Année politique Suisse 1969 : Enseignement, culture et médias / Enseignement et recherche
 
Berufsbildung
Die Reformbestrebungen im Bereich der Berufsschulen wurden intensiviert. Insbesondere die Bemühungen um eine Verbesserung der Berufslehre führten zur Einsetzung einer Expertenkommission durch das EVD, die Vorschläge zur Realisierung neuer Ideen im Rahmen des Berufsbildungsgesetzes von 1963 auszuarbeiten hat [75]. Vorgesehen ist die Einführung von drei Kategorien von Lehren: die Kurz- oder Anlehre (5-10 % der Lehrlinge), die Normallehre mit erweiterter technischer Schulung (80-90 %) und die als Berufsmittelschule bezeichnete Lehre mit verlängerter Schulung für die begabtesten Lehrlinge (5-10 %) [76]. Mit diesen Massnahmen hofft man, quantitative und qualitative Nachwuchsprobleme lösen zu können. Auf Antrag der Fachkommission für Höhere Technische Lehranstalten (HTL) anerkannte das EVD die Abendtechniken von Zürich, Bern, St. Gallen, Lausanne und Genf als HTL mit der Auflage, innert drei Jahren die Mindestvorschriften des EVD zu erfüllen [77]. Der wachsende Bedarf an ausgebildeten Fachkräften für Sozialarbeit führte zur Erhöhung der Bundesbeiträge an die Schulen für soziale Arbeit, wobei die eidgenössischen Räte die vom Bundesrat vorgeschlagenen Subventionsansätze noch weiter heraufsetzten [78]. In mehreren parlamentarischen Vorstössen wurde der Ruf nach Ausarbeitung einer Gesamtkonzeption für das berufliche Bildungswesen laut. Darauf kündigte Bundesrat Schaffner im Parlament an, dass für diese Aufgabe eine Kommission vorgesehen sei, deren Funktion derjenigen des Wissenschaftsrates im Bereich des Hochschulwesens ähnlich wäre [79].
Die interkantonale Zusammenarbeit bei der Gründung höherer technischer Ausbildungsstätten machte weitere Fortschritte. Neun Kantone gründeten die Försterschule in Lyss (BE), und in Luzern genehmigte der Grosse Rat einen Neubau für das Zentralschweizerische Technikum in Horw, nachdem ein entsprechendes Konkordat der Innerschweizer Kantone über den Besuch des Technikums zustandegekommen war [80].
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R.G.
 
[75] Gesch. ber., 1969, S. 163.
[76] Schweizerische Gewerbe-Zeitung, 34, 22.8.69; 52, 26.12.69. Berufsmittelschul-Versuche wurden in Bern, Aarau und in der Werkschule von Brown-Boveri gemacht (vgl. Bund, 43, 21.9.69). Der Schweiz. Kaufmännische Verein forderte in einer Eingabe an das BIGA drei Schulhalbtage für kaufmännische Lehrlinge (vgl. NZZ, 232, 17.4.69) und der Kongress des Schweiz. Gewerkschaftsbundes zwei volle Schultage für alle Lehrlinge (vgl. Bund, 231, 3.10.69).
[77] NZZ, 197, 30.3.69; 643, 27.10.69; Gesch.ber., 1969, S. 176.
[78] BBI, 1969, I, S. 986 ff.; 1969, II, S. 1511 f.
[79] Postulat NR Chevallaz (rad., VD) über Berufsberatung und berufliche Bildung, Postulat NR Fischer (rad., BE) zum Lehrlingswesen und in Postulat umgewandelte Motion NR Wartmann (rad., AG) für Gesamtkonzeption der höheren technischen Ausbildung, alle am 3.6.1969 vom NR überwiesen. In Verhandl. B.vers., 1969, I, S. 20, 24 f., 39. Zur Debatte vgl. NZZ, 331, 3.6.69; 334, 4.6.69.
[80] Bund, 152, 3.7.69; Vat., 111, 14.5.69.