Année politique Suisse 1967 : Partis, associations et groupes d'interêt / Partis
 
Andere Parteien
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Partei der Arbeit
Nach dem ersten offiziellen Besuch eines Bundesrates in Moskau (Reise Bundesrat Gnägis anlässlich der Eröffnung einer Fluglinie der Swissair nach Moskau) [42] glaubte die Partei der Arbeit den bisher gegen sie gerichteten Sperrgürtel der Verachtung etwas gelockert. Sie vermochte die Zahl ihrer Wähler bei den Nationalratswahlen, besonders in der Westschweiz, wo sie ein fünftes Mandat im Kanton Neuenburg eroberte, wesentlich zu erhöhen [43]. Die PdA gab auf die Wahlen hin ein neues Aktionsprogramm heraus, das sich in mancher Beziehung vom offiziellen Parteiprogramm von 1959 abhob, dessen baldige Revision freilich auf der Traktandenliste steht [44]. Diese Neuorientierung scheint auf eine interne Opposition der Jungen zurückzuführen zu sein. Sie möchten die mangelnde Ausstrahlungskraft der PdA auf die Massen, insbesondere auf die Jugend, durch die Anpassung der kommunistischen Programmatik an die veränderten Verhältnisse nach dem Vorbild anderer europäischer kommunistischer Parteien (Schweden, Frankreich) beleben (Bekenntnis zum Mehrparteiensystem, zu einer Wirtschaftskonzeption, die der schweizerischen Wirklichkeit besser entspreche, mithin zu einem eigenen, schweizerischen kommunistischen Weg) [45].
Trotz diesem Gesinnungswandel und der Bündnispolitik, die in Zürich bis zu Offerten an bürgerliche Parteien vorgestossen sein soll [46], glaubte aber die PdA nach wie vor, die einzige wirkliche Opposition mit echten Alternativen zur bundesrätlichen Politik zu vertreten. Das wurde indessen von der äussersten Linken, die China-orientiert ist, bestritten. So sah sich auch die PdA zu schärferer Grenzziehung nach links veranlasst [47]. Doch selbst die chinesisch orientierte Linie war gegen innere Erschütterungen nicht gefeit. Ihre offizielle Parteiorganisation, die Kommunistische Partei der Schweiz (KPS), überprüfte an einem ausserordentlichen Parteikongress die Tätigkeit ihres Generalsekretärs G. Bulliard. Bald darauf folgte ihre Umbenennung in eine « Schweizerische Volkspartei » [48]. Neben dieser Partei existiert nun aber noch eine weitere China-orientierte politische Organisation. Sie scheint aus dem « Centre Lénine » hervorgegangen zu sein, das seinerzeit von dem inzwischen ausgewiesenen Andersson geleitet wurde. Es gibt seit Mai 1964 die Zeitung « Octobre » heraus [49]. Diese Gruppe nennt sich seit dem September 1964 « Organisation der Kommunisten der Schweiz» (OKS) und steht in Opposition zur KPS, weil diese in ihrer Haltung schwankend sei [50]. Sie scheint nach dem Zellenprinzip aufgebaut zu sein und immer noch hauptsächlich junge Intellektuelle anzuziehen [51]. Politisch trat sie bis jetzt nicht hervor, ausser in einer erfolglos abgebrochenen Unterschriftensammlung [52].
Von inneren Spannungen und oppositionellen Strömungen blieben auch andere Parteien nicht frei. Wir verweisen auf einzelne Erscheinungen innerhalb des Freisinns anlässlich der Wahlen (Ausschluss von Eichenberger in Genf, Bildung des Teams 67 im Aargau) [53]. Die Waadtländer Radikalen erlebten an ihrem Parteitag so etwas wie einen Aufstand der Jungen. Die von der jüngeren Generation geforderte Amtszeitbeschränkung für die Parteivertreter in den eidgenössischen Räten wurde nur mit 118 gegen 113 Stimmen abgelehnt [54].
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Landesring der Unabhängigen
Der Landesring der Unabhängigen trat 1967 in noch stärkerem Masse als im vorangegangenen Jahr als Oppositionspartei auf. Er erzielte deswegen bei eidgenössischen, kantonalen und Gemeindewahlen eklatante Erfolge. Der Landestag stand ganz im Zeichen der Opposition gegen die eidgenössische Finanzpolitik [55]. Hingegen unterschieden sich die oppàsitionellen « Thesen 1967 » inhaltlich kaum von denen der andern Parteien. Freilich wehrte sich der Landesring nicht mit Unrecht gegen dèn Vorwurf der Programmlosigkeit [56]. Als ausgesprochene Konsumentenpartei verfolgt er seit Jahren eine ganz bestimmte Linie [57].
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E.G. / U.K.
 
[42] Vgl. oben S. 39.
[43] Vgl. oben S. 25 u. 27; NZZ, 4681, 3.11.67.
[44] Für eine andere Politik. für eine neue Schweiz, PdA 1967; TdG, 243, 17.10.67. Bericht über die ZK-Sitzung vom 1./2.4.67 in TdL, 78, 4.4.67.
[45] Zürcher Woche, 15, 14.4.67.
[46] NBZ, 25, 31.1.67.
[47] Symptome hiefür waren die Ausschlüsse von PdA-Mitgliedern, weil sie für Peking eintraten oder auch nur in der Öffentlichkeit über den sino-sowjetischen Konflikt sprachen; TdL, 13, 13.1.67; TdG, 220, 20.9.67 (Ausschlüsse von Vuilleunúer und Reussille).
[48] Etincele, Nr. 29, Mai 1967; trotz Kritik an Bulliard blieb dieser auf seinem Posten, und die Etincelle blieb offizielles Organ. Näheres über die Hintergründe dieser Parteikrise war bisher nicht zu erfahren; vgl. auch NZZ, 3267, 4.8.67; Vat., 180, 5.8.67; BN, 327, 5./6.8.67; Tw, 184, 9.8.67.
[49] Vgl. Octobre, no 1, 25.5.64.
[50] Die offizielle Namensänderung der Partei erscheint erst seit 1965.
[51] Das kann man etwa aus dem Ausschluss der « Zelle Biel » aus der OKS ersehen (Octobre,Ne 23, 25.11.67; «„Oktober" angriffe », NZ, 164, 11.4.67).
[52] «Bilanz einer erfolglosen Initiative, Unterschriftensammlung einer Volksinitiative für soziale Sicherheit abgebrochen », NZ, 409, 5.9.67; vgl. oben, S. 114, Anm. 77.
[53] Vgl. oben, S. 22 u. 24.
[54] NZZ, 2016, 8.5.67.
[55] Tat, 77, 3.4.67.
[56] Tat, 112, 13.5.67.
[57] NZ, 524, 12.11.67.