Année politique Suisse 1968 : Infrastructure, aménagement, environnement / Energie / Erdöl und Erdgas
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Erdöl
Im Bereich der Erdölversorgung kam es zu einer Bewegung im Preisgefüge. Die 1966 vom EVD in Auftrag gegebene Sonderuntersuchung der Kartellkommission über den Markt der flüssigen Treib- und Brennstoffe, die im Sommer 1968 veröffentlicht wurde [24], hatte den Oligopol-Charakter des Benzin- und Heizölmarktes (Beherrschung durch wenige grosse Markenfirmen) betont und daraus die Gefahr einer Ausschaltung der kleineren unabhängigen Grosshändler sowie einer Preissteigerung gefolgert. Ohnehin ist der Benzinpreis — auch wenn man die steuerlichen Belastungen in Abzug bringt — in der Schweiz verhältnismässig niedrig. Die Kommission hatte aber keine sozial oder volkswirtschaftlich schädlichen Auswirkungen des Oligopols festgestellt und deshalb auf Empfehlungen an die Beteiligten verzichtet, immerhin mit dem Vorbehalt, bei einer Veränderung der Verhältnisse die Untersuchung wieder aufzunehmen. Die Lage entwickelte sich jedoch gerade umgekehrt, als die Kommission erwartet hatte. Das scheinbar so feste Benzinpreissystem war durch die Schaffung zahlreicher Gelegenheiten zu günstigerem Einkauf (Tanksäulen für geschlossene Käufergruppen, Selbstbedienungssäulen der Grossfirmen usw.) in zunehmendem Masse durchlöchert worden. Nachdem dann im August die Migrol den Preis ihres ohnehin schon billigeren Superbenzins noch einmal leicht ermässigt hatte, begann ein Teil der Tankstellen für Markenbenzin erhebliche Preisabschläge zu gewähren. Da die Tankstellenhalter bis dahin das Markenbenzin trotz einheitlichen Detailhandelspreisen mit sehr unterschiedlichen Gewinnmargen hatten verkaufen können, waren sie nicht alle in der Lage, die Preisbewegung mitzumachen. Verhandlungen unter den betroffenen Interessentengruppen führten bis zum Jahresende noch zu keiner Stabilisierung der Verhältnisse [25].
Der ausgebrochene Preiskrieg ändert freilich nichts an der Tatsache, dass die schweizerische Erdölversorgung von wenigen grossen Weltfirmen abhängt, die über Rohstoffquellen und Transportanlagen verfügen und kein Interesse an einem Preiszerfall haben. Sogar bei der Suche nach Erdölvorkommen im eigenen Lande geht man nicht ohne ausländische Hilfe zu Werk: so erteilte der bemische Grosse Rat einem französisch-bemischen Konsortium trotz ausländischer Kapitalmehrheit die Bewilligung zu Versuchsbohrungen, indem er von einer Ausnahmeklausel des kantonalen Bergwerksgesetzes Gebrauch machte, und der Bundesrat stimmte diesem Vorgehen zu [26]. Im bernisch-neuenburgischen Streit um die Shell-Raffinerie in Cressier (NE) trat eine Entspannung ein. Zwar überwies der bernische Grosse Rat am 12. Februar noch eine Motion, in der die Beibehaltung der Eidg. Oberaufsichtskommission auch nach einer Erteilung der definitiven Betriebsbewilligung gefordert wurde; der Bundesrat bekundete darauf die Absicht, jene Kommission in eine eidgenössische Kommission zur Überwachung sämtlicher Raffinerien umzuwandeln [27]. Doch es gaben keine neuen Ölaustritte zu Beschwerden Anlass.
 
[24] « Die Wettbewerbsverhältnisse auf dem Markt für flüssige Treib- und Brennstoffe (Ergebnisse der Sonderuntersuchung) », in Veröffentlichungen der Schweizerischen Kartellkommission, 3/1968, S. 17 ff. Vgl. auch SPJ, 1966, S. 75, sowie oben, S. 54.
[25] NZ, 509, 3.11.68; Tat, 268, 14.11.68; NZZ, 745, 2.12.68; Bund, 301, 23.12.68.
[26] Es handelt sich um das Consortium bernois des pétroles, in welchem die Bernische Erdöl AG mit der Société nationale des pétroles d'Aquitaine zusammenarbeitet (Bund, 220, 19.9.68; TdG, 220, 19.9.68; NZ, 353, 3.8.68; 435, 20.9.68; GdL, 221, 21./22.9.68; NZZ, 588, 24.9.68). Vgl. auch SPJ, 1967, S. 80.
[27] Jahresbericht über die Tätigkeit der Litra, 1967/68, S. 112 f.; Bund, 36, 13.2.68.