Année politique Suisse 1967 : Partis, associations et groupes d'interêt / Partis
 
Konservativ-christlichsoziale Volkspartei
Die Konservativ-christlichsoziale Volkspartei führte ihren Parteitag am B. Juli unter dem Vorsitz ihres Präsidenten, Nationalrat E. Tenchio, in St. Gallen durch [5]. Die Veranstaltung galt ausschliesslich der Standortsbestimmung im Hinblick auf die Wahlen (Rechenschaftsablegung durch den Fraktionschef, Nationalrat Kurt Furgler, der vorwiegend aussenpolitischen Fragen gewidmet war; Vorträge von Nationalrat L. Schürmann und Ständerat P. Torche zur Wahlplattform 1967). Es ist bezeichnend für diese sozial und wirtschaftlich so differenzierte Partei, dass ihr Programm zwar lebhaft diskutiert wurde, aber keinerlei Widerspruch erregte. Es spricht zwar von der Notwendigkeit neuer nationaler, die Jugend begeisternder Leitbilder. Doch bleibt es in der Linienführung den tradierten Grundsätzen der katholischen Staats- und Soziallehre uneingeschränkt treu, nach dem in der Plattform geäusserten Motto « Sicherheit im Wandel ». Man könnte ergänzend beifügen: Bewährtes zeitgemäss, aber vorsichtig erneuern. Das lässt sich mit einigen Beispielen leicht belegen: lieber Partialrevision statt Totalrevision; bei aller Anpassung an die Zeitströmungen Stärkung unentbehrlicher Ordnungselemente des politischen und sozialen Lebens, der Familie, der Gemeinden und Kantone (darum z.B. ein föderalistisches Bodenrecht) [6].
Spannungen zwischen dem konservativen und dem christlichsozialen Flügel, wie sie 1966 in Freiburg aufgetreten waren, machten sich im Wahljahr nicht bemerkbar, obschon sich dieser bewusst nicht nur seine organisatorische, sondern auch seine ideologische Selbständigkeit wahrt. Die christlichsoziale Parteigruppe vereinigte ihre Delegierten am 26. September unter der Leitung des Präsidenten, Staatsrat W. Loretan (VS), zu einer Wahl-Tagung in Bern [7]. Der Referent, Nationalrat A. Schuler (ZH), wehrte sich gegen den Vorwurf, die Christlichsozialen verlangten in sozialpolitischer Hinsicht mehr als die Sozialdemokraten. Im Gegensatz zu jenen richteten sie aber ihre sozialpolitischen Forderungen nach dem Grundsatz der wirtschaftlichen Tragbarkeit. Der Luzerner christlichsoziale Nationalrat A. Müller bezeichnete seine Partei als Partei des kleinen Mannes. Seine Bedürfnisse müssten sich im Parteiprogramm manifestieren [8]. Für den zunehmenden Einfluss des christlichsozialen Gedankens im katholischen Lager spricht etwa die Umbenennung der « Katholischen Volkspartei Baselland » in eine « Christlichsoziale Partei ». Sie konnte 1967 auf eine 50 Jahre alte Geschichte zurückblicken [9]. Andere christlichsoziale Kantonalparteien sind freilich noch älter (St. Gallen, Luzern, Zürich), besonders diejenige von Genf, die 1967 ihren 75. Geburtstag feiern konnte [10].
 
[5] Vat., 157, 10.7.67; NZZ, 2983, 10.7.67; Ostschw., 158, 10.7.67; 217, 18.9.67.
[6] S. oben S. 8.
[7] Vat., 198, 28.8.67.
[8] Vat., 88, 17.4.67, Wahlkundgebung im Hinblick auf die Luzerner Grossratswahlen.
[9] Vgl. die Jubiläumsgabe Die Politik der Katholiken in Basel-Land 1913-63, 50 Jahre Volkspartei Basel-Land, von J. BLUNSCHI, Aesch 1966.
[10] Lib., 44, 22.2.67.