Année politique Suisse 2013 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung / Strafrecht
Durch eine Teilrevision des Obligationenrechts (OR) wollte der Bundesrat regeln, unter welchen Umständen eine Meldung von Arbeitnehmern auf Unregelmässigkeiten am Arbeitsplatz, sogenanntes
Whistleblowing, rechtmässig ist. Der vorgelegte Gesetzesentwurf räumte der internen Behandlung einer solchen Meldung Priorität ein. Nur unter den Umständen, dass die Meldung eine Straftat oder einen Verstoss gegen das öffentliche Recht beträfe und nicht oder nicht genügend beachtet würde, wäre der Gang an eine Behörde zulässig. Eine Ausnahme besteht, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der Erfahrung in früheren Fällen davon ausgehen muss, dass der Arbeitgeber nicht ausreichend auf die Meldung eingehen wird. Eine direkte Meldung an die Öffentlichkeit ist jedoch in keinem Fall gestattet. Da die Vorschläge betreffend den Ausbau des Kündigungsschutzes in der Vernehmlassung kontrovers diskutiert worden waren, will der Bundesrat diese Frage erst noch ausklammern und die Ergebnisse einer laufenden Studie abwarten. Wenn der Kündigungsschutz ausgedehnt werden solle, so solle dies gesamthaft und nicht nur im Falle des Whistleblowing geschehen. So bleibt eine im Anschluss an eine rechtmässige Meldung ausgesprochene Kündigung zwar weiterhin missbräuchlich, aber gültig
[78].
Einen anderen Weg zur Verbesserung des Schutzes von Whistleblowern schlug eine parlamentarische Initiative Leutenegger (fdp, ZH) ein. Der im Berichtjahr von der Rechtskommission des Nationalrates mit 13 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen gutgeheissene Vorstoss sieht vor, dass die Wahrung höherer, berechtigter öffentlicher Interessen als Rechtfertigungsgrund im Strafrecht verankert wird. Dadurch erhalten Whistleblower eine klare gesetzliche Grundlage, um ihre unter einen Strafbestand fallenden Handlungen zu rechtfertigen und damit straflos zu bleiben
[79].
Nachdem Ermittlungen der europäischen Polizeibehörde Europol ergeben hatten, dass die Wettmafia auch in der Schweiz Sportspiele manipuliert hatte, schickte der Bundesrat im Mai einen Entwurf für die
Revision des Korruptionsstrafrechts in die Vernehmlassung. Wie durch eine parlamentarische Initiative Sommaruga (sp, GE) gefordert, wurde die Bestechung Privater neu als eigener Tatbestand im Strafgesetzbuch und nicht mehr wie bisher im Gesetz über unlauteren Wettbewerb (UWG) verankert. Dadurch sollten auch Korruptionsfälle, die nicht zu einer Marktverzerrung führen – unter anderem eben jene in im Sport – erfasst werden. Die Bestechung von Privatpersonen sollte neu von Amts wegen und nicht mehr nur auf Gesuch hin verfolgt werden. Schliesslich soll die Annahme eines nichtgebührenden Vorteils durch Amtsträger auch dann verfolgt werden, wenn der Vorteil nicht dem Amtsträger selbst, sondern einer Drittperson zugutekommt. Die strafrechtliche Verfolgung richtet sich jedoch jeweils nur gegen den fehlbaren Funktionär. Obwohl also auch in Zukunft nicht der gesamte Verband betroffen wäre, lehnte die FIFA die geplanten Änderungen ab. Mit der geplanten Gesetzesänderung reagiert der Bundesrat auf verschiedene Vorstösse aus dem Parlament sowie auf die Forderungen des Antikorruptionsgremiums des Europarates (Greco)
[80].
[78] BRG 13.094:
BBl, 2013, S. 9513 ff.; Medienmitteilung Bundesrat vom 20.11.13;
Bz, NZZ, TA, 21.11.13.
[80] Pa.Iv. 10.516:
NZZ, 5.2. und 16.5.13;
TA, 15.10.13;
SPJ 2012, S. 35.
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