Année politique Suisse 2013 : Sozialpolitik / Sozialversicherungen
 
Berufliche Vorsorge
Für die umfassende Strategie des Bundesrates zur Revision der ersten und zweiten Säule, siehe oben (Altersvorsorge 2020).
2012 war unter anderem dank der expansiven Geldpolitik vieler Zentralbanken ein starkes Börsenjahr gewesen, was sich auch auf die Lage der Pensionskassen auswirkte. Diese konnten Anfang des Berichtsjahres auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr mit hohen Renditen von durchschnittlich 7,2% zurückblicken. Viele kamen wieder aus der Unterdeckung heraus, in die sie in den zwei vorherigen Jahren geraten waren, zudem sanken die Verwaltungskosten. Allerdings vermochten die guten Anlageergebnisse die Probleme des Systems nicht zu lösen. So wurde bekannt, dass rund 300 der knapp 2 200 Vorsorgeeinrichtungen der Schweiz so genannte „Rentnerkassen“ sind, also Kassen, bei denen der Anteil Rentner jenen der Aktiven stark übersteigt. Solche Kassen können, geraten sie in Unterdeckung, kaum aus eigener Kraft saniert werden. Eine im Mai publizierte Analyse der neuen Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge zeigte, dass bei über einem Drittel der Einrichtungen ohne Staatsgarantie „eher hohe“ Risiken bestehen, bei rund 4% gar „sehr hohe“. Der Hauptgrund dafür sei der zu hohe vorgeschriebene Umwandlungssatz im obligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge. Im überobligatorischen Teil wird dieser von vielen Einrichtungen bereits deutlich unterschritten, um den Deckungsgrad erhalten zu können. Von den Kassen mit Staatsgarantie erreicht nur gut ein Viertel einen Deckungsgrad von 100%, was unter anderem daran liegt, dass das Gesetz bisher für solche Fälle keinen Sanierungszwang vorsieht. Swisscanto, die Anlagegesellschaft der Kantonalbanken, publizierte eine Schätzung, wonach in der zweiten Säule jährlich CHF 600 Mrd. von den Aktiven zu den Rentnern umverteilt werden. Zudem bleibe die Situation auf den Finanzmärkten trotz der boomenden Börse angespannt. Dennoch stellte sich auch das Jahr 2013 für die Pensionskassen als erfolgreiches Anlagejahr heraus, was vor allem den hohen Gewinnen im Geschäft mit Aktien zu verdanken war [23].
Die Annahme der Minder-Initiative gegen die Abzockerei am 3. März des Berichtsjahres betrifft insbesondere auch die Pensionskassen. Sie sollen künftig verpflichtet sein, an den Generalversammlungen der Unternehmen, an denen sie beteiligt sind, teilzunehmen und im Interesse ihrer Versicherten abzustimmen. Reaktionen auf die drohenden Veränderungen gab es schon im Vorfeld der Abstimmung: Die Wirtschaftsverbände Economiesuisse, SwissHoldings und die Bankiervereinigung sowie der Pensionskassenverband, die Anlagestiftung Ethos und der AHV-Ausgleichsfonds stellten in einem Versuch der Selbstregulierung neue Richtlinien für institutionelle Investoren auf. Nach der Annahme wurden Befürchtungen laut, die neuen Bestimmungen würden die Kosten bei den Vorsorgeeinrichtungen ansteigen lassen. Pensionskassenvertreter gaben an, sie würden sich für eine Umsetzung „mit Mass“ einsetzen. Eine am Tag nach der Abstimmung eingereichte Motion Aeschi (svp, ZG) verlangt, im Zuge der Umsetzung der Initiative die freie Pensionskassenwahl einzuführen, damit Versicherte, welche mit dem Stimmverhalten ihrer Vorsorgeeinrichtung unzufrieden sind, diese auch wechseln können. Die Motion wurde im Berichtsjahr noch nicht von den Räten behandelt [24].
Die Räte behandelten eine Motion der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) über den Vorsorgeschutz von Arbeitnehmenden mit mehreren Arbeitgebern oder mit tiefen Einkommen. Der Vorstoss beauftragt die Regierung, im Rahmen der anstehenden AHV- und BVG-Revision Massnahmen zu treffen, um die Situation der betreffenden Arbeitnehmenden sowohl in Bezug auf die berufliche Vorsorge als auch auf die gesamte Altersvorsorge zu verbessern. Nachdem der Nationalrat die Motion in der Frühjahrssession ohne Diskussion angenommen hatte, beantragte in der Herbstsession im Ständerat eine Minderheit Jenny (svp, GL) ihre Ablehnung mit der Begründung, Teilzeit arbeitende Personen mit mehreren Arbeitgebern seien oft gar nicht an einer beruflichen Vorsorge interessiert und die von der Motion verlangte Lösung würde für die Unternehmen einen unverhältnismässig grossen Aufwand mit sich bringen. Angesichts der deutlichen Mehrheitsverhältnisse wurde der Minderheitsantrag jedoch schliesslich zurückgezogen und die kleine Kammer überwies die Motion [25].
Der Nationalrat überwies ohne Diskussion ein Postulat seiner SGK mit dem Auftrag an den Bundesrat, die Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation Selbstständigerwerbender in der beruflichen Vorsorge aufzuzeigen [26].
Die grosse Kammer überwies diskussionslos ein Postulat der BDP-Fraktion mit dem Auftrag, Infrastrukturfinanzierung (Public Private Partnership) als neue Anlageklasse für Pensionskassen und andere institutionelle Anleger zu prüfen [27].
Ab Mai gab die Vorsorgeeinrichtung der SBB zu reden, welche die Einführung variabler Renten prüfte, da sie sich aktuell angesichts eines zu hohen Umwandlungssatzes gezwungen sah, eine Umverteilung von Aktiven zu Rentnern vorzunehmen, um die Renten garantieren zu können. Eine solche Umverteilung ist in der beruflichen Vorsorge, welche auf dem Kapitaldeckungsprinzip beruht, systemfremd. Angedacht wurde die Kombination einer fixen Basisrente im Umfang von rund 90% einer aktuellen Rente mit einem variablen Bestandteil, der vom Anlageerfolg der Kasse abhängen würde. Während bestehende Renten einer Bestandsgarantie unterliegen, könnte das flexible Modell bei Neurentnern eingeführt werden. Zwei kleinere Pensionskassen arbeiten bereits mit variablen Komponenten, auch bei den Kassen der Swisscom, der Post und des Bundes wird die Möglichkeit im Stiftungsrat diskutiert. Die Reaktionen liessen nicht auf sich warten, der Begriff „Wackelrenten“ wurde geprägt. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) befürchtete einen Sozialabbau und bezeichnete die variablen Renten als verfassungswidrig, da damit die Weiterführung des gewohnten Lebensstandards in angemessener Weise nicht mehr gewährleistet werden könne. Dem widersprach der Schweizerische Arbeitgeberverband, der betonte, der fixe Teil der Rente sei gross, die Rente damit garantiert und die diskutierten Modelle bewegten sich im gesetzlichen Rahmen [28].
Der Nationalrat überwies diskussionslos ein Postulat der CVP/EVP-Fraktion zwecks Untersuchung der Auswirkung des gesellschaftlichen Wandels auf die Pensionskassen. Es soll geprüft werden, welche Wirkungen der Vorbezug von Altersguthaben zum Erwerb von Wohneigentum und die hohe Scheidungsrate mit der entsprechenden Teilung von BVG-Guthaben zukünftig auf die Institutionen der zweiten Säule entfalten werden [29].
Seit 2012 befand sich der Mindestzinssatz für die zweite Säule aufgrund der tiefen Kapitalzinsen auf dem historischen Tiefstand von 1,5%. Im September des Berichtsjahres empfahl nun die Eidgenössische Kommission für die berufliche Vorsorge dem Bundesrat, den Zinssatz aufgrund der guten Finanzmarktlage auf 1,75% zu erhöhen. Die Gewerkschaften forderten gar eine Erhöhung auf 2,25%, während die Pensionskassen für den Status quo plädierten. Die Regierung folgte der Empfehlung der Kommission mit der Begründung, der Swiss Market Index (SMI) habe im Vorjahr und im laufenden Jahr deutlich zulegen können. Zudem sei der gesetzliche Umwandlungssatz in der zweiten Säule nach wie vor zu hoch, was ausgeglichen werden müsse. Die Erhöhung sei massvoll und berücksichtige die immer noch angespannte Situation an den Finanzmärkten [30].
Der Nationalrat behandelte in der Herbstsession zwei Motionen der FDP-Liberalen Fraktion zur Entpolitisierung des Mindestzinssatzes und des Mindestumwandlungssatzes in der beruflichen Vorsorge. Die Vorstösse verlangen, dass der Mindestzinssatz in Zukunft automatisch mittels einer transparenten Formel der realen Situation an den Finanzmärkten angepasst wird. Der Mindestumwandlungssatz soll an der tatsächlichen Leistungsfähigkeit unter Berücksichtigung der Lebenserwartung, des angesparten Kapitals und der erzielbaren Renditen bemessen werden. Sowohl Mindestzins- als auch Mindestumwandlungssatz sollen damit nicht mehr politischen Entscheiden unterstehen. Politischer Druck, so die Argumentation, habe in der Vergangenheit zum einen zu überhöhten Mindestzinssätzen geführt, was die Vorsorgeeinrichtungen zu riskanten Anlagen gezwungen habe. Zum anderen würden durch die politisch festgelegten hohen Mindestumwandlungssätze die Renditen nicht mehr zur Zahlung der Renten ausreichen, weshalb die Kassen auf ihre Aktiven zurückgreifen oder Beiträge von Arbeitnehmenden umlegen müssten. Beides habe die zweite Säule destabilisiert. Der Bundesrat wehrte sich gegen die Vorstösse. Der mittels der aktuellen, indikativ verwendeten Formel festgelegte Mindestzinssatz sei grundsätzlich erreichbar. Eine fixe Formel, wie sie die Motion verlangt, könne dagegen im Fall von unvorhergesehenen Marktschwankungen zu inädequaten Resultaten mit entsprechenden Folgen für Versicherte, Versicherer und Arbeitgeber führen. Beim Mindestumwandlungssatz bestehe tatsächlich Handlungsbedarf, auch wenn das Stimmvolk eine Änderung im März 2010 klar abgelehnt habe. Auch hier wies die Regierung jedoch darauf hin, dass eine starre Formel nicht wünschenswert sei. Zudem würde eine jährliche Anpassung des Umwandlungssatzes mittels starrer Anwendung einer Formel jeweils die Beiträge und auch die Renten verändern, was zu grosser Unsicherheit führen könnte. Sowohl beim Mindestzinssatz als auch beim Mindestumwandlungssatz wäre die Festlegung einer Formel zudem nicht ohne längere politische Auseinandersetzungen machbar, so der Bundesrat. Der Nationalrat zeigte sich von diesen Befürchtungen wenig beeindruckt und nahm die Motionen ohne Debatte mit 120 zu 52 Stimmen (Mindestzinssatz) und 125 zu 55 Stimmen (Mindestumwandlungssatz) an, wobei die Ratslinke von den Mitteparteien und der SVP überstimmt wurde. Damit besteht die Möglichkeit, dass die bürgerlichen Parteien insbesondere in Bezug auf den Mindestumwandlungssatz Änderungen des BVG erreichen können, welche im direkten Gegensatz zu der von Bundesrat Berset geplanten Rentenreform (siehe oben) stehen. Die ständerätliche Beratung der Geschäfte stand im Berichtjahr noch aus [31].
Der Nationalrat nahm eine Motion Humbel (cvp, AG) zu den Kapitalauszahlungen aus der zweiten Säule an, die den Bundesrat beauftragt, die Möglichkeiten zur Kapitalabfindung aus der Pensionskasse einzuschränken, um deren Vorsorgezweck wieder besser gerecht zu werden. Heute sei es möglich, Kapital aus der beruflichen Vorsorge zu beziehen, dieses schnell auszugeben und dann zur Existenzsicherung auf Ergänzungsleistungen zu AHV und IV zurückzugreifen. Der Bundesrat hatte sich 2012 mit der Begründung gegen die Motion ausgesprochen, die Datenlage lasse keine Aussagen über die Auswirkungen von Kapitalbezügen aus der zweiten Säule auf die erste Säule und die Sozialhilfe zu. Er sei jedoch bereit, diesen Sachverhalt näher zu untersuchen und die Ergebnisse im Bericht zu einem Postulat Humbel zur Reform der Ergänzungsleistungen zu AHV/IV (siehe oben) darzulegen. Obwohl der Nationalrat das Postulat bereits im Vorjahr überwiesen hatte, setzte er sich über den Antrag der Regierung hinweg und nahm auch die Motion an. Im Berichtsjahr fand noch keine Beratung im Ständerat statt [32].
Als Reaktion auf eine Motion Humbel (cvp, AG) zu Kapitalauszahlungen aus der zweiten Säule und in Bezugnahme auf die entsprechende Antwort des Bundesrates (siehe oben), wurde eine Motion Schwaller (cvp, FR) lanciert, welche eine Datenerhebung über die Kapitalauszahlungen aus der zweiten Säule fordert. Konkret soll statistisches Material über den Vorbezug von Altersguthaben aus der zweiten Säule zwecks Erwerbs von Wohneigentum erhoben werden. Gerade im Hinblick auf die Reform der Altersvorsorge sei eine Erweiterung der Datenerhebung unbedingt notwendig, so die Begründung. In seiner Stellungnahme drückte der Bundesrat Zustimmung zur Notwenigkeit der Erfassung aus und erklärte, ein entsprechendes Projekt des Bundesamtes für Statistik sei bereits vor Jahren angelaufen, habe aber wegen der hohen Komplexität bisher noch nicht ausgewertet werden können. Generell sei es äusserst schwierig, zwischen Ereignissen, welche mehr als zehn Jahre auseinanderliegen (Kapitalvorbezug, späterer Bezug von Ergänzungsleistungen), einen kausalen Zusammenhang nachzuweisen. Zudem habe die Bankiervereinigung 2012 ihre Richtlinien bezüglich Mindestanforderungen bei der Hypothekarvergabe verschärft, was dem Risiko des Verlusts der in Wohneigentum investierten Vorsorgegelder entgegenwirke. Der Ständerat zeigte sich mit der Argumentation der Motion einverstanden und nahm die Vorlage an. Kritisiert wurde einzig, dass die anderen beiden Möglichkeiten zum Kapitalvorbezug, nämlich zwecks Unternehmensgründung und definitiven Wegzugs ins Ausland, nicht berücksichtigt werden sollen [33].
Der Ständerat überwies in der Herbstsession ein Postulat Gutzwiler (fdp, ZH) im Zusammenhang mit der Altersvorsorge 2020 (siehe oben). Es fordert das Aufzeigen von Möglichkeiten einer dezentralen Finanzierung der Übergangsgeneration bei der Senkung des Mindestumwandlungssatzes, d.h. innerhalb der bestehenden Vorsorgeeinrichtungen. Der Bundesrat hatte für die Abfederung der Absenkung für ältere Arbeitnehmende ursprünglich eine zentrale Finanzierung über die AHV oder den BVG-Sicherheitsfonds vorgesehen. Der Postulant befürchtet, eine so vorgenommene Umverteilung könnte sich längerfristig in der beruflichen Vorsorge etablieren, was unerwünscht sei. Die Erarbeitung von Lösungen zwischen den jeweiligen Sozialpartnern und ihren Kassen habe sich dagegen bereits bei der schrittweisen Senkung des Mindestumwandlungssatzes auf 6,8% seit 2005 bewährt. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung des Postulats mit den Argumenten, nicht alle Vorsorgeeinrichtungen, insbesondere nicht jene mit einer ungünstigen Altersstruktur, würden für eine dezentrale Finanzierung aufkommen können. Inzwischen sei ohnehin ein Entscheid für eine Lösung mit dem BVG-Sicherheitsfonds und gegen den Einbezug der AHV gefallen, womit die befürchtete Vermischung der Säulen und ihrer Finanzierungsprinzipien nicht mehr bestehe. Zudem könnten die Vorschläge des Postulates, welche sich gegen die Umsetzung der vom Bundesrat bereits verabschiedeten Reform richten, gar nicht mehr berücksichtig werden. Der Rat widersetzte sich diesem Antrag ohne Debatte und überwies das Postulat mit 27 zu 8 Stimmen [34].
Die kleine Kammer beriet im November eine Motion Egerszegi (fdp, AG) mit dem Titel Faire Risikoprämien in der beruflichen Vorsorge. Der Vorstoss verlangt vom Bundesrat, via Verordnungsänderung sicherzustellen, dass die von der Finma genehmigten Tarife für die Prämien privater Lebensversicherer ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Risikobeiträgen und Versicherungsleistungen garantieren. In den letzten Jahren sei dies nicht der Fall gewesen, denn trotzt dem Rückgang der IV-Renten infolge der 4. und 5. IV-Revision seien die Risikoprämien nicht bei allen Versicherern entsprechend gesunken. Der Bundesrat empfahl die Motion zur Ablehnung mit der Begründung, der Sachverhalt werde in der Strategie Altersvorsorge 2020 (siehe oben) aufgegriffen und es sei nicht sinnvoll, diesen Teilbereich vorwegzunehmen. Im Rat überwog jedoch eine knappe Mehrheit mit der Ansicht, es bestehe sofortiger Handlungsbedarf. Die kleine Kammer hiess die Motion mit 20 zu 16 Stimmen gut. Die grosse Kammer wird sie 2014 beraten. In eine ähnliche Richtung wie die Motion ging die bereits im Oktober geäusserte Kritik des Arbeitnehmerverbands Travail.Suisse und des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB). Die Rückstellungen der Lebensversicherer im Geschäft mit der zweiten Säule würden eine deutlich höhere als die tatsächlich herrschende Lebenserwartung abdecken, die Forderung der Versicherer nach einer Senkung des Umwandlungssatzes aufgrund der demographischen Entwicklung sei daher unbegründet [35].
Der Ständerat überwies ohne Diskussion ein Postulat Egerszegi (fdp, AG), das den Bundesrat beauftragt, einen Bericht über die Auswirkungen der Senkung des Mindestumwandlungssatzes in der beruflichen Vorsorge auf die Versicherten zu verfassen [36].
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Private Vorsorge
Eine Motion Markwalder (fdp, BE) verlangt die Öffnung der Säule 3a für nichterwerbstätige Personen mit der Begründung, das Parlament habe diese bereits vor 15 Jahren beschlossen, sie sei aber nie umgesetzt worden. Die Ungleichbehandlung der Nichterwerbstätigen gelte es insbesondere angesichts des steigenden finanziellen Drucks auf die Sozialwerke zu beseitigen. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion. Er verwies auf die Schwierigkeiten der Umsetzung der angesprochenen parlamentarischen Initiative aus dem Jahr 1996, die eine Integration aller Personengruppen in das BVG forderte, womit zentrale Bestandteile des Gesetzes geändert werden müssten. Jedoch werde der Bundesrat in seinem Bericht zur zweiten Säule prüfen, wie die Möglichkeiten zur Weiterführung der steuerbegünstigten Vorsorge bei Erwerbsunterbruch ausgebaut werden können, denn ein vorübergehender Unterbruch entspreche eher den heutigen Lebensmodellen als ein dauerhafter Erwerbsverzicht. Der Nationalrat zeigte sich in der Herbstsession von dieser Argumentation nicht überzeugt und nahm die Motion mit 118 zu 59 Stimmen bei 10 Enthaltungen an. Die ständerätliche Behandlung des Vorstosses stand noch aus [37].
Der Nationalrat nahm ohne Debatte eine Motion Reimann (svp, AG) zur Verlängerung der gebundenen Selbstvorsorge (Säule 3a) bis zur endgültigen Aufgabe der Erwerbstätigkeit an. Das Anliegen beauftragt den Bundesrat, auf dem Verordnungsweg die Grundlagen zu legen, damit Personen, die über das ordentliche AHV-Rentenalter hinaus erwerbstätig bleiben, bis zur tatsächlichen Aufgabe der Erwerbstätigkeit steuerbegünstigte Beiträge in die Säule 3a leisten und den Bezug von Altersleistungen der Säule bis dann herauszögern können. Heute ist dies bis ins Alter von 70 Jahren bei Männern und 69 Jahren bei Frauen möglich; eine Grenze, die die Motion aufheben möchte. Der Bundesrat beantragte mit Verweis auf die durch die Motion zu erwartenden Steuerausfälle, diese abzulehnen. Die grosse Kammer nahm sie jedoch mit 105 zu 74 Stimmen bei 8 Enthaltungen an, womit die Ratslinke, die GLP und die Hälfte der CVP von den restlichen bürgerlichen Parteien überstimmt wurden. Der Ständerat konnte sich im Berichtsjahr noch nicht zum Geschäft äussern [38].
 
[23] APZ, 3.1.13; NZZ, 8.3.13; TA, 8.5.13; AZ, BZ und TA, 16.5.13; LZ, 28.12.13.
[24] NZZ, 22.1. und 29.5.13; vgl. auch Mo. 13.3017; zur Minder-Initiative siehe Teil I, 4a (Gesellschaftsrecht).
[25] Mo. 12.3974: AB NR, 2013, S. 434; AB SR, 2013, S. 788.
[26] Po. 12.3981: AB NR, 2013, S. 434.
[27] Po. 12.4132: AB NR, 2013, S. 511.
[28] NZZ, 4.5. und 6.9.13; LZ, 16.5.13; Blick, 6.7.13.
[29] Po. 13.3548: AB NR, 2013, S. 1746.
[30] TA, 30.8.13; BaZ und SGT, 4.9.13; BZ, 31.10.13.
[31] Mo. 11.3778 und 11.3779: AB NR, 2013, S. 1315 f.; TA, 12.9.13.
[32] Mo. 12.3601: AB NR, 2013, S. 1359.
[33] Mo. 13.3656: AB SR, 2013, S. 785 ff.
[34] Po. 13.3518: AB SR, 2013, S. 811 f.; NZZ, 20.9.13.
[35] Mo. 13.3894: AB SR, 2013, S. 985 ff.; TA, 23.10.13.
[36] Po. 13.3834: AB SR, 2013, S. 1160.
[37] Mo. 11.3983: AB NR, 2013, S. 1323 f.; Pa. Iv. 96.412: vgl. SPJ 1997, S. 268 f.; SPJ 1998, S. 264.
[38] Mo. 12.3229: AB NR, 2013, S. 1342 f.