Année politique Suisse 2013 : Grundlagen der Staatsordnung / Institutionen und Volksrechte
Verwaltung
Ab dem 1. Januar 2013 wurde das Bundesamt für Metrologie als verselbständigte Anstalt des Bundes geführt. Diese auf die Revision des Bundesgesetzes über das Messwesen zurückgehende Änderung evozierte zwei Postulate Schneeberger (fdp, BL). Die erste Forderung nach einem Erfahrungsbericht über solche Auslagerungen fand im Nationalrat kein Gehör, wohl aber die Idee eines Berichtes über mögliche Synergien durch die Vereinheitlichung von Messnetzen und der Einführung gemeinsamer Dienste, die durch das neue
Eidgenössische Institut für Metrologie (Metas) koordiniert werden könnten
[17].
Die Kosten für die Reorganisation des per 1. Januar tätigen neuen
Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), das durch einen Zusammenschluss des bis anhin dem EDI angehörenden Bundesamts für Bildung und Forschung und dem Bereich ETH mit dem Bundesamt für Berufsbildung und Technologie gebildet wurde, beliefen sich auf CHF 1,9 Mio. Das Staatssekretariat ist beim neuen Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF, bisher EVD) angesiedelt. Die Neuorganisation war nicht mit Kündigungen verbunden. Der Stellenetat des neuen SBFI beträgt 248 Vollzeitstellen
[18].
Im Rahmen der Revision der Alkoholgesetzgebung will das Finanzdepartement eine Umstrukturierung der Eidgenössischen Alkoholverwaltung (EAV) vornehmen. Die EAV soll in die Zollverwaltung integriert und dort eine neue Organisationseinheit „
Alkohol und Tabak“ geschaffen werden, die für den Vollzug der Bier-, Spirituosen- und Tabaksteuer zuständig ist
[19].
Das 2009 von der damaligen Justizchefin Eveline Widmer-Schlumpf (bdp) reorganisierte
Bundesamt für Migration (BfM) wurde erneut – diesmal von der aktuell zuständigen Bundesrätin Simonetta Sommaruga (sp) – umgebaut. Eine 2012 durchgeführte Evaluation hatte gezeigt, dass die Reform von 2009 missglückt war. Auch amtsintern waren die Änderungen stark kritisiert worden. Mit der aktuellen Umstrukturierung verschwinden die flachen Hierarchien wieder, die als Problembereich identifiziert worden waren. Fast die Hälfte der rund 80 Kaderstellen im BfM wurden intern neu ausgeschrieben. Die Reform von innen – zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden in die Reformdiskussionen integriert – soll das Arbeitsklima wieder verbessern
[20].
Gleich vier aktuelle Geschäfte kreisten um die Frage von
Open Government Data, also der Freigabe von Datenbeständen des Bundes für die interessierte Öffentlichkeit. Eine Motion Graf-Litscher (sp, TG) forderte ein Verzeichnis aller Datenbestände des Bundes, ein Portal, mit dem der Zugang zu diesen Daten sichergestellt wird, sowie begleitende Massnahmen zur Förderung der Nutzung dieser Daten durch die Öffentlichkeit. Der Nationalrat nahm die gesamte Motion mit 97 zu 77 Stimmen an, obwohl der Bundesrat sich gegen die Punkte 1 und 3 ausgesprochen hatte. Opposition kam vor allem aus dem SVP- und CVP-Lager. Der Vorstoss wurde im Berichtjahr in der kleinen Kammer noch nicht behandelt. Mitte 2013 doppelte Graf-Litscher mit einem noch nicht behandelten Postulat nach, dass die Prüfung der Freigabe von Daten zu Finanzzahlen verlangt. Ein Postulat Riklin (cvp, ZH), das einen eigentlichen Masterplan fordert, mit dem Analysen der Bestände, des Nutzenpotenzials und der Kosten durchgeführt sowie der nötigen rechtlichen und technischen Massnahmen für die Freigabe von Bundesdaten vorgenommen werden sollen, wurde vom Nationalrat mit 120 zu 59 Stimmen überwiesen. Auch hier verwies der Bundesrat vergeblich auf das bereits 2011 überwiesene Postulat Wasserfallen (fdp, BE), auf dessen Grundlage die Regierung aktuell bereits einen Bericht verfasse, der demnächst vorliege und in dem der Handlungsbedarf aufgezeigt werde. Bereits im Vorjahr überwiesen worden war eine Motion der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-NR), welche die Veröffentlichung von Meteodaten nach dem Prinzip von Open Government Data fordert. In der Folge schaltete der Bund Mitte September dann eine erste Open-Data-Plattform (Opendata.admin.ch) auf. Bisher dezentral abgelegte, öffentliche Daten werden damit über eine einzige Plattform zugänglich und leichter auffindbar gemacht. Die Plattform wird zusammen mit dem Bundesamt für Statistik, Swisstopo, Meteo Schweiz und der Nationalbibliothek geführt. Experten schätzten das wirtschaftliche Potenzial von Open-Data auf bis zu CHF 1,2 Mia. Der erwähnte Bericht des Bundesrates erschien ebenfalls Mitte September. Als Folge des Berichts wurde das Informatiksteuerungsorgan des Bundes beauftragt, zusammen mit dem Bundesarchiv und der Bundeskanzlei einen Entwurf für eine Open Government Data Strategie zu entwerfen und die Umsetzung auf 2014 zu planen
[21].
Im Berichtjahr legte der Bundesrat seine Botschaft zur Teilrevision des Bundesgesetzes über die Sammlungen des Bundesrechts und des Bundesblatts (
Publikationsgesetz) vor. Dabei ging es vor allem darum, dass die elektronische Fassung einer amtlichen Veröffentlichung rechtsverbindlich sein soll. Bis anhin war dies nur für die Papierversion der Fall. Der Bundesrat wollte den veränderten Nutzungsbedingungen Rechnung tragen: während die Zahl der Abonnenten der gedruckten Ausgaben von Bundesblatt und Amtlichem Bulletin abnahmen, stieg gleichzeitig die Nutzung der entsprechenden Online-Versionen, die aber eben bis jetzt streng genommen rechtlich nicht verbindlich waren. Darüber hinaus würde mit der Verbindlicherklärung der elektronischen Inhalte eine tägliche Erscheinungsweise möglich, weil nicht mehr auf Druck und Vertrieb gewartet werden müsste. Mit einer Internet-Plattform soll zudem die Sichtbarkeit des Bundesrechts erhöht werden. Die Ende 2012 bis März 2013 durchgeführte Vernehmlassung zeigte vorwiegend positive Reaktionen. Die Botschaft wurde in den beiden Kammern im Berichtjahr noch nicht beraten. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates hatte allerdings noch im November ihre Unterstützung signalisiert. Dies allerdings nicht ohne zu präzisieren, dass der Bundesrat nicht in eigener Zuständigkeit auf die gedruckte Fassung verzichten könne
[22].
Die im Vorjahr vom Nationalrat angenommene Motion Graf-Litscher (sp, TG), die eine nichtdiskriminierende
E-Government Lösung für Landwirte forderte, wurde vom Ständerat im Berichtjahr abgelehnt. Graf-Litscher wollte eine Open Source Plattform einführen, um Ungleichbehandlung aufgrund von Browserinkompatibilitäten zu verhindern: je nachdem, welcher Internetbrowser verwendet wird, funktioniert die verwendete Software ev. nicht. Das bundesrätliche Argument, dass dies unverhältnismässig teuer sei, verfing im Berichtjahr in der kleinen Kammer. Die Motion Weibel (glp, ZH), welche auf eine Nutzung und Förderung von Open Source Software in der Bundesverwaltung zielte, wurde abgeschrieben und eine weitere Motion Graf-Litscher, die unter Einsatz von Open-Source-Software die Einführung eines Geschäftsprozessmanagements gefordert hätte, wurde zurückgezogen. Eine Motion Glättli (gp, ZH), welche eine digitale Nachhaltigkeit bei der Einführung von Software-Lösungen für die Geschäftsverwaltung fordert, d.h. vollständigen Zugang der Bundesverwaltung zum Quellcode einer Software sowie den Besitz der Urheberrechte über dieselbe, wurde im Berichtjahr im Plenum noch nicht behandelt
[23].
Das
Informatikprojekt „Insieme“, das bereits 2012 für viel Wirbel gesorgt hatte, geriet auch im Berichtjahr nicht aus den Schlagzeilen. Insieme sollte die veralteten Informatiksysteme der Steuerverwaltung ersetzen, wurde aber mit einem Verlust von über CHF 100 Mio. aufgrund verschiedener Verzögerungen, Kostenüberschreitungen und Ungereimtheiten bei Projektvergabe und -planung ohne Umsetzung abgebrochen. Die von der SP-Fraktion im Rahmen einer parlamentarischen Initiative verlangte parlamentarische Untersuchungskommission zum Insieme-Skandal stiess im Nationalrat allerdings auf Widerstand. Ein Ordnungsantrag, über die PUK-Forderung erst zu beschliessen, wenn die eingesetzte „Arbeitsgruppe Insieme“ ihren Abschlussbericht vorgelegt haben würde, wurde abgelehnt und auch dem SP-Begehren selber wurde keine Folge gegeben. Die mit 135 zu 38 Stimmen deutliche Mehrheit in der grossen Kammer folgte dabei den Argumenten ihres Büros. Im Berichtjahr noch nicht behandelt wurden eine Motion Noser (fdp, ZH), die den Bundesrat beauftragen will, eine Beschaffungsstrategie für Informatik- und Telekommunikationsprojekte zu entwickeln sowie ein Postulat Amherd (cvp, VS), das griffigere Massnahmen für die Finanzkontrolle in der Bundesverwaltung fordert. Um Informatikprobleme in Zukunft zu vermeiden, will der Bundesrat Grossvorhaben der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) unter der Federführung der Eidgenössischen Finanzkontrolle systematisch überprüfen lassen. Dies beschloss die Regierung Ende März an einer Sitzung und legte Mitte April einen entsprechenden Masterplan vor. Aufgrund des Scheiterns von Insieme warten die veralteten Informatiksysteme in der Steuerverwaltung noch immer auf eine Erneuerung. Mitte April ermächtigte der Bundesrat das EFD, für ein neues Programm mit dem Namen „Fiscal-IT“ einen Verpflichtungskredit über CHF 85,2 Mio. zu beantragen. Eine Vereinfachung des Projektmanagements, die Gliederung in Teilprojekte und die Schaffung einer EFD-internen, zentralen Organisationseinheit Informatik sollen das Gelingen des Projektes sicherstellen. Wie dringend Kontrollmassnahmen bei der IKT sind, zeigten Probleme mit weiteren Informatikprojekten. Im Februar wurde bekannt, dass das Bundesamt für Umwelt (BAFU) aufgrund eines Korruptionsfalls ein Grossprojekt abbrechen musste und so rund CHF 6,1 Mio. verlustig gingen. Mitte Mai wurde in der Sonntagspresse ein Scheitern des mit rund CHF 110 Mio. finanzierten Projektes „Gever“ vermutet, das Daten und Dokumente der Bundesverwaltung erfassen und verbinden sollte. Der Rahmenvertrag sei ausgeschöpft und die Vertragsdauer überschritten. Auch das neue Abhörsystem des Bundes „Interception System Schweiz (ISS)“, das den Strafverfolgungsbehörden ein technisch besseres Abhören von Kriminellen erlaubt hätte, geriet in den Fokus der Medien: Das 2010 für CHF 18 Mio. eingekaufte System konnte nicht umgesetzt werden und mit einem Zusatzkredit von CHF 13 Mio. musste im September ein Alternativprojekt aufgegleist werden. Anfang Oktober kritisierte die Finanzkontrolle die massiven Kostenüberschreitungen, die zeitlichen Verzögerungen und die fehlende Beschaffungstransparenz beim CHF 100 Mio. teuren Strassendatenbankenprojekt „Mistra“
[24].
Nicht einig waren sich die beiden Kammern bei einer Motion der Finanzkommission des Nationalrates (EFK-NR). Die Idee, jede Verwaltungsstelle, welche für Dritte Leistungen erbringt, anzuweisen, eine
Vollkostenrechnung zu erstellen, stiess nur im National- nicht aber im Ständerat auf offene Ohren. Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, dass die Verwaltungseinheiten im Einvernehmen mit der Finanzverwaltung die Art der Kosten- und Leistungsrechnung vereinbaren und jene Einheiten mit hoher betrieblicher Autonomie bereits heute eine Vollkostenrechnung durchführen. Auch sei die Infrastruktur bereits überall so eingerichtet, dass eine Vollkostenkalkulation jederzeit möglich und die Motion deshalb eigentlich bereits erfüllt sei. Die EFK-NR hatte in ihrem Jahresbericht 2012 allerdings bemängelt, dass im VBS keine Vollkostenrechnung erstellt werden könne. Das VBS hatte nicht berechnen können, um wie viel der von der Armee geleistete Aufwand am World Economic Forum die Kosten eines normalen WK übersteigt. Während die grosse Kammer mit 92 zu 45 Stimmen die Motion ihrer Kommission überweisen wollte, lehnte die kleine Kammer das Begehren gestützt auf die Argumente des Bundesrats ab
[25].
Ende November verabschiedete der Bundesrat in seiner Botschaft drei Kernpunkte, mit denen das
Neue Führungsmodell für die Bundesverwaltung (NFB) umgesetzt werden soll. Die Steuerung sämtlicher Verwaltungseinheiten mit Globalbudgets, die Zusammenführung von Finanzplanung und Voranschlag sowie deren Anreicherung mit Leistungsinformationen sollen die Verwaltung zielorientierter, transparenter und wirtschaftlicher machen. Der Bundesrat möchte die NFB per 2017 einführen. Dies setzt voraus, dass sich die Räte im Vorfeld mit dem Entwurf auseinandersetzen, was für 2014 geplant ist. Skeptiker befürchten, dass das Parlament die Kontrolle über die Verwaltung verlieren könnte, wenn die Ziele der Verwaltungseinheiten schlecht messbar oder diffus formuliert sind. Mit dem Globalbudget könnte das Parlament zudem auf einzelne Budgetposten der Ämter keinen Einfluss mehr nehmen
[26].
Auf der Basis eines von der EFK-SR beim Eidgenössischen Personalamt angeforderten und Mitte November veröffentlichten Berichts zur
Entwicklung der Personalbestände liess sich erstmals aufzeigen, wo in der Verwaltung Stellen geschaffen wurden. Eine grosse Zunahme an Stellen zwischen 2007 und 2012 weist das EDA auf (+ 797 Stellen). Darunter befanden sich insbesondere Posten im Aussendienst aber auch aufgrund von Schengen/Dublin oder der Einführung der biometrischen Pässe geschaffene Arbeitsplätze. 214 neue Stellen wurden in den rund fünf untersuchten Jahren im Bundesamt für Informatik und Telekommunikation geschaffen und 135 Posten erhielt das Bundesamt für Migration. Der Bericht zeigte auf, dass neue Politikfelder häufig auch mit neuen Stellen einhergehen. So schlug etwa die Energiestrategie 2050 mit 31 neuen Stellen zu Buche und die Revision des Luftfahrtgesetzes zog 46 Stellen nach sich. Zunahmen verzeichneten insbesondere die Bereiche Verkehr (+19,8%), Gesundheit (+17,5%), Umweltschutz und Raumordnung (+17%) sowie die soziale Wohlfahrt (+15%), während in den Bereichen Kultur und Freizeit (-24,3%), Wirtschaft (-23,3%), Landesverteidigung (-5,2%) und öffentliche Sicherheit (-0,4%) zwischen 2007 und 2012 Stellen abgebaut wurden. Eine Motion Brunner (svp, SG), die eine Stellenreduktion in der gesamten Bundesverwaltung gefordert hatte, um die Effizienz zu steigern und Kosten zu sparen, wurde im Berichtjahr abgeschrieben; eine Motion Vitali (fdp, LU), welche die Einführung eines Personalplanes fordert, wurde hingegen noch nicht behandelt
[27].
Auf einige Kritik stiess der
vorsorgliche Stellenausbau im Bundesamt für Strassen (Astra). Das Amt war – irrtümlicherweise, wie sich Ende November zeigte – von einer Annahme der Abstimmung über die Erhöhung der Autobahngebühren ausgegangen und hatte bereits vor dem Urnengang 34 neue Stellen geschaffen und besetzt. Für die Umsetzung des mit der Abstimmung verknüpften Beschlusses über den Ausbau des Strassennetzes wären insgesamt 60 Stellen nötig gewesen, die dann allerdings mit dem negativen Ausgang des Urnengangs obsolet wurden. Das Astra verteidigte sich zwar, man habe für den Ausbau vorbereitet sein wollen. Die vorbehaltslose Anstellung der 34 Personen, deren Stellen „haushaltneutral“ abgebaut werden sollen, stiess vor allem bei Finanzpolitikern auf Kritik. Zwar handle es sich beim Astra um ein so genanntes „Flag-Amt“ (Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget), das entsprechend über einen bestimmten Spielraum verfüge, um Mittel zwischen Sach- und Personalaufwand zu verschieben, Sachaufwand im Umfang von 34 Personalstellen zu kompensieren sei aber eigentlich nicht vorstellbar, äusserte sich Urs Schwaller (cvp, FR), der laut Zeitungsberichten den Fall zum Anlass nehmen wollte, die geplante Einführung von Globalbudgets (siehe oben, NFB) noch einmal kritisch zu überdenken
[28].
Die GPK gab in ihrem Jahresbericht 2012 bekannt, dass sie die Wahl des obersten Verwaltungskaders durch den Bundesrat evaluieren will. Die Besetzung des
Topkaders hatte in den letzten Jahren mehrfach Kontroversen ausgelöst. Der Mitte November veröffentlichte Evaluationsbericht fand dann deutliche Worte. Der Regierung wurden unvollständige Information, mangelhafte, intransparente Verfahren und fehlende Sicherheitsprüfungen vorgeworfen. In 20 der untersuchten 37 Fälle aus dem Jahr 2012, bei denen der Bundesrat für die Besetzung verantwortlich war, sei das Auswahlverfahren mittelmässig oder gar schlecht gewesen. Gar nur in 18 Fällen sei eine Personensicherheitsprüfung vorgenommen worden. Der Bundesrat sei in der Regel zu wenig informiert, um seiner Verantwortung als Wahlbehörde nachkommen zu können. Die GPK empfahl dringend, Mindestanforderungen für Auswahlverfahren zu definieren. Auch im Berichtjahr kam es zu medial ausgeschlachteten Entlassungen von hohen Verwaltungsangestellten. So trennte sich etwa Bundesrat Berset vom Direktor des Bundesamtes für Statistik, Jürg Marti, gegen den amtsintern Kritik laut geworden und anonym an die Medien weitergespielt worden war. Zum Nachfolger von Marti wurde Simon Ulrich ernannt. Die von Berset anberaumte Administrativuntersuchung zeigte dann allerdings Anfang Oktober, dass die Vorwürfe gegen Marti haltlos waren
[29].
Die
Mehrsprachigkeit in der Bundesverwaltung ist ein alljährlich wiederkehrendes Thema. Die 2012 vom Nationalrat angenommene Motion Maire (sp, NE), welche die Unterstellung des Delegierten für Mehrsprachigkeit unter das Eidgenössische Finanzdepartement statt des Personalamts verlangt, wurde im Berichtjahr auch vom Ständerat überwiesen. Neu wurde der Delegierte vom Bundesrat gewählt. Als Nachfolger des 2012 zurückgetretenen Vasco Dumartheray wurde die Luganeser Stadträtin Nicoletta Mariolini gewählt. Sie soll laut Sprachenverordnung die Dreisprachigkeit in der Bundesverwaltung fördern und bei Personalrekrutierungen unterstützend wirken. Die bereits 2012 eingereichten Postulate Romano (cvp, TI) und Cassis (fdp, TI), die einen vertieften Bericht zur Mehrsprachigkeit in der Bundesverwaltung verlangen, wurden 2013 im Plenum noch nicht behandelt. Auslöser war damals der Bericht des Eidgenössischen Personalamts, der zwar eine Zunahme von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufzeigte, deren Muttersprache nicht deutsch ist, aber auch darauf hinwies, dass die Sollwerte für französisch-, italienisch- und rätoromanisch-sprachige Mitarbeitende noch nicht erfüllt sind. Das Magazin „l’Hebdo“ veröffentlichte Ende April eine Untersuchung, mit der die Dominanz der Deutschschweizer Sprache anhand des Staatskalenders und der dort vermerkten Korrespondenzsprache aufgezeigt wurde. Von den 199 einflussreichsten Beamten sind laut der Untersuchung lediglich 16% nicht deutscher Muttersprache
[30].
Zwar zeigte das „Reporting Personalmanagement 2012“ eine weitere Zunahme des Frauenanteils bei den obersten Kaderstellen in der Bundesverwaltung von 14,3% auf 15,6% und im mittleren Kader von 27,8% auf 29% auf, das Soll-Zielband von 29% bis 34% war damit aber nach wie vor nicht erreicht. Hinsichtlich der
Chancengleichheit von Frau und Mann in der Bundesverwaltung unternahm die Regierung deshalb Anfang November einen Schritt, der breite Beachtung fand. Sie beschloss die Einführung einer Geschlechterquote von 30% bei 24 bundesnahen Betrieben. Gremien, die vom Bundesrat gewählt werden, sollen bis 2020 jeweils einen Frauen- und Männeranteil von mindestens 30% aufweisen. Wo der Frauenanteil tief ist, sollen künftig weibliche Kandidaturen bevorzugt behandelt werden. Bei dieser Neuerung handelte es sich aber nicht um eine juristisch verbindliche Vorgabe, sondern um eine Zielgrösse, deren Nichterreichung allerdings gut begründet werden muss. Zudem beschloss die Bundesregierung, neu jährlich im Rahmen des Reportings Personalmanagement über die Geschlechtergleichheit zu berichten. Zwei Postulate Feri (sp, AG), mit denen die Einführung von Geschlechterquoten in der Verwaltung geprüft werden sollen, wurden im Plenum noch nicht behandelt. Mit familienfreundlichen Arbeitsbedingungen will die Regierung schliesslich die Verwaltung als Arbeitgeberin für beide Geschlechter noch attraktiver machen. Anfang Mai verabschiedete die Exekutive verschiedene Verordnungsänderungen, die beiden Elternteilen verstärkt Teilzeitarbeit und Vätern einen zehntägigen Vaterschaftsurlaub erlauben. Ende Jahr verabschiedete der Bundesrat zudem eine Reallohnerhöhung von 0,7%. Die Überprüfung der Löhne in der Bundesverwaltung zeigte, dass die Saläre dem Grundsatz der Lohngleichheit zwischen den Geschlechtern entsprechen
[31].
In Erfüllung eines Postulats der GPK des Nationalrates legte der Bundesrat einen Bericht vor, der die
Steuerung der Personalpolitik durch ein an die Stellenfunktion geknüpftes Vertrauensarbeitszeitmodell vorschlug. Dieser Punkt war im Vorjahr in der Debatte um die Personalsteuerung Gegenstand von Divergenzen zwischen den Kammern gewesen
[32].
Nachdem der Bundesrat die Ablehnung einer im Berichtjahr noch nicht behandelten Motion Grossen (glp, BE) beantragt hatte, reichte der Motionär ein Postulat mit ähnlicher Stossrichtung ein. Die Regierung soll prüfen, ob Möglichkeiten und Anreize geschaffen werden können, mit denen die Angestellten der Bundesverwaltung für Telearbeit (
Home-Office) gewonnen werden. Der Bundesrat hatte zwar in seiner Antwort auf die Motion die ökologischen, sozialpolitischen und wirtschaftlichen Vorteile von Home-Office anerkannt, sich aber gegen die im Anliegen geforderte Festsetzung einer Quote zur Erhöhung des Anteils an Angestellten mit ortsunabhängigem Arbeitsplatz gewandt. Die im Vergleich zum ursprünglichen Anliegen abgeschwächte Forderung in Form eines Postulats stiess nicht nur beim Bundesrat, sondern – nachdem es zuerst von Stahl (svp, ZH) bekämpft wurde – auch im Nationalrat mit 104 zu 84 Stimmen auf Zustimmung. Die Gegenstimmen stammten aus der SVP und der FDP Liberale-Fraktion. In der Wintersession überwies die grosse Kammer zudem ohne Diskussion ein Postulat Feller (fdp, VD), das den Bundesrat beauftragt, die Nutzung von Telearbeit in der jährlichen Berichterstattung über das Personalmanagement statistisch zu erfassen
[33].
Die 2013 durchgeführte
Personalbefragung in der Bundesverwaltung, die von 1061 der 1509 angefragten Bundesangestellten beantwortet wurde, zeigte eine relativ hohe Arbeitszufriedenheit und ein starkes Engagement. Im Schnitt vergaben die Befragten auf einer Skala von 0 bis 100 den Wert 78 für die Frage ob sie stolz seien, bei der Bundesverwaltung zu arbeiten
[34].
[17] Po. 12.4020 (Erfahrungsbericht) und Po. 12.4021:
AB NR, 2013, S. 512.
[18]
NZZ, 22.1.13;
LZ, 8.2.13.
[19] Medienmitteilung EFD vom 24.1.13;
NZZ, 25.1.13.
[20]
NZZ, 18.7.13;
TA, 30.7.13;
LZ, 13.8.13; vgl.
SPJ 2012, S. 45.
[21] Mo. 11.3871 (Graf-Litscher):
AB NR, 2013, S. 1577 f.; Po. 13.3577 (Graf-Litscher); Po. 11.3902 (Riklin):
AB NR, 2013, S. 1250; zum Postulat Wasserfallen (Po. 11.3884) vgl.
SPJ 2011, S. 45 f.; Mo. 12.3335 (UREK-NR); Medienmitteilung BR vom 13.9.13;
TA, 3.9.13;
NZZ, 14.9. und 17.9.13; vgl.
SPJ 2012, S. 45.
[22] BRG 13.069:
BBl, 2013, S. 7057 ff. (Botschaft); Medienmitteilung SPK-NR vom 1.11.13;
NZZ, 29.8.13.
[23] Mo. 11.3359 (Graf-Litscher):
AB SR, 2013, S. 170 f.; vgl.
SPJ 2012, S. 45; Mo. 11.3379 (Weibel); Mo. 11.4122 (Graf-Litscher):
AB NR, 2013, S. 1252; Mo. 13.3628 (Glättli).
[24] Pa.Iv. 12.490 (SP-PUK):
AB NR, 2013, S. 2169 ff.; Mo 12.4152 (Noser); Po 12.4240 (Amherd); Medienmitteilung BR vom 27.3., 10.4., 17.4. und 14.8.13;
TA, 5.1.13;
BZ, 5.2.13;
BZ und
NZZ, 6.2.13;
BZ, 15.2.13;
NZZ, 28.3.13;
TG, 8.4.13;
NZZ, 11.4.13;
So-Bli, 19.5.13;
Blick, 21.5.13;
So-Bli, 26.5.13;
Blick, 4.9.13;
NZZ, 21.9.13;
TA und
BZ, 9.10.13, Presse vom
10.10.13;
TA, 30.10.13;
BZ, 4.11. und 6.11.13;
WW, 7.11.13;
SO, 24.11.13; vgl.
SPJ 2012, S.46.
[25] Mo 13.3364:
AB NR, 2013, S. 847 f.;
AB SR, 2013, S. 846; Stellungnahme BR vom 29.5.13.
[26] BRG 13.092:
BBl, 2014, S. 767 (Botschaft und Entwurf); Medienmitteilung BR vom 17.4. und 20.11.13; Presse vom
18.4.13;
NZZ, 21.11.13.
[27] Mo. 11.3251 (Brunner); Mo. 12.4066 (Vitali);
NZZ, 12.11.13.
[28]
TA, 30.11.13;
NZZ, 2.12.13;
NZZ und
TA, 5.12.13;
WW, 12.12.13.
[29]
BBl, 2013, S. 3513 ff. und 3611 ff. (Jahresbericht GPK mit Anhang); Medienmitteilung GPK vom 18.11.13;
NZZ, 7.9. und 19.11.13; Marti: Medienmitteilung EDI vom 20.2., 14.6. und 9.10.13; Medienmitteilung GPK (Subkommission EDI/UVEK) vom 1.3.13;
SoZ, 20.1. und 27.1.13; Presse vom 21.2.13;
SoZ, 24.2.13;
NZZ, 15.6. und 9.10.13;
BZ, 14.11.13; Presse vom 19.11.13;
BaZ, 20.11.13;
TA, 23.11.13;
BaZ, 27.11.13.
[30] Mo. 12.3828:
AB SR, 2013, S. 637 f.; Medienmitteilung BR vom 15.3. und 10.4.13; Po. 12.4050 (Romano); Po. 12.4265 (Cassis);
l’Hebdo vom 25.4.13;
NZZ und
CdT, 25.4.13;
BZ, 6.5.13; vgl.
SPJ 2012, S. 46 f.
[31] Po. 12.3801 und Po. 12.3802;
BBl, 2013, S. 8481 ff.; Medienmitteilung BR vom 15.3. (Reporting Personalmanagement 2012), 9.10. und 29.11.13;
NZZ, 16.3. und 2.5.13;
Blick, 3.5.13;
SoZ, 10.11.13.
[32] Medienmitteilung BR vom 6.12.13; Po. 12.3645 (GPK-NR); vgl.
SPJ 2012, S. 47 f.
[33] Po. 13.3358:
AB NR 2013, S. 1186 und 1745; Mo. 12.4120 (Grossen): Stellungnahme BR vom 13.2.13; Po. 13.3712 (Feller):
AB NR, 2013, S. 2209.
[34] Medienmitteilung BR vom 29.11.13;
NZZ, 24.12.13.
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