Année politique Suisse 2013 : Wirtschaft / Landwirtschaft
 
Pflanzliche Produktion
Im Sommer appellierten die Birnenproduzenten und -verarbeitenden an das nationale Parlament: Die Lager seien übervoll mit Birnenkonzentrat dank vergangener guter Ernten, zurzeit sei das Dreifache eines normalen Jahresverbrauchs vorhanden. Wenn diese Bestände nicht bis im Herbst abgebaut werden könnten, würde der Birnenpreis endgültig zusammenfallen und so vielen Obstbauern den Anreiz geben, ihre Birnbäume zu fällen. Da sich die Bundespolitik seit geraumer Zeit aus Biodiversitätsgründen und zur Erhaltung des Landschaftsbildes auf die Förderung von Hochstammkulturen fokussiert hatte, beschloss man, der Branche unter die Arme zu greifen: Die Räte bewilligten einen Nachtrag an das Budget 2013, welcher CHF 2,5 Mio. aus dem Bereich der allgemeinen landwirtschaftlichen Direktzahlungen in die Kategorie „Beihilfen Pflanzenbau“ verschob. Damit sollte ein verbilligter Export ermöglicht werden. Die Betroffenen versicherten, dass bereits Massnahmen getroffen worden seien, um den Absatz von Birnensaft und Birnensaftprodukten künftig zu stärken: Diese würden aber erst mittelfristig ihre Wirkung entfalten [24].
Laut der jährlichen landwirtschaftlichen Strukturerhebung des Bundesamts für Statistik (BFS) hat sich die von Biobauern bewirtschaftete schweizerische Landwirtschaftsfläche 2012 erneut erhöht auf rund 12%. Dies entspricht einem neuen Rekord. Auch auf dem Lebensmittelmarkt erreichten biologisch hergestellte Produkte nie dagewesene Höchstwerte: Der Umsatz von Nahrungsmitteln, welche nach den Richtlinien von Bio Suisse hergestellt worden waren, betrug 2012 CHF 1,83 Mrd. Dies entspricht 6,3% aller getätigten Lebensmittelverkäufe [25].
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Gentechnik
Ende Januar schickte der Bundesrat eine Vorlage zur Koexistenzregelung zwischen genetisch veränderten und konventionellen Pflanzen in die Vernehmlassung. Durch Ergänzungen und Änderungen im Gentechnikgesetz und den dazu gehörenden Verordnungen sollten die legalen Grundlagen gelegt werden für den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) nach Ende des bis 2017 geltenden Moratoriums. Konkret schlug der Bundesrat Sicherheitsabstände zwischen Feldern mit genetisch verändertem Saatgut und konventioneller Landwirtschaft vor: Für Kulturen wie Kartoffeln, Soja oder Weizen sollte dieser Abstand 12 Meter, für Mais gar 100 Meter betragen, da dessen Pollen weiter fliegen würden. Auch die Trennung der Warenflüsse sollte über die gesamte Produktionskette hinweg gewährleistet werden, damit man den Konsumentinnen und Konsumenten Wahlfreiheit garantieren könne. Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) würde ausserdem ein zentralisiertes Anbauverzeichnis führen, welches von Direktbetroffenen wie etwa benachbarten Landwirten eingesehen werden könnte. Schliesslich sollte auch die Einrichtung gentechfreier Zonen ermöglicht werden, falls dies die Bauern einer Region so wünschten oder wenn es vom betroffenen Kanton aufgrund von Gebieten mit hohem Naturwert als erstrebenswert erscheinen würde. Die öffentlichen Reaktionen fielen gemischt aus: Der Bauernverband (SBV) kritisierte die vorgeschlagenen Sicherheitsabstände als zu klein, Greenpeace und die Grünen bekräftigten zudem, dass sie die Aufrechterhaltung des Verbots auch nach Ablauf des Moratoriums begrüssen würden. Von Seiten der Economiesuisse wurde der Entwurf hingegen begrüsst: Wenn man den Anbau von GVO weiterhin verhindere, werde damit der Forschungs- und Wirtschaftsstandort Schweiz geschwächt. Franz Bigler, Leiter der Gruppe „Biosicherheit“ bei Agroscope Reckenholz-Tänikon, kritisierte die geplanten Abstände zwischen genetisch veränderten und konventionellen Pflanzen als zu gross: Es handle sich dabei um Verdopplungen der Werte, welche von der Forschung empfohlen würden. Während der Herbstsession teilte Bundesrätin Doris Leuthard dem Ständerat im Rahmen einer Diskussion über eine schliesslich verworfene Motion Ritter (cvp, SG) mit, dass die Vernehmlassung „massiv negative Reaktionen“ ausgelöst habe. Zwei Drittel aller Vernehmlasser hätten das vorgeschlagene Modell verworfen, man suche nun nach einer anderen Lösung [26].
 
[24] BRG 13.007: AB NR, S. 845 f.; AB SR, S. 491 f.; AZ, 3.5.13; LZ, 5.6. und 7.6.13; AZ, 13.6.13.
[25] Medienmitteilung BFS vom 6.8.13; LZ, 11.4.13; AZ, 7.8.13.
[26] Mo. 12.3028: AB SR, 2013, S. 723 ff.; Presse vom 31.1.13; WOZ, 7.2.13; BaZ, 14.5.13; BaZ und NZZ, 13.9.13.