Année politique Suisse 1966 : Politique sociale / Assurances sociales
Berufliche Vorsorge
Auf dem Gebiet der Personalversicherung wünschten die Vertreter des Bundesverwaltungspersonals und der Eisenbahner eine Revision der Kassenstatuten, wobei sie das Kapitaldeckungsverfahren in Frage stellten. Angesichts des hohen Vermögensstandes der Eidg. Versicherungskasse wurde ein Missverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag geltend gemacht, das in erster Linie durch eine Steigerung der Leistungen behoben werden solle
[18]. Der Föderativverband verlangte insbesondere den Übergang zur dynamischen Rente sowie die Ausrichtung von Ortszulagen
[19]. Anderseits wurde für kleinere Gemeinden und viele öffentlich-rechtliche Korporationen die Möglichkeit zur Personalversicherung überhaupt erst geschaffen: der Schweizerische Gemeindeverband gründete für solche Körperschaften, die zur Einrichtung einer Altersvorsorge für ihr Personal allein nicht in der Lage sind, eine eigene Pensionskasse, die neben sozialpolitischen Zwecken auch der Stärkung der Gemeindeautonomie dienen soll
[20].
Auch auf die Personalvorsorge der Privatwirtschaft erstreckte sich die sozialpolitische Aktivität. Dabei wurde auf die sogenannte Dreisäulentheorie der schweizerischen Konzeption für die Alters- und Hinterlassenenvorsorge verwiesen, nach der die AHV-Leistungen durch Selbstvorsorge und berufliche Kollektivvorsorge ergänzt werden müssen. Während die AHV-Initiative des Christlichnationalen Gewerkschaftsbundes verlangte, dass die Arbeitgeber zur Schaffung von Personalvorsorgeeinrichtungen und zur Gewährleistung des erworbenen Versicherungsanspruchs bei Stellenwechsel gesetzlich verpflichtet würden
[21], begnügte sich die Vereinigung schweizerischer Angestelltenverbände mit der Forderung, dass dem Arbeitnehmer bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses ein beträchtlicher Teil der Arbeitgebereinzahlungen mitgegeben werde
[22]. Der Bundesrat unterstützte die von den Lebensversicherungsgesellschaften und vom Schweizerischen Verband für privatwirtschaftliche Personalfürsorge entwickelte Idee einer Freizügigkeitspolice, indem er die rechtlichen Voraussetzungen dafür schuf, dass die Verwendung einer solchen Police zur Zweckentfremdung der Arbeitgeberleistungen verhindert werden kann
[23]. Einen Appell an die Sozialpartner zur vertraglichen Regelung eines Ausbaus der Kollektivvorsorge unter Ermöglichung der Freizügigkeit enthielten sodann die Thesen des freisinnig-demokratischen Parteitags; sie erwarteten vom Gesetzgeber nur die Schaffung von Voraussetzungen bei der Revision des Dienstvertragsrechts
[24]. Der Zentralverband der Arbeitgeberorganisationen erklärte sich im November zu einer vertraglichen Lösung der Freizügigkeitsfrage unter gewissen Bedingungen für die Berechnung und Verwendung der dem Arbeitnehmer mitzugebenden Beträge bereit
[25]. Auch aus christlichen Gewerkschaftskreisen wurden unbeschadet der AHV-Initiative Sozialpartnergespräche über den Ausbau der ,Altersvorsorge befürwortet
[26].
[18] Eingabe der Arbeitsgemeinschaft der Verbände des Personals der allgemeinen Bundesverwaltung und des Schweizerischen Eisenbahnerverbandes an das FZD und an die Generaldirektion der SBB (NZZ, 3280, 1.8.66).
[19] NZZ, 5106, 25.11.66.
[20] NZZ, 5394, 12.12.66.
[21] BBI, 1966, II, S. 318 f. S. auch oben S. 111.
[23] AS, 1966, S. 476. Vgl. ferner NZ, 208, 8.5.66: Vat., 111, 13.5.66; NZZ, 2545, 9.6.66.
[24] Bund, 196, 23.5.66. S. auch oben S. 107, 112. Entsprechende Eingabe an den Bundesrat in NZZ, 2871, 30.6.66.
[25] NZZ, 5195, 30.11.66.
[26] Erklärung des Grossen Vorstandes des Christlichen Metallarbeiter-Verbandes (NZZ, 4838, 10.11.66).
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