Année politique Suisse 2013 : Infrastruktur und Lebensraum / Verkehr und Kommunikation
Telekommunikation und Post
2012 hatte sich der Nationalrat geweigert, eine Motion der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) des Ständerates für eine
allgemeine Verfassungsbestimmung über die Grundversorgung abzuschreiben. Im Mai des Berichtjahres legte der Bundesrat deshalb einen Entwurf in drei Varianten dazu vor. Variante A enthält den Handlungsauftrag an die Gemeinwesen aller Ebenen, sich für eine ausreichende, allen zugängliche Grundversorgung einzusetzen. Variante B enthält über den Handlungsauftrag hinaus auch eine Definition des Begriffs der Grundversorgung sowie eine Auflistung der Bereiche, in welchen die Grundversorgung von Bedeutung ist. Variante C führt die inhaltlichen Grundsätze der Grundversorgung weiter aus, nennt Güter und Dienstleistungen sowie verschiedene Prinzipien, welche für die Grundversorgung gelten sollen. Der Bundesrat hält die Schaffung einer allgemeinen Verfassungsbestimmung über die Grundversorgung für nicht sinnvoll, möchte sie aber, falls die Bundesversammlung an dieser festhält, gemäss Variante A ausführen. Die Bundesversammlung hat den Entwurf im Berichtjahr nicht mehr behandelt
[25].
Zwei im Jahr 2011 eingereichte Motionen zu den als zu hoch empfundenen
Mobiltelefonie-Gebühren für Dienstleistungen von inländischen Anbietern im Ausland wurden im Berichtjahr von den Räten behandelt. Die fast gleichlautenden Motionen Wyss (sp, BE) und Fuchs (svp, BE) verlangen vom Bundesrat die Festlegung einer Preisobergrenze für die Mobiltelefonie-Gebühren, welche über Schweizer Anbieter im Ausland anfallen. Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) des Ständerates hat mit Blick auf den Handlungsbedarf und auf die technische Entwicklung ein Postulat eingereicht, welches den Bundesrat einlädt, bis Ende 2014 einen Bericht über die Entwicklung der Roaming-Gebühren zu verfassen. Dabei sollen folgende Punkte betrachtet werden: Preise beim Mobilfunkverkehr mit EU-Ländern und mit Nicht-EU-Ländern, die technologische Entwicklung, neue Gebührenmodelle sowie den Regelungsbedarf und die Regelungsmöglichkeiten des Bundes. Die Kommission empfahl, die Motionen Wyss und Fuchs zu sistieren und stattdessen das Postulat zu überweisen. Die Motion Wyss „Schluss mit überrissenen Handy-Gebühren im Ausland“ wurde am 19. März des Berichtjahrs vom Ständerat mit 22 zu 14 Stimmen bis Ende 2014 sistiert. Das Postulat der KVF-SR wurde am selben Tag überwiesen. Ebenfalls im März nahm der Nationalrat die Motion Fuchs (svp, BE) an: Bundesrätin Leuthard betonte in der Debatte die Freiheit des Marktes und den Umstand, dass technische Lösungen von den Anbietern gesucht und eingeführt würden, und beantragte deshalb die Ablehnung der Motion. Natalie Rickli (svp, ZH), welche die Motion nach Ausscheiden von Fuchs aus dem Parlament übernommen hatte, forderte hingegen, dass mit der Annahme der Motion der Druck auf die Telekomanbieter aufrechtzuerhalten sei, bis sich die Situation für die Schweizer Kunden tatsächlich gebessert habe. Der Nationalrat nahm die Motion mit 162 zu 12 Stimmen an, wobei die ablehnenden Stimmen grösstenteils der FDP-Fraktion angehörten. Der Ständerat verhandelte die Motion im Juni des Berichtjahrs und sistierte sie ebenfalls. Es wurde argumentiert, dass eine Preisregulierung durch die Schweiz im internationalen Markt nicht akzeptabel sei und dass technische Lösungen auf dem Weg zur Realisation seien. Gemäss dem Postulat der KVF des Ständerates werde der Bundesrat die Situation aufzeigen und durch die Sistierung könne die Forderung später wieder aufgenommen werden, falls dies notwendig sei. Es wurde darauf hingewiesen, dass die inhaltlich ähnliche Motion Wyss bereits aus diesen Gründen sistiert worden sei. Der Nationalrat folgte dieser Argumentation im September des Berichtjahrs und sistierte die Motion gemäss dem einstimmigen Antrag seiner KVF-NR
[26].
Die Änderung der
Verordnung über Fernmeldedienste zielt darauf ab, Zugangspreise zu Dienstleistungen der marktbeherrschenden Swisscom zu definieren und sicherzustellen, dass andere Anbieter im Wettbewerb nicht diskriminiert werden. Anbieter, die den Zugang zu Entbündelungsprodukten suchen (Orange, Sunrise, Verizon, VTX) sowie Konsumentenorganisationen äusserten sich in der Vernehmlassung denn auch ganz oder mehrheitlich zustimmend, während die Swisscom sowie Kabelnetzbetreiber und Glasfaserfirmen eine ganz oder mehrheitlich ablehnende Haltung einnahmen. Befürchtet wurde von ablehnender Seite, dass ein solchermassen definierter Zugang zum Netz Rechtsunsicherheit bringen und die Investitionen ins Netz bremsen würde. Die zustimmende Seite betonte die Wichtigkeit des Wettbewerbes
[27].
Zeitgemässe technische Vorschriften für die
Arbeitsabläufe bei Notrufen fordert eine Motion des ehemaligen SVP-Nationalrats von Rotz (svp, OW), welche von Sebastian Frehner (svp, BS) übernommen worden war. Ziel des Vorstosses ist es, die Verordnung über Fernmeldedienste (FDV) an neue technische Möglichkeiten anzupassen. Dabei geht es um die Möglichkeit, Notrufe aus VoIP-Quellen (Internettelefonie) korrekt zu leiten und eine GPS-Ortung von Mobilfunkgeräten zu ermöglichen. Die Blaulichtorganisationen sollen damit auf möglichst umfassende Informationen zum Standort der Notrufabgabe zugreifen können. Überdies soll bei Überlastung einer Notrufzentrale die Weiterleitung des Notrufs an eine zweite, nahe gelegene Notrufzentrale möglich sein. Der Bundesrat beantragte, die Motion abzulehnen und begründete dies damit, dass im Bakom bereits entsprechende Vorarbeiten im Gange seien und dass er bevorzuge, die technologieneutralen Formulierungen in der FDV so zu belassen. Im Nationalrat wurde die Motion im März des Berichtjahres aber deutlich gutgeheissen. Der Ständerat befasste sich in der Sommersession mit der Motion und stimmte einer Änderung seiner Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) zu: Die Forderungen sollen unter Vorbehalt der technischen Entwicklung und unter Berücksichtigung internationaler Standards umgesetzt werden. Mit dieser Ergänzung zeigte sich Bundesrätin Leuthard (cvp) einverstanden. In der Folge stimmten beide Kammern dem Geschäft zu
[28].
Im
Jahresbericht
2013 wies die Swisscom einen Nettoumsatz von CHF 11,43 Mrd. aus, der damit 0,4% über dem Vorjahr lag. Der Reingewinn sank aber um 6,6% auf CHF 1,7 Mrd. Dies sei auf eine Preiserosion im Schweizer Kerngeschäft sowie im Roaming zurückzuführen. Die Swisscom konnte die wegfallenden Einnahmen mit Kunden- und Mengenwachstum fast kompensieren. Im TV-Bereich hat die Swisscom um 26,4% zugelegt und bedient nun 1 Mio. Anschlüsse. Auch in Italien konnte die Swisscom ihren Stand ausbauen: Die Kundenbasis der Swisscom-Tochter Fastweb sei um 9,9% gewachsen, der Gewinn von Fastweb lag mit CHF 505 Mio. im Bereich des Vorjahres. Die Swisscom hat 2013 rund CHF 2,3 Mrd. investiert, dies vor allem in die Netzinfrastruktur. Die Abschreibungen auf den gesteigerten Investitionen sei mit ein Grund für den Rückgang des Reingewinns
[29].
Carsten Schloter, seit Januar 2006
Konzernchef der Swisscom, nahm sich am 23. Juli 2013 das Leben. Sein Tod löste in der Swisscom, aber auch in der Politik und in der Wirtschaft grosse Bestürzung und Anteilnahme aus. Urs Schaeppi übernahm die Konzernleitung interimistisch und wurde im November des Berichtjahres als neuer Konzernchef bestätigt
[30].
In ihrem ersten
Geschäftsjahr nach ihrer Umwandlung in eine Aktiengesellschaft hat die Schweizerische Post einen Konzerngewinn von CHF 626 Mio. erzielt. Damit liegt der Konzerngewinn um 19% tiefer als im Vorjahr, was darauf zurückzuführen ist, dass die Post aufgrund ihrer neuen Rechtsstruktur erstmals vollständig besteuert worden ist. Der Umsatz war mit CHF 8,575 Mrd. praktisch identisch zum Vorjahr, dank der Senkung des Betriebsaufwandes stieg das normalisierte Betriebsergebnis auf CHF 911 Mio. (Vorjahr: 860 Mio.). Die Post investierte 2013 CHF 453 Mio. aus eigenen Mitteln und verfügte per Ende Jahr über Eigenkapital von CHF 5,6 Mrd. Die Post verarbeitete 2013 zwar weniger adressierte Briefe (2013: 2,245 Mrd.; 2012: 2,29 Mrd.) und weniger Zeitungen, dafür mehr Pakete (2013: 114,4 Mio.; 2012: 111 Mio.) und unadressierte Sendungen. Der Umsatz im Kommunikationsmarkt stieg damit von CHF 4,78 auf 4,89 Mrd. Das bessere Betriebsergebnis im Kommunikationsmarkt (2013: CHF 238 Mio.; 2012: 42 Mio.) ist aber vor allem auf das kleinere Defizit der Poststellen zurückzuführen. Die Post konnte ihre Umsätze auch im Logistik- und Retailfinanzmarkt sowie im Personenverkehr leicht steigern. Die
PostFinance konnte weitere Kundengelder akquirieren und verwaltete 2013 CHF 106,5 Mrd. (Vorjahr: 99,2 Mrd.). Sie wurde im Juni des Berichtjahres in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, erhielt die Bankbewilligung und wurde der Finanzmarktaufsicht unterstellt
[31].
[25] Mo. 05.3232; BRG 13.036:
BBI 2013 3407;
SPJ 2012, S. 239.
[26] Mo. 11.3524 (Wyss):
AB NR, 2011, S. 1523 und 1430;
AB SR, 2013, S. 239. ff.; Mo. 11.3472 (Fuchs):
AB NR, 2013, S. 221 ff., 1429;
AB SR, 2013, S. 544 f.; Po. 13.3009 (KVF-S):
AB SR, 2013, S. 239 ff.; vgl.
SPJ 2011, S. 258.
[28] Mo. 11.3352:
AB NR, 2013, S. 27 und 1429;
AB SR, 2013, S.544 f.
[29] Swisscom Jahresbericht 2013; Presse vom 6.2.13.
[30] Presse vom 24.7.13; Pressemitteilung Swisscom vom 7.11.13.
[31]
BBI, 2013, S. 4645 ff.; Geschäftsbericht Schweizerische Post, 2014.
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