Année politique Suisse 1968 : Politique sociale / Population et travail / Kollektive Arbeitsbeziehungen
Auch um Gesamtarbeitsverträge wurde zäh gerungen. Im Buchdruckergewerbe scheiterte ein überraschend zustandegekommener Kompromiss am Veto von Delegiertenversammlung und Urabstimmung (Zürcher und Genfer Stimmen) des Typographenbundes. Eine Streikkasse (« Solidaritätsfonds ») wurde geäufnet. Stein des Anstosses war das von den Arbeitgebern gewünschte « Statut für Angelernte ». Die technische Entwicklung einerseits, der Mangel an Fachleuten anderseits hatten die Arbeitgeber längst zum Einsatz von Angelernten veranlasst; sie wünschten die Sanktionierung dieser bisher nur geduldeten Entwicklung, die Typographen aber fürchteten um ihre Stellung. Schliesslich wurde der Einigungsvorschlag der paritätischen Schlichtungsstelle, der die Anlemverhältnisse zahlenmässig begrenzte, angenommen
[20].
Im Unterschied zu den fast durchgehend organisierten Typographen ging es den Gewerkschaften der Bekleidungsindustrie, die nur 5-6 % der überwiegend ausländischen Arbeiterschaft erfassen, um eine Heranziehung der Nichtorganisierten zu Beitragsleistungen an die Gewerkschaftskasse
[21]. Ausser der Angleichung der Löhne im Tessin an das übrige Niveau sowie einer allgemeinen Reallohnerhöhung war vor allem der Friedensrappen, ein Solidaritätsbeitrag der Nichtorganisierten, umstritten
[22]. Der Gesamtarbeitsvertrag kam vor Jahresende nicht zustande. Die Gewerkschaften sahen sich allerdings zu einem Arbeitskampf nicht in der Lage
[23]. Die Forderung nach einem Solidaritätsbeitrag wurde auch aus Metallarbeiterkreisen auf die Erneuerung des Friedensabkommens im Juli 1969 hin angekündigt
[24]. Bis zu einem längeren Streik verschlechterte sich das Arbeitsverhältnis in einer ausländisch geleiteten und mit 80 % ausländischen Arbeitskräften betriebenen Kugelschreiberfabrik im Tessin. Nebst schlechten Arbeitsbedingungen wurden namentlich die schweizerischer Denkweise fremden Massstäbe der Unternehmensführung als Ursache für den Konflikt bezeichnet
[25]. Grosse Genugtuung bekundeten gewerkschaftliche Kreise dagegen über Neuerungen bei Knorr (Thayngen, SH) und in der Basler chemischen Industrie, wo in neuen Verträgen die Arbeiter mit den Angestellten gleichgesetzt wurden; Knorr führte sogar die grundsätzliche Lohngleichheit für Männer und Frauen ein
[26]. Eine Reallohnverbesserung wurde ferner dem Bankpersonal zugestanden
[27].
[20] Vgl. SPJ, 1967, S. 109; NZ, 215, 12.5.68; 222, 16.5.68; 233, 22.5.68; 241, 28.5.68; 263, 11.6.68; 265, 12.6.68; 267, 13.6.68; 278 u. 279, 20.6.68; 280, 21.6.68; gk, 17, 24.4.68; 20, 16.5.68; 27, 4.7.68; NZZ, 248, 23.4.68; 298, 15.5.68; 314, 24.5.68; 393, 28.6.68.
[22] 1 Rp. pro gearbeitete Stunde, jährlich rund 20 Fr.; die Gewerkschafter entrichten rund 100 Fr. an Beiträgen.
[23] gk, 8, 29.2.68; NBZ, 38, 15.2.68; NZ, 215, 12.5.68.
[24] NZZ, 361, 14.6.68; BN, 287, 11.7.68 (Wirtschaftsförderung); vgl. dazu Vr, 132, 8.6.68.
[25] LS, 167, 23.7.68; 168, 24.7.68; NZZ, 445, 22.7.68; 453, 25.7.68; 535, 30.8.68; TdG, 196, 21.8.68; GdP, 27.7.68.
[26] NZZ, 212, 3.4.68 u. gk, 15, 4.4.68 (Knorr); gk, 50, 20.12.68 u. 1, 9.1.69 (Basler chemische Industrie).
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