Année politique Suisse 1966 : Enseignement, culture et médias / Enseignement et recherche
Grund- und Mittelschulen
Im Bereich der mittleren und unteren Schulstufen ist der Bund nur durch die Befugnis zur Gestaltung der Maturitäts-Anerkennungsverordnung bestimmend tätig. Die 1963 eingeleitete Revision dieser Verordnung wurde 1966 noch nicht abgeschlossen, da die Eidg. Maturitätskommission ihren Ende 1964 veröffentlichten Entwurf auf Grund der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens überarbeitete
[39]. Fortschritte machten die Bestrebungen der Kantone, der Lehrer- und Rektorenorganisationen sowie weiterer Kreise, auf dem Weg interkantonaler Zusammenarbeit zu einer Koordination und Vereinheitlichung der Schulsysteme zu gelangen
[40]. Wie vorher schon die Kantone der welschsprachigen, der Nordwest- und der Zentralschweiz nahmen im März 1966 nun auch die Stände der Ostschweiz als vierte und letzte Regionalgruppe eine Zusammenarbeit auf der Ebene der Erziehungsdirektoren auf
[41]. Auf gesamtschweizerischer Basis bereitete eine von der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren eingesetzte Kommission für interkantonale Zusammenarbeit im Schulwesen eine Art Programm vor, däs die Durchführung einer Schulstatistik und einer Umfrage über die verwendeten Lehrmittel, die Aufstellung von Richtlinien über Schulstruktur und Schulorganisation sowie die Einsetzung eines Ausschusses von Fachleuten vorsah; dieses wurde im Januar 1967 von den Erziehungsdirektoren genehmigt
[42]. Der Bundesrat begrüsste und ermutigte diese Bestrebungen, wie er bei der Beantwortung einer parlamentarischen Interpellation erkennen liess; dabei warnte er vor regionalen Blockbildungen
[43]. Von Initiativen inoffizieller Kreise ist die Ausarbeitung von Programmen für den Muttersprach- und Rechenunterricht in den untern Klassen durch die Société pédagogique romande und den Schweizerischen Lehrerverein
[44] sowie die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft für die Koordination der kantonalen Schulsysteme in der deutschsprachigen Schweiz, welcher Vertreter der Wirtschaft, der Lehrerschaft und der Erziehungsbehörden angehören
[45], hervorzuheben. Zu erwähnen sind auch Vorkehren einzelner Kantone, die einer Koordination dienen, so die Einsetzung einer Kommission zur Prüfung der Möglichkeiten einer Anpassung der eigenen Schulorganisation an diejenige anderer Kantone durch den Zürcher Erziehungsrat
[46] oder die Anordnung von Erleichterungen für aus andern Kantonen zuziehende Schüler durch das St. Galler Erziehungsdepartement
[47]. Verhandlungen zwischen den Kantonen Bern und Solothurn führten zu einem Vertragsentwurf für die Errichtung eines gemeinsamen Progymnasiums in Laufen (BE)
[48].
Solche fördernden Vorbereitungs- und Organisationsmassnahmen dürfen jedoch über die noch bestehenden Hindernisse für eine interkantonale Schulkoordination nicht hinwegtäuschen. So zeigte eine Stellungnahme des Zentralvorstandes des Schweizerischen Lehrervereins, die sich gegen eine Verlegung des Schuljahrbeginns auf den Herbst wandte, dass für die deutsche und die welsche Schweiz unter Umständen keine gemeinsame Regelung getroffen werden kann
[49]. Die Erklärung erregte freilich nicht nur in der Westschweiz, sondern auch in der Innerschweiz, wo der Herbstschulbeginn gleichfalls Eingang gefunden hat, den Widerspruch der Lehrerkreise
[50].
Infolge der kantonalen Schulhoheit vollzieht sich die Entwicklung des Schulwesens auf dem Wege kantonaler, gelegentlich auch kommunaler Neuerungen. So beschloss der Zürcher Gemeinderat, von der den Gemeinden des Kantons Zürich zustehenden Befugnis, das 9. Schuljahr obligatorisch zu erklären, Gebrauch zu machen
[51]. Im Kanton Freiburg dagegen, wo die neunjährige Schulpflicht für Knaben schon besteht, nicht aber für Mädchen, drang ein Antrag zur allgemeinen Einführung des 9. Schuljahrs nicht durch
[52]. Die bedeutsamste Neuerung traf der Kanton Genf, indem er unter der Parole « Demokratisierung der Studien » sein Unterrichtsgesetz dahin revidierte, dass er das Prinzip der automatischen Ausrichtung von Studienbeiträgen einführte; solche Beiträge erhalten Kantonsbürger und Kinder von im Kanton ansässigen Schweizerbürgern im Falle bescheidener Einkommensverhältnisse zum Besuche der höheren Mittelschulen oder der Universität des Kantons. Für Genfer und Kinder genferischer Steuerzahler wurden an diesen Schulen zugleich die Studiengebühren aufgehoben. Die Gesetzesrevision ging auf eine jungradikale Volksinitiative zurück, die 1961 in Form einer allgemeinen Anregung eingereicht und vom Grossen Rat aufgenommen worden war; sie wurde im September vom Kantonsparlament verabschiedet und in der Volksabstimmung vom 18. Dezember mit 16977 gegen 13 222 Stimmen angenommen
[53]. Mit Ausnahme der Vigilants, welche die Stimme freigaben, nahmen alle Parteien für die Vorlage Stellung; gegen sie wurden namentlich die schwer überschaubaren finanziellen Konsequenzen, ferner die Gefahr einer « Mediocratisation » der Studien geltend gemacht.
Für die Lehrkräfte an den vom Bund subventionierten Schweizerschulen im Ausland wurde eine Verbesserung der Pensionierungsverhältnisse vorgenommen; dadurch soll diesen Schulen die Rekrutierung eines qualifizierten Personals erleichtert werden. Während bisher eine besondere Stiftung für die Pensionsversicherung der Lehrer an Auslandschweizerschulen besorgt war, wurde nun der Übertritt in die Eidgenössische Versicherungskasse ermöglicht. Der Beschluss wurde im Dezember von den eidgenössischen Räten genehmigt
[54]. Er fügte sich zusammen mit einer vom Bundesrat im Januar verordneten Erhöhung der Subventionen an die Auslandschweizerschulen in das durch die Aufnahme eines Auslandschweizerartikels in die Bundesverfassung markierte « Jahr der Auslandschweizer » ein
[55].
[39] Bericht des schweizerischen Bundesrates... über seine Geschäftsführung im Jahre 1965, S. 72.
[40] Vgl. zum Folgenden NZZ, 626, 14.2.67.
[41] NZZ, 1344, 28.3.66. Die welschsprachige Gruppe umfasst die Kantone Freiburg, Tessin, Waadt, Wallis, Neuenburg, Genf sowie Bern und Graubünden, die nordwestschweizerische Bern, Luzern, Solothurn, Baselstadt, Baselland und Aargau, die zentralschweizerische Luzern, Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden und Zug, die ostschweizerische Zürich, Glarus, Schaffhausen, beide Appenzell, St. Gallen, Graubünden und als Beisitzer das Fürstentum Liechtenstein. Vgl. auch SPJ 1965, in SJPW, 6/1966, S. 207.
[42] NZZ, 4369, 14.10.66.
[43] Interpellation Meyer (rad., LU) im NR und Antwort Bundesrat Tschudis (NZZ, 2541, 9.6.66).
[44] JdG, 291, 13.12.66; NZZ, 626, 14.2.67.
[47] Bund, 411, 21.10.66. Der Bund wies allerdings darauf hin, dass St. Gallen mit seinem späten Beginn des Fremdsprachunterrichts solche Erleichterungen besser gewähren könne als etwa Bern.
[48] Bund, 486, 13.12.66; BN, 554, 29.12.66.
[49] NZ, 25, 17.1.66; TdG, 13, 17.1.66.
[50] GdL, 22, 27.1.66; NZZ, 417, 31.1.66.
[51] NZZ, 4649, 30.10.66; 5553, 22.12.66. Vorangegangen war der Stadt Zürich einzig die Gemeinde Oberengstringen.
[53] Verabschiedung im Grossen Rat am 13.9. (TdG, 215, 15.9.66); ein liberaler Antrag auf Einführung einer Sondersteuer und ein christlichsozialer Antrag auf Ausrichtung von Studienbeiträgen an Besucher von Privatschulen wurden abgelehnt. Zu Inhalt und Diskussion vgl. JdG, 292, 14.12.66; 293, 15.12.66; TdG, 206, 3.9.66; NZZ, 4001, 22.9.66; Bund, 488, 14.12.66. Zur Volksabstimmung vgl. JdG, 296, 19.12.66; TdG, 20.12.66; die Stimmbeteiligung betrug 19 %.
[54] BBI, 1966, II, S. 339 ff.; NZZ, 5318, 7.12.66 (Zustimmung des NR); 5334, 8.12.66 (Zustimmung des StR).
[55] AS, 1966, S. 337 ff.; NZZ, 339, 26.1.66. Vgl. auch oben S. 32 f.
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