Année politique Suisse 1966 : Partis, associations et groupes d'interêt / Associations et autres groupes d'interêt
Eine gewisse Bereitschaft zu ähnlichen Gefühlen war auch in den Kreisen der bäuerlichen Verbände vorhanden, wenn sie sich auch nicht so offen äusserte wie beim Gewerbe. So bemängelte der Direktor des Schweizerischen Bauernverbandes, R. Juri, dass der Staat sich an ein luxuriöses, fast verschwenderisches Gehaben gewöhnt habe
[7]. Doch ist die Landwirtschaft, die ohne dauernde Staatsintervention nicht leben kann, auf ein positives Verhältnis zum Staat angewiesen. Es war deshalb aufschlussreich, zu verfolgen, wie sich diese zur Bekräftigung des neuen Kurses in der bundesrätlichen Agrarpolitik einstellte, der in der Veröffentlichung des « Dritten Landwirtschaftsberichts » und des sog. « Grünen Berichts » zum Ausdruck kam. Bestätigte doch der Bundesrat damit seine Absicht, die kurzfristigen Preisstützungsmassnahmen möglichst durch langfristig geplante Strukturverbesserungen zu ersetzen und die so oft angefochtenen Grundlagen der bäuerlichen Einkommensberechnung (Auswahl der Testbetriebe durch das Bauernsekretariat, Einkommensparität usw.) genau untersuchen zu lassen. Aus den bäuerlichen Kommentaren zu den beiden Berichten sprach zunächst eine gewisse Furcht, die kommende Agrarpolitik könnte zu einer materiellen Schlechterstellung der Landwirtschaft führen
[8]. Auf der einen Seite glaubte man bäuerlicherseits eine Bestätigung, ja Rechtfertigung der bisherigen Agrarpolitik herauslesen zu dürfen. Auf der andern Seite beklagte man sich, die wirtschaftliche Lage der Bauern werde allzu isoliert betrachtet:So werde z. B. der Tatsache zu wenig Rechnung getragen, dass die junge Generation aus den landwirtschaftlichen Berufen abwandere und die aktive bäuerliche Bevölkerung überaltert sei. Es gelte ferner, die Nachteile zu sehen, die der Landwirtschaft aus der Gestaltung.der allgemeinen Bundespolitik erwüchsen (Aussenhandels-, Finanz- und Bodenpolitik). Der Bauernverband machte darauf aufmerksam, dass der produktionspreissteigemde Effekt der Bodenverteuerung alarmierender sei, als man annehme (10 Rp. pro m2 = 1 Milchpreisrappen). Er drängte darum auf eine rasche Revision des Bodenrechts und plädierte entschieden dafür, dem Volk den bundesrätlichen Gegenvorschlag zur sog. Bodenrechtsinitiative vorzulegen
[9].
[8] NZZ, 828, 25.2.66; Vat., 86, 14.4.66, u. 302, 30.12.66.
[9] NZZ, 146, 13.1.66; 2518, 8.6.66; Vat., 29, 4.2.66.