Année politique Suisse 2013 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung
 
Datenschutz und Statistik
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Der Zugriff auf das 2010 eingeführte Informationssystem Ausweisschriften (ISA) soll gelockert werden. Im Ständerat konnte sich ein Kommissionsminderheitsantrag mit 21 zu 15 Stimmen für die Überweisung einer Motion Geissbühler (svp, BE) durchsetzen. Die Motion forderte, dass die Polizeibehörden einen leichteren Zugang zu den im Informationssystem gespeicherten Fotos haben. Der Bundesrat hatte 2009 aufgrund der im Rahmen der Referendumsabstimmung zum neuen Ausweisgesetz (AwG) in der Bevölkerung geäusserten Bedenken explizit den Zugriff auf die Datenbank für Fahndungszwecke ausgeschlossen. In der kleinen Kammer setzte sich jedoch die Meinung durch, dass die Praxis einen Abbau der Zugangshürden zum ISA notwendig mache [8].
Mit dem Datenaustausch zwischen der Post und der für die Führung der Einwohnerregister zuständigen Amtsstellen beschäftigte sich eine 2011 im Ständerat eingereichte parlamentarische Initiative Germann (svp, SH). Diese forderte eine Regelung im Registerharmonisierungsgesetz für einen regelmässigen, strukturierten und elektronischen Austausch, der den Gemeinden vollständige und aktualisierte Adressdaten bieten sollte. Nachdem die staatspolitische Kommission des Nationalrates der Initiative keine Folge gegeben hatte, befanden im Berichtsjahr die Räte darüber. Während der Ständerat der Initiative mit 28 zu 4 Stimmen Folge gab, scheiterte das Anliegen im Nationalrat mit 126 zu 54 Stimmen [9].
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Datenschutz
Jede Medaille hat ihre Kehrseite. Im Falle der Fortschritte in der Informations- und Kommunikationstechnik ist es die zunehmende Gefahr der Verletzung der Persönlichkeitsrechte, die rechtlich nur ungenügend geschützt sind. Dieses Problem zu analysieren und Lösungen vorzuschlagen, wurde der Bundesrat durch ein Postulat Recordon (gp, VD), welches der Ständerat an die Regierung überwies, aufgefordert. Der Bundesrat war bereit, das Anliegen in die seit 2011 laufende Revision des Datenschutzgesetzes (DSG) aufzunehmen [10].
Sind Daten das neue Gold der Schweiz? Wie einfach Datenserver überwacht werden können, hängt vom Rechtssystem ab, welchem sie unterliegen, was wiederum durch ihren Standort bedingt ist. In jüngster Zeit wuchs das Interesse in- und ausländischer Firmen an IT-Dienstleistern, deren Server sich auf Schweizer Boden befindet. Denn im Gegensatz zu den USA, die auf der Grundlage des Uniting and Strengthening America by Providing Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism Act of 2001 (USA PATRIOT Act) ohne richterliche Verfügung auf Server von US-Firmen zugreifen können, braucht es in der Schweiz eine richterliche Anordnung zur Datenherausgabe [11].
Der Nationalrat überwies ein Postulat seiner staatspolitischen Kommission, welches den Bundesrat beauftragt, zu prüfen, ob für den automatischen Informationsaustausch zwischen den öffentlichen Dateninhabern eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden muss. Der Bundesrat hatte sich bereits im Vorjahr bereit erklärt, auch dieses Anliegen in die laufende Revision des Datenschutzgesetzes aufzunehmen [12].
Privatpersonen können in Zukunft beantragen, dass ihre Adresse auf dem Portal für Handels- und Firmendaten Moneyhouse noch am selben Tag gelöscht wird. Damit kommt das Internetportal den Empfehlungen des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten (EDÖB), die dieser im Anschluss an verschiedene Beschwerden erlassen hatte, nach [13].
Im September wurde bekannt, dass in zwei ehemaligen Rechenzentren der Swisscom Backup-Tapes mit grossen Datenmengen entwendet worden waren. Die Swisscom bemerkte den Diebstahl erst nach einer Anfrage der NZZ, welcher die Daten von einem Unbekannten zugespielt worden waren. Die Telecom-Anbieterin reichte daraufhin bei der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland eine Strafanzeige gegen Unbekannt ein und informierte den Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten. Im Dezember des Berichtjahres wurde das Strafverfahren sistiert. Die Swisscom konnte sich nicht erklären, wie die Daten entwendet werden konnten. Zwischen der NZZ und der Swisscom entbrannte ein Streit darüber, ob die Zeitung über den Inhalt der Datenbänder hätte berichten dürfen. Im Dezember verhinderte die Swisscom die Publikation weiterer Artikel und erwirkte vom Handelsgericht des Kantons Bern eine superprovisorische Verfügung gegen weitere Veröffentlichungen. Die NZZ erwog dies anzufechten, weil laut Experten für Informationsrecht die Daten auf den Bändern niemandem gehörten und die Swisscom deshalb nicht klageberechtigt sei [14].
 
[8] Mo. 10.3917: AB SR, 2013, S. 191 ff.
[9] Pa.Iv. 11.488: AB SR, 2013, S. 87 ff.; AB NR, 2013, S. 1284 ff.
[10] Po. 13.3989: AB SR, 2013, S. 1140.
[11] NZZ, 14.6.13.
[12] Po. 12.3661: AB NR, 2013, S. 276.
[13] NZZ, 21.2.13; SPJ 2012, S. 25.
[14] NZZ, 19.8., 20.12. und 21.12.13.