Année politique Suisse 1967 : Partis, associations et groupes d'interêt / Associations et autres groupes d'interêt
 
Unternehmer
Wir beginnen unsere Übersicht mit den Unternehmerverbänden. Der Schweizerische Handels- und Industrieverein lud zu seiner Delegiertenversammlung am 16. September in Zürich erstmals Pressevertreter ein, doch nur nach einem recht strengen Auswahlprinzip [2]. Der Präsident, H.R. Schwarzenbach, griff in seinem Referat die aktuellen Fragen der schweizerischen Politik [3] auf und kam dabei zu ähnlichen Schlüssen wie die Zürcher Handelskammer in ihrem Jahresbericht [4].
Dem beschränkteren Aufgabenkreis entsprechend, ist auch das Spektrum der von den Arbeitgebern angeschnittenen Fragen etwas kleiner. Ihre Delegiertenversammlung fand am 28. Juni in Zürich statt. Der bisherige Zentralpräsident, A. Dubois (Saurer Arbon), trat nach 20jähriger Tätigkeit zurück und wurde durch den Basler Industriellen J.E. Haefely ersetzt [5]. Noch enger ist naturgemäss der Interessenkreis der Schweizerischen Bank iervereinigung, der sich an der Jahresversammlung am 23. September in Bern vorwiegend mit der Revision des Nationalbankgesetzes befasste [6]. Je mehr der Gewerbler sich heute bemüht, seinen Betrieb nach Grundsätzen der Unternehmungsführung zu gestalten, desto eher dürfen wir auch das Gewerbe in die grosse Gruppe der Unternehmerverbände einbeziehen.
Es war nicht von ungefähr, dass der Gewerbekongress vom 9./10. Mai in Interlaken unter dem Motto «Auf dem Wege zum allgemeinen Unternehmertum» stand [7]. Nach dem Hauptreferat des Direktors, Nationalrat O. Fischer, muss das Gewerbe bewusst Unternehmerpolitik betreiben. Als eines ihrer Mittel nannte der Redner die von ihm erfolgreich geförderte gewerbliche Unternehmerschulung, in deren Mittelpunkt die theoretische Weiterbildung in betriebswirtschaftlich-unternehmerischen Fächern stehen soll. Fischer wandte sich gegen die staatsinterventionistische, strukturerhaltende Gewerbepolitik der dreissiger Jahre, möchte er doch das Gewerbe ganz auf Selbsthilfe und auf die Abwehr gegen den überbordenden Staatsapparat verpflichten. So lehnten es z.B. die Detaillisten als aussichtslos ab, die Preisbindung der zweiten Hand, die nach anfänglichem Widerstand stillschweigend fallen gelassen worden war, mit gesetzlichen Massnahmen zu reaktivieren [8].
Entgegen der communis opinio, man habe es beim verbandsmässig organisierten Unternehmertum mit einem kompakten politischen Block zu tun, ergeben die Verbandsverlautbarungen in der Regel eine differenzierte Stellungnahme. So erklärte sich der Handels- und Industrieverein mit dem bereinigten Revisionsentwurf des Nationalbankgesetzes einverstanden, während die Bankiers selbst die Verfassungsmässigkeit der geplanten Gesetzesrevision in Zweifel zogen, ganz offensichtlich weil sie aus materiellen Gründen die Vorlage ablehnten. Der Präsident des Gewerbeverbandes, Nationalrat U. Meyer-Boller, bestritt überhaupt die Möglichkeit, die Konjunktur durch eine Manipulation der Kreditmenge zu steuern, ja er lehnte die Tauglichkeit der abstrakten monetären Konjunkturtheorie schlechthin ab [9]. Die Kreise aus Handel und Industrie bejahten die Notwendigkeit, dem Bund neue Einnahmen zu verschaffen, während das Gewerbe nach wie vor einer Beschränkung der Bundeseinnahmen das Wort redete, um die Staatsintervention in möglichst engen Grenzen zu halten. Während die Industrie, im Hinblick auf eine staatliche Förderung der Forschung, an der neuen Hochschulvorlage direkt interessiert ist, erblickte das Gewerbe darin eine Schmälerung seiner eigenen Bedürfnisse auf dem Gebiete der beruflichen Bildung. Zu seiner Enquête über den Stand der industriellen Forschung in der Schweiz bemerkte der Vorort mit Genugtuung, die Haltung der schweizerischen Industrie gegenüber statistischen Erhebungen habe sich im positiven Sinne merklich geändert [10].
 
[2] BN, 394, 18.9.67; NZZ, 3910, 20.9.67.
[3] Die Anfrage einer nicht eingeladenen Zeitung wurde laut Lb, 271, 20.11.67, dahin beantwortet, die Einladung richte sich nur an persönlich bekannte Vertreter der Tagespresse ausgesprochen bürgerlicher Observanz.
[4] NZZ, 2259, 24.5.67.
[5] Schweizerische Arbeitgeber-Zeitung, 62/1967, S. 537, 551 f.; NZZ, 5051, 24.11.67.
[6] NZZ, 3990, 25.9.67.
[7] NZZ, 2036, 10.5.67.
[8] Tat, 42, 20.2.67; Vat., 48, 27.2.67; Bund, 153, 24.5.67.
[9] NZZ, 2053, 10.5.67; vgl. oben, S. 55 f.
[10] NZZ, 4420, 20.10.67; vgl. oben, S. 63 f., 119 u. 124 f.