oder Folter drohen“ definieren. In dieser Definition fehlte dem Bundesrat das Non-Refoulment-Prinzip: ein Verbot der Rückschaffung, wenn im Zielstaat grausame und unmenschliche Behandlung oder Bestrafung drohen. Das Prinzip gilt gemeinhin als zwingendes Völkerrecht. Die SVP ärgerte sich über verschiedene Medienkanäle lauthals über die Erklärung des Bundesrates
[86].
Die SVP gehörte von Beginn weg zu den Kritikern der im Berichtjahr in den Räten behandelten
Agrarpolitik 2014-2017. Die Volkspartei befürchtete, dass die Reform zu einer Minimierung des Selbstversorgungsgrades mit einheimischen Produkten führe und die Importe zunehmen würden. Sie liess verlauten, dass sie ein Referendum unterstützen würde, dieses aber vom Bauernverband lanciert werden müsste. Weil ein Referendum allerdings nicht ergriffen wurde, liebäugelte die SVP mit einer eigenen Initiative, mit der sie die zunehmende Ausrichtung der Landwirtschaft auf Ökologie und Landschaftspflege stoppen will. Das Begehren sollte einen möglichst hohen Selbstversorgungsgrad und Kompensationen für die Bauern verlangen. Auch der Bauernverband wollte eine Initiative für Ernährungssicherheit lancieren. Noch Ende Jahr einigten sich die beiden Organisationen nach einigem Hin und Her dann für ein gemeinsames Vorgehen
[87].
Auch im Referendum gegen die
Erhöhung der Abgaben für die Autobahnvignette mischte die SVP mit. Aushängeschilder des erfolgreichen Referendumskomitees, das innert kürzester Zeit mehr als doppelt so viele Unterschriften wie nötig gesammelt hatte, waren die SVP-Nationalratsmitglieder Nadja Pieren (BE) und Walter Wobmann (SO) sowie Claude-Alain Voiblet, Grossrat des Kantons Waadt. Einen Grossteil der Administrationsarbeit leistete bei der Sammlung allerdings eine Gruppierung mit den Namen „Alpenparlament“. Die Organisation aus dem Berner Oberland wird von zwei ehemaligen Schweizer Demokraten geführt. Das Alpenparlament tritt im Internet mit Verschwörungstheorien auf und vertreibt „Therapiegeräte“, mit denen sich HIV oder Malaria heilen lasse. Nadja Pieren gab zu Protokoll, dass das Alpenparlament bei der SVP angefragt und dann die Administration für die Unterschriftensammlung übernommen habe; was die Gruppierung daneben machen würde, sei aber Privatsache
[88].
Die SVP zeigte sich im Frühling erfreut über das Scheitern des Familienartikels am Ständemehr. Als vehemente Gegnerin interpretierte sie das Nein als Zeichen für den Wunsch nach starken, eigenständigen Familien. Ursprünglich hatte die Volkspartei gar eine Abstimmungsbeschwerde im Kanton Bern eingereicht, mit der sie eine Verschiebung der Abstimmung erzwingen wollte, bis die Frage der Folgekosten des Familienartikels geklärt sind; die Berner Regierung war allerdings nicht auf die Beschwerde eingegangen. Die SVP-eigene Vorstellung von
Familienpolitik sollte mit der hausgemachten Familieninitiative umgesetzt werden. Rund einen Monat vor der Abstimmung machte die SVP ihrem Ärger gegen eine von der Schweizerischen Akademie für Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) in Auftrag gegebene Studie Luft, die zum Schluss kam, dass die Initiative den Anreiz dämpfe, dass beide Elternteile einer Beschäftigung nachgehen. Die SAGW sei vom Staat subventioniert und dürfe sich deshalb nicht in Abstimmungen einmischen. Auch die Nein-Empfehlung der FDP führte zu einigen Verstimmungen zwischen den beiden rechtsbürgerlichen Parteien. Letztlich wurde die Familieninitiative an der Urne aber mit 41,5% Ja-Stimmen relativ deutlich verworfen
[89].
Gewohnt dezidiert richtete sich die SVP in ihrer
Europapolitik gegen alle Annäherungsversuche an die EU. Der Bundesrat sei mit seinen Vorschlägen zu institutionellen Fragen bereits im Jahr 2012 viel zu weit gegangen. Die Schweiz sei jedoch auf keine neuen Abkommen mit der EU angewiesen. Harsch fiel die Reaktion der Volkspartei denn auch aus, als die EU-Kommission Anfang 2013 vorschlug, über eine Weiterführung der Kohäsionszahlungen zu diskutieren. Als der Bundesrat Ende August ein Mandat zu Verhandlungen mit der EU über institutionelle Reformen vorstellte, sprach Parteipräsident Brunner an der Delegiertenversammlung in Genf von „Landesverrat“ und „nötigem Widerstand“. Das Mandat sei nicht nur eine Selbstaufgabe, mit der fremde Richter akzeptiert würden, sondern es käme einem schleichenden EU-Beitritt gleich. Der Widerstand müsse wie schon vor 20 Jahren gegen den EWR stark sein und die Kräfte gebündelt werden. Ruhiger wurde es im Berichtjahr um die im Vorjahr von Christoph Blocher angekündigte Anti-EU-Gruppe. Mitte Januar wurde in der Presse vermeldet, dass das Vorhaben gescheitert sei, weil von den anderen Parteien zu wenig Sukkurs komme. Man wolle sich deshalb eher auf eine reine SVP-Denkfabrik konzentrieren. Ende November wurde dann allerdings bekannt, dass die SVP, vor allem auf Antrieb von Christoph Blocher, mit dem Aufbau von Strukturen für eine Kampfgruppe gegen eine allfällige Abstimmung zu neuen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU schon weit fortgeschritten war. Ein entsprechender Verein „Nein zum schleichenden EU-Beitritt“ war am 23. Oktober von Christoph Blocher, Ulrich Schlüer und Thomas Aeschi gegründet worden. Blocher nahm Einsitz im Präsidium. Bereits seien 40 zivilgesellschaftliche Organisationen beigetreten, darunter auch die Auns, die im Kampf gegen den EWR-Beitritt in den 1990er Jahren gegründet worden war
[90].
Auch aufgrund der Schwierigkeiten bei der Umsetzung verschiedener angenommener Initiativen dachte die SVP laut über die Lancierung einer Volksinitiative nach, mit der das
Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht zugunsten von letzterem definiert werden soll. Das Bundesgericht passe sich schleichend der internationalen Rechtsprechung an, liess sich Parteipräsident Brunner vernehmen. Deshalb müsse der Vorrang des direktdemokratisch legitimierten Schweizer Rechts verankert werden. Fremde Richter dürften nicht akzeptiert werden. Neben einer Volksinitiative könne sich die SVP auch vorstellen, mittels parlamentarischer Vorstösse eine Sistierung oder gar Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention anzustreben. Ende April forderte die Partei, dass künftig die Bundesversammlung die Schweizer Vertretung am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nominieren solle. Mitte August präsentierte die SVP ein Positionspapier, in welchem die nicht vorhandene demokratische Legitimation des Völkerrechts als Grund für eine notwendige Reaktion auf den Trend der schleichenden Entmündigung des Schweizer Volkes angeführt wurde. Das Papier wurde parteiintern in die Vernehmlassung geschickt, um mögliche Massnahmen zu diskutieren
[91].
In einem Positionspapier „Berufswelt und Volksschule“ kritisierte die SVP die aktuellen Entwicklungen in der
Schul- und Bildungspolitik, die ein Tummelfeld für Experimente geworden sei. Leistungsprinzip, Wettbewerb, Disziplin und Selektion seien zu Unrecht passé. Die Volksschule bereite zu wenig gut auf das spätere Berufsleben vor. Grundlage des Papiers waren Interviews mit Praxisausbildnern und Lehrlingsverantwortlichen aus SVP-nahen Betrieben. Im Papier wird die Aufwertung der Grundlagenfächer Mathematik, Naturwissenschaften und Erstsprache zulasten des Fremdsprachenunterrichts gefordert, der erst an der Oberstufe erteilt werden solle. Üben und Pauken müssten wieder vermehrt angewendet werden und Schüler sollen weniger Therapie erhalten, dafür wieder von Vollzeit-Lehrkräften unterrichtet werden. Darüber hinaus machte sich die SVP für das Schulfach Werken stark. Mittels Abschlussprüfungen soll zudem nach der Vorschule besser selektioniert werden. Bei der Berufslehre sollen Löhne nach Leistung und abhängig von den Schulnoten ausbezahlt werden. An einem Sonderparteitag in Würenlos (AG) Mitte Juni wurde das Papier verabschiedet. Die SVP machte sich zudem für einen Stopp von Schulreformen stark
[92].
„
Integration ist kein Selbstbedienungsladen“ hiess das Positionspapier, das die SVP Anfang August präsentierte und mit dem sich die Partei gegen die Vorschläge des Bundesrates zum neuen Ausländergesetz wandte. Dort wurde eine Erhöhung der Ausgaben für Integrationsmassnahmen vorgeschlagen, die allerdings nur dann an die Kantone ausbezahlt würden, wenn auch diese ihr Budget erhöhen. Integration sei aber keine Staatsaufgabe, so die SVP, sondern beginne mit dem Herzen und sei deshalb eine Angelegenheit der Ausländer selber. Wer sich nicht integrieren wolle, müsse das Land verlassen
[93].
Einen überraschenden Erfolg konnte die Junge SVP im Kanton Bern feiern. Am 24. November wurde eine Initiative der JSVP angenommen, die eine
Einbürgerung von Ausländern, die wegen einer Straftat verurteilt wurden, lebenslang verbietet. Nationalrat Ulrich Giezendanner (AG) rief alle kantonalen Sektionen dazu auf, es den Bernern gleich zu tun und kantonale Initiativen zu lancieren. Diese hätten bessere Chancen an der Urne als ein nationales Begehren, das von den linken Städten verhindert würde
[94].
An der Delegiertenversammlung in Meiringen Ende Oktober wetterte Parteipräsident Brunner gegen die
FDP, die ihre Grundsätze verloren habe, weil sie die SVP-Familieninitiative ablehne. Einen Tag später machte Brunner in einem Interview in der Ostschweiz am Sonntag den Freisinnigen allerdings ein Angebot für flächendeckende Listenverbindungen für die Wahlen 2015. Das bürgerliche Angebot müsse vergrössert werden. Die FDP reagierte zurückhaltend. Noch im Frühjahr 2012 hatte sich FDP-Präsident Philipp Müller für ein Verbot von Listenverbindungen ausgesprochen, war aber mittlerweile zum Schluss gekommen, dass sich die Ausgangslage für die Wahlen 2015 verändert hätte. Ende Oktober drohte die SVP dann allerdings damit, dass sie nach den Wahlen 2015 den zweiten FDP-Bundesratssitz übernehmen werde
[95].
Mindestens in der Presse wurde diskutiert, ob die SVP ein
Altersproblem habe. Ein Ende September erschienener Bericht behauptete, die Zürcher Kantonalpartei mache Druck auf ältere Nationalräte, ihren Sitz vorzeitig für Thomas Matter (ZH) zu räumen, der den zweiten Ersatzplatz auf der SVP-Liste hielt. Bereits 2012 war es diesbezüglich zu parteiinternen Auseinandersetzungen gekommen, weil Toni Bortoluzzi seinen Sitz auch deshalb nicht räumen wollte, weil sich sein potentieller Nachfolger Gregor Rutz gegen die Managed Care-Vorlage eingesetzt hatte, für die Bortoluzzi weibelte. Rutz rückte schliesslich für den geschassten Bruno Zuppiger (vgl. unten) nach. Ein zweiter Zürcher Nationalrat im Pensionsalter – Hans Kaufmann – hegte zwar Rücktrittsgedanken, allerdings stand Matter noch der erste Ersatzkandidat Ernst Schibli – ebenfalls bereits 61-jährig – vor der Sonne. Schibli hatte früh angekündigt, im Falle eines Rücktrittes nicht zugunsten von Matter verzichten zu wollen. Ende Jahr dachte ein Teil der Zürcher SVP über die Möglichkeit einer SVP-Seniorenliste für die Wahlen 2015 nach
[96].
Bei der Lancierung der Ausschaffungsinitiative 2011 hatte ein
provokatives Inserat der SVP-Kampagne die Gemüter erregt. Einige Zeitungen weigerten sich sogar, die Annonce mit der Unterschrift „Kosovaren schlitzen Schweizer auf!“ abzudrucken. Zwei Kosovaren aus dem Kanton Zürich erstatteten in der Folge Strafanzeige wegen Verstosses gegen die Antirassismus-Strafnorm. Die Staatsanwaltschaften der Kantone Zürich und Bern hatten sich in der Folge über ein Jahr lang über die Zuständigkeit und den Gerichtsstand gestritten. Das Bundesstrafgericht wies den Fall Bern zu, wo die Strafuntersuchung allerdings eingestellt wurde. Dagegen führte die Anklage allerdings erfolgreich Beschwerde. Das Obergericht des Kantons Bern wies die Staatsanwaltschaft darauf hin, dass der Fall zwingend einem unabhängigen Strafgericht überlassen werden müsse. Angezeigt wurde schliesslich Toni Brunner, der als Parteipräsident und Wahlkampfleiter die Verantwortung übernahm. Allerdings wurde die Immunität Brunners von den zuständigen Parlamentskommissionen geschützt
[97].
Die im Vorjahr auf der Homepage der Kommunalsektion Widen (AG) aufgeschalteten, in Text verpackten, aber durch Hervorhebung erkennbaren rassistischen Slogans hatten ein Nachspiel. Wegen der
rechtsextremistischen Äusserungen wurden der Präsident und ein Vorstandsmitglied zu bedingten Geldstrafen verurteilt
[98].
„
L’Expérience Blocher“, ein Dokumentarfilm des Westschweizer Filmemachers Jean-Stéphane Bron („Mais im Bundeshuus“) über den SVP-Übervater, löste schon vor der Uraufführung am Filmfestival in Locarno Mitte August Unmut aus. Es gehe nicht an, dass der Staat einen Film über einen derart umstrittenen Politiker finanziere, äusserten sich Exponenten der SP. Tatsächlich hatte die eidgenössische Filmförderung die Hälfte des Filmbudgets übernommen. Der Film zeigt die wenig spektakuläre Aufzeichnung verschiedener Wahlkampfauftritte vor den nationalen Wahlen 2011. Bron begleitete Blocher in stundenlangen Autofahrten zwischen diesen Auftritten und – so die NZZ-Filmkritik – verleihe dem Politiker Blocher, wohltuend entkrampfend, ein menschliches, sympathisches Gesicht. Der Mitte Oktober in den Kinos anlaufende Film vermochte die Zuschauer allerdings nicht zu überzeugen. Die Besucherzahlen blieben unter den Erwartungen
[99].
Ende März beschied das Zürcher Obergericht, dass die Hausdurchsuchung bei Christoph Blocher rechtens gewesen und die beschlagnahmten Beweismittel wegen des Verdachts auf Verletzung des Bankgeheimnisses verwertbar seien. Blocher hatte mit der vermuteten Weitergabe von Daten massgeblich zum Rücktritt des Nationalbankchefs
Hildebrand beigetragen. Nachdem 2012 die Immunität des alt-Bundesrates aufgehoben worden war, nahm die Affäre durch den Entscheid des Obergerichtes im Frühling 2013 wieder Fahrt auf. Blocher kündigte an, den Entscheid beim Bundesgericht anzufechten. Die beschlagnahmten Unterlagen blieben entsprechend versiegelt. Ein Nachspiel hatte die Hausdurchsuchung für den Zürcher Oberstaatsanwalt Martin Bürgisser. Dieser hatte in einer E-Mail an einen ehemaligen juristischen Sekretär die Durchsuchung der Büro- und Wohnräumlichkeiten Blochers angekündigt, was das Bundesgericht auf Beschwerde Blochers als Amtsgeheimnisverletzung beurteilte. Ebenfalls in die Affäre verwickelt war Hermann Lei, Anwalt und SVP-Grossrat im Kanton Thurgau. Lei hatte 2011 den Kontakt zwischen dem Dieb der Bankauszüge, auf welchen Devisengeschäfte von Hildebrand abgebildet waren, und Blocher vermittelt. Dafür wurde Lei Anfang Oktober wegen Gehilfenschaft und versuchter Verleitung zur Bankgeheimnisverletzung verurteilt, wogegen er Einsprache erhob
[100].
Die im Vorjahr durch einen Zeitungsbericht des Tages-Anzeigers ausgelöste
„Affäre Mörgeli“ erhielt auch im Berichtjahr viel neuen Zündstoff. Nationalrat Christoph Mörgeli (ZH) war 2012 von seinem Posten als Konservator des Medizinhistorischen Instituts an der Universität Zürich aufgrund ungenügender fachlicher Leistungen freigestellt worden. Ende März strahlte die Fernsehsendung „Rundschau“ einen Bericht aus, in dem Mörgeli vorgeworfen wird, ungenügende Doktorarbeiten abgenommen zu haben. Mörgeli sah sich nicht nur in seinem Urteil bestätigt, dass er von der Universität gemobbt werde, da diese interne und vertrauliche Gutachten herausgebe, sondern er plante auch rechtliche Schritte gegen die Rundschau und die Sendung „10 vor 10“, die das Thema ebenfalls aufgenommen hatte. Wegen „versuchten Rufmords“ reichte Mörgeli bei der Ombudsstelle Beschwerde ein, die Anfang Dezember allerdings abgewiesen wurde. Anfang Oktober kam ein Bericht einer externen Expertenkommission zum Schluss, dass Mörgeli einen Teil seiner Doktoranden schlecht betreut habe. Mörgeli wehrte sich in einer Stellungnahme gegen den Bericht; er stritt insbesondere ab, dass es in den von ihm betreuten rund 60 Dissertationen unkommentierte Text-Transkripte gegeben habe. Mörgeli griff zudem seine Nationalratskollegin und Mitglied des Universitätsrates Kathy Riklin (cvp, ZH) an. Er reichte Strafanzeige wegen Amtsgeheimnisverletzung ein, weil Riklin Ende Herbstsession in der Wandelhalle angeblich Internas aus dem damals noch nicht veröffentlichten Expertenbericht ausgeplaudert habe. Im Herbst wurde die Kritik an der Universitätsführung lauter, die in der Zwischenzeit auch die stellvertretende Institutsdirektorin Iris Ritzmann entlassen hatte, was in Universitätskreisen geharnischte Proteste hervorgerufen hatte. Der Universitätsleitung wurde Führungsschwäche vorgeworfen. Sie habe zudem der ermittelnden Staatsanwaltschaft willfährig E-Mails zahlreicher Mitarbeiter ausgehändigt. Die Kritiken kulminierten im vorzeitigen und sofortigen Rücktritt des Rektors Andreas Fischer Anfang November, worauf sich eine kantonalparlamentarische Oberaufsicht einschaltete, die die Vorfälle überprüfen will. Um eine Episode reicher wurde die Affäre Ende Berichtjahr, als der Anwalt von Christoph Mörgeli Strafanzeige gegen den ehemaligen Chef des Bundesamtes für Justiz, Heinrich Koller, einreichte, der von der Universität Zürich eingesetzt worden war, um die Entlassung von Iris Ritzmann zu untersuchen. Mörgelis Anwalt machte herabsetzende Äusserungen und Verletzung des Amtsgeheimnisses geltend
[101].
Unter die
Affäre Zuppiger wurde im Berichtjahr auch juristisch ein Schlussstrich gezogen. Bruno Zuppiger war 2011 als aussichtsreicher Anwärter auf einen zweiten SVP-Bundesratssitz wegen einer Anklage auf Veruntreuung einer Erbschaft nicht nur als Regierungsanwärter zurückgezogen worden, sondern er war 2012 auch aus dem Nationalrat zurückgetreten. Politisch – so auch die SVP-Spitzen – sei die Affäre also abgehakt. Mitte Januar wurde Zuppiger vom Bezirksgericht Zürich schuldig gesprochen und zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 13 Monaten und 1 500 Franken Busse verurteilt
[102].
Für einigen medialen Wirbel sorgte der Umstand, dass der Zürcher Nationalrat
Hans Fehr und seine Frau Ursula, ihres Zeichens SVP-Gemeindepräsidentin von Eglisau, angeblich schwarz eine Asylbewerberin als Haushaltshilfe angestellt hätten. Fehr gilt als asylpolitischer Hardliner und soll keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlt haben. Das Bundesamt für Migration war auf den Fall aufmerksam geworden und hatte den Verdacht dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich gemeldet, das Anzeige erstattete. Das Ehepaar Fehr entschuldigte sich in einer schriftlichen Stellungnahme für den Irrtum. Es droht eine Busse wegen Beschäftigung von Ausländern ohne Bewilligung und Verletzung der Beitragspflicht für Sozialversicherungsbeiträge
[103].
Im Falle der unbedarften Aussage der Aargauer Grossrätin und CVP-Kommunikationsleiterin Marianne Binder bei einer Diskussionssendung in einem regionalen Fernsehen zeigte sich der Parteivorstand der SVP kulant. Binder hatte die Politik der Volkspartei mit derjenigen von Pol Pot, dem kambodschanischen Diktator, verglichen. Obwohl empörte SVP-Mitglieder rechtliche Schritte gefordert hatten, forderte die Parteileitung Binder lediglich dazu auf, für ihre „
antidemokratische Äusserung“ in Form einer Spende Abbitte zu leisten. Man wolle den politischen Gegner mit Diskussionen schlagen und nicht vor dem Staatsanwalt, so die SVP. Binder kam der Bitte nach und spendete für die Kinderspitäler von Beat Richner in Kambodscha
[104].
Vor gut 1 200 Besucherinnen und Besuchern erinnerte Nationalrat Blocher, der wie jedes Jahr Mitte Januar an der
Albisgüetli-Tagung auftrat, dass vor rund 20 Jahren an diesem Ort die Zürcher SVP als erste Kantonalpartei den EWR-Beitritt abgelehnt habe. Das Albisgüetli sei deshalb die Wiege für Freiheit und Unabhängigkeit. Dem Bundesrat warf er eine kriecherische Haltung gegenüber den hochverschuldeten Staaten in Europa und gegenüber den USA vor, die einen Finanz- und Wirtschaftskrieg gegen die Schweiz führten. Die Tradition der Jahresveranstaltung der Zürcher SVP will es, dass der amtierende Bundespräsident an die Tagung der Zürcher Kantonalsektion eingeladen wird. Bundespräsident Maurer hatte ein Heimspiel und bezeichnete in seiner Gastrede die humanitäre Tradition als wichtigen Wegweiser für die Schweiz, deren Basis die bewaffnete Neutralität sei
[105].
Grüne Partei (GP)
Die Grünen feierten 2013 ihr
30-jähriges Bestehen. Die verschiedenen in den 1970er Jahren entstandenen kantonalen und kommunalen Ökologiebewegungen hatten sich 1983 zur Föderation der grünen Parteien zusammengeschlossen. In Biel wurde Ende April auf dieses Ereignis angestossen. Seit den eidgenössischen Wahlen 2011 standen die Grünen allerdings unter keinem guten Stern. Bereits damals mussten sie eine herbe Niederlage einstecken, 2012 und auch im Berichtjahr setzte sich dieser negative Trend auch bei den kantonalen Parlamentswahlen fort (siehe nachfolgend). Als ein Grund für die Formschwäche der GP wurde in der Presse der Verlust der Führerschaft in Umweltthemen diskutiert. Der Atomausstieg ist beschlossen, Raumplanung, Nachhaltigkeit oder Mobilität sind Themen, die auch von bürgerlichen Parteien bearbeitet werden. Regula Rytz (BE), Co-Präsidentin der Grünen Partei Schweiz begrüsste freilich in einem Interview am Anfang des Berichtjahrs diesen Trend: Themen, die früher belächelt worden seien, würden jetzt ernst genommen. Auf diesem Erfolg dürfe sich die GP aber nicht ausruhen, weil es zum Beispiel in der Atompolitik – die GP hatte eine Ausstiegsinitiative lanciert – noch viel zu tun gebe und noch immer Überzeugungsarbeit geleistet werden müsse. Der Partei wurde auch vorgeworfen, zu wenig pragmatisch und häufig zu ideologisch zu agieren. Eine ernsthafte Oppositionspolitik könne sie zudem erst betreiben, wenn sie sich von der SP emanzipiere, mit der sie zu häufig paktiere. Ein weiterer Grund für die Verluste der Grünen wurde zudem in der GLP ausgemacht, die als liberale Version der Grünen in der Mitte die Wählerschaft abgrabe. Trotz dieser Konkurrenz setzte sich Rytz für die Wahlen 2015 10% Wähleranteil zum Ziel
[106].
Erneut mussten die Grünen bei den vier
Gesamterneuerungswahlen für die kantonalen Parlamente Verluste in Kauf nehmen. In Genf gingen der GP nicht weniger als sieben Mandate verlustig. Davon profitierte vor allem die extreme Linke. Nicht nur der Rückgang der Sitzzahl auf zehn, sondern auch der Wählerverlust von über sechs Prozentpunkten war eine veritable Schlappe für die Genfer Grünen. In Neuenburg verlor die GP zwei Sitze. Hier machte ihr die neu antretende GLP Konkurrenz. Auch in Solothurn waren die Grünliberalen zwar erfolgreich, die Grünen konnten aber etwas überraschend ihre Sitzzahl von sechs auf sieben Mandate ebenfalls ausbauen. Im Kanton Wallis, wo die GP eher unbedeutend ist und vor allem als Listenpartner der Linken fungiert, konnten die beiden bisherigen Sitze gehalten werden. Im Kanton Schaffhausen führte zudem der Parteiwechsel von zwei zur GP zählenden Ökoliberalen Bewegung Schaffhausen (ÖBS)-Kantonsräten zur GLP zu zwei weiteren Mandatsverlusten (siehe unten). Der per Saldo-Verlust von zehn Sitzen im Jahr 2013 führte dazu, dass die GP Ende Berichtjahr nur noch 7,1% aller 2 559 kantonalen Mandate (exklusive AI) inne hatte; 2011 hatte dieser Anteil noch bei 7,9% gelegen
[107].
In Genf musste die GP nicht nur Verluste im Parlament hinnehmen, sondern wurde bei den
kantonalen Regierungswahlen auch eines Sitzes im Staatsrat beraubt. In Solothurn schaffte es Brigit Wyss nur äusserst knapp nicht, für die Grünen eine Exekutivbeteiligung zu erobern. In den Kantonen Neuenburg und Wallis hatten die grünen Kandidierenden hingegen keine Chance. Insgesamt besetzte die GP Ende Jahr noch 8 der 156 kantonalen Regierungssitze
[108].
Mit der Wahl von Antonio Hodgers in den Genfer Staatsrat musste das Amt des
Bundeshausfraktionspräsidenten neu besetzt werden. Drei der 15 National- und zwei Ständeräte kündigten eine Kandidatur für den Posten an: die 2013 amtierende Nationalratspräsidentin Maya Graf (BL), der seit 2011 im Nationalrat sitzende Balthasar Glättli (ZH) sowie Nationalrat Daniel Fischer (ZH), der von 1999 bis 2003 bereits die grüne Fraktion im Zürcher Kantonsrat präsidiert hatte. Die Fraktion entschied sich Ende November für Glättli, der sich vor allem hinsichtlich Netzpolitik, Datenschutz und Persönlichkeitsrechten einen Namen gemacht hat
[109].
Die
jungen Grünen wählten Ende September Ilias Panchard (GE) zum Co-Präsidenten. Dem dreiköpfigen Präsidium gehören neben Panchard auch Lena Frank (BE) und Andreas Lustenberger (ZG) an. Mit Panchard soll die französischsprachige Schweiz stärker eingebunden werden
[110].
Wie bereits im Vorjahr trat Links-Grün bei den eidgenössischen Abstimmungen sehr geschlossen auf. Die Grünen beschlossen mit Ausnahme des Referendums zur Autobahnvignette die gleichen
Stimmempfehlungen wie die SP (siehe oben). Das Ja zur revidierten Raumplanung war bereits 2012 gefasst worden. An der Delegiertenversammlung Mitte Januar in Grenchen empfahlen die Delegierten der GP die Abzocker-Initiative (mit 134 zu 4 Stimmen) und den Familienartikel (mit 117 zu 2 Stimmen bei 4 Enthaltungen) zur Annahme. Das revidierte Asylgesetz wurde an der Versammlung in Biel Ende April einstimmig mit 164 zu null Stimmen abgelehnt; die jungen Grünen hatten zusammen mit anderen Organisationen und unterstützt auch von der Mutterpartei 2012 das Referendum dagegen ergriffen. Auch die Volkswahl-Initiative der SVP wurde deutlich abgelehnt. Immerhin liebäugelten 16 Abgeordnete mit dem Vorhaben, das auch schon von den Grünen als Idee diskutiert worden war, weil die Aussicht auf eine Regierungsbeteiligung mit einer Volkswahl vielversprechender wäre als mit der Parlamentswahl. Die SVP-Initiative wurde aber von den restlichen 150 Stimmenden (14 enthielten sich) deutlich abgelehnt. Am 24. August fassten die Delegierten in Visp die Parolen für die sechs restlichen Vorlagen. Für die GSoA-Initiative zur Abschaffung der Wehrpflicht wurde die Ja-Parole beschlossen (mit 128 zu 3 Stimmen bei 6 Enthaltungen). Einstimmig mit 133 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung fiel das Nein zur Liberalisierung des Arbeitsgesetzes aus. Die GP hatte das Referendum gegen die Öffnungszeiten bei den Tankstellenshops unterstützt. Die Nein-Parolen zur Erhöhung der Gebühr für die Autobahnvignette (86 zu 6 Stimmen bei 10 Enthaltungen) und zur Familieninitiative der SVP (102 zu 2 Stimmen bei 9 Enthaltungen) wurden ebenso deutlich beschlossen wie das Ja zur 1:12-Initiative (106 zu 1 Stimmen bei 9 Enthaltungen). Zu hitzigen Diskussionen kam es um das Epidemiengesetz. Der Parteivorstand hatte Stimmfreigabe empfohlen, die Delegierten beschlossen aber mit 77 zu 42 Stimmen bei elf Enthaltungen die Ja-Parole
[111].
Die
Atomausstiegsinitiative, die eine maximale Laufzeit der bestehenden AKWs von 45 Jahren fordert, wurde im Januar als offiziell zustande gekommen verfügt. Die Grünen hatten 107 533 gültige Unterschriften eingereicht
[112].
Mit ihrer im Oktober 2012 eingereichten
Initiative „Für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft (Grüne Wirtschaft)“ konnte die GP einen ersten Erfolg erzielen, reagierte doch der Bundesrat mit einem indirekten Gegenvorschlag mittels Revision des Umweltschutzgesetzes. Die Initiative verlangt die Reduktion des ökologischen Fussabdrucks der Schweiz von heute – hochgerechnet auf die Weltbevölkerung – 2,8 Erden auf 1 Erde im Jahr 2050. Ziel sei es, nur so viele natürliche Ressourcen zu verbrauchen, wie natürlicherweise hergestellt werden. Der Bundesrat befürwortete die Stossrichtung, erachtete das Ziel der Initiative aber als zu ehrgeizig. Mit dem Verweis auf ein Papier der Unternehmervereinigung „World Business Council of Sustainable Development“, der Firmen wie ABB, Novartis oder Toyota angehören und die in einer Vision 2050 mögliche Wege für eine Reduktion des Fussabdrucks auf 1,1 Erden aufzeigt, erhoffen sich die Grünen auch Unterstützung aus der Wirtschaft
[113].
An ihrer Delegiertenversammlung in Biel Ende April versprachen die Grünen, die
AHVplus-Initiative des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes zu unterstützen und selber 5 000 Unterschriften beizusteuern
[114].
An der Delegiertenversammlung am 19. Januar in Grenchen diskutierten die Grünen die
Raumplanung. In einer Resolution forderten die Abgeordneten zusätzliche Anstrengungen über das revidierte Raumplanungsgesetz hinaus, zu dem die GP bereits im November die Ja-Parole gefasst hatte. Es brauche insbesondere mehr Mut für eine Entwicklung der Zentren und mehr Bereitschaft, der Natur Raum zu überlassen. Die Abstimmung zum revidierten Raumplanungsgesetz müsse mit einer breiten Koalition aus Landwirten, Architekten, der Tourismusbranche, Mietern und Stadtbewohnern gewonnen werden, forderte Co-Präsidentin Adèle Thorens in Grenchen
[115].
In der
Verkehrspolitik wollten die Grünen ihre Position für weniger Mobilität verteidigen. Bereits im Januar kündigte Co-Präsidentin Regula Rytz an, ein Referendum zu unterstützen, sollte der Bau einer zweiten Gotthardröhre beschlossen werden. Das bis anhin von den Grünen besetzte VCS-Präsidium wollte man ebenfalls nicht kampflos der SP überlassen: neben der letztlich gewählten Evi Allemann (sp, BE) trat deshalb auch Aline Trede (gp, BE) an. Mitte April brachten die Grünen zudem die Idee eines Gelegenheits-Halbtax-Abonnements in die Diskussion um die Preise im öffentlichen Verkehr ein. Die „Bahnkarte 25“ soll für CHF 50 im Jahr die Bahnreisen um 25% verbilligen. Damit würden Anreize für Gelegenheitszugfahrer gesetzt, die vermehrt auf die Strasse ausweichen würden, gab Regula Rytz, Co-Präsidentin der Grünen in einem Interview zu Protokoll. Eine ähnliche Idee war in Deutschland mit einigem Erfolg im Jahr 2002 eingeführt worden. Schliesslich forderten die Delegierten im November in einer Resolution, dass bis 2050 nur noch Autos auf Schweizer Strassen fahren dürfen, die mit grünem Strom fahren. Dies soll durch eine Erhöhung der Auto-Importsteuer und der Umwandlung von Parkplätzen in Standplätze mit Ladestationen erreicht werden. Darüber hinaus müsse möglichst rasch ein verursachergerechtes Mobility-Pricing eingeführt werden
[116].
Anfang Mai unterbreiteten Vertreter der GP in Bern Vorschläge gegen die
Wegwerfgesellschaft. Viele Produkte würden weggeworfen, wenn sie nicht mehr funktionierten, weil eine Reparatur teurer ist als ein Neukauf. Die Grünen verlangten, dass Produkte so gebaut werden, dass sie einfach repariert werden können, und dass mit Hilfe von standardisierten Ersatzteilen eine Revision eines Produktes auch längere Zeit nach dem Kauf noch möglich sei. Ähnlich wie die vorgezogene Recycling-Gebühr soll eine vorgezogene Reparatur-Gebühr erhoben werden, um ein dichtes Netz von Reparaturstellen zu fördern. Auch die Angabe der geplanten Lebensdauer soll eingeführt werden. So könnten die Kunden Unterschiede zwischen langlebigeren, dafür teuren und kurzlebigen billigen Produkten erfassen. Gefordert wurde von der GP zudem eine auf fünf Jahre verlängerte Garantiefrist und die Förderung von Produkt-Vermietungen
[117].
Fracking – das Fördern von Schiefergas mit Wasser, Sand und Chemikalien aus dem Untergrund – ist den Grünen ein Dorn im Auge. Kritisiert werden das Erdbebenrisiko, die Gefahr einer Verschmutzung des Grundwassers durch Chemikalien und die grosse Menge an benötigtem Wasser. Die Förderung von unkonventioneller fossiler Energie müsse verboten oder wenigstens einem Moratorium unterstellt werden, forderten die Grünen Mitte August via Medien. Der Bundesrat hatte zwar seine Skepsis gegenüber Fracking ausgedrückt, die Nutzung von Bodenschätzen liegt jedoch grundsätzlich in der Kompetenz der Kantone. Bisher ist Fracking in den Kantonen Freiburg und Waadt untersagt
[118].
An der Delegiertenversammlung in Visp (VS) beschlossen die Grünen in einer Resolution, dass die
Bergregionen besser unterstützt werden sollen. Eine nachhaltige Entwicklung müsse in diesen Regionen mit einer besseren Unterstützung der naturnahen Landwirtschaft, aber auch mit einer Reduktion des CO2-Ausstosses gefördert werden. Die Einführung einer CO2-Taxe und die Ratifikation der Alpenkonvention seien deshalb vordringlich
[119].
Im November des Berichtjahrs kündigten die Grünen an, eine Initiative im Bereich der
Agrarpolitik lancieren zu wollen. Ziel der Initiative „für gesunde sowie umweltfreundlich und fair hergestellte Lebensmittel (Fair-Food-Initiative)“ ist die Förderung lokal und saisonal produzierter Lebensmittel. Importiert werden dürfen nur noch Lebensmittel, die nach Schweizer Vorschriften und Gebräuchen produziert wurden. Heute könne wegen fehlender Transparenz die Einhaltung von Umwelt-, Qualitäts- oder Tierschutzstandards nicht beurteilt werden. Auch gebe es keine Vorschriften für fairen Handel. Eine bessere Qualität der Produkte würde einen höheren Preis rechtfertigen. Das Begehren soll im Januar 2014 ausgereift sein und den Delegierten vorgelegt werden können
[120].
Die
Ökoliberale Bewegung Schaffhausen (ÖBS), eine der nationalen Grünen Partei angeschlossene Gruppierung, die im Schaffhauser Parlament vier Sitze hält, hatte im Vorjahr den Wunsch eines einjährigen Status als Beobachterin bei der GLP angemeldet. Die ÖBS blieb während dieses Jahres Mitglied der GP und entschloss sich Ende November definitiv im Schoss der Grünen zu bleiben. Allerdings sprach sich rund ein Drittel der ÖBS-Mitglieder gegen einen Verbleib bei der GP aus, weil diese zu weit links politisiere. Dieses Drittel – darunter auch zwei Kantonsräte – wollte fortan als GLP auftreten
[121].
Für einigen Presserummel sorgte die grüne Regierungsrätin des Kantons Aargau,
Susanne Hochuli, die als Sozialdirektorin privat Asylsuchende bei sich beherbergte. Sie wolle nicht nur reden, sondern auch agieren. Weil der Platz in den bestehenden Unterkünften knapp geworden war, suchte der kantonale Sozialdienst mittels Inseraten nach Mietobjekten für die Unterbringung von Asylbewerbern. Hochuli wurde vorgeworfen, für ihr Engagement vom Staat Geld zu erhalten. Entgegen ihrer Partei empfahl die grüne Regierungsrätin zudem die GSoA-Wehrpflichtinitiative zur Ablehnung und sympathisierte mit der Asylgesetzrevision, die von der GP Schweiz zur Ablehnung empfohlen worden war
[122].
Im Kanton Zug wurde
Josef Lang verabschiedet, der nach 41 Jahren seinen Rücktritt aus der kantonalen Politik bekannt gegeben hatte. Lang hatte die grüne Politik auch auf nationaler Ebene stark geprägt. Bei den Nationalratswahlen 2011 wurde er allerdings nicht wiedergewählt. Lang war auch durch sein grosses Engagement beim Sammeln von Unterschriften bekannt. Er erhielt deshalb im Rahmen der Feierlichkeiten von der GP-Co-Präsidentin Adèle Thorens den Titel „Roi des Signatures“ verliehen
[123].
Grünliberale Partei (GLP)
In ihrem siebten Jahr seit der Gründung verfügte die GLP noch immer über kein Parteiprogramm. Die Grünliberalen orientieren sich vorwiegend an den Leitlinien, die bei der Gründung 2007 verfasst wurden. Dies gereicht der Partei durchaus auch zum Vorteil, werden dadurch etwa parteiinterne Streitigkeiten durch Positionskämpfe vermieden und können auch mal tagespolitisch spezifische Positionen bezogen und auch wieder gewechselt werden. Zudem kann die GLP so als Brücke zwischen Links und Rechts häufig bei politischen Entscheidungen das Zünglein an der Waage spielen. Diese „
ideologische Unbeschwertheit“ (NZZ) zeigte sich auch in den unterschiedlichen, teilweise rein wahltaktischen Listenverbindungen und Allianzen, welche die GLP einzugehen bereit ist, was der Partei durchaus auch Erfolg bei kantonalen Wahlen beschert (siehe unten). In den Medien wurden die hauptsächlichen Probleme der Partei nicht nur in der teilweise trotzdem fehlenden Kohärenz in ihrer Positionierung ausgemacht, sondern auch in der starken Konzentration auf ihren Gründer Martin Bäumle, um den sich fast alles in der GLP drehe. Darüber hinaus fänden sich in der Partei viele Quereinsteiger, die zwar viel Sachverständnis, aber wenig politisches Geschick aufwiesen, was das taktische Geschick von Bäumle noch wichtiger mache
[124].
Zwar waren die Grünliberalen im Wallis bei den
kantonalen Gesamterneuerungswahlen nicht angetreten, in den drei anderen Kantonen, in denen das Parlament neu gewählt worden war, führte die Partei ihren Siegeszug aber fort. In Solothurn trat die GLP zum zweiten Mal an und konnte ihre Sitzzahl von zwei auf vier verdoppeln. Während im Kanton Neuenburg auf Anhieb fünf Sitze erobert werden konnten, reichten die 3,1% Wähleranteil im Kanton Genf nicht für einen Sitzgewinn. Neuenburg ist neben Freiburg und Waadt der dritte mehrheitlich französischsprachige Kanton, in dem sich die GLP im Parlament etablieren konnte. Damit sind die Grünliberalen in mehr als der Hälfte der Kantone in der Legislative mit insgesamt 80 Sitzen (von total 2 559 exklusive AI) vertreten (ZH, BE, LU, ZG, FR, SO, BS, BL, SH, SG, GR, AG, TG, VD, NE), wobei die beiden Sitze im Kanton Schaffhausen durch einen Parteiwechsel der Vertreter der ÖBS zur GLP zustande kamen (vgl. unten). Im Tessin konnte die GLP auch auf kommunaler Ebene – die Grünliberalen traten für die Wahlen in Lugano an – bisher noch nicht Fuss fassen. Nach wie vor kein Erfolg war der GLP auch bei Regierungswahlen beschieden. Zwar schickte man bei den Erneuerungswahlen im Kanton Genf und bei den Ersatzwahlen im Kanton Basel-Landschaft jeweils einen Kandidierenden ins Rennen, beide hatten allerdings keine Chance
[125].
Die GLP erwies sich wie schon im Vorjahr hinsichtlich ihrer
Empfehlungen zu den eidgenössischen Abstimmungsvorlagen als ausserordentlich empfänglich für die Mehrheitsmeinung in der Stimmbevölkerung. Bei neun der elf Vorlagen stimmte die Parole der Grünliberalen mit dem Abstimmungsresultat überein. Zählt man das Ja der GLP zum Familienartikel, wo zwar ein Volks- aber kein Ständemehr erreicht wurde, ebenfalls dazu, so sind es sogar zehn Fälle. Keine andere Partei konnte im Berichtsjahr eine so hohe Übereinstimmung aufweisen (die FDP-, die CVP- und die BDP-Parolen stimmten bei je 8 Vorlagen mit dem Endresultat überein). Interessant ist dabei die Betrachtung derjenigen Vorlagen, bei denen die GP (grün) und die FDP (liberal) verschiedene Parolen fassten. Dies war bei acht Vorlagen der Fall, wobei die Delegierten der GLP drei Mal wie die GP und fünf Mal wie die FDP stimmten. Grün hatten die GLP-Mitglieder bereits im Herbst des Vorjahres für die Revision des Raumplanungsgesetzes gestimmt. Auch der Familienartikel wurde Ende Januar des Berichtjahres mit 104 zu 11 analog zu den Grünen, aber entgegen der Empfehlung der Liberalen zur Annahme empfohlen. Die dritte Übereinstimmung mit den Grünen betraf die Erhöhung der Gebühren für die Autobahnvignette. Mit 89 zu 11 Stimmen fassten die Delegierten die Nein-Parole. Ein verursachergerechtes Mobility-Pricing würde mit dieser Massnahme blockiert und Mittel für neue und unnötige Strassen generiert. Allerdings wich die Glarner GLP von der nationalen Partei ab, weil mit einer Ablehnung das kantonale Umfahrungsprojekt gefährdet sei. Auch die GLP Zug empfahl entgegen der Mutterpartei die Annahme der Erhöhung. Die fünf eher liberalen Parolen (im Sinne von Übereinstimmung mit der FDP) wurden gegen die Abzockerinitiative – mit 63 zu 48 Stimmen allerdings knapp und unter Opposition von nicht weniger als sieben Kantonalsektionen (FR, LU, SH, SO, SZ, TG, ZG) –, für die Asylgesetzrevision (Anfang Mai in Luzern mit 117 zu 11 Stimmen bei 8 Enthaltungen, wobei die GLP Glarus Stimmfreigabe beschloss), gegen die GSoA-Initiative zur Aufhebung der Wehrpflicht (Ende Juni in Genf mit 48 zu 14 Stimmen bei 4 Enthaltungen), für das revidierte Arbeitsgesetz (in Luzern mit 127 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen) und gegen die 1:12-Initiative (in Luzern mit 119 zu 8 Stimmen bei 9 Enthaltungen) gefasst. Mit ihrem deutlichen Nein zur Initiative zur Volkswahl des Bundesrates in Luzern (mit 132 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung), dem Ja zum Epidemiengesetz in Genf (mit 56 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen) und dem Nein zur SVP-Familieninitiative in Muttenz (mit 94 zu 4 Stimmen bei 8 Enthaltungen), fanden sich die GLP-Delegierten jeweils in einer grossen Parteienkoalition wieder
[126].
An ihrer Delegiertenversammlung Mitte Oktober in Muttenz beschloss die GLP, das Referendum gegen den Kauf des
Kampfflugzeugs Gripen zu ergreifen. Mit 64 zu 29 Stimmen bei 11 Enthaltungen folgten die Delegierten damit der vorgängigen Empfehlung der Bundeshausfraktion. Das neue Kampfflugzeug sei sicherheitspolitisch unnötig und finanzpolitisch unvernünftig – so das Hauptargument. Der Luftpolizeidienst könne auch zusammen mit den Nachbarländern organisiert werden. Die Opposition einer nicht-linken Partei gegen ein Beschaffungsvorhaben der Armee war dabei ein absolutes Novum in der Schweiz. Die GLP war allerdings dann bei der Sammlung der Unterschriften wesentlich weniger erfolgreich als Links-Grün und brach – nachdem klar war, dass die 50 000 Unterschriften bereits zusammen gekommen waren – die eigene Sammlung frühzeitig ab. Als Grund wurde die verspätete Organisation des Komitees angeführt
[127].
Im Rahmen der Agrarrevision konnte sich die GLP dank Kathrin Bertschy (BE) in der
Agrarpolitik profilieren. Bertschy zerpflückte in der Debatte einige Subventionsforderungen verschiedener Bauernvertreter. Sie kündigte in der Folge ein agrarpolitisches Positionspapier für die GLP an. Gerade in der Landwirtschaft lasse sich grün ideal mit liberal verbinden. Mit Direktzahlungen abzugeltender Umwelt- und Tierschutz müsse mit Marktgesetzen vereinbart werden. Mit der neuen Agrarpolitik 2014 bis 2017 zeigte sich die GLP mehrheitlich zufrieden; gegenüber der bestehenden sei sie auf jeden Fall ein Fortschritt
[128].
Die GLP versuchte im Berichtjahr, ihre Position in der
Familienpolitik zu schärfen. Sie tat dies mit Kritik an der CVP-Initiative zur Abschaffung der Heiratsstrafe. Dieses Begehren hatte Kritik geweckt, weil es die Ehe als Bund von Mann und Frau in der Verfassung verankern will. Die GLP nahm die Kritik auf und schlug einen direkten Gegenvorschlag vor, der nicht nur Ehepaare, sondern alle gesetzlich geregelten Lebensgemeinschaften vor steuerlichen Nachteilen befreien will. Darüber hinaus soll eine „Ehe für alle“ geschaffen werden, die Paaren unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung offenstehen soll
[129].
Nach einem Jahr Beobachterstatus bei der GLP entschied sich die
Ökoliberale Bewegung Schaffhausen (ÖBS), eine 1990 aufgrund eines Zusammenschlusses von Jungliberalen und Umweltgruppierungen entstandene, bisher der nationalen Grünen Partei angeschlossene Gruppierung, bei den Grünen zu bleiben und sich nicht der GLP anzuschliessen. Dieser Entscheid wurde allerdings nicht von allen Mitgliedern der ÖBS geteilt. Ein Teil der Anhängerschaft – darunter auch zwei der vier Schaffhauser Kantonsräte – wechselte zur GLP, die damit in Schaffhausen quasi aus dem Nichts zu zwei Sitzen kam
[130].
Im Kanton Glarus wurde im Berichtjahr die insgesamt 17. Kantonalsektion gegründet. Am 13. März wurde die GLP Glarus aus der Taufe gehoben. In fünf Jahren wolle man im Kanton Fraktionsstärke erreichen. Durch die Gründung einer neuen Kantonalsektion im April war die GLP darüber hinaus neu auch im Kanton Tessin vertreten. Durch die Spaltung der ÖBS im Kanton Schaffhausen (siehe oben) steht zudem die Gründung einer 19. Sektion im Nordkanton an. Keine GLP-Kantonalparteien gibt es damit nur noch in sieben Kantonen (UR, NW, OW, AI, AR, VS, JU)
[131].
Bürgerlich-Demokratische Partei (BDP)
Fünf Jahre nach ihrer Gründung konnte die BDP auf einige Erfolge zurückblicken. Die 5,4% Wähleranteil bei den nationalen Wahlen und die kantonalen Erfolge hätte der am 2. November vor fünf Jahren in Glarus aufgrund des Ausschlusses der Bündner Sektion aus der nationalen SVP gegründeten Partei kaum jemand zugetraut. Die Partei war mit der Abspaltung eines Teils der Berner SVP am 21. Juni 2008 aus der Not geboren worden und ein eigentlicher Plan lag dabei nicht vor. In der Presse wurde dieser Umstand hervorgehoben, der die Partei bis heute präge, da sie sich eher an den herrschenden Umständen als an festen Grundsätzen orientiere. Die Ambivalenz der Partei sei kennzeichnend; die BDP sei zwar jung, aber bereits Regierungspartei, sie sei eigenständig, weil sich von der SVP emanzipierend, aber dennoch profillos. Die Regierungsbeteiligung mache sie zudem stark von der eigenen Bundesrätin abhängig. Gegen den Vorwurf der Profillosigkeit wehrte sich die Partei mit dem Hinweis, dass sie die erste bürgerliche Partei gewesen sei, die für den Atomausstieg optiert habe und auch in der Finanzpolitik eigenständige Positionen einnehme. Der Partei wurde viel Fleiss attestiert, hatte sie doch innert der fünf Jahre nicht weniger als 17 Kantonalsektionen gegründet und rund 7 000 Mitglieder angezogen. In der NZZ wurde ein historischer Vergleich mit den früheren Demokraten gezogen, die in den Kantonen Glarus und Graubünden 1971 mit der damaligen Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei (BGB) zur SVP fusioniert hatten. Die Abspaltung von der SVP 2008 sei quasi die Wiedergeburt der Demokraten. An ihrer Geburtstagsfeier in Chur kündigte die Partei für die nationalen Wahlen 2015 ein Ziel von 8% Wähleranteil an, die man mit einer konsequent lösungsorientierten Politik, aber auch durch stärkere Zusammenarbeit mit der CVP erreichen will
[132].
Im Vergleich zu den Vorjahren war der Erfolg bei
kantonalen Wahlen eher bescheiden. Die BDP trat in drei der vier Kantone, in denen Gesamterneuerungswahlen für die Parlamente anstanden, mit relativ dünn besetzten Listen zum ersten Mal an, hatte aber nur in Solothurn Erfolg, wo zwei Sitze und knapp 3% Wähleranteil erobert werden konnten. Sowohl in Genf als auch in Neuenburg verfehlte die BDP einen Sitzgewinn deutlich und konnte jeweils weniger als 1% der Wählerschaft von sich überzeugen. Im Kanton Wallis war die Partei nicht angetreten. Weil aufgrund von Parteiwechseln auch noch die beiden Sitze im Kanton Freiburg verlustig gingen (vgl. unten), war die BDP in der Romandie überhaupt nicht mehr in der Legislative vertreten. Sie konnte also im Berichtjahr nichts gegen ihr Image einer Partei tun, die in der Westschweiz als „trop suisse alémanique“ wahrgenommen wird. Insgesamt verfügte die BDP Ende Berichtjahr über 88 Sitze, wobei der erwähnte Parteiwechsel der beiden Grossräte im Kanton Freiburg Anfang Jahr zur CVP das Resultat noch auf 86 Sitze drückte. In die ordentlichen und ausserordentlichen kantonalen Regierungswahlen griff die BDP im Berichtjahr nicht aktiv ein
[133].
Infolge der im Vorjahr geäusserten Kritik am UBS-Mandat des damals gewählten
Parteipräsidenten Martin Landolt (GL) gab dieser an der Delegiertenversammlung Anfang Mai in Genf die Kündigung seiner 40%-Beschäftigung bei der Grossbank bekannt. Er sähe zwar keine Gefahr für die Unabhängigkeit als Politiker, das Mandat sei aber zu einem Handicap für die BDP geworden, so Landolt. Tatsächlich positionierte sich der BDP-Präsident mit pointierten Äusserungen zum Finanzplatz und die BDP tat sich auch aufgrund ihrer Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf in der Finanzpolitik – etwa bei der Abgeltungssteuer oder beim Informationsaustausch – besonders hervor
[134].
Zwei Jahre vor den Nationalratswahlen 2015 stellte sich für die BDP langsam die Frage, ob ihre
Bundesrätin noch einmal antreten wird. Auf der einen Seite wäre Eveline Widmer-Schlumpf als Lokomotive im Wahlkampf wichtig, wird doch die Partei nach wie vor überwiegend mit der Bundesrätin identifiziert. Auf der anderen Seite wurde ein möglicher Rücktritt aber auch als Chance betrachtet. Eine Partei könne freier politisieren, wenn sie nicht in der Regierung vertreten sei. Freilich gab sich die Parteileitung zu dieser Frage zugeknöpft. Die Entscheidung liege alleine bei Eveline Widmer-Schlumpf selber
[135].
Nachdem BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf mit der Lex USA eine empfindliche Niederlage einstecken musste, wählte BDP-Präsident Martin Landolt die Strategie Angriff. In einem Interview in der Sonntagspresse betrieb er zwei Jahre vor den Nationalratswahlen Wahlkampf, indem er seine Vorstellung einer idealen
Regierungszusammensetzung erörterte. Während der SVP und der FDP insgesamt drei und der Linken zwei Sitze zustehen würden, müsse die Mitte mit zwei Sitzen – je ein BDP und ein CVP-Mandat – vertreten sein. Die Freisinnigen würden derart ähnlich wie die SVP politisieren, dass die Rechte nicht vier Sitze haben dürfe. Sukkurs erhielt Landolt von der SP, die der FDP ebenfalls die Legitimation auf einen zweiten Bundesratssitz absprach
[136].
Bei allen elf eidgenössischen Abstimmungsvorlagen fasste die BDP jeweils die gleiche Parole wie die CVP und grenzte sich dabei in sechs Fällen von der SVP ab. Mitte Januar lehnten die Delegierten in Langendorf mit 114 zu 7 Stimmen bei 5 Enthaltungen die Abzockerinitiative ab, bei der die BDP auch als Kampagnenführerin des Gegnerkomitees auftrat. Ganz ohne kantonale Opposition ging es dabei auch bei der BDP nicht: Die Sektion Thurgau beschloss nämlich Stimmfreigabe. Ohne Gegenstimme empfahl die Partei in Langendorf zudem, das revidierte Raumplanungsgesetz anzunehmen und auch der Familienartikel wurde mit lediglich fünf Gegenstimmen zur Annahme empfohlen. Anfang Mai wurden an der Delegiertenversammlung in Genf beide Parolen einstimmig gefasst – sowohl das Nein zur Volkswahl des Bundesrates als auch das Ja zur Asylgesetzrevision. Auch die Parolen, welche die Delegierten Ende August in Frauenfeld fassten, evozierten nur wenige Diskussionen: die Wehrpflicht- und die 1:12-Initiative wurden ebenso deutlich verworfen, wie das Epidemiengesetz, die Revision des Arbeitsgesetzes und die Erhöhung der Gebühren für die Nationalstrassenbenützung angenommen wurden. An der Geburtstagsfeier in Chur Anfang November wurde schliesslich die SVP-Familieninitiative ohne Diskussion und mit 202 zu 16 Stimmen bei acht Enthaltungen zur Ablehnung empfohlen
[137].
Eine eigenständige Position nahm die BDP in der
Finanzpolitik ein. Unterstützt von ihrer Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf, die allerdings mit ihrer offiziellen Politik vor allem bei der Rechten aneckte, forderte die Partei ein Umdenken und eine aktives Engagement für einen globalen Informationsaustausch. Die Schweiz könne nicht dauernd warten, bis sie mit dem Rücken zur Wand stehe und dann reagieren müsse, sondern sie solle die internationale Finanzpolitik aktiv mitgestalten. Gegen die geplante Abgeltungssteuer äusserte sich die Partei skeptisch und hinsichtlich des Bankgeheimnisses fordert die BDP mehr Transparenz. In einem an die Presse gespielten vertraulichen Protokoll wurde deutlich, dass die BDP-Bundesrätin die Partei in diese Richtung drängte, obwohl diese Politik vom Gesamtbundesrat nicht abgestützt war. In der Presse wurde der BDP auch vorgeworfen, ihre Position nach dem Wind zu richten, hätte sie doch vor nicht allzu langer Zeit noch das Bankgeheimnis verteidigt. Die auch von der „Lex USA“ befeuerte Diskussion wurde als Möglichkeit einer weiteren Annäherung an die CVP betrachtet, hatte sich die CVP doch bei besagter, allerding letztlich abgelehnter Vorlage etwas überraschend der Haltung der BDP angeschlossen
[138].
Hinsichtlich ihrer
Energiepolitik wurde der BDP vorgeworfen, ihre Positionen zu wechseln. Der Atomausstieg sei 2011 nur beschlossen worden, um den Bundesratssitz von Eveline Widmer-Schlumpf zu retten. In der Zwischenzeit sei die Partei aber atomfreundlicher geworden, was nicht zuletzt auch damit zu tun habe, dass viele BDP-Exponenten mit der BKW verbandelt seien, der Besitzerin des AKW Mühleberg. Hans Grunder (BE), ehemaliger Parteipräsident der BDP, dementierte die Gerüchte. Die BDP und er selber würden hinter dem Atomausstieg stehen. Das schulde man den zukünftigen Generationen
[139].
Bei der Parolenfassung Anfang September wurde die Position der BDP gegenüber den Bilateralen Verträgen mit der EU verdeutlicht. Die Masseneinwanderungsinitiative, bei der die Delegierten ohne Diskussion einstimmig die Nein-Parole empfahlen, würde das Verhältnis zwischen der EU und der Schweiz auf die Probe stellen. Es gelte sachlich und nicht emotional zu urteilen, warnte BDP-Parteipräsident Landolt. Nationalrätin Ursula Haller (BE) kritisierte den SVP-Präsidenten Toni Brunner, der den Bundesrat im Zusammenhang mit dessen
Europapolitik als Landesverräter bezeichnet hatte
[140].
Ende Jahr beteiligte sich die BDP mit einem neuen Vorschlag an der Debatte um die
Rentenreform. Die Diskussion um die Höhe des Rentenalters sei von Ideologie geprägt, befand Parteipräsident Landolt. Man könne die Debatte entpolitisieren, wenn ökonomische Fakten berücksichtigt würden. Konkret schlug die BDP mit einem parlamentarischen Vorstoss vor, das Rentenalter an die Lebenserwartung zu knüpfen. Die Idee ist, dass das Rentenalter 80% der durchschnittlichen Lebenserwartung bei Frauen und Männern betragen soll. 2013 wäre das Rentenalter also bei 66 Jahren zu liegen gekommen. Der Vorschlag wurde von SVP und FDP positiv, von der CVP skeptisch und von der Linken mit Ablehnung aufgenommen
[141].
Bei der ersten SRG-
Wahlumfrage, die nach der Hälfte der Legislatur durchgeführt wurde, zeichnete sich die BDP als grosse Gewinnerin ab. Laut der Umfrage würde die BDP – hätten zu diesem Zeitpunkt Nationalratswahlen stattgefunden – über 2 Prozentpunkte an Wählerstärke zunehmen und neu auf einen Wähleranteil von 7,5% kommen (effektiver Wähleranteil 2011: 5,4%). Die Gewinne würden dabei vor allem auf Kosten der SVP gehen
[142].
Mit der Mitte Februar vorgenommenen Gründung einer BDP Genf, die bei den kantonalen Wahlen im Oktober denn auch gleich – allerdings erfolglos – antrat, waren die Bürgerlich-Demokraten in nunmehr
17 Kantonen präsent, wobei die Romandie mit Ausnahme des Kantons Jura vollständig abgedeckt war. Gründungen in den restlichen Kantonen waren in Planung
[143].
Die 2011 in Freiburg eroberten Grossratssitze gingen Anfang Berichtjahr verlustig. Weil die beiden Grossräte zur CVP wechselten, war die
BDP im Kanton Freiburg nicht mehr im Parlament vertreten. Die Parteiwechsel waren Folge von parteiinternen Auseinandersetzungen, die im Rücktritt fast der gesamten Parteispitze kulminierten, bei deren Neubesetzung zudem nicht wie gefordert eine der beiden Grossräte berücksichtigt worden war
[144].
Evangelische Volkspartei (EVP)
Im Gegensatz zu vor vier Jahren trat die EVP bei den
kantonalen Wahlen in Neuenburg nicht mehr an. Auch in den Kantonen Genf und Wallis stellte die EVP keine Kandidierenden. Im Kanton Solothurn konnten die Evangelikalen ihren Sitz trotz eines leichten Wählerrückgangs auf noch 1,4% halten. Damit verfügte die EVP Ende 2013 nach wie vor über 38 kantonale Parlamentsmandate in insgesamt zehn Kantonen. Im Kanton Basel-Landschaft trat die EVP bei Regierungs-Ersatzwahlen erfolglos gegen die CVP an, mit der sie im Kanton die Fraktion teilt. Die EVP hatte damit auch Ende 2013 keine kantonalen Regierungsvertreter
[145].
Zum neuen
Leiter Kommunikation der EVP Schweiz wurde Jean-Daniel Roth bestimmt. Roth wird Nachfolger von Niklaus Hari
[146].
Die Position der EVP als Partei zwischen Links und Rechts liess sich im Berichtjahr auch an ihren
Parolen ablesen. In sechs der elf Abstimmungsvorlagen stimmte die Abstimmungsempfehlung der EVP mit den Parolen der SP und der GP, also mit Links, überein: für die drei Vorlagen, über die am 3. März abgestimmt wurde, ergriffen die Delegierten der EVP bereits Anfang Dezember des Vorjahres in Solothurn die Ja-Parolen (82:14 für Familienartikel; 91:18 für Abzockerinitiative; 95:3 für RPG). Zusammen mit Links-Grün stimmte die EVP zudem gegen die Volkswahl des Bundesrates (mit 79:0 Stimmen an der DV vom 23.3. in Lausanne), für das revidierte Epidemiengesetz und gegen das revidierte Arbeitsgesetz (beide an der DV vom 22.6 in Schaffhausen mit 65:15 Stimmen bzw. mit 81:4 Stimmen). Beim revidierten Arbeitsgesetz war das Argument ausschlaggebend, dass die Revision zu mehr Sonntagsarbeit führe. Auf der anderen Seite stimmte die EVP bei den drei weiteren klassischen Links-Rechts-Vorlagen mit der bürgerlichen Seite: Die Asylgesetzrevision wurde in Lausanne – allerdings nach längerer Diskussion – mit 41 zu 25 Stimmen angenommen und die beiden linken Initiativen „Aufhebung der Wehrpflicht“ (mit 60:24 Stimmen in Schaffhausen) und „1:12“ wurden abgelehnt, letztere allerdings nur knapp mit 43 zu 34 Stimmen an der Delegiertenversammlung in Frutigen. Die Erhöhung der Autobahngebühren wurde ebenfalls in Frutigen mit 65 zu 5 Stimmen gutgeheissen. Hier entsprach die Parole derjenigen von FDP, CVP und BDP. Eine eigenständige Position vertrat die EVP schliesslich bei der SVP-Familieninitiative, die an der Delegiertenversammlung in Frutigen mit 57 zu 19 Stimmen zur Annahme empfohlen wurde. Die Delegierten waren in ihrer Mehrheitsposition dabei von der Haltung ihrer beiden Nationalrätinnen abgewichen: Maja Ingold (ZH) hatte die Initiative im Parlament abgelehnt und Marianne Streiff (BE) hatte sich damals enthalten
[147].
Das der CVP/EVP-Fraktion angehörende Zweiergespann im Nationalrat bestehend aus der Bernerin Marianne Streiff und der Zürcherin Maja Ingold trug entscheidend dazu bei, dass die
6. IV-Revision scheiterte. Es war der Antrag von Ingold, die Kürzung von Zusatzrenten aus der Vorlage zu streichen, der eine Mehrheit fand und die Vorlage letztlich zum Kippen brachte. Ingold bedauerte zwar, dass keine strukturellen Verbesserungen erzielt werden konnten, befürchtete als ehemalige Sozialvorsteherin von Winterthur aber, dass mit den geplanten Kürzungen die Kosten auf die Kantone und Gemeinden verlagert worden wären, wie sie an einer Versammlung in Zürich erklärte
[148].
Einige Druckerschwärze wurde verbraucht, weil Nationalrätin Marianne Streiff in den Medien als Urheberin der Idee eines
Verbotes von Prostitution dargestellt wurde. Allerdings beinhaltete ihr parlamentarischer Vorstoss lediglich den Auftrag, in einem Bericht zu untersuchen, ob ein Verbot in der Schweiz sinnvoll wäre und das Problem des Menschenhandels abschwächen könnte. Auch mit ihrem Engagement für die rechtskonservative Initiative „Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache“ eckte die Berner Parlamentarierin an
[149].
Lega dei Ticinesi
Alles überschattendes Thema für die Lega war der überraschende
Tod des Lega-Präsidenten Giuliano Bignasca am 7. März des Berichtjahrs. Der Präsident auf Lebenszeit und Bauunternehmer von Lugano, der zusammen mit Flavio Maspoli und Mauro Malandra die Lega im Januar 1991 gegründet hatte, verstarb 67-jährig in Folge von Kreislaufproblemen. Bignasca hatte ein Gespür für politische Unzufriedenheit. Die Aufteilung der Tessiner Pfründe zwischen CVP und FDP missfiel ihm und er begann, die Kritiker der Tessiner Polit-Spielregeln um sich zu sammeln. Die daraus entstandene Lega war in seinem Verständnis immer auch Vertreterin der kleinen Leute. Neben der deutlich rechts-konservativen Ausrichtung lassen sich deshalb auch sozialistische Einsprengsel im Parteiprogramm ausmachen, etwa die Forderungen nach einer 13. AHV-Rente oder nach einer kantonalen Einheitskrankenkasse. Die Partei feierte nach ihrer Gründung sehr rasch Erfolge. Bereits bei den Grossratswahlen 1991 zog sie mit 12,8% Wählerstimmen ins kantonale Parlament ein und bei den Nationalratswahlen im selben Jahr sicherte sich die Protestpartei gar mit fast einem Viertel (23,6%) der Wählerstimmen zwei Sitze. Bignasca selber sass 1995 sowie 1999 bis 2003 für die Lega in Bern. 2000 wurde er in die Stadtexekutive Luganos gewählt. Bignasca war Herausgeber der Kampfpostille der Lega, „Il Mattino della Domenica“, die jeden Sonntag gratis erscheint, und in der Gegner auf teilweise rüde und primitive Weise diffamiert werden. Dank dem rohen Politikstil, dem populistischen Auftreten Bignascas, aber auch dank der zunehmenden Zahl von Grenzgängern, die aus Italien im Tessin Arbeit suchen und zumindest teilweise auch dank dem konzilianteren Auftreten von Lega-Exponenten – so etwa der als beliebteste Politiker des Tessins wahrgenommene Staatsrat Marco Borradori – konnte die Lega nach einer Phase der Stagnation in den 2000er Jahren ab 2011 wieder grosse Erfolge feiern: In den Nationalrat schickte man wieder zwei Vertreter, die Eroberung des Kantonsparlamentes als zweitstärkste Kraft und die Eroberung eines zweiten Regierungssitzes auf Kosten von CVP und SVP sind beredtes Zeugnis dafür. Der Erfolg zwingt die Lega allerdings auch zur Übernahme von politischer Verantwortung. Die Lega Bignascas geht und ging immer auch eine Gratwanderung zwischen Protest- und Oppositionspartei und etablierter Regierungs- und Konsenspartei. Die Frage stellte sich auch in der Presse, ob und wie stark Bignascas Tod in der Lega ein Machtvakuum entstehen lassen und wer die Funktion des „enfant terrible“ übernehmen würde. Die Bedeutung von Nano (Zwerg) – wie er im Tessin sowohl liebevoll als auch verachtend genannt wurde – zeigte sich nicht nur an seiner von mehreren Tausend Menschen besuchten Beisetzung, sondern auch im Umstand, dass der Name Bignascas nicht von der Kandidatenliste für die Kommunalwahlen in Lugano gelöscht wurde, und dass der Lega-Übervater gar mit über 10 000 Stimmen gewählt worden wäre. Dass das zweite und die eher konsensuale Seite vertretende Aushängeschild Marco Borradori aus der Kantonsregierung zurücktrat und im Berichtjahr zum Stadtpräsidenten von Lugano gewählt wurde, dürfte für die Partei erschwerend hinzukommen. Die im Tessin noch eher schwache SVP könnte das Machtvakuum nutzen und das nach wie vor vorhandene Protestpotential neu organisieren. Attilio Bignasca – der Bruder des Verstorbenen – versuchte im Berichtjahr mit verschiedenen Protestaktionen, den populistischen Stil der Partei zu bewahren (siehe unten)
[150].
Nachdem Marco Borradori in die Stadtexekutive Luganos gewählt worden war, rückte Michele Barra in den Tessiner Staatsrat nach. Barra war vom letzten Listenplatz aus nachgerückt, weil der erste Ersatzmann Giuliano Bignasca verstorben war und der zweite, Nationalrat Lorenzo Quadri, aufgrund seines nationalen Amtes verzichtet hatte. Allerdings verstarb Barra Mitte Oktober an einem Krebsleiden. Weil Ersatzwahlen im Südschweizer Kanton nicht vorgesehen sind, musste die Lega einen
nicht gewählten Parteivertreter zum Staatsrat bestimmen. Sie fand ihn nach einiger Suche im Strafrichter Claudio Zali. Zali bezeichnete sich zwar als Leghist der ersten Stunde, er konnte allerdings wenig politische Erfahrung aufweisen. Dies zeigte auch das Problem der Lega der immer dünner werdenden Personaldecke. Über der Amtszeit des neuen Staatsrates hänge ein Damoklesschwert und das Problem der geringen Legitimation. Da bereits 2015 Neuwahlen stattfinden, bleibt offen, ob die Lega ihre beiden Regierungsmandate wird verteidigen können
[151].
Unter der Führung des Bruders des verstorbenen Giuliano Bignasca, Attilio Bignasca, versuchte die Lega an ihre Wurzeln anzuknüpfen. Anfang der 1990er Jahre fuhren Legisthi aus Protest gegen das damals verhängte sommerliche Tempolimit im Schneckentempo auf der Autobahn von Airolo nach Chiasso. Diese „
Karawane der Freiheit“ sollte am 26. Juli des Berichtjahrs von Attilio Bignasca erneut in Gang gesetzt werden. Diesmal wollte die Lega gegen die geplante Erhöhung der Gebühren für die Autobahnvignette auf CHF 100 die „Gerichtsvollzieher aus Bern“ aufscheuchen. Die Aktion wurde allerdings ein Flop, weil sich lediglich 20 Autos in die Karawane einreihten
[152].
Mouvement Citoyens Romand (MCR/MCG)
Bei den kantonalen Wahlen in Genf konnte der MCG im Berichtjahr erneut
Wahlerfolge feiern. Im kantonalen Parlament legte die Protestbewegung um 4,5 Prozentpunkte an Wählerstärke zu (19,2%), gewann drei zusätzliche Mandate (neu 20 Sitze) und wurde damit neu zweitstärkste Partei hinter der FDP. Ein aggressiver Wahlkampf spülte zudem Nationalrat Mauro Poggia in die Genfer Regierung. Der Sitz ging auf Kosten der FDP. Für Poggia rückte Roger Golay in den Nationalrat nach
[153].
Der neue Nationalrat Roger Golay, Nachfolger des in die Genfer Regierung gewählten Mauro Poggia, wurde, anders als sein Vorgänger, als
Mitglied in die SVP-Fraktion aufgenommen. Die SVP-Fraktion zählte damit neu 63 Mitglieder. Poggia wurde die Mitgliedschaft noch verweigert, weil er in Sozial- und Sicherheitsfragen von der SVP als zu links betrachtet worden war. Fraktionslose Ratsmitglieder haben es im Parlament sehr schwer. Dieses Schicksal wird dem als Hardliner geltenden Golay nun nicht zuteil
[154].
Eine Protestpartei zieht in der Regel auch Personen an, die aus ihrer
(rechts-)extremen Haltung keine Mördergrube machen. So wurde etwa ein Genfer Stadtparlamentarier des MCG, der sich abschätzig über Homosexuelle und Eingebürgerte geäussert und sich auf seiner Facebook-Seite negativ über Israel ausgelassen hatte, von der Partei ausgeschlossen
[155].
Im Berichtjahr verstarb der ehemalige Präsident des MCG, Georges Jost. Jost sass 1987 bis 1993 für die
Vigilants im Genfer Kantonsparlament und präsidierte die Bewegung von 2006 bis 2008
[156].
Andere Parteien
Die Alternative Linke Schweiz (AL, LA Gauche, La Sinistra), eine Dachorganisation verschiedener linker Gruppierungen (darunter PdA/POP, SolidaritéS und Alternative Liste), konnte im Berichtjahr verschiedene
Wahlerfolge feiern. Bei Ersatzwahlen in der Stadt Zürich schaffte es Richard Wolff, der FDP einen Sitz abzujagen und im Kanton Genf holte die vereinigte extreme Linke neun Sitze und war somit nach einigen Jahren Absenz wieder im Genfer Parlament vertreten
[157].
Der frühere Nationalrat der Partei der Arbeit (PdA),
Josef Zisyadis, trat nach über 30 Jahren Mitgliedschaft aus der PdA des Kantons Waadt aus. Das „Urgestein der extremen Linken“, wie ihn die NZZ nannte, machte geltend, dass die Waadtländer Parteisektion ihn zwischen 2007 und 2011 zu wenig unterstützt habe und die Bestrebungen einer Zusammenführung der extremen linken Kräfte der Schweiz behindere. Zisyadis war einer der führenden Köpfe gewesen bei der Gründung der Alternativen Linken Schweiz. Tatsächlich kritisierte auch die Deutschschweizer Seite, dass das nationale Projekt in der Westschweiz eher verschleppt werde. Zisyadis wollte sich fortan stärker für die nationale Ebene einsetzen. Sein Ziel sei es, dass die Alternative Linke ab 2015 (wieder) im Nationalrat vertreten sei
[158].
Aufhorchen liess die AL Ende August mit ihrer
Nein-Parole zur GSoA-Initiative zur Abschaffung der Wehrpflicht. Die Empfehlung wurde damit begründet, dass mit dem bestehenden Zivildienst niemand mehr obligatorisch Wehrdienst leisten müsse. Der Zivildienst als wichtiger Service an der Gesellschaft würde durch die Abschaffung der Wehrpflicht ebenfalls wegfallen. Zudem sei die mögliche Alternative einer Berufsarmee keine verlockende Vorstellung
[159].
Das bisher erfolgreichste Projekt der AL ist die Initiative „gegen die Pauschalbesteuerung“, die Ende 2012 mit 103 012 gültigen Unterschriften eingereicht worden war. Ansonsten verliefen die 2009 gestarteten Bemühungen einer nationalen Einigung der antikapitalistischen Gruppierungen allerdings sehr harzig. Historisch bedingte Grabenkämpfe und ideologische Differenzen drohten das Projekt scheitern zu lassen. Nicht nur in der West-, sondern auch in der Deutschschweiz äusserten sich einige Exponenten vermehrt
desillusioniert. Es lohne sich eher, sich auf kommunale Politik zu konzentrieren – wie das Beispiel der Stadt Zürich zeige
[160].
Der Parteipräsident der Waadtländer Parti ouvrier et populaire (POP), Gavriel Pinson, wurde Ende Oktober zum
Präsidenten der nationalen PdA gewählt. Der 58-jährige Pinson hat die schwere Aufgabe, die PdA nach dem Abgang einiger Schwergewichte – darunter der langjährige Nationalrat Josef Zisyadis oder der Vizepräsident der POP Julien Sansonnens – wieder auf Kurs zu bringen
[161].
Ende Mai startete die Autopartei unter dem Namen
„Das 3er Paket“ mit der Sammlung von Unterschriften für gleich drei Volksinitiativen. Die Initiative „Ja zu vernünftigen Tempolimiten“ fordert eine Tempolimitenerhöhung auf 130 km/h auf Autobahnen und auf 100 km/h ausserorts. Die Initiative „Freie Fahrt statt Mega-Staus“ will das Autobahnnetz massiv ausbauen. Gefordert wird unter anderem auch ein Ausbau des Gotthardtunnels auf mindestens vier Spuren. Das dritte Begehren mit dem Titel „Strassengelder gehören den Strassen“ fordert – wie die bereits von Autoimporteuren lancierte „Milchkuhinitiative“ – dass Strassengebühren nur für den Strassen- und nicht für den öffentlichen Verkehr verwendet werden. Zusätzlich wird eine Reduktion der Gebühren verlangt. Parteipräsident Jürg Scherrer zeichnet für die Initiativen verantwortlich
[162].
Die CSP Schweiz hatte sich 1997 aus den jeweils unabhängigen Kantonalparteien Jura, Freiburg, Luzern und Zürich national zusammengeschlossen. Seit 2002 gehörte auch die CSP Valais Romand dazu, nicht aber die CSP Oberwallis, die zur CVP-Familie gehört. Insgesamt verfügte die CSP Ende Berichtjahr in den Kantonen über 16 Mandate (ZH: 1; FR: 4; JU: 8; VS: 3), wobei die drei Sitze im Kanton Wallis bei den
Gesamterneuerungswahlen verteidigt werden konnten. Der Sitz in Zürich fiel bereits 2012 der CSP zu, weil der für die Christlich-Sozialen auf der Liste der Grünen antretende Kandidat als Ersatz für eine zurücktretende Kantonsrätin der GP nachrutschte
[163].
Die
CSP Obwalden gehört nicht zur CSP, sondern politisierte bis 2002 unter dem Dach der CVP Schweiz. Aufgrund von internen Streitigkeiten verselbständigte sich die CSP-OW und war zwischen 2005 und 2009 assoziiertes Mitglied der CSP Schweiz. Seit 2010 ist die CSP-OW aber wieder eine eigenständige, nur auf kantonaler Ebene agierende Partei. Allerdings wurde 2011 mit Karl Vogler ein CSP-OW-Mitglied in den Nationalrat gewählt, das sich für den Anschluss an die CVP-Fraktion entschied
[164].
An der Delegiertenversammlung Ende August beschloss die CSP etwas überraschend und nach eingehenden Diskussionen die Ja-
Parole zur Initiative zur Aufhebung der Wehrpflicht. Mit einer freiwilligen Armee könnten die Leute gezielter und entsprechend ihrer Kompetenzen eingesetzt werden. Die CSP-Zürich entschied sich allerdings entgegen der Parole der Mutterpartei für Stimmfreigabe. Zum Raumplanungsgesetz hatte die Partei Ende Januar in Martigny, auch unter dem Eindruck der starken Präsenz der Walliser Sektion, Stimmfreigabe beschlossen
[165].
Die bereits im Vorjahr ins Auge gefasste
Namensänderung für die nationale Mutterpartei nahm im Berichtjahr Gestalt an. Ende August schlug der Vorstand der CSP das neue Label „Mitte links – CSP“ vor. An der Delegiertenversammlung vom 26. Oktober in Delémont wurde über diesen Vorschlag beraten. Die Abgeordneten hiessen den neuen Namen gut und wiesen den Vorstand an, die entsprechenden Statutenänderungen vorzubereiten. Mit dem neuen Label sollen neue Wählerschichten angesprochen werden. An der bisherigen politischen Ausrichtung mit dem Fokus auf die Sozial- und Umweltpolitik soll sich aber nichts ändern
[166].
Der Präsident der DPS, Ignaz Bearth, ergriff den Rücktritt von seinem Rücktritt. Nach einigen internen Querelen und Gerichtsverfahren wegen des Namens der Partei geriet die DPS auch wegen Äusserungen der zurückgetretenen Thurgauer Sektionspräsidentin in die Schlagzeilen. Diese hatte auf ihrem Facebook-Konto unter dem Namen der Partei für Hitler geschwärmt. Der früher bei der PNOS aktive Bearth behauptete, dass die DPS rund 100 Mitglieder in neun Sektionen aufweise. Die DPS war im Vorjahr in Brunnen gegründet worden und positioniert sich als
Alternative zur SVP. Die Volksrechte gelte es auszubauen
[167].
Die EDU ist in fünf Kantonen mit insgesamt 20 Mandaten vertreten (ZH: 5; BE: 5; SH: 2; AG: 2; TG: 6). Die Erfolge vom Vorjahr, als die Union in den Kantonen Thurgau und Schaffhausen Sitzgewinne feiern konnte, wiederholten sich im Berichtjahr nicht. Der Versuch, auch im Solothurner Kantonsparlament bei den dortigen
Gesamterneuerungswahlen Fuss zu fassen, scheiterte. Auf ihrer Homepage weist die EDU 13 kantonale Sektionen aus
[168].
Die EDU fällt aufgrund von Listenverbindungen, aber auch aufgrund ihrer thematischen Positionierung, durch ihre Nähe zur SVP auf. Im Berichtjahr wich die
Parolenfassung allerdings in zwei Fällen von jener der grossen Schwester SVP ab: Die Abzockerinitiative wurde – wie auch von vielen SVP-Kantonalsektionen – zur Annahme empfohlen. Das revidierte Arbeitsgesetz wurde hingegen im Gegensatz zur SVP abgelehnt. Hier schimmerte die Nähe der EDU zur Sonntagsallianz durch
[169].
Im Berichtjahr hatte die EDU die Initiative „Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache“ sowie die beiden Referenden zum revidierten Arbeitsgesetz, welches eine überflüssige Förderungen des stressreichen 24-Stunden-Shoppings mit sich bringe, und zum neuen Epidemiengesetz unterstützt. Letzteres sei nicht nur unnötig, sondern bringe auch einen Impfzwang mit sich. Die EDU half dabei jeweils bei der
Unterschriftensammlung mit
[170].
Die Liberale Partei besteht seit der flächendeckenden Fusion zwischen FDP und LP nur noch im Kanton Basel-Stadt unter dem Namen
Liberal-Demokratische Partei als eigentliches Schweizer Unikum. Eine Fusion mit der FDP ist hier nicht vorgesehen. Die LDP hält in Basel-Stadt zehn Legislativsitze und ein Exekutivmandat. Die Differenz zwischen der LDP und der FDP zeigte sich etwa bei der Parolenfassung zum revidierten Raumplanungsgesetz und zum Familienartikel, zu denen die FDP jeweils ein Nein, die LDP allerdings ein Ja empfahl. Ein Vorteil gegenüber der FDP bestehe darin, dass man nicht auf nationale Befindlichkeiten Rücksicht nehmen müsse. Der LDP stehen allerdings schwierige Zeiten bevor, wird doch ihr Aushängeschild, Regierungsrat Christoph Eymann, auf die nächsten Wahlen zurücktreten
[171].
Im Berichtjahr wurde Patricia von Falkenstein, die langjährige Vizepräsidentin der LDP, einstimmig zur
Präsidentin gewählt. Von Falkenstein – seit 1991 bei der LDP – ist seit 2006 Grossrätin im Kanton Basel-Stadt. Von Falkenstein übernahm das Amt von Christoph Bürgenmeier, der nach fünf Jahren Präsidium zurückgetreten war. Zum Vizepräsidenten wurde der Präsident der Jungliberalen, Philip Schotland, gewählt
[172].
Die Partei national orientierter Schweizer (Pnos) ist
Sammelbecken der parteipolitisch aktiven rechtsextremistischen Szene. Eine von der deutschen Bundesanwaltschaft organisierte Operation gegen rechtsextreme Gruppierungen in Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz ermöglichte einen Blick auf diese Szene in der Schweiz, der rund 1 000 bis 1 300 Personen angehören. Die Gefahr von terroristisch-gewalttätigen Aktionen sei in der Schweiz im Gegensatz zu Deutschland gering, so eine Erkenntnis der Operation. Allerdings müsse man sich um die Affinität der Neonazis zu Schusswaffen Sorgen machen. So soll etwa die Tatwaffe, die im deutschen Fall NSU, bei dem zehn Personen umgebracht wurden, verwendet wurde, aus der Schweiz stammen. Nachdenklich stimmen müsse denn auch die enge Verbindung der rechtsextremen Szene der Schweiz mit Gesinnungsgenossen aus Deutschland
[173].
Im Gegensatz zu den Vorjahren sah die Pnos von einer eigenen
Feier auf dem Rütli ab. Seit der Einführung des Ticketing-Systems 2009 gab es am 1. August keine Aufmärsche von Rechtsextremen auf dem Rütli mehr. Die Pnos rief allerdings jeweils im Nachgang des 1. August zu einer eigenen Bundesfeier in der Wiege der Schweiz auf. Begründet wurde der Verzicht offiziell mit der geringen Teilnehmerzahl
[174].
Auch im Berichtjahr blieb die Piratenpartei
ohne Wahlerfolge. In den Kantonen Genf und Wallis stachen die Piraten für die Parlamentswahlen in See. Alexis Roussel, der Präsident der Piratenpartei Schweiz, kandidierte zudem erfolglos für die Genfer Exekutivwahlen. Auch hinsichtlich der Zahl der Mitglieder wurden die gesteckten Ziele nicht erreicht. Innerhalb eines Jahres konnten leidglich 200 neue Mitglieder verzeichnet werden. Die Partei umfasste Ende Berichtjahr rund 2 000 Piraten
[175].
Zu einem Eklat kam es am Schweizer Piratenkongress Ende Februar in Aarau.
Parteipräsident Thomas Bruderer trat als Vorsitzender zurück, weil die rund 60 anwesenden Piraten einen Vorschlag Bruderers zur Einführung von Delegiertenversammlungen ablehnten. Alexis Roussel übernahm die Partei ad interim. Bruderer war erst vor einem Jahr zum Kapitän bestimmt worden
[176].
Auf sich aufmerksam machte die Piratenpartei bei einer
Protestaktion in Bern. Gegenüber der amerikanischen Botschaft demonstrierten die Piraten gegen die Datensammlungen des amerikanischen Geheimdienstes NSA
[177].
Nachdem die SD 2012 all ihre Sitze in kantonalen Parlamenten verloren hatten – im Nationalrat ist die rechte Partei bereits seit 2007 nicht mehr vertreten – sprach ihr Präsident Rudolf Keller bereits davon, die Partei für tot zu erklären. So weit kam es im Berichtjahr allerdings nicht. Mit einer Namensänderung sollte der Partei eine
neue Richtung gegeben werden. Schon einmal hatte sich die Partei in den 1990er Jahren umbenannt: Die Schweizer Demokraten sind die Nachfolger der 1961 in Winterthur gegründeten Nationalen Aktion und der in den 70er Jahren von der NA abgespalteten Republikaner. Die rund 4 000 Mitglieder wurden aufgerufen, sich an der Suche nach einem neuen Namen zu beteiligen. An einer ausserordentlichen Delegiertenversammlung Ende März in Suhr (AG) gab sich die Partei ein neues Programm, verzichtete aber – trotz rund 300 Vorschlägen – auf einen neuen Namen. Mit dem neuen Programm versuchen sich die SD von der SVP abzugrenzen. Betont werden deshalb vor allem soziale und ökologische Fragen. Unter anderem wird auch verlangt, dass in der Volksschule der Text der Nationalhymne gelernt werden muss. Rudolf Keller wurde als Präsident bestätigt
[178].
Prominenten Zuwachs erhielten die Schweizer Demokraten im Stadtparlament in Wädenswil, wo
Albert A. Stahel, bekannt als Strategieexperte, der Partei beitrat. 2010 als Vertreter der SVP ins Stadtparlament gewählt, wechselte Stahel 2011 zur GLP, bevor er auch den Grünliberalen 2013 den Rücken kehrte und der Partei beitrat, bei der sein Sohn Andreas Stahel – ursprünglich ebenfalls aus der SVP ausgetreten – kantonaler Präsident ist, den Schweizer Demokraten. Den Wechsel begründete Stahel mit konträren Positionen der nationalen GLP zu seinen eigenen. Bei den kommunalen Wahlen 2014 will Stahel noch einmal für die SD antreten. Neben Wädenswil halten die SD noch in den Gemeindeparlamenten von Zürich (2 Sitze), Uster und Winterthur (je 1 Sitz) kommunale Legislativmandate
[179].
Weiterführende Literatur
Jost, Samuel, Die Parteien im verwaltungsrechtlichen Kartellverfahren in der Schweiz, Basel 2013.
Juso und Denknetz (Hg.), Lohnverteilung und 1:12-Initiative. Gerechtigkeit und Demokratie auf dem Prüfstand, Zürich 2013.
Langenbach, Martin / Speit, Andreas, Europas radikale Rechte: Bewegungen und Parteien auf Strassen und in Parlamenten, Zürich 2013.
Longchamp, Claude et al., VOX-Trend Jahresbericht 2012, Bern 2013.
Mazzoleni, Oscar / Meuwly, Olivier (Hg.), Die Parteien in Bewegung. Nachbarschaft und Konflikte, Zürich 2013.
Redboox Edition, Einig – aber nicht einheitlich, Zürich 2013.
Rohrbach, Katharina, Partizipation in politischen Parteien: eine empirische Analyse des Parteibeitritts, der Aktivität und des Parteiaustritts, Bern 2013.
PAGE
[1]
NZZ, 19.2., 1.3., 20.3. und 23.3.13;
Blick, 7.4.13;
NZZ, 19.4. und 27.4.13;
NZZS, 30.6.13;
NZZ, 13.7., 20.9. und 11.10.13; zu den Verhandlungen zwischen BDP und CVP über eine allfällige Fusion vgl. nachfolgend unter CVP bzw. BDP; zur historischen Entwicklung der Parteien vgl.
NZZ, 11.4.13.
[2] Pa.Iv 12.488 (Leutenegger Oberholzer); Pa.Iv. 12.499 (Minder): Medienmitteilung RK-S vom 3.5.13;
NZZ, 13.3. und 11.4.13;
SO, 14.4.13;
AZ, 4.5.13;
NZZ, 7.5., 10.5., 11.5., 5.10. und 22.11.13;
SGT, 3.12.13;
LZ, 16.12.13;
Blick, 27.12.13; vgl.
SPJ 2012, S. 395 f.
[3] Pa.Iv. 12.410:
AB NR, 2013, S. 348 ff.; zur gleichzeitig behandelten Pa.Iv. 11.497 vgl. Teil I, 1c (Parlament); vgl.
SPJ 2012, S. 396.
[5]
SO,
21.4.13;
NZZ, 23.4.13;
Lit. Longchamp et al.
[7]
So-Bli, 28.7.13;
NZZ, 14.8.13;
SO, 25.8.13;
NZZS, 1.9.13;
NZZ, 3.9.13; Presse vom 6.9., 7.9., 8.9. und 9.9.13;
ZGZ, 9.12.13;
NZZ, 13.12.13;
Lit. Redboox.
[8] Vgl. Teil I, 1e (Wahlen in kantonale Parlamente).
[9] Vgl. Teil I, 1e (Wahlen in kantonale Regierungen).
[10]
NZZS, 17.2.13; Sonntagspresse vom 28.4.13.
[11]
Blick und
NLZ, 10.4.13;
NZZ, 11.4. und 9.8.13;
NZZS, 6.10.13;
BaZ, 20.8. und 27.9.13;
SoZ, 29.9.13;
NZZ, 16.12.13.
[12]
Bund, 1.2.13;
NZZ, 15.5.13.
[13]
SO, 17.11.13;
NZZ, 29.11.13.
[14]
NZZS, 27.2. und 3.3.13;
NZZ, 4.3. und 29.6.13;
BaZ und
NZZ 1.7.13;
Blick, 22.10.13;
Blick und
NZZ, 28.10.13; www.sp.ch.
[15]
So-Bli, 10.3.13;
Blick und
LZ, 5.10.13; vgl.
SPJ 2012, S. 399.
[16]
So-Bli, 16.6.13;
BaZ, 26.6.13;
NZZ, 1.7.13; zu Cleantech vgl. Teil I, 6a (Energies alternatives).
[17]
NZZ, 1.7. und 22.11.13.
[18]
AZ, 19.3. und 12.4.13; vgl. Teil 1, 7c (Krankenversicherung); vgl.
SPJ 2012, S. 400.
[20]
NZZ, 4.3.13;
SO, 12.5.13;
WW, 16.5.13;
NZZ, 1.7.13;
Blick und
TA, 15.8.13 (VOX);
NZZ, 23.11.13; vgl.
SPJ 2012, S. 399.
[21]
NZZ und
AZ, 26.2.13;
NZZ, 4.3., 9.3., 10.3., 12.3., 25.11. und 27.11.13; vgl.
Lit. Juso und Denknetz.
[22]
NZZ, 18.1.13;
AZ, 26.9.13;
Blick, 24.10.13;
NZZ, 28.10.13.
[23]
NZZ, 7.2. und 4.3.13;
So-Bli, 16.6.13;
Blick, 17.6.13;
So-Bli, 30.6.13;
TA, 14.8.13 (Urabstimmung);
NZZ, 24.8. und 20.10.13.
[24]
SoZ, 10.3.13;
NZZ, 14.4.13.
[25]
NZZ, 20.4.13; Presse vom 24.7.13;
BaZ, 13.8.13.
[27]
NZZ, 29.11.13;
AZ, 30.11.13;
SO, 1.12.13.
[29]
NZZ, 29.4.13;
So-Bli, 27.10.13;
TA, 29.10.13.
[30] Vgl. Teil I, 1e (Wahlen in kantonale Parlamente).
[31]
NZZ, 28.4., 11.5. und 23.5.13; vgl. Teil I, 1e (Wahlen in kantonale Regierungen).
[32]
Blick, 10.11.13;
NZZ, 15.11. und 17.11.13.
[33]
TA, 10.1.13;
AZ, 23.1.13;
NZZS, 31.3.13;
SGT, 10.4.13;
Blick und
NZZ, 15.4.13;
AZ, 16.4.13;
Blick, 21.4.13;
NZZ, 27.4. und 23.5.13;
TA, 28.6.13;
NZZ, 26.8.13;
NZZS, 8.9.13;
BaZ, 18.9.13;
WW, 24.10.13; vgl.
SPJ 2012, S. 402.
[34] Presse vom 4.2.13;
SO, 10.3.13;
LZ, 18.3.13;
NZZ und
TA, 20.3.13;
NZZ, 25.5.13;
SPJ 2012, S. 405.
[35]
NZZ, 12.1. und 2.2.13;
So-Bli, 3.2.13; Presse vom 4.2.13;
So-Bli, 24.2.13;
Blick, 5.3.13;
NZZ, 7.3.13 (Müller);
NZZ, 27.4.13; zu Kritik und Verteidigung der Parolenfassung durch die PK vgl. auch
NZZ, 7.3.13.
[36] Sonntagspresse vom 3.2.13;
NZZ, 23.2., 6.5., 19.8., 24.8. und 26.8.13;
NZZS, 13.10.13 (Unsinn);
NZZ, 14.10.13; www.fdp.ch; vgl.
SPJ 2012, S. 403.
[37]
Blick, 16.1.13;
NZZ, 16.1. und 4.2.13.
[38]
NZZ, 7.2.13;
NZZS, 30.6.12.
[39]
NZZ, 27.4.13;
NZZS, 5.5.13;
NZZ, 6.5. und 2.11.13;
So-Bli, 22.12.13;
Blick, 23.12.13; vgl.
SPJ 2012, S. 404 (Asylpolitik).
[41]
NZZ, 26.8.13; vgl. Teil I, 3 (Militärorganisation).
[42]
Blick, 3.7. und 4.7.13;
LT, 16.7.13;
SO, 25.8.13;
Blick und
NZZ, 26.8.13.
[43]
AZ, 1.2.13;
SO, 20.10.13;
TA und
NZZ, 21.10.13; zur Energiediskussion vgl. I, 6a (Politique énergétique); vgl.
SPJ 2012, S. 405.
[44]
NZZ, 1.10. und 14.10.13.
[45]
NZZ, 12.1. und 2.2.13;
So-Bli, 14.4.13;
NZZ, 14.10.13;
So-Bli, 20.10.13;
NZZ, 28.10.13; vgl.
SPJ 2012, S. 404.
[46]
NZZ, 14.3., 15.3. und 20.3.13;
SoZ, 24.3.13;
NZZ, 3.8.13.
[47]
WW, 31.1.13 (schleichender Sozialismus);
NZZ, 28.10., 5.12. und 6.12.13.
[48]
NZZ, 11.5., 22.8. und 14.9.13.
[49] Presse vom 7.10.13;
Blick, 8.10.13.
[50] Presse vom 31.10. und 13.12.13; zum Rücktritt Pellis als FDP-Präsident vgl.
SPJ 2012, S. 402.
[51]
NZZ, 15.5.13; Presse vom 13.7.13;
BaZ und
WW, 18.7.13.
[52]
AZ und
NZZ, 5.3.13 (Positionen);
NZZ, 6.3.13; vgl. Teil 1, 1e (Wahlen in kantonale Parlamente).
[53]
BaZ, 9.10.13; vgl. Teil 1, 1e (Wahlen in kantonale Regierungen).
[54]
NZZ, 22.11.13 (vgl. Teil I, 1c).
[55]
NZZ, 15.5.13;
BaZ, 27.8.13;
AZ, 14.9.13;
NZZ, 1.10.13;
Blick, 7.10.13;
TA, 16.11.13;
AZ und
NZZ, 12.12.13;
NZZ, 13.12.13.
[56]
NZZ, 12.1.13;
So-Bli, 13.1.13;
AZ, 15.1.13;
SGT, 25.1.13;
NZZS und
So-Bli, 6.10.13;
AZ und
NZZ, 7.10.13;
BaZ und
Lib, 13.12.13;
NZZ, 19.12.13; vgl.
SPJ 2012, S. 407 f.
[57]
NZZ, 19.6.13;
TA, 20.6.13;
NZZ, 15.8., 11.9. und 12.12.13; vgl.
SPJ 2012, S. 407 f.
[58]
NZZS, 18.8.13;
NZZ, 19.8.13;
AZ, 20.8.13.
[59]
NZZ, 26.3.13;
Blick, 31.3.13;
TA, 5.4.13;
NZZ, 19.4.13;
Blick, 19.7. und 14.10.13;
NZZ, 16.10., 28.10. und 14.11.13.
[60]
NZZ, 21.1.13;
NZZS, 21.4.13;
NZZ, 22.4. und 24.8.13;
Blick und
NZZ, 28.10.13; www.cvp.ch.
[61]
Blick, 25.2.13;
NZZ, 4.3.13;
Blick, 17.4.13;
NZZ, 24.10.13; Sonntagspresse vom 27.10.13; Presse vom 28.10.13;
BaZ, 13.11.13;
NZZ, 14.11.13;
NZZS und
SoZ, 17.11.13;
NZZ, 18.11.13; vgl.
SPJ 2012, S. 408;
BBl, 2013, S. 243 (Familien stärken);
BBl, 2013, S. 245 (Heiratsstrafe).
[62]
Blick, 10.1.13;
NZZ, 11.1., 23.2. und 22.4.13;
AZ und
NZZ, 23.4.13;
BaZ und
SGT, 24.4.13.
[63]
TA, 12.1.13;
NZZ, 16.1.13;
AZ, 19.1.13;
NZZS und
SO, 20.1.13; Presse vom 21.1.13;
NZZ, 6.2.13; vgl.
SPJ 2012, S. 409 f.
[64]
LM und
NZZ, 24.4.13;
Blick, 7.5.13 (Rechtsdrall);
BaZ und
NZZ, 8.5. und 14.6.13; vgl.
SPJ 2012, S. 409.
[66]
SO, 25.8.13;
BaZ und
NZZ, 26.8.13.
[68]
So-Bli, 10.2.13;
NZZ, 22.3., 23.3. und 7.6.13.
[70]
SZ, 11.8.13;
NZZ, 20.8.13;
AZ, 21.8.13;
BaZ, 19.9.13.
[71]
NZZ, 15.6., 13.7. und 11.9.13;
LT, 14.9.13;
SO, 29.9.13;
WW, 24.10.13.
[72]
BaZ, 24.8.13 (SVP-Methoden);
BaZ und
NZZ, 26.8.13;
AZ, 26.8.13 (Rahmenprogramm).
[73]
NZZ, 2.5.13; vgl. Teil I, 1e (Wahlen in kantonale Parlamente).
[74]
NZZ, 2.5. und 9.8.13; vgl. Teil I, 1e (Wahlen in kantonale Regierungen; Ersatzwahlen).
[75]
NZZ, 22.11.13; vgl. Teil I, 1c (Parlament).
[77]
AZ, 4.2.13;
TA, 20.2.13;
NZZ, 25.2.13, vgl.
SPJ 2012, S. 411 f.
[78]
NZZ, 25.8.13;
TA, 30.8.13;
BZ, 18.9.13.
[80]
NZZ, 13.1. und 16.1.13;
AZ, 17.1.13;
NZZ, 20.1. und 24.1.13; Sonntagspresse vom 27.1.13; Presse vom 28.1.13;
NZZ, 7.2.13;
NZZS und
LMD, 5.5.13;
NZZ, 6.5.13;
NZZ, 24.8., 26.8., 13.10., 28.10. und 25.11.13; vgl.
SPJ 2012, S. 415.
[81]
SO, 24.11.13; vgl.
SPJ 2012, S. 414 ff.
[82]
AZ, 5.4.13;
NZZ, 23.4.13;
AZ, 30.4.13;
NZZ, 2.5. und 12.5.13; Presse vom 10.6.13;
NZZ, 15.8.13;
Lit. Nai/Sciarini; vgl. Teil I, 1c (Regierung).
[83]
SoZ, 10.1.13; vgl. Teil I, 7d (Familienpolitik).
[84]
SoZ, 17.11.13; Sonntagspresse vom 24.11.13; Presse vom 25.11.13; So-
Bli, 29.12.13; vgl.
SPJ 2012, S. 414.
[85]
BBl, 2013, S. 3443;
NZZ, 2.2., 20.3. und 2.5.13;
BaZ, 5.8.13.
[86]
NZZS, 24.11.13; vgl. auch Teil I, 1c (Volksrechte); vgl.
SPJ 2012, S. 414.
[87]
NZZ, 27.2.13;
Blick, 5.11., 6.11.13 und 21.11.13; vgl. Teil I, 4c (Agrarpolitik); vgl.
SPJ 2012, S. 414.
[88]
NZZ, 11.7.13;
WW, 28.11.13.
[89]
NZZ, 14.2. (Beschwerde) und 4.3.13;
NZZS, 20.10.13;
NZZ, 14.11.13; vgl. Teil I, 7d (Politique familiale).
[90]
NZZ, 11.1., 13.1. und 29.6.13;
SO, 25.8.13;
NZZ, 26.8., 6.9., 22.10. und 28.11.13.
[91]
SoZ, 21.4. und 28.4.13;
NZZ, 2.5. und 29.6.13;
BaZ, 4.7.13;
Blick, 17.7.13;
BaZ und
NZZ, 13.8.13; vgl. Teil I, 1c (Volksrechte).
[92]
LM, 10.3.13;
NZZ, 13.4. und 16.6.13;
AZ und
BaZ, 17.6.13; vgl. auch Teil I, 8a (Ecoles obligatories).
[95]
So-Bli, 20.10.13;
TA, 26.10.13;
NZZ, 28.10.13;
AZ, 29.10.13;
NZZ, 5.12. und 6.12.13; vgl. auch
SPJ 2012, S. 412.
[96]
So-Bli, 22.9.13;
NZZ, 30.9.13;
SO, 8.12.13.
[97]
TA, 29.5.13; Presse vom 14.8.13;
NZZ, 12.9.13; vgl.
SPJ 2011, S. 444 f.
[98]
NZZ, 19.2.13; vgl.
SPJ 2012, S. 415 f.
[99]
Blick, 6.8.13;
WW, 8.8.13;
Blick, 9.8.13;
AZ, 10.8.13;
NZZ, 14.8.13; Presse vom 14.8. und 15.8.13;
AZ, 17.8.13;
SO, 18.8.13;
SO und
SoZ, 13.10.13;
NZZ, 26.10.13;
So-Bli, 3.11.13.
[100]
NZZ, 27.3.13;
BaZ, 9.7. und 15.7.13;
Blick, 2.10.13;
WW, 3.10.13; vgl.
SPJ 2012, S. 416.
[101]
So-Bli, 20.1.13;
NZZS und
So-Bli, 31.3.13;
NZZ 3.4.13;
WW, 11.4.13; Presse vom 12.4.13;
SO und
SoZ, 14.4.13;
NZZ, 4.7.13;
So-Bli, 14.7.13;
Blick, 15.7.13;
WW, 18.7.13;
So-Bli, 21.7.13;
NZZ, 2.10. und 19.10.13; Sonntagspresse vom 3.11.13;
NZZ, 5.11.13;
WW, 7.11.13;
NZZ, 8.11.13;
Blick, 9.11.13;
So-Bli, 10.11.13;
WW, 14.11.13;
NZZ, 15.11.13;
WW, 21.11., 28.11. und 5.12.13;
NZZ, 7.12.13;
So-Bli, 8.12.13;
WW, 12.12.13;
NZZS, 22.12.13; vgl. Teil I, 8c (Radio und Fernsehen) und Teil I, 8a (Hautes écoles); vgl.
SPJ 2012, S. 416 f.
[102]
NZZ, 9.1.13;
AZ, 11.1. und 16.1.13; Presse vom 17.1.13; vgl.
SPJ 2012, S. 416.
[103]
NZZS, 8.12.13;
NZZ, 11.12.13;
TA, 14.12.13;
NZZS, 15.12.13;
WW, 19.12.13.
[104]
AZ, 30.4.13;
NZZ, 2.5.13.
[105] Presse vom 19.1.13; vgl.
SPJ 2012, S. 417.
[106]
NZZ, 18.1.13;
BaZ, 26.4.13;
So-Bli und
SoZ, 28.4.13;
NZZ, 29.4.13;
CdT, 3.10.13;
NZZS und
SO, 13.10.13;
NZZ, 23.11.13.
[107] Vgl. Teil I, 1e (Wahlen in kantonale Parlamente).
[108] Vgl. Teil I, 1e (Wahlen in kantonale Regierungen).
[109]
SO, 10.11.13;
NZZ, 12.11.13;
AZ, 13.11.13;
Blick und
NZZ, 27.11.13; zur Netzpolitik vgl.
SPJ 2012, S. 420.
[110]
TG, 8.10.13; www.jungegruene.ch.
[111]
NZZ, 21.1.13;
NZZS, 28.4.13;
NZZ, 29.4.13;
TZ, 17.5.13;
SO, 25.8.13.
[115]
LMD, 20.1.13;
NZZ, 21.1.13.
[116]
NZZ, 21.1.13;
AZ, 22.4.13;
So-Bli, 22.9.13;
NZZS, 20.10.13;
NZZ und
TG, 11.11.13; zur Diskussion um die Gotthardröhre vgl. Teil I, 6b (Strassenbau); zum VCS vgl. Teil IIIb (Andere Interessenorganisationen).
[117]
NZZ, 7.5.13;
NZZS, 12.5.13;
Blick, 26.7.13.
[120]
NZZS, 3.11.13;
NZZ, 5.11.13; vgl. Teil I, 4c (Agrarpolitik).
[121]
NZZ, 29.4.13;
NZZ und
SN, 26.11.13;
SN, 7.12.13.
[122]
Blick, 7.5.13;
AZ, 30.7., 3.8. und 5.8.13.
[124]
TA, 8.3.13;
AZ, 6.7.13;
NZZ, 9.10.13 (ideologische Unbeschwertheit).
[125] Vgl. Teil I, 1e (Wahlen).
[126]
NZZ, 9.10.13;
NZZS, 13.10.13;
NZZ, 28.1. und 6.5.13;
SOGL, 5.6.13;
NZZ, 29.6. und 1.7.13;
NZZ, 14.10.12;
SOGL, 26.10.13;
ZGZ, 4.11.13; www.grunliberale.ch; vgl.
SPJ 2012, S. 421 f.
[127]
AZ, 12.9. und 13.9.13;
Blick, 2.10.13;
NZZS, 13.10.13;
NZZ, 14.10.13;
AZ, 11.12.13.
[128]
NZZ, 26.1.13; zur Agrarreform vgl. Teil I, 4c (Agrarpolitik).
[129]
So-Bli, 17.11.13;
NZZ, 5.12.13.
[130]
NZZ und
SN, 26.11.13;
NZZ, 27.11.13;
SN, 7.12.13.
[131]
SOGL, 11.3.13; Medienmitteilung GLP vom 24.4.13.
[132]
BZ, 21.6.13;
NZZ, 9.10.13;
AZ und
NZZ, 2.11.13; Sonntagspresse vom 3.11.13;
CdT, 4.11.13.
[133]
NZZ, 31.1.13; vgl. Teil 1, 1e (Wahlen); vgl.
SPJ 2012, S. 425.
[134]
NZZ, 20.3.13;
NZZS und
So-Bli, 5.5.13;
NZZ, 6.5.13;
AZ, 7.5.13;
WW, 16.5.13;
NZZS, 3.11.13; vgl.
SPJ 2012, S. 423f.
[136]
SoZ, 23.6.13;
AZ und
BaZ, 24.6.13;
NZZ, 25.6.13;
BaZ, 26.6.13.
[137]
NZZ, 21.1. und 6.5.13;
SO, 1.9.13;
NZZ, 2.9.13;
NZZS, 3.11.13;
NZZ, 4.11.13.
[138]
SoZ, 27.1. und 27.3.13;
WW, 18.4.13 (Wind);
NZZ, 6.5.13;
Blick, 14.5.13;
NZZ, 27.5. und 15.6.13; zur Lex USA vgl. Teil I, 4b; zur Diskussion um eine Fusion zwischen CVP und BDP vgl. auch oben (CVP).
[142] Presse vom 28.9.13.
[143]
NZZ, 9.2.13;
LT, 13.2.13;
TG, 14.2.13.
[144]
Lib und
NZZ, 31.1.13.
[145] Vgl. Teil I, 1e (Wahlen).
[147]
NZZ, 25.3. und 24.6.13; www.evppev.ch.
[148]
NZZ, 21.8.13; vgl. Teil I; 7c (Invalidenversicherung).
[150] Presse vom 8.3.13;
CdT, 9.3.13;
NZZ, 10.3.13; Presse vom 11.3.13;
NZZ, 13.3.13; Presse vom 14.3.13;
CdT, 15.3.14;
NZZ, 26.3.13;
TA, 6.4. und 13.4.13;
CdT, 15.4.13; zu den Wahlen in Lugano vgl. Teil I, 1e (Kommunale Wahlen).
[151]
CdT, 18.2. und 16.4.13;
TA, 21.10.13;
CdT und
SGT, 22.10.13;
CdT, 26.10.13; Presse vom 28.10.13; vgl. Teil I, 1e (Wahlen).
[152]
CdT, 22.7.13;
CdT und
LZ, 24.7.13;
TA und
LZ, 25.7.13;
NZZ, 26.7.13; Presse vom 27.7.13;
CdT, 7.8. und 13.8.13.
[153] Vgl. Teil I, 1e (Wahlen).
[154]
LT, 14.11.13;
LT und
NZZ, 4.12.13.
[155]
NZZ, 30.11.13;
TG, 29.11., 10.12. und 12.12.13.
[157]
TA, 23.4.13; vgl. Teil I, 1e (Wahlen).
[158]
24h, 24.1.13;
AZ, 23.4.13;
24h und
NZZ, 21.6.13.
[161]
Lib, 12.1. und 26.10.13.
[162]
Blick, 14.5.13; vgl.
SPJ 2102, S. 457.
[163] Vgl. Teil I, 1e (Wahlen in kantonale Parlamente); www.csp-pcs.ch.
[165]
NZZ, 2.9.13; www.csp-pcs.ch; für die Parolen der CSP vgl. Tabelle im Anhang.
[166] Medienmitteilung der CSP zur DV vom 26.10.2013;
NZZ, 2.9.13; vgl.
SPJ 2012, S. 457.
[167]
SGT, 19.2.13;
APZ, 26.6.13;
SoZ, 8.9.13;
TZ, 10.9.13; vgl.
SPJ 2012, S. 429.
[168] Vgl. Teil 1, 1e (Wahlen in kantonale Parlamente); www.edu-schweiz.ch.
[169]
NZZ, 14.10.13; www.edu-schweiz.ch; vgl. Parolenspiegel am Ende des Kapitels.
[170] www.edu-schweiz.ch.
[171]
BLZ, 29.1.13;
BaZ, 30.1.13;
BLZ, 2.5., 20.11. und 4.12.13.
[172]
BLZ, 11.4.13;
BaZ und
BLZ, 30.4. und 2.5.13.
[174]
BU, 5.8.13; vgl. Teil I, 1a.
[175]
SO, 24.2.13;
LT, 3.8.13; vgl. Teil 1, 1e (Wahlen).
[177]
SO, 30.6.13;
TZ, 27.8.13.
[178]
SGT, 23.2.13;
BaZ und
TA, 26.3.13.
[179]
SGT, 23.2.13;
NZZ, 21.11.13.
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