Année politique Suisse 2013 : Grundlagen der Staatsordnung / Politische Grundfragen und Nationalbewusstsein / Grundsatzfragen
Die
Korruption macht auch vor der Schweiz nicht halt, wie der von Transparency International (TI) erhobene Corruption Perception Index (CPI) verdeutlichte. Die im Rang 7 von total 177 beurteilten Ländern mit 85 von 100 möglichen Punkten klassierte Schweiz wurde aber insgesamt als integer beurteilt. Die bestklassierten Länder Dänemark und Neuseeland erreichten 91 von 100 Punkten. Die Schweiz verlor im Vergleich zur letzten Erhebung einen Rang, was TI auf den Umstand zurückführte, dass hinsichtlich des Schutzes von Whistleblowern und der Transparenz bei der Finanzierung der Politik keine Fortschritte erzielt worden seien. Das Korruptionsbarometer, eine von TI durchgeführte Umfrage bei rund 1000 Einwohnern in mehr als 100 verschiedenen Ländern brachte zu Tage, dass Parteien weltweit als die korruptesten Akteure betrachtet werden. Auch in der Schweiz waren rund 43% der Befragten der Meinung, dass die Parteien bestechlich seien, was von TI ebenfalls mit der fehlenden Parteienfinanzierungsgesetzgebung erklärt wurde. Die Medien landeten in der Schweiz an zweiter und der Privatsektor an dritter Stelle, gefolgt vom Parlament
[8].
Mit der Annahme der Abzockerinitiative (vgl. Kapitel 4a) geriet die
direkte Demokratie einmal mehr ins Blickfeld des Auslandes. Im Gegensatz zur Annahme der Minarettinitiative im Jahr 2009 und der Ausschaffungsinitiative 2010, bei denen die Schweiz als überaus ausländerfeindlich wahrgenommen und folglich die direkte Demokratie vor allem von rechtspopulistischen Parteien gefeiert und auch für das jeweils eigene Land gefordert wurde, diente die Annahme der Abzockerinitiative den linken Parteien als leuchtendes Beispiel. Viel ausländische Medienaufmerksamkeit erhielt Thomas Minder, der Initiant des erfolgreichen Begehrens. Obwohl die Nachfrage nach direkter Demokratie im Ausland zunahm, blieb die politische Elite in den verschiedenen europäischen Ländern einer Einführung unmittelbarerer Demokratie gegenüber skeptisch
[9].
Die Schweiz erhielt Mitte August aufgrund zweier medial stark beachteter Ereignisse eine sehr schlechte ausländische Presse. Die Schweizer wurden etwa als „
nette Fremdenhasser“ bezeichnet. Anstösse für den Shitstorm, der während mehreren Tagen über die Schweiz einbrach, waren einerseits ein Entscheid der Gemeinde Bremgarten (AG), Asylbewerbern den Zugang zu öffentlichen Plätzen zu erschweren und andererseits die angebliche Weigerung einer Verkäuferin einer Zürcher Boutique, der schwarzen US-Talkmasterin Oprah Winfrey eine 35 000 CHF teure Tasche zu verkaufen. Das Bild einer opportunistischen, kaltherzigen und rassistischen Schweiz, das in ausländischen (Boulevard-)Medien gerne gezeichnet wird, schien dem Image der Schweiz allerdings nicht zu schaden. Eine in 14 Ländern durchgeführte Studie der Universität St. Gallen zeigte, dass Swissness mit Zuverlässigkeit, Vertrauenswürdigkeit, Qualität, Präzision und Exklusivität gleichgesetzt wird
[10].
Ende Februar verabschiedete der Bundesrat seine gemeinsam mit den Kantonen verfasste Stellungnahme zu den offenen Empfehlungen des UNO Menschenrechtsrates, die dieser auf der Basis der
Universal Periodic Review im Vorjahr abgegeben hatte. 50 der damaligen, von zahlreichen Ländern abgegebenen Empfehlungen zur Verbesserung der Menschenrechtssituation in der Schweiz wurden sofort angenommen und 4 abgelehnt. Die verbleibenden 86 wurden in Zusammenarbeit mit allen Bundesämtern und Kantonen überprüft. Dabei zeigte sich, dass 49 Massnahmen innerhalb einer Vierjahresperiode umsetzbar waren oder aber bereits umgesetzt waren. 37 wurden hingegen abgelehnt. Die Stellungnahme wurde im Rahmen der 22. Session des Menschenrechtsrates Mitte März in Genf präsentiert
[11].
[8]
NZZ, 10.7. und 3.12.13;
http://cpi.transparency.org/cpi2013/results/.
[9]
SO, 10.03.13; zur Minarettinitiative und der damaligen Wahrnehmung im Ausland vgl.
SPJ 2009, S. 263 ff.; zur Ausschaffungsinitiative vgl.
SPJ 2010, S. 257 ff.
[10]
LT, 10.8.13;
SO, 11.8.13;
AZ, 30.9.13;
Blick, 10.10.13;
Lit. Feige et al.
[11] Medienmitteilung EDA vom 27.2.13; vgl.
SPJ 2012, S. 19 f.
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