Année politique Suisse 1969 : Enseignement, culture et médias / Culture, langues, églises
 
Sprache
Der Entspannung des Verhältnisses unter den Sprachgruppen diente die Wahl von Vertretern der Romandie in Spitzenpositionen der Bundesverwaltung, nachdem frühere Besetzungen in welschen Kreisen ein Gefühl der Benachteiligung hatten aufkommen lassen [7]. Auch die Erhöhung der Bundesbeiträge an die französischsprachige Schule in Bern, die den Gratisunterricht für Kinder von welschen Bundesbeamten gewährleistet, löste Genugtuung aus [8]. Dass anderseits die Abstimmungskampagne um das ETH-Gesetz den welschen Besorgnissen über einen « Wirtschaftsimperialismus » Zürichs neue Nahrung gab, wurde erwähnt. Man reagierte deshalb in der Westschweiz sehr ungehalten, als anlässlich der Feier für den neugewählten Bundesrat Brugger in Zürich der Präsident der freisinnigen Landespartei, der Genfer National- und Regierungsrat H. Schmitt, nicht offiziell als Redner eingeladen wurde [9]. Den von Paris aus geleiteten Bestrebungen der « Francophonie » gegenüber nahm man in den welschen Kantonen im allgemeinen eine sehr reservierte Haltung ein; von seiten der jurassischen Separatisten dagegen wurde die Verbindung zu dieser Bewegung verstärkt, indem ein Vertreter der Jugendorganisation Bélier Mitglied des Exekutivbüros der « Jeunesses francophones » wurde [10]. Mit der Überweisung einer Motion Franzoni (k.-chr., TI) durch die eidgenössischen Räte, die für gesetzliche Erlasse die Vorlage einer italienischen Originalfassung in allen Stadien der parlamentarischen Behandlung verlangte, wurde ein Schritt getan, der die Benachteiligung der dritten Amtssprache beseitigen helfen soll [11].
 
[7] Vgl. oben, S. 22 f.
[8] BBI, 1969, I, S. 1054 ff.; II, S. 1509 f. Vgl. JdG, 17, 22.1.69; GdL, 115, 20.5.69; Tw, 225, 26.9.69; NZZ, 711, 5.12.69.
[9] GdL, 294, 17.12.69; TdL, 351, 17.12.69; vgl. dazu NZZ, 735, 19.12.69.
[10] O. REVERDIN, « Le français, la francophonie, la France et la Suisse », in Schweizer Monatshefte, 49/1970, S. 902 ff.; TdG, 6, 8.1.69; GdL, 7, 10.1.69; NZZ, 18, 10.1.69; 661, 6.11.69.
[11] Verhandl. B.vers., 1969, I, S. 25. Vgl. NZZ, 346, 10.6.69.