Année politique Suisse 2013 : Grundlagen der Staatsordnung / Institutionen und Volksrechte / Regierung
Den beiden im Vorjahr vom Nationalrat abgelehnten Standesinitiativen des Kantons Tessin, die eine
Erhöhung der Zahl der Bundesratsmitglieder von sieben auf neun gefordert hatten, gaben auch die Kantonsvertreter in der Frühjahrssession keine Folge. Zwar hatte die Staatspolitische Kommission (SPK-NR) das eine Begehren, welches zusätzlich zur Erhöhung eine Verfassungsbestimmung einführen wollte, mit der verboten werden sollte, dass mehr als zwei Mitglieder der Bundesregierung aus der gleichen Sprachgegend komme, abgelehnt, die reine Erhöhung – alleiniger Gegenstand der zweiten Tessiner Kantonsinitiative – empfahl die SPK-SR allerdings zur Annahme. Mit der Ablehnung der Staatsleitungsreform sei das Thema zwar negativ beantwortet worden, die Kommission sehe es aber nach wie vor als wichtig an. Mit zwei zusätzlichen Bundesräten würde die integrierende Funktion des Bundesrates in den verschiedenen Sprachregionen verbessert und die Arbeitslasten könnten adäquater verteilt werden. Die Gegner – sogar Bundesrätin Sommaruga (sp) schaltete sich in die Diskussion ein, obwohl der Bundesrat in der Regel bei einer Vorprüfung einer Standesinitiative nicht Stellung nimmt – befürchteten eine Belastung des Kollegialprinzips, das mit neun Personen nicht mehr funktionieren könne. Das Gegenargument verfing im Ständerat letztlich knapp und beiden Initiativen wurden mit 21 zu 20 Stimmen bei 2 Enthaltungen keine Folge gegeben. Die Motionen Jacqueline Fehr (sp, ZH), Christine Bulliard-Marbach (cvp, FR) und Dominique de Buman (cvp, FR), die alle das gleiche Anliegen vertraten, wurden, weil mehr als zwei Jahre hängig, Ende Berichtjahr abgeschrieben. Die Diskussionen wurden damit allerdings nicht beendet: Die SPK-NR beschloss nämlich Ende August, eine Kommissionsinitiative auszuarbeiten, die eine Erhöhung des Bundesrates auf neun Mitglieder und die angemessene Vertretung der Landesgegenden und Sprachgemeinschaften in der Exekutive erneut aufs Tapet bringen soll
[5].
Die unendliche Geschichte um die
Staatsleitungs- und Regierungsreform fand im Berichtjahr schliesslich doch ein Ende. Zur Erinnerung: Die Räte hatten 2004 eine Vorlage des Bundesrates zurückgewiesen. Nach einer erfolgreich umgesetzten Verwaltungsreform hatte dann die Exekutive 2009 erneut Reformbedarf angemeldet und die Arbeiten zur Staatsleitungs- und Regierungsreform wieder aufgenommen. Die Optimierung der Regierungstätigkeit wurde zudem auch vom GPK-Bericht zur UBS-Krise angemahnt. Die Zusatzbotschaft war allerdings im Vorjahr von beiden Räten erneut zerzaust worden. Auf die zuletzt übrig gebliebene Idee einer zweijährigen Amtszeit des Bundespräsidenten war der Nationalrat 2012 nicht eingetreten. Diesem Entscheid folgte der Ständerat in seiner Frühjahrssession 2013 und versenkte die Vorlage damit endgültig
[6].
Von der Debatte zur Staatsleitungs- und Regierungsreform (vgl. oben) blieb einzig eine
Revision des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes übrig, welche die Regierungsführung stärken soll, indem die Bundeskanzlei das Sekretariat der Bundesratsausschüsse übernimmt. Zudem soll die Bundeskanzlei auch Unterstützung hinsichtlich Krisenmanagements leisten und dafür eine langfristige und kontinuierliche Lage- und Umfeldanalyse vornehmen, welche die Regierung früh und umfassend über kommende Entwicklungen und Herausforderungen informieren soll. Der von den Räten 2012 beschlossene Präsidialdienst wird ab 11. Januar 2015 zur Verfügung stehen. Das gab der Bundesrat im Rahmen seiner Sitzung Mitte Mai bekannt
[7].